VfGH G377/2018

VfGHG377/20186.3.2019

Keine Verletzung des Rechts auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander durch eine Bestimmung des SchulpflichtG betreffend die Verpflichtung für Schüler mit Sprachförderungsbedarf zum Besuch öffentlicher oder mit Öffentlichkeitsrecht ausgestatteter Schulen; keine unsachliche Differenzierung zwischen Privatschulen mit Öffentlichkeitsrecht und sonstigen Privatschulen; kein Verstoß gegen die Freiheit des häuslichen Unterrichts

Normen

B-VG Art14 Abs7a
B-VG Art140 Abs1 Z1 lita
BVG-Rassendiskriminierung ArtI Abs1
StGG Art17 Abs3
SchulpflichtG 1985 §11 Abs2a, Abs3
PrivatschulG §14, §15
VfGG §7 Abs1

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VFGH:2019:G377.2018

 

Spruch:

Der Antrag wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe

I. Antrag

Mit dem vorliegenden, auf Art140 Abs1 Z1 lita B‑VG gestützten Antrag begehrt das Bundesverwaltungsgericht, §11 Abs2a sowie in Abs3 die Wortfolge "oder wenn gemäß Abs2a eine öffentliche Schule oder eine mit dem Öffentlichkeitsrecht ausgestattete Schule mit gesetzlich geregelter Schulartbezeichnung zu besuchen ist" des Bundesgesetzes über die Schulpflicht (Schulpflichtgesetz 1985), BGBl 76/1985 (WV), idF BGBl I 35/2018 als verfassungswidrig aufzuheben.

II. Rechtslage

Die maßgebliche Rechtslage stellt sich wie folgt dar (die angefochtenen Bestimmungen sind hervorgehoben):

1. §§6 und 11 Bundesgesetz über die Schulpflicht (Schulpflichtgesetz 1985, im Folgenden: SchPflG), BGBl 76/1985 (WV), idF BGBl I 35/2018 lauten:

"Aufnahme in die Volksschule zu Beginn der Schulpflicht

 

§6. (1)

Die schulpflichtig gewordenen Kinder sind von ihren Eltern oder sonstigen Erziehungsberechtigten zur Schülereinschreibung bei jener Volksschule anzumelden, die sie besuchen sollen. Hiebei sind die Kinder persönlich vorzustellen.

 

(1a) Zum Zweck der frühzeitigen Organisation und Bereitstellung von treffsicheren Fördermaßnahmen im Rahmen des Unterrichts nach dem Lehrplan der 1. Schulstufe oder der Vorschulstufe sowie weiters zum Zweck der Klassenbildung und der Klassenzuweisung haben die Erziehungsberechtigten allfällige Unterlagen, Erhebungen und Förderergebnisse, die während der Zeit des Kindergartenbesuches zum Zweck der Dokumentation des Entwicklungsstandes, insbesondere des Sprachstandes erstellt, durchgeführt bzw erhoben wurden, vorzulegen. Die Vorlage kann in Papierform oder in elektronischer Form erfolgen. Der Schulleiter hat diese personenbezogenen Daten im Sinne des Art4 Z1 der Verordnung (EU) 2016/679 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung), ABl. Nr L 119 vom 4.5.2016 S. 1, und Informationen gemäß den Bestimmungen des Bildungsdokumentationsgesetzes, BGBl I Nr 12/2002, zu verarbeiten und ist darüber hinaus ermächtigt, allenfalls nach Maßgabe landesgesetzlicher Bestimmungen automationsunterstützt übermittelte personenbezogene Daten und Informationen zu erfassen und zu verarbeiten.

 

(2) Die Aufnahme der schulpflichtig gewordenen Kinder in die Volksschule hat in der Regel auf Grund der Schülereinschreibung für den Anfang des folgenden Schuljahres zu erfolgen.

 

(2b) Schulreif ist ein Kind, wenn

 

1. es die Unterrichtssprache so weit beherrscht, dass es dem Unterricht in der ersten Schulstufe ohne besondere Sprachförderung zu folgen vermag, und

 

2. angenommen werden kann, dass es dem Unterricht in der ersten Schulstufe zu folgen vermag, ohne körperlich oder geistig überfordert zu werden.

 

(2c) Zur Feststellung der Schulreife gemäß Abs2b Z1 ist §4 Abs2a des Schulunterrichtsgesetzes anzuwenden.

 

(2d) Ergeben sich anlässlich der Schülereinschreibung Gründe für die Annahme, dass das Kind die Schulreife gemäß Abs2b Z2 nicht besitzt, oder verlangen die Eltern oder sonstigen Erziehungsberechtigten eine Überprüfung der Schulreife, hat der Schulleiter zu entscheiden, ob das Kind die Schulreife gemäß Abs2b Z2 aufweist. Der zuständige Bundesminister hat durch Verordnung die näheren Festlegungen über das Vorliegen der Schulreife gemäß Abs2b Z2 zu treffen.

 

(2e) Die Aufnahme schulpflichtiger, jedoch gemäß Abs2b Z1 nicht schulreifer Kinder hat nach Maßgabe der Testung gemäß §4 Abs2a des Schulunterrichtsgesetzes

 

1. in Deutschförderklassen oder

 

2. je nach Vorliegen oder Nichtvorliegen der Schulreife gemäß Abs2b Z2 in die erste Schulstufe oder in die Vorschulstufe in Verbindung mit besonderer Sprachförderung in Deutschförderkursen

zu erfolgen. Die Aufnahme schulpflichtiger, jedoch auch gemäß Abs2b Z2 nicht schulreifer Kinder hat in die Vorschulstufe zu erfolgen.

 

(3) Die Frist für die Schülereinschreibung, die spätestens vier Monate vor Beginn der Hauptferien zu enden hat, und die bei der Schülereinschreibung vorzulegenden Personalurkunden sind vom Landesschulrat nach den örtlichen Erfordernissen durch Verordnung festzusetzen.

 

[…]

 

C. Erfüllung der allgemeinen Schulpflicht durch Teilnahme an einem

gleichwertigen Unterricht

 

Besuch von Privatschulen ohne Öffentlichkeitsrecht und häuslicher Unterricht

 

§11. (1) Die allgemeine Schulpflicht kann – unbeschadet des §12 – auch durch die Teilnahme am Unterricht an einer Privatschule ohne Öffentlichkeitsrecht erfüllt werden, sofern der Unterricht jenem an einer im §5 genannten Schule mindestens gleichwertig ist.

 

(2) Die allgemeine Schulpflicht kann ferner durch die Teilnahme an häuslichem Unterricht erfüllt werden, sofern der Unterricht jenem an einer im §5 genannten Schule – ausgenommen die Polytechnischen Schule – mindestens gleichwertig ist.

 

(2a) Die Abs1 und 2 gelten nicht für Schülerinnen und Schüler, die eine Deutschförderklasse gemäß §8h Abs2 oder einen Deutschförderkurs gemäß §8h Abs3 des Schulorganisationsgesetzes zu besuchen haben. Diese Schülerinnen und Schüler haben ihre allgemeine Schulpflicht jedenfalls für die Dauer des Bedarfes einer dieser besonderen Sprachförderungen in öffentlichen Schulen oder in mit dem Öffentlichkeitsrecht ausgestatteten Schulen mit gesetzlich geregelter Schulartbezeichnung zu erfüllen.

 

(3) Die Eltern oder sonstigen Erziehungsberechtigten haben die Teilnahme ihres Kindes an einem im Abs1 oder 2 genannten Unterricht dem Landesschulrat jeweils vor Beginn des Schuljahres anzuzeigen. Der Landesschulrat kann die Teilnahme an einem solchen Unterricht untersagen, wenn mit großer Wahrscheinlichkeit anzunehmen ist, daß die im Abs1 oder 2 geforderte Gleichwertigkeit des Unterrichtes nicht gegeben ist oder wenn gemäß Abs2a eine öffentliche Schule oder eine mit dem Öffentlichkeitsrecht ausgestattete Schule mit gesetzlich geregelter Schulartbezeichnung zu besuchen ist.

 

(4) Der zureichende Erfolg eines im Abs1 oder 2 genannten Unterrichtes ist jährlich vor Schulschluß durch eine Prüfung an einer im §5 genannten entsprechenden Schule nachzuweisen, soweit auch die Schüler dieser Schulen am Ende des Schuljahres beurteilt werden. Wird ein solcher Nachweis nicht erbracht, so hat der Landesschulrat anzuordnen, daß das Kind seine Schulpflicht im Sinne des §5 zu erfüllen hat."

 

2. §8h Bundesgesetz vom 25. Juli 1962 über die Schulorganisation (Schulorganisationsgesetz, im Folgenden: SchOG), BGBl 242/1962, idF BGBl I 35/2018 lautet:

"Deutschförderklassen und Deutschförderkurse

 

§8h. (1) Schülerinnen und Schülern von allgemein bildenden Pflichtschulen sowie von mittleren und höheren Schulen, die gemäß §4 Abs2 lita oder Abs5 des Schulunterrichtsgesetzes wegen mangelnder Kenntnis der Unterrichtssprache als außerordentliche Schülerinnen oder Schüler aufgenommen wurden, sind nach Maßgabe der Testergebnisse gemäß den §§4 Abs2a und 18 Abs14 des Schulunterrichtsgesetzes in Deutschförderklassen und Deutschförderkursen jene Sprachkenntnisse zu vermitteln, die sie befähigen, dem Unterricht der betreffenden Schulstufe zu folgen.

 

(2) Deutschförderklassen sind vom Schulleiter oder von der Schulleiterin jedenfalls ab einer Schülerzahl von acht Schülerinnen und Schülern (auch klassen-, schulstufen- oder schulartübergreifend) einzurichten, bei denen die Feststellung der Kenntnisse der Unterrichtssprache gemäß den §§4 Abs2a oder 18 Abs14 des Schulunterrichtsgesetzes ergeben hat, dass sie weder als ordentliche Schüler aufgenommen werden können noch über jene Kenntnisse verfügen, die eine besondere Förderung in Deutschförderkursen erlauben. Sie dauern ein Semester und sind so oft, längstens jedoch vier Mal, zu besuchen, bis auf Grund der Testergebnisse gemäß §18 Abs14 des Schulunterrichtsgesetzes eine Sprachförderung in Deutschförderkursen erfolgen kann oder der Unterricht ohne besondere Sprachförderung besucht werden kann. Bei einer zu geringen Schülerzahl sind die betreffenden Schülerinnen und Schüler in der jeweiligen Klasse grundsätzlich integrativ nach dem Deutschförderplan, sechs Wochenstunden jedoch parallel zum Unterricht in der Klasse zu unterrichten.

 

(3) Deutschförderkurse sind vom Schulleiter oder von der Schulleiterin jedenfalls ab einer Schülerzahl von acht Schülerinnen und Schülern (auch klassen-, schulstufen- oder schulartübergreifend) einzurichten, bei denen die Feststellung der Kenntnisse der Unterrichtssprache gemäß den §§4 Abs2a oder 18 Abs14 des Schulunterrichtsgesetzes ergeben hat, dass sie zwar nicht als ordentliche Schüler aufgenommen werden können, aber keine besondere Förderung in Deutschförderklassen benötigen. Sie dauern ein oder höchstens zwei Unterrichtsjahre und können nach Erreichen der erforderlichen Sprachkompetenz durch die Schülerin oder den Schüler auch nach kürzerer Dauer beendet werden. In Deutschförderkursen ist im Ausmaß von sechs Wochenstunden parallel zum Unterricht von Pflichtgegenständen nach dem im betreffenden Lehrplan verordneten Pflichtgegenstand Deutsch (gegebenenfalls mit den Schwerpunkten oder Lehrplan-Zusätzen 'für Schülerinnen und Schüler mit nichtdeutscher Muttersprache' oder 'Deutsch als Zweitsprache') zu unterrichten. Bei einer zu geringen Schülerzahl sind die betreffenden Schülerinnen und Schüler in der jeweiligen Klasse integrativ zu unterrichten.

 

(4) Bei der Durchführung von Deutschförderklassen und Deutschförderkursen sind im Sinne der Qualitätssicherung und -entwicklung verpflichtend Diagnoseinstrumente einzusetzen, auf deren Grundlage individuelle Förderpläne zu erstellen sind. Der Einsatz von Förderinstrumenten und das Erreichen der Förderziele sind zu dokumentieren.

 

(5) Abs1, 3 und 4 gelten für Berufsschulen mit der Maßgabe, dass

 

1. Deutschförderkurse auch für Schülerinnen und Schüler, die als ordentliche oder gemäß §4 Abs5 des Schulunterrichtsgesetzes als außerordentliche Schülerinnen und Schüler aufgenommen wurden, eingerichtet werden können und

 

2. das Ausmaß der Deutschförderkurse höchstens vier Wochenstunden umfasst.

 

(6) (Grundsatzbestimmung) Die Abs1 bis 3 und 5 gelten hinsichtlich der Regelungen der äußeren Organisation an öffentlichen Pflichtschulen (ausgenommen Praxisschulen und die in ArtV Z1 und 2 der 5. SchOG-Novelle, BGBl Nr 323/1975, genannten öffentlichen Schulen) als Grundsatzbestimmungen."

 

3. §§13, 14 und 15 Bundesgesetz vom 25. Juli 1962 über das Privatschulwesen (Privatschulgesetz, im Folgenden: PrivSchG), BGBl 244/1962, idF BGBl I 138/2017 lauten:

"§13. Rechtswirkungen des Öffentlichkeitsrechtes.

 

(1) Durch die Verleihung des Öffentlichkeitsrechtes wird einer Privatschule das Recht übertragen, Zeugnisse über den Erfolg des Schulbesuches auszustellen, die mit der Beweiskraft öffentlicher Urkunden und mit den gleichen Rechtswirkungen ausgestattet sind wie Zeugnisse gleichartiger öffentlicher Schulen.

 

(2) Mit dem Öffentlichkeitsrecht sind weiters folgende Rechtswirkungen verbunden:

 

a) an der Schule können die für die betreffende Schulart vorgesehenen Prüfungen abgehalten werden;

 

b) der Schule können Lehramtsanwärter, die sich damit einverstanden erklären, zur Einführung in die Praxis des Lehramtes mit Zustimmung des Schulerhalters zugewiesen werden;

 

c) auf die Schule finden die für die entsprechenden öffentlichen Schulen geltenden schulrechtlichen Vorschriften Anwendung, soweit gesetzlich nicht anderes bestimmt ist und soweit sie nicht die Errichtung, Erhaltung und Auflassung, die Sprengel und das Schulgeld betreffen. Bei der Anwendung von landesgesetzlichen Vorschriften betreffend die äußere Organisation der öffentlichen Pflichtschulen treten an die Stelle der dort vorgesehenen Behördenzuständigkeiten jene des §23.

 

§14. Verleihung des Öffentlichkeitsrechtes.

 

(1) Privatschulen, die gemäß §11 eine gesetzlich geregelte Schulartbezeichnung führen, ist das Öffentlichkeitsrecht zu verleihen, wenn

 

a) der Schulerhalter (bei juristischen Personen dessen vertretungsbefugte Organe), der Leiter und die Lehrer Gewähr für einen ordnungsgemäßen und den Aufgaben des österreichischen Schulwesens gerecht werdenden Unterricht bieten und

 

b) der Unterrichtserfolg jenem an einer gleichartigen öffentlichen Schule entspricht.

 

(2) Privatschulen, die keiner öffentlichen Schulart entsprechen, ist das Öffentlichkeitsrecht zu verleihen, wenn

 

a) die Voraussetzungen nach Abs1 lita vorliegen,

 

b) die Organisation, der Lehrplan und die Ausstattung der Schule sowie die Lehrbefähigung des Leiters und der Lehrer mit einem vom zuständigen Bundesminister erlassenen oder genehmigten Organisationsstatut übereinstimmen,

 

c) die Privatschule sich hinsichtlich ihrer Unterrichtserfolge bewährt hat und

d) die Privatschule über für die Erfüllung der Aufgaben der österreichischen Schule geeignete Unterrichtsmittel verfügt.

 

(3) Bei Gebietskörperschaften, gesetzlich anerkannten Kirchen und Religionsgesellschaften und sonstigen Körperschaften des öffentlichen Rechts wird die Erfüllung der Voraussetzungen des Abs1 lita und des Abs2 lita von Gesetzes wegen angenommen.

 

§15. Dauer der Verleihung.

 

Das Öffentlichkeitsrecht darf an Privatschulen vor ihrem lehrplanmäßig vollen Ausbau jeweils nur für die bestehenden Klassen (Jahresstufen) und jeweils nur für ein Schuljahr verliehen werden. Nach Erreichung des lehrplanmäßig vollen Ausbaues kann das Öffentlichkeitsrecht nach Maßgabe der Unterrichtserfolge auch auf mehrere Schuljahre verliehen werden. Wenn Gewähr für eine fortdauernde Erfüllung der gesetzlichen Bedingungen besteht, ist das Öffentlichkeitsrecht nach Erreichung des lehrplanmäßig vollen Ausbaues der Schule auf die Dauer der Erfüllung der gesetzlichen Bedingungen zu verleihen."

 

4. §§4 und 18 Bundesgesetz über die Ordnung von Unterricht und Erziehung in den im Schulorganisationsgesetz geregelten Schulen (Schulunterrichtsgesetz – SchUG), BGBl 472/1986, idF BGBl I 138/2017 lauten:

"Aufnahme als außerordentlicher Schüler

 

§4. (1) Voraussetzung für die Aufnahme als außerordentlicher Schüler ist, daß der Aufnahmsbewerber nach Alter und geistiger Reife zur Teilnahme am Unterricht der betreffenden Schulstufe geeignet ist und wichtige in seiner Person liegende Gründe die Aufnahme rechtfertigen. In Berufsschulen können bei Erfüllung dieser Voraussetzungen auch Personen, die nicht schulpflichtig sind, als außerordentliche Schüler aufgenommen werden.

 

(2) Der allgemeinen Schulpflicht unterliegende Kinder sind nur dann als außerordentliche Schüler aufzunehmen, wenn

 

a) nach Maßgabe der Testung gemäß Abs2a ihre Aufnahme als ordentliche Schüler wegen mangelnder Kenntnis der Unterrichtssprache nicht zulässig ist (§3 Abs1 litb) oder

 

b) der Schüler zur Ablegung einer Einstufungsprüfung zugelassen wird (§3 Abs6).

 

(2a) Zur Feststellung der Kenntnisse der Unterrichtssprache gemäß Abs2 lita sind standardisierte Testverfahren zur Verfügung zu stellen, die vom Schulleiter oder auf Anordnung der zuständigen Schulbehörde von dieser durchzuführen sind. Die Testverfahren sind so zu gestalten, dass sie Rückschlüsse für die Aufnahme

 

1. als ordentlicher Schüler oder

 

2. als außerordentlicher Schüler in Verbindung mit Sprachförderung in Deutschförderkursen gemäß §8h Abs3 des Schulorganisationsgesetzes oder

 

3. als außerordentlicher Schüler in Verbindung mit Sprachförderung in Deutschförderklassen gemäß §8h Abs2 des Schulorganisationsgesetzes

geben.

 

(3) Die Aufnahme als außerordentlicher Schüler im Sinne des Abs2 ist höchstens für die Dauer von zwölf Monaten zulässig, wobei im Falle einer Aufnahme während des zweiten Semesters diese Frist erst mit dem folgenden 1. September zu laufen beginnt. Im Falle des Abs2 lita kann die Aufnahme als außerordentlicher Schüler für höchstens weitere zwölf Monate erfolgen, wenn die Voraussetzungen für die Aufnahme weiter vorliegen und die ausreichende Erlernung der Unterrichtssprache ohne Verschulden des Schülers nicht möglich war; nach Beendigung des außerordentlichen Schulbesuches ist der Schüler ohne Rücksicht auf §3 Abs1 litb als ordentlicher Schüler aufzunehmen.

 

(4) Gemäß Abs2 lita aufgenommene schulpflichtige außerordentliche Schüler haben – außer während des Besuchs einer Deutschförderklasse gemäß Abs2a Z3 in Verbindung mit §8h Abs2 des Schulorganisationsgesetzes oder eines Deutschförderkurses gemäß Abs2a Z2 in Verbindung mit §8h Abs3 des Schulorganisationsgesetzes – alle Pflichtgegenstände der betreffenden Schulstufe zu besuchen. Das gleiche gilt für schulpflichtige außerordentliche Schüler, die nach Abs2 litb aufgenommen worden sind; auf ihr Ansuchen können sie jedoch vom Besuch einzelner Pflichtgegenstände befreit werden, wenn sie dem Unterricht in diesen Pflichtgegenständen mangels entsprechender Vorkenntnisse nicht zu folgen vermögen. Alle anderen außerordentlichen Schüler können zum Besuch aller oder einzelner Unterrichtsgegenstände einer oder mehrerer Schulstufen aufgenommen werden.

 

(5) Die Aufnahme eines nicht schulpflichtigen Aufnahmsbewerbers als außerordentlicher Schüler ist nur dann zulässig, wenn alle als ordentliche Schüler in Betracht kommenden Aufnahmsbewerber aufgenommen worden sind. Zum Besuch einzelner Unterrichtsgegenstände dürfen außerordentliche Schüler nur dann aufgenommen werden, wenn dadurch keine Klassenteilung erforderlich ist. Dieser Absatz gilt nicht für die Privatschulen.

 

(6) Aufnahmsbewerber, die eine Schulstufe als ordentliche Schüler ohne Erfolg besucht haben, dürfen in eine höhere Schulstufe der gleichen Schulart nicht als außerordentliche Schüler aufgenommen werden.

 

(7) Dieses Bundesgesetz ist auf schulpflichtige außerordentliche Schüler sinngemäß, auf die übrigen außerordentlichen Schüler nur insoweit anzuwenden, als dies darin ausdrücklich bestimmt ist.

 

[…]

Leistungsbeurteilung

 

§18. (1) Die Beurteilung der Leistungen der Schüler in den einzelnen Unterrichtsgegenständen ab der 4. Schulstufe hat der Lehrer durch Feststellung der Mitarbeit der Schüler im Unterricht sowie durch besondere in die Unterrichtsarbeit eingeordnete mündliche, schriftliche und praktische oder nach anderen Arbeitsformen ausgerichtete Leistungsfeststellungen zu gewinnen. Maßstab für die Leistungsbeurteilung sind die Forderungen des Lehrplanes unter Bedachtnahme auf den jeweiligen Stand des Unterrichtes.

 

(2) Für die Beurteilung der Leistungen der Schüler sind folgende Beurteilungsstufen (Noten) zu verwenden: Sehr gut (1), Gut (2), Befriedigend (3), Genügend (4), Nicht genügend (5). In der Volksschule und der Sonderschule sowie an der Neuen Mittelschule kann das Klassenforum oder das Schulforum beschließen, dass der Beurteilung der Leistungen durch Noten eine schriftliche Erläuterung hinzuzufügen ist. (2a) In der 7. und 8. Schulstufe der Neuen Mittelschule haben Leistungsfeststellungen und -beurteilungen in den differenzierten Pflichtgegenständen nach den Anforderungen des Lehrplans nach grundlegenden und vertieften Gesichtspunkten zu erfolgen. Leistungsfeststellungen haben die Beurteilung nach den Anforderungen der grundlegenden oder der vertieften Allgemeinbildung auszuweisen. Die Beurteilung im Rahmen der vertieften Allgemeinbildung kann nicht schlechter als 'Genügend' sein und setzt voraus, dass die Anforderungen im Bereich der grundlegenden Allgemeinbildung mindestens mit 'Gut' zu beurteilen sind, anderenfalls hat lediglich eine Beurteilung nach den Anforderungen der grundlegenden Allgemeinbildung zu erfolgen.

 

(3) Durch die Noten ist die Selbständigkeit der Arbeit, die Erfassung und die Anwendung des Lehrstoffes, die Durchführung der Aufgaben und die Eigenständigkeit des Schülers zu beurteilen.

 

(4) Vorgetäuschte Leistungen sind nicht zu beurteilen.

 

(5) Das Verhalten des Schülers in der Schule (§21) darf in die Leistungsbeurteilung nicht einbezogen werden.

 

(6) Schüler, die wegen einer körperlichen Behinderung eine entsprechende Leistung nicht erbringen können oder durch die Leistungsfeststellung gesundheitlich gefährdet wären, sind entsprechend den Forderungen des Lehrplanes unter Bedachtnahme auf den wegen der körperlichen Behinderung bzw gesundheitlichen Gefährdung erreichbaren Stand des Unterrichtserfolges zu beurteilen, soweit die Bildungs- und Lehraufgabe des betreffenden Unterrichtsgegenstandes grundsätzlich erreicht wird.

 

(7) Der zuständige Bundesminister hat durch Verordnung zu bestimmen, bei welchen Pflichtgegenständen die äußere Form der Arbeit einen wesentlichen Bestandteil der Leistung darstellt und bei der Leistungsbeurteilung mit zu berücksichtigen ist.

 

(8) Bei der Beurteilung der Leistungen eines Schülers in Musikerziehung, Bildnerischer Erziehung und Werkerziehung (Technisches Werken, Textiles Werken) sowie Bewegung und Sport sind mangelnde Anlagen und mangelnde körperliche Fähigkeiten bei erwiesenem Leistungswillen zugunsten des Schülers zu berücksichtigen. Dieser Absatz gilt insoweit nicht, als einer der genannten Gegenstände für die Aufgabe einer Schulart von besonderer Bedeutung ist.

 

(9) Die Leistungen von Schulpflichtigen, die gemäß §4 Abs2 wegen mangelnder Kenntnis der Unterrichtssprache als außerordentliche Schüler aufgenommen worden sind, sind unter Berücksichtigung ihrer Sprachschwierigkeiten zu beurteilen.

 

(10) Der zuständige Bundesminister hat durch Verordnung nach den Aufgaben der einzelnen Schularten und nach der Art der einzelnen Unterrichtsgegenstände nähere Bestimmungen für den Aufbau und die Durchführung von Leistungsfeststellungen und die Beurteilung der Leistungen der Schüler zu erlassen.

 

(11) Wenn die Leistungen von mehr als der Hälfte der Schüler bei einer schriftlichen oder graphischen Leistungsfeststellung mit 'Nicht genügend' zu beurteilen sind, so ist sie mit neuer Aufgabenstellung ein Mal zu wiederholen. Als Grundlage für die Beurteilung ist in diesem Falle jene Leistungsfeststellung heranzuziehen, bei der der Schüler die bessere Leistung erbracht hat.

 

(12) Auf Antrag eines Schülers, dessen Muttersprache nicht die Unterrichtssprache der betreffenden Schule ist, hat der Schulleiter zu bestimmen, daß hinsichtlich der Beurteilung die Unterrichtssprache an die Stelle der lebenden Fremdsprache tritt, wenn eine lebende Fremdsprache als Pflichtgegenstand in der betreffenden Schulstufe lehrplanmäßig vorgesehen ist; der Schüler hat in seiner Muttersprache Leistungen nachzuweisen, die jenen eines Schülers deutscher Muttersprache im Pflichtgegenstand Deutsch entsprechen, allenfalls auch im Wege von Externistenprüfungen (§42), sofern die Durchführung von Prüfungen in der betreffenden Sprache möglich ist. Dasselbe gilt sinngemäß für die Pflichtgegenstände Kaufmännischer Schriftverkehr, Phonotypie, Textverarbeitung, Kurzschrift und Maschinschreiben. Das Jahreszeugnis ist mit einem entsprechenden Vermerk zu versehen. Dieser Absatz gilt nicht für Bildungsanstalten für Elementarpädagogik und für Bildungsanstalten für Sozialpädagogik.

 

(13) Pflichtpraktika und Praktika außerhalb des schulischen Unterrichtes, verbindliche und unverbindliche Übungen sowie therapeutische und funktionelle Übungen sowie Kurse im Zusammenhang mit der Feststellung des sonderpädagogischen Förderbedarfes (§8 Abs2 und 3 des Schulpflichtgesetzes 1985) sind nicht zu beurteilen.

 

(14) Die von Schülerinnen und Schülern von Deutschförderklassen gemäß §8h Abs2 des Schulorganisationsgesetzes erbrachten Leistungen unterliegen keiner Beurteilung im Sinne der vorstehenden Absätze. Zur Feststellung des Sprachstandes von Schülern von Deutschförderklassen sind standardisierte Testverfahren zur Verfügung zu stellen, die vom Schulleiter oder auf Anordnung der zuständigen Schulbehörde von dieser am Ende des betreffenden Semesters durchzuführen sind. Die Testverfahren sind so zu gestalten, dass sie Rückschlüsse für den weiteren Schulbesuch

 

1. als ordentlicher Schüler ohne besondere Sprachförderung oder

 

2. als außerordentlicher Schüler mit Sprachförderung in Deutschförderkursen gemäß §8h Abs3 des Schulorganisationsgesetzes oder

 

3. als außerordentlicher Schüler mit Fortsetzung der Sprachförderung in Deutschförderklassen gemäß §8h Abs2 des Schulorganisationsgesetzes

geben."

III. Antragsvorbringen und Vorverfahren

1. Dem Antrag liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

1.1. Beim Bundesverwaltungsgericht ist zur GZ W128 2208930-1/3Z eine Beschwerde gegen einen Bescheid des Stadtschulrates für Wien vom 22. Oktober 2018 anhängig. Die Beschwerdeführer sind Eltern eines minderjährigen Kindes. Sie sind türkische Staatsbürger.

1.2. Mit angefochtenem Bescheid vom 22. Oktober 2018 untersagte der Stadtschulrat für Wien die Teilnahme des Kindes am Unterricht an einer Privatschule ohne Öffentlichkeitsrecht im Schuljahr 2018/2019 gemäß §11 Abs3 SchPflG. Unter einem wurde angeordnet, dass das Kind gemäß §11 Abs2a SchPflG eine Deutschförderklasse gemäß §8h Abs2 oder einen Deutschförderkurs gemäß §8h Abs3 SchOG einer öffentlichen oder mit dem Öffentlichkeitsrecht ausgestatteten Schule mit gesetzlich geregelter Schulartbezeichnung iSd §5 SchPflG zu besuchen habe und dass die Eltern des Kindes gemäß §§5 und 24 SchPflG verpflichtet seien, für einen solchen Schulbesuch zu sorgen. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass eine Überprüfung des schulpflichtigen Kindes ergeben habe, dass dieses ungenügende bzw mangelhafte Kenntnisse der deutschen Unterrichtssprache iSd §4 Abs2 lita SchUG idF BGBl I 35/2018 habe und daher gemäß §11 Abs2a SchPflG eine Deutschförderklasse oder einen Deutschförderkurs gemäß §8h Abs2 bzw Abs3 SchOG an einer öffentlichen oder mit dem Öffentlichkeitsrecht ausgestatteten Schule mit gesetzlich geregelter Schulartbezeichnung iSd §5 SchPflG zu besuchen habe.

1.3. In ihrer gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde bringen die Beschwerdeführer vor, dass die in §11 Abs2a SchPflG festgelegte Beschränkung der Teilnahme an einem gleichwertigen Unterricht durch den Besuch von Privatschulen ohne Öffentlichkeitsrecht wegen Verstoßes gegen Art17 StGG und den Gleichheitssatz verfassungswidrig sei. Das Kind besuche an einem Evangelischen Realgymnasium einen Deutschförderkurs iSd §8h Abs3 SchOG. Es erfülle daher die allgemeine Schulpflicht gemäß §5 Abs1 SchPflG iVm §11 Abs1 und Abs2a SchPflG. Dem Evangelischen Realgymnasium könne gemäß §15 PrivSchG derzeit das Öffentlichkeitsrecht jeweils nur für ein Schuljahr verliehen werden. Dieses führe jedoch eine gesetzlich geregelte Schulart. Auf Grund des Unterrichtserfolges und der fortdauernden Erfüllung der gesetzlichen Bedingungen sei davon auszugehen, dass dem Evangelischen Realgymnasium nach dem Schuljahr 2018/2019 das Öffentlichkeitsrecht dauerhaft verliehen werde, weil nach Abschluss des laufenden Schuljahres der volle lehrplanmäßige Ausbau erreicht sein werde.

2. Das Bundesverwaltungsgericht legt die Bedenken, die es zur Antragstellung beim Verfassungsgerichtshof bestimmt haben, wie folgt dar:

"1.2. Präjudizialität und Anfechtungsumfang

 

[…]

 

Den Eltern oder sonstigen Erziehungsberechtigten kommt im Verfahren nach dem Schulpflichtgesetz Parteistellung zu (siehe Jonak/Kövesi Das Österreichische Schulrecht14, Anm. 2 zu §6 SchPflG, S. 491).

 

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde dem Kind der Beschwerdeführer gemäß §11 Abs2a iVm Abs3 SchPflG die Teilnahme am Unterricht an einer Privatschule ohne Öffentlichkeitsrecht im Schuljahr 2018/2019 untersagt. Das Bundesverwaltungsgericht hat die Rechtmäßigkeit des in Rede stehenden verwaltungsbehördlichen Handelns zu überprüfen. Aus diesem Grund hat auch das Bundesverwaltungsgericht die angefochtenen gesetzlichen Bestimmungen anzuwenden, die daher präjudiziell im Sinne des Art89 Abs2 iVm Art135 Abs4 iVm Art139 Abs1 Z1 B‑VG sind.

 

Letztlich ist der Umfang einer auf ihre Verfassungsmäßigkeit hin zu prüfenden und allenfalls aufzuhebenden Gesetzesbestimmung derart abzugrenzen, dass die mit der aufzuhebenden Gesetzesstelle in untrennbarem Zusammenhang stehenden Bestimmungen auch erfasst werden (vgl VfSlg 13.965/1994 mwN, 16.542/2002, 16.911/2003). Ein untrennbarer Zusammenhang ist anzunehmen, wenn sich die Frage der Verfassungsmäßigkeit der vom Verfassungsgerichtshof anzuwendenden Bestimmungen nicht ohne Mitberücksichtigung weiterer Bestimmungen beantworten lässt, insbesondere deshalb, weil sich ihr (gegebenenfalls verfassungsrechtlich bedenklicher) Inhalt erst mit Blick auf diese weiteren Bestimmungen erschließt. Ein solcher Zusammenhang kann sich aber auch daraus ergeben, dass diese weiteren Bestimmungen durch die Aufhebung der verfassungsrechtlich bedenklichen Normen einen völlig veränderten Inhalt erhielten (vgl VfSlg 8155/1977, 8461/1978 uva).

 

Nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts ist für die Bereinigung der – wie folgend unter Punkt 1.3. dargelegt wird – verfassungswidrigen Rechtslage die Aufhebung sowohl des §11 Abs2a SchPflG als auch in Abs3 die Wortfolge 'oder wenn gemäß Abs2a eine öffentliche Schule oder eine mit dem Öffentlichkeitsrecht ausgestattete Schule mit gesetzlich geregelter Schulartbezeichnung zu besuchen ist' leg. cit. notwendig, weil die darin enthaltenen Bestimmungen in untrennbarem Zusammenhang zu einander stehen und auf einander Bezug nehmen. Sollte der Verfassungsgerichtshof zum Ergebnis gelangen, dass durch die Aufhebung 'mehr aus dem Rechtsbestand ausgeschieden wird, als Voraussetzung für den Anlassfall bildet', so wird auf die jüngste Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes verwiesen, wonach eine zu weite Fassung eines Antrags diesen nicht in jedem Fall unzulässig macht. Soweit alle vom Antrag erfassten Bestimmungen präjudiziell sind oder der Antrag mit solchen untrennbar zusammenhängenden Bestimmungen erfasst, führt dies – ist der Antrag in der Sache begründet – im Fall der Aufhebung nur eines Teils der angefochtenen Bestimmungen im Übrigen zu seiner teilweisen Abweisung (vgl VfGH 8.10.2014, G83/2014 u.a.; 9.12.2014, G136/2014 u.a.; 10.3.2015, G203/2014 u.a.). Umfasst der Antrag auch Bestimmungen, die im Verfahren vor dem antragstellenden Gericht nicht präjudiziell sind, führt dies – wenn die angefochtenen Bestimmungen insoweit trennbar sind – im Hinblick auf diese Bestimmungen zur partiellen Zurückweisung des Antrags und nicht mehr zur Zurückweisung des gesamten Antrags (VfGH 9.12.2014, G136/2014 u.a.; 10.3.2015, G203/2014 u.a.).

 

1.3. Verfassungsrechtliche Bedenken

 

Das schulpflichtige Kind wurde für das Schuljahr 2018/2019 als außerordentliche Schülerin am Evangelischen Realgymnasium [D] aufgenommen und besucht dort einen im Sinne des §8h Abs3 SchOG eingerichteten Deutschförderkurs. Das Evangelische Realgymnasium [D] ist eine Privatschule, welche die gesetzlich geregelte Schulartbezeichnung 'Realgymnasium' führt. Da diese Privatschule derzeit noch nicht voll ausgebaut ist, darf ihr gemäß §15 PrivSchG das Öffentlichkeitsrecht jeweils nur für ein Schuljahr verliehen werden. Wobei die zuletzt erfolgte Verleihung mit Bescheid des Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft und Forschung vom 28. Mai 2018, Zl BMBWF-32.049/0002-BS/5/2018, erfolgte und das Schuljahr 2017/2018 betraf. Für das Schuljahr 2018/2019 ist bis dato noch keine Verleihung erfolgt. Da der Schulerhalter die Evangelische Kirche ist, wird gemäß §14 Abs3 PrivSchG von Gesetzes wegen angenommen, dass die vertretungsbefugten Organe des Schulerhalters, der Leiter und die Lehrer Gewähr für einen ordnungsgemäßen und den Aufgaben des österreichischen Schulwesens gerecht werdenden Unterricht bieten. Dennoch liegt bis zur Verleihung des Öffentlichkeitsrechtes für das Schuljahr 2018/2019 eine Privatschule ohne Öffentlichkeitsrecht vor.

 

Die nunmehr seit 01.09.2018 in Geltung stehenden, angefochtenen Bestimmungen greifen in die bisher gemäß §11 Abs3 iVm Abs1 SchPflG vorzunehmende ex ante Prüfung eines mit einem an einer im §5 leg. cit. genannten Schule gleichwertigen Unterrichts derart ein, dass eine solche Prüfung zu unterbleiben hat, und Schüler, die eine Deutschförderklasse gemäß §8h Abs2 oder einen Deutschförderkurs gemäß §8h Abs3 des SchOG zu besuchen haben, von vorne herein vom Besuch einer Privatschule ohne Öffentlichkeitsrecht oder häuslichem Unterricht (§11 Abs2 SchPflG) ausgeschlossen werden. Die Formulierung, 'Der Landesschulrat kann…' in Zusammenhang mit dem letzten Halbsatz des §11 Abs3 SchPflG ist dabei nicht als Ermessensentscheidung zu verstehen, da nach dem klaren Wortlaut des Abs2a leg. cit. Schüler ihre allgemeine Schulpflicht jedenfalls für die Dauer des Bedarfes einer dieser besonderen Sprachförderungen in öffentlichen Schulen oder in mit dem Öffentlichkeitsrecht ausgestatteten Schulen mit gesetzlich geregelter Schulartbezeichnung zu erfüllen haben.

 

Nach der mit VfSlg 13.836/1994 beginnenden, nunmehr ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (s etwa VfSlg 14. 650/1996 und die dort angeführte Vorjudikatur; weiters VfSlg 16. 080/2001 und 17. 026/2003) enthält Art. l Abs1 des Bundesverfassungsgesetzes zur Durchführung des Internationalen Übereinkommens über die Beseitigung aller Formen rassischer Diskriminierung, BGBI. 390/1973, das allgemeine, sowohl an die Gesetzgebung als auch an die Vollziehung gerichtete Verbot, sachlich nicht begründbare Unterscheidungen zwischen Fremden vorzunehmen. Diese Verfassungsnorm enthält ein - auch das Sachlichkeitsgebot einschließendes - Gebot der Gleichbehandlung von Fremden untereinander; deren Ungleichbehandlung ist also nur dann und insoweit zulässig, als hiefür ein vernünftiger Grund erkennbar und die Ungleichbehandlung nicht unverhältnismäßig ist.

 

Die angefochtenen Bestimmungen führen im Ergebnis dazu, dass Schüler, die eine Deutschförderklasse gemäß §8h Abs2 oder einen Deutschförderkurs gemäß §8h Abs3 SchOG zu besuchen haben, was schon auf Grund der allgemeinen Lebenserfahrung überwiegend Fremde betrifft, eine kirchliche Privatschule besuchen können, der das Öffentlichkeitsrecht auf Dauer verliehen wurde, jedoch keine sich im Aufbau befindliche kirchliche Privatschule, die nach einer gesetzlich geregelten Schulartbezeichnung eingerichtet ist und der das Öffentlichkeitsrecht gemäß §15 PrivSchG jeweils nur für ein Schuljahr verliehen werden darf, obwohl die Gleichwertigkeit des Unterrichts gemäß §14 Abs3 PrivSchG gesetzlich angenommen wird. Zwischen einer Schule, der das Öffentlichkeitsrecht auf mehrere Schuljahre (bzw auf Dauer) verliehen wurde, weil sie sich im Vollausbau befindet und einer Schule, der das Öffentlichkeitsrecht jeweils nur für ein Schuljahr zu verleihen ist, bei der jedoch von Gesetzes wegen angenommen wird, dass sie einen ordnungsgemäßen und den Aufgaben des österreichischen Schulwesens gerecht werdenden Unterricht bietet, bestehen in Bezug auf die angefochtenen Bestimmungen keine wesentlichen Unterschiede im Tatsächlichen. Hinzu kommt, dass der Zeitpunkt der Verleihung des Öffentlichkeitsrechts von der Behörde zu einem willkürlich bestimmten Zeitpunkt, für gewöhnlich vor Ablauf des Schuljahres rückwirkend erfolgt. Für die Anwendung der angefochtenen Bestimmungen macht es hier jedoch einen sachlich nicht begründbaren Unterschied, ob das Öffentlichkeitsrecht bereits verliehen wurde oder nicht.

 

Eine Trennung der angefochtenen Bestimmungen, mit einer Beschränkung nur auf den häuslichen Unterricht ist nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts nicht möglich, da es sich beim Besuch von Privatschulen ohne Öffentlichkeitsrecht und häuslichem Unterricht gemäß §11 SchPflG um ein einheitliches System handelt, dass aus einer ex ante Prüfung mit abschließenden ex post Prüfung besteht, bei der jeweils für sich genommen zu prüfen ist, ob der Schüler im darauffolgenden Schuljahr eine Schule iSd §5 SchPflG zu besuchen hat, wobei es unerheblich ist, ob der Schüler seine Schulpflicht durch den Besuch einer Privatschule ohne Öffentlichkeitsrecht oder des häuslichem Unterrichts erfüllt, da beide Fälle der 'Erfüllung der allgemeinen Schulpflicht durch Teilnahme an einem gleichwertigen Unterricht' (so die Überschrift zum Abschnitt C des SchPflG 1985) dienen (vgl VwGH vom 24.04.2018, Ro 2018/10/0004).

 

In diesem Sinne liegt auch eine Verletzung von Art17 Abs3 StGG vor, da durch die angefochtenen Bestimmungen eine Beschränkung des häuslichen Unterrichts vorgenommen wird. Durch §11 Abs2a SchPflG kommt eine ex ante Prüfung im Sinne des Abs2 leg. cit. von vorne herein nicht in Frage und wird unabhängig davon, ob der häusliche Unterricht jenem an einer im §5 leg. cit. genannten Schule gleichwertig ist oder nicht, die Teilnahme an einem solchen grundsätzlich ausgeschlossen. Jedoch unterliegt nach der Verfassungsbestimmung des Art17 StGG der häusliche Unterricht überhaupt keinen Beschränkungen. Daraus ergibt sich, dass weder die Bundesgesetzgebung noch die Landesgesetzgebung für den häuslichen Unterricht Beschränkungen irgendwelcher Art, insbesondere auch nicht durch Festlegung des Erfordernisses einer fachlichen Befähigung für die Erteilung eines solchen Unterrichtes, festlegen darf. In dieser Hinsicht ist daher weder eine Zuständigkeit der Bundesgesetzgebung noch eine Zuständigkeit der Landesgesetzgebung gegeben (siehe VfGH vom 22.06.1954, KII-6/54).

 

Durch die Aufhebung der angefochtenen Bestimmungen wird auch ihr Zweck nicht beseitigt, da nach den verbleibenden Bestimmungen weiterhin ex ante zu prüfen ist, ob ein gleichwertiger Unterricht, auch im Zusammenhang mit einer Deutschförderklasse gemäß §8h Abs2 oder einem Deutschförderkurs gemäß §8h Abs3 SchOG gegeben ist.

 

Aus diesen Gründen erscheint nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichtes die beantragte Aufhebung der angefochtenen Bestimmungen durch den Verfassungsgerichtshof geboten." (Zitat ohne die im Original enthaltenen Hervorhebungen)

3. Die Bundesregierung hat eine Äußerung erstattet, in der sie den im Antrag erhobenen Bedenken wie folgt entgegentritt:

"I. Zur Rechtslage:

 

[…]

 

Die Erfüllung der allgemeinen Schulpflicht hat durch den Besuch von allgemein bildenden Pflichtschulen sowie von mittleren oder höheren Schulen (einschließlich der land- und forstwirtschaftlichen Fachschulen und der höheren land- und forstwirtschaftlichen Lehranstalten) zu erfolgen (§5 Abs1 SchPflG), wobei unter diesen Schulen öffentliche oder mit dem Öffentlichkeitsrecht ausgestattete Schulen zu verstehen sind (§4 SchPflG).

 

Abgesehen vom Besuch einer öffentlichen oder mit Öffentlichkeitsrecht ausgestatteten Schule kann die allgemeine Schulpflicht aber auch durch die Teilnahme am Unterricht an einer Privatschule ohne Öffentlichkeitsrecht oder am häuslichen Unterricht erfüllt werden (§11 Abs1 und 2 SchPflG). Voraussetzung für die Erfüllung der allgemeinen Schulpflicht in diesen beiden Fällen ist die Gleichwertigkeit des Unterrichts in jedem zu prüfenden Einzelfall im Vergleich mit jenem an den in §5 SchPflG genannten öffentlichen oder mit Öffentlichkeitsrecht ausgestatteten Schulen. Um eine solche Gleichwertigkeitsprüfung zu gewährleisten, haben die Eltern oder sonstigen Erziehungsberechtigten die Teilnahme ihres Kindes am Unterricht in einer Privatschule ohne Öffentlichkeitsrecht oder am häuslichen Unterricht der zuständigen Schulbehörde (bis 31. Dezember 2018: Landesschulrat bzw Stadtschulrat für Wien, seit 1. Jänner 2019: Bildungsdirektion; §28a SchPflG) vor Beginn des Schuljahres anzuzeigen (§11 Abs3 erster Satz SchPflG). Diese hat die Teilnahme an einem solchen Unterricht in weiterer Folge zu untersagen, wenn mit großer Wahrscheinlichkeit anzunehmen ist, dass die in Abs1 und 2 geforderte Gleichwertigkeit nicht gegeben sein wird (§11 Abs3 zweiter Satz SchPflG; ex-ante-Prüfung). Im Falle der Teilnahme am Unterricht an einer Privatschule ohne Öffentlichkeitsrecht oder am häuslichen Unterricht ist jährlich vor Schulschluss der 'zureichende Erfolg' dieses Unterrichts durch eine näher bezeichnete Prüfung nachzuweisen (§11 Abs4 SchPflG; ex-post-Prüfung). Damit nimmt §11 Abs4 SchPflG dem Wortlaut nach wiederum auf die in §14 Abs1 litb PrivSchG (siehe unten bei Punkt 3.3) normierte Voraussetzung des Unterrichtserfolges Bezug.

 

In allen Fällen, in welchen einer Privatschule das Öffentlichkeitsrecht (noch) nicht auf mehrere Jahre oder auf die Dauer der Erfüllung der gesetzlichen Bedingungen verliehen wurde (siehe unten bei Punkt 3.3, §15 PrivSchG), handelt es sich um eine Privatschule ohne Öffentlichkeitsrecht im Sinne des §11 SchPflG (vgl Jonak/Kövesi, Das österreichische Schulrecht14 [2015] FN 1 zu §11 SchPflG).

 

3.3. Bei der Verleihung des Öffentlichkeitsrechts gelten unterschiedliche Kriterien für Privatschulen mit gesetzlich geregelter Schulartbezeichnung (§14 Abs1 PrivSchG) und Privatschulen ohne gesetzlich geregelter Schulartbezeichnung (§14 Abs2 PrivSchG). Die Führung der gesetzlich geregelten Schulartbezeichnung ist nur mit Bewilligung der zuständigen Schulbehörde zulässig (§11 Abs1 PrivSchG) und gibt ua Auskunft darüber, dass die Organisation, der Lehrplan und die Ausstattung der Privatschule im Wesentlichen mit gleichartigen öffentlichen Schulen übereinstimmen und dass an der Schule nur schulbehördlich approbierte Lehrbücher, soweit eine solche Approbation vorgesehen ist, verwendet werden (§11 Abs2 PrivSchG).

 

Privatschulen, die gemäß §11 PrivSchG eine gesetzlich geregelte Schulartbezeichnung führen, ist das Öffentlichkeitsrecht zu verleihen, wenn einerseits der Schulerhalter (bei juristischen Personen dessen vertretungsbefugtes Organ), der Leiter und die Lehrer Gewähr für einen ordnungsgemäßen und den Aufgaben des österreichischen Schulwesens gerecht werdenden Unterricht bieten (§14 Abs1 lita PrivSchG) und andererseits der Unterrichtserfolg jenem an einer gleichartigen öffentlichen Schule entspricht (§14 Abs1 litb PrivSchG). Sofern diese Voraussetzungen vorliegen, besteht ein Rechtsanspruch auf Verleihung des Öffentlichkeitsrechts. Bei Gebietskörperschaften, gesetzlich anerkannten Kirchen und Religionsgemeinschaften sowie sonstigen Körperschaften des öffentlichen Rechts wird die Erfüllung der Voraussetzungen des §14 Abs1 lita PrivSchG von Gesetzes wegen angenommen (§14 Abs3 PrivSchG). Dies ändert jedoch nichts daran, dass auch bei diesen Schulen das Vorliegen eines entsprechenden Unterrichtserfolges gemäß §14 Abs1 litb PrivSchG einer eingehenden Prüfung unterliegt.

 

Gemäß §15 PrivSchG darf das Öffentlichkeitsrecht Privatschulen darüber hinaus erst nach Erreichen des lehrplanmäßigen Vollausbaus und nach Maßgabe der Unterrichtserfolge auf mehrere Schuljahre verliehen werden. Vor Erreichen des lehrplanmäßigen Vollausbaus ist eine Verleihung nur für die bestehenden Klassen und jeweils nur für ein Schuljahr vorgesehen. Wenn Gewähr für eine fortdauernde Erfüllung der gesetzlichen Bedingungen besteht, ist das Öffentlichkeitsrecht nach Erreichung des lehrplanmäßig vollen Ausbaus der Schule auf die Dauer der Erfüllung der gesetzlichen Bedingungen zu verleihen.

 

3.4. Mit der Novelle BGBl I Nr 35/2018 wurde sowohl im Schulorganisationsgesetz als auch im Schulunterrichtsgesetz eine rechtliche Grundlage für Deutschförderklassen und Deutschförderkurse geschaffen:

 

3.4.1. Schüler von allgemein bildenden Pflichtschulen sowie von mittleren und höheren Schulen, die gemäß §4 Abs2 lita oder Abs5 SchOG wegen mangelnder Kenntnis der Unterrichtssprache als außerordentliche Schüler aufgenommen wurden, sind in Deutschförderklassen oder Deutschförderkursen zu unterrichten (§8h Abs1 SchOG). Dabei sind ihnen jene Sprachkenntnisse zu vermitteln, die sie befähigen, dem Unterricht der betreffenden Schulstufe zu folgen. Der Unterricht in den Deutschförderklassen und Deutschförderkursen erfolgt nach Maßgabe der Testergebnisse gemäß den §§4 Abs2a und 18 Abs14 SchUG.

 

Über die Aufnahme als ordentlicher Schüler oder – wegen mangelnder Kenntnis der Unterrichtssprache gemäß §3 Abs1 litb iVm §4 Abs2 lita SchUG – als außerordentlicher Schüler entscheidet ein standardisiertes Testverfahren gemäß §4 Abs2a SchUG (§4 Abs2 iVm Abs2a SchUG). Dieses wird vom Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung zur Verfügung gestellt (vgl ErlRV 107 BlgNR 26. GP 7). Im Falle der Aufnahme als außerordentlicher Schüler gibt dieses Testverfahren insbesondere Rückschlüsse darauf, ob die entsprechende Deutschfördermaßnahme im Rahmen einer Deutschförderklasse gemäß §8h Abs2 SchOG oder eines Deutschförderkurses gemäß §8h Abs3 SchOG erfolgen soll (§4 Abs2a SchUG).

 

3.4.2. Die Förderung in Deutschförderklassen ist für die Dauer eines Semesters angelegt und kann höchstens für vier Semester in Anspruch genommen werden (§8h Abs2 SchOG). Sie unterliegt einem eigenen Lehrplan (vgl §6 Abs1 SchOG), der in der Grundschule eine Deutschförderung im Ausmaß von 15 Wochenstunden und in der Sekundarstufe I im Ausmaß von 20 Wochenstunden vorsieht (vgl ErlRV 107 BlgNR 26. GP  3). Findet die Deutschfördermaßnahme im Rahmen einer Deutschförderklasse statt, so ist am Ende eines jeden Semesters erneut eine standardisierte Testung gemäß §18 Abs14 SchUG durchzuführen. Diese soll wiederum Rückschlüsse auf den weiteren Schulbesuch als ordentlicher Schüler bzw außerordentlicher Schüler mit Sprachförderung entweder in Form des (Weiter)Besuches der Deutschförderklasse oder durch Teilnahme an einem Deutschförderkurs geben. Die Schüler von Deutschförderklassen unterliegen auch keiner Leistungsbeurteilung im Sinne des §18 SchUG (§18 Abs14 SchUG). Ihnen ist am Ende des Unterrichtsjahres eine Schulbesuchsbestätigung auszustellen, die einen Vermerk über den Besuch einer Deutschförderklasse zu enthalten hat (§22 Abs11 SchUG).

 

3.4.3. Deutschförderkurse werden parallel zum Unterricht in einer Klasse geführt (§8h Abs3 SchOG). Dabei werden Schüler im Ausmaß von sechs Wochenstunden nach dem Lehrplan des Pflichtgegenstandes Deutsch oder allfälliger Lehrplanzusätze (zB 'Deutsch als Zweitsprache') unterrichtet. In den übrigen, über die sechs Wochenstunden hinausgehenden Stunden erfolgt regulärer Unterricht in den jeweiligen Fächern der betreffenden Klasse (vgl ErlRV 107 BlgNR 26. GP  4). Der Besuch eines Deutschförderkurses dauert ein bis höchstens zwei Unterrichtsjahre, wobei dieser nach Erreichen der erforderlichen Sprachkompetenz durch den Schüler auch nach kürzerer Dauer beendet werden kann. Ebenso wie Schüler von Deutschförderklassen erhalten Schüler von Deutschförderkursen am Ende eines Unterrichtsjahres eine Schulbesuchsbestätigung gemäß §22 Abs11 SchUG.

 

3.4.4. Insgesamt soll die Förderung in Deutschförderklassen und -kursen gewährleisten, dass Schüler die Unterrichtssprache Deutsch frühzeitig erlernen, um möglichst bald gemeinsam im Klassenverband nach dem Lehrplan der betreffenden Schulart und Schulstufe unterrichtet werden zu können (vgl ErlRV 107 BlgNR 26. GP  1). Dadurch soll insbesondere die Qualität der Deutschförderung in Österreich verbessert werden.

 

3.5. Mit der rechtlichen Verankerung der beschriebenen Deutschfördermaßnahmen einhergehend wurden in §11 SchPflG, der die Erfüllung der allgemeinen Schulpflicht durch den Besuch von Privatschulen ohne Öffentlichkeitsrecht und durch die Teilnahme am häuslichen Unterricht regelt, der angefochtene Abs2a sowie die angefochtene Wortfolge in Abs3 eingefügt.

 

Hat ein Schüler eine Deutschförderklasse gemäß §8h Abs2 oder einen Deutschförderkurs gemäß §8h Abs3 SchOG zu besuchen, kann die allgemeine Schulpflicht nicht durch den Besuch einer Privatschule ohne Öffentlichkeitsrecht oder von häuslichem Unterricht erfüllt werden (§11 Abs2a erster Satz SchPflG). Diesfalls hat die Erfüllung der allgemeinen Schulpflicht jedenfalls für die Dauer des Bedarfes an einer dieser besonderen Sprachförderungen in öffentlichen Schulen oder in mit dem Öffentlichkeitsrecht ausgestatteten Schulen mit gesetzlich geregelter Schulartbezeichnung zu erfolgen (§11 Abs2a zweiter Satz SchPflG). Denn nur diese Schulen unterliegen der im SchOG verankerten Verpflichtung, Deutschförderklassen und Deutschförderkurse einzurichten, sowie der schulunterrichtsrechtlichen Verpflichtung, sprachsensiblen Unterricht anzubieten, die Schüler entsprechend ihren Sprachschwierigkeiten zu beurteilen und standardisierte Testverfahren ('Sprachscreening') durchzuführen.

 

Im Einklang damit ist die Teilnahme am Unterricht an einer Privatschule ohne Öffentlichkeitsrecht oder am häuslichen Unterricht zu untersagen, wenn gemäß §11 Abs2a SchPflG eine öffentliche Schule oder eine mit dem Öffentlichkeitsrecht ausgestattete Schule mit gesetzlich geregelter Schulartbezeichnung zu besuchen ist (§11 Abs3 SchPflG).

 

II. Zum Anlassverfahren und zur Zulässigkeit:

 

[…]

 

2. Die Bundesregierung bestreitet die Zulässigkeit des Antrages und die Präjudizialität der angefochtenen Gesetzesstellen nicht. Sie hält den Antrag jedoch für unbegründet, wie im Folgenden dargestellt werden soll.

 

III. In der Sache:

 

[…]

 

1. Zu den Bedenken im Hinblick auf den Gleichheitssatz

 

[…]

 

1.6.5. Die Rechtsfolge, dass Schüler, für die ein Deutschförderbedarf festgestellt wurde, die allgemeine Schulpflicht für die Dauer des Deutschförderbedarfes nur in öffentlichen Schulen oder in mit dem Öffentlichkeitsrecht ausgestatteten Schulen mit gesetzlich geregelter Schulartbezeichnung erfüllen können, ist in diesem Zusammenhang damit begründet, dass nur in diesen Schulen diese individuelle und gezielte Sprachförderung gesichert ist:

 

1.6.5.1. Die im Schulorganisationsgesetz verankerte Verpflichtung, Deutschförderkurse oder Deutschförderklassen einzurichten, gilt nur für jene Privatschulen, die eine gesetzlich geregelte Schulartbezeichnung führen und die mit dem Öffentlichkeitsrecht ausgestattet sind (dies ergibt sich aus dem Normzusammenhang von §8 litb SchOG iVm §§11 Abs2 lita und 13 Abs2 litc PrivSchG; dazu auch Jonak/Kövesi, Das österreichische Schulrecht14 [2015] FN 2 zu §1 SchOG). Privatschulen ohne Öffentlichkeitsrecht sind daher rechtlich nicht verpflichtet, Deutschfördermaßnahmen einzurichten, weshalb deren Einrichtung in diesen Schulen nicht gewährleistet ist.

 

1.6.5.2. Daneben besteht für öffentliche Schulen und Privatschulen mit Öffentlichkeitsrecht zudem die Verpflichtung, den Unterricht in allen Fächern sprachsensibel zu gestalten und die Schüler gegebenenfalls unter Berücksichtigung ihrer Sprachschwierigkeiten zu beurteilen (dazu §18 Abs9 SchUG). Eine dementsprechende Regelung besteht für Schulen ohne Öffentlichkeitsrecht ebenfalls nicht.

 

1.6.5.3. Nach §18 Abs14 SchUG, welcher ebenso nur für öffentliche und mit dem Öffentlichkeitsrecht ausgestattete Schulen gilt, ist zur laufenden Feststellung des Sprachstandes von Schülern von Deutschförderklassen nach jedem Semester ein standardisiertes Testverfahren zur Verfügung zu stellen ('Sprachscreening'). Dieses ist so zu gestalten, dass es Rückschlüsse auf den weiteren Schulbesuch als ordentlicher Schüler ohne besondere Sprachförderung oder als außerordentlicher Schüler mit Sprachförderung entweder in Form des Weiterbesuches der Deutschförderklasse oder durch Teilnahme an einem Deutschförderkurs ermöglichen soll. Für Schulen ohne Öffentlichkeitsrecht gibt es keine normierte Verpflichtung zur Durchführung dieser Sprachscreenings.

 

1.6.5.4. Das in §11 SchPflG normierte System aus ex-ante- und ex-post-Prüfung ist im Falle von Schülern mit Deutschförderbedarf darüber hinaus nicht zielführend bzw nicht geeignet, dem System der Deutschförderung gerecht zu werden.

 

Dies folgt hinsichtlich der auf den Einzelfall abzustellenden ex-ante-Prüfung der Gleichwertigkeit des Unterrichtes (§11 Abs1 iVm Abs3 SchPflG) allein aus den zuvor erörterten rechtlichen Rahmenbedingungen, da bereits zum Zeitpunkt der ex-ante-Prüfung der Sprachförderbedarf feststeht. Darüber hinaus folgt dies daraus, dass die Deutschfördermaßnahmen nicht mit dem Regelunterricht gleichgesetzt werden können, sondern unter bestimmten Voraussetzungen stattfinden und auf einen erhöhten Sprachförderbedarf abstellen.

 

Hinsichtlich der ex-post-Prüfung des zureichenden Unterrichtserfolges (§11 Abs4 SchPflG) ergibt sich dies aber auch daraus, dass sich die dargestellten Deutschfördermaßnahmen auf einen Zeitraum von maximal zwei Unterrichtsjahren bzw vier Semestern beschränken. Damit ist die ex-post-Prüfung des Unterrichtserfolges zu einem Zeitpunkt angesiedelt, an dem die Deutschfördermaßnahme bereits an der Hälfte ihrer Höchstdauer angekommen ist. Stellt sich nach einem Schuljahr heraus, dass die Deutschfördermaßnahme an einer Privatschule ohne Öffentlichkeitsrecht oder im häuslichen Unterricht nicht den entsprechenden Erfolg erzielt hat, hat der betroffene Schüler ein für die Erlernung der Sprache wertvolles Unterrichtsjahr verloren und kann die Deutschfördermaßnahmen nach §8h SchOG nur mehr für ein weiteres Jahr in Anspruch nehmen.

 

1.6.5.5. In Hinblick auf Privatschulen mit gesetzlich geregelter Schulartbezeichnung, welchen das Öffentlichkeitsrecht nur jahrweise verliehen werden darf und deren Besuch zur Erfüllung der allgemeinen Schulpflicht im Falle eines Deutschförderbedarfs daher ausgeschlossen ist, ist ergänzend zu den vorhergehenden Ausführungen darauf hinzuweisen, dass diese Schulen lehrplanmäßig noch nicht voll ausgebaut sind. Dies ist auch der Grund, warum diesen Privatschulen das Öffentlichkeitsrecht nur für die bestehenden Klassen und jeweils nur für ein Schuljahr verliehen werden darf (§15 erster Satz PrivSchG). Grundsätzlich besteht die Möglichkeit, dass für einen Schüler Deutschfördermaßnahmen in einem Ausmaß von bis zu zwei Unterrichtsjahren bzw vier Semestern erforderlich sind. In diesen Fällen kann der sich über zwei Unterrichtsjahre bzw vier Semester erstreckende Besuch von Deutschfördermaßnahmen zumindest vor dem lehrplanmäßigen Vollausbau einer Privatschule bereits allein aus dem Grund des fehlenden lehrplanmäßigen Vollausbaus nicht gleichermaßen gewährleistet werden wie bei lehrplanmäßig bereits voll ausgebauten Privatschulen, welchen das Öffentlichkeitsrecht auf mehrere Jahre bzw auf Dauer verliehen wurde.

 

Darüber hinaus ist darauf hinzuweisen, dass – entgegen den Ausführungen des antragstellenden Verwaltungsgerichtes – bei kirchlichen Privatschulen gemäß §14 Abs3 PrivSchG die 'Gleichwertigkeit des Unterrichts' nicht gesetzlich angenommen wird. Bei diesen Schulen wird ex lege lediglich angenommen, dass Gewähr für einen ordnungsgemäßen und den Aufgaben des österreichischen Schulwesens gerecht werdenden Unterricht geboten wird. Es ist daher für die bestehenden Klassen und für jedes Schuljahr zu prüfen, ob gemäß §14 Abs1 litb PrivSchG der Unterrichtserfolg hinsichtlich der betreffenden Schulstufen jenem an einer gleichartigen öffentlichen Schule entspricht. Erst und nur dann, wenn dies der Fall ist, kann das Öffentlichkeitsrecht verliehen werden, diesfalls aber auch nur für die bestehenden Klassen und für das betreffende Schuljahr. Dies zeigt, dass das Funktionieren des Systems der Deutschförderung aufgrund der rechtlichen Rahmenbedingungen auch bei diesen Privatschulen nicht gewährleistet ist.

 

[…]

 

2. Zu den Bedenken im Hinblick auf das Recht auf Erteilung häuslichen Unterrichts

 

[…]

 

2.2.2. Die Regelungen des §11 SchPflG zielen nicht auf die Erteilung des häuslichen Unterrichtes oder eine entsprechende Beschränkung desselben ab. So hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis VwSlg 17.616 A/2009 festgehalten, dass sich die betreffenden Regelungen des Schulpflichtgesetzes 1985 ausschließlich auf die Frage beziehen, ob ein Kind durch die Teilnahme am häuslichen Unterricht bereits seine Schulpflicht erfüllt oder ob es dazu des Besuches einer allgemeinen Pflichtschule bedarf.

 

2.2.3. Demnach ist festzuhalten, dass in §11 SchPflG lediglich geregelt wird, durch welche Arten von Unterricht die allgemeine Schulpflicht erfüllt werden kann. §11 Abs2a iVm Abs3 SchPflG ist nicht auf die Beschränkung des Grundrechtes auf Erteilung des häuslichen Unterrichtes an sich gerichtet.

 

Die in Frage stehende Regelung gibt – und zwar auch im Zusammenhang mit dem Unterricht an Privatschulen ohne Öffentlichkeitsrecht – lediglich vor, dass die allgemeine Schulpflicht für Schüler mit Deutschförderbedarf für die Dauer des Deutschförderbedarfs nur an einer öffentlichen oder einer mit Öffentlichkeitsrecht ausgestatteten Schule erfüllt werden kann. […]

 

3. Zusammenfassend wird daher festgehalten, dass die angefochtenen Gesetzesstellen nach Ansicht der Bundesregierung nicht verfassungswidrig sind." (Zitat ohne die im Original enthaltenen Hervorhebungen)

IV. Erwägungen

1. Zur Zulässigkeit des Antrages

1.1. Der Verfassungsgerichtshof ist nicht berechtigt, durch seine Präjudizialitätsentscheidung das antragstellende Gericht an eine bestimmte Rechtsauslegung zu binden, weil er damit indirekt der Entscheidung dieses Gerichtes in der Hauptsache vorgreifen würde. Gemäß der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes darf daher ein Antrag iSd Art139 Abs1 Z1 B‑VG bzw des Art140 Abs1 Z1 lita B‑VG nur dann wegen mangelnder Präjudizialität zurückgewiesen werden, wenn es offenkundig unrichtig (denkunmöglich) ist, dass die – angefochtene – generelle Norm eine Voraussetzung der Entscheidung des antragstellenden Gerichtes im Anlassfall bildet (vgl etwa VfSlg 10.640/1985, 12.189/1989, 15.237/1998, 16.245/2001 und 16.927/2003).

1.2. Es ist nichts hervorgekommen, was an der Präjudizialität der angefochtenen Gesetzesbestimmungen zweifeln ließe. Die vor dem Bundesverwaltungsgericht belangte Behörde stützte ihren Bescheid ausdrücklich auf §11 Abs2a und 3 SchPflG, weshalb das Bundesverwaltungsgericht diese Bestimmungen bei der Prüfung der Rechtsmäßigkeit des angefochtenen Bescheides jedenfalls anzuwenden hat.

1.3. Da auch sonst keine Prozesshindernisse hervorgekommen sind, erweist sich der Antrag daher als zulässig.

2. In der Sache

2.1. Der Verfassungsgerichtshof hat sich in einem auf Antrag eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes gemäß Art140 B‑VG auf die Erörterung der aufgeworfenen Fragen zu beschränken (vgl VfSlg 12.691/1991, 13.471/1993, 14.895/1997, 16.824/2003). Er hat sohin ausschließlich zu beurteilen, ob die angefochtene Bestimmung aus den in der Begründung des Antrages dargelegten Gründen verfassungswidrig ist (VfSlg 15.193/1998, 16.374/2001, 16.538/2002, 16.929/2003).

2.2. Der Antrag ist nicht begründet.

2.3. Das Bundesverwaltungsgericht hegt das Bedenken, dass die in §11 Abs2a und 3 SchPflG angefochtenen Bestimmungen gegen ArtI Abs1 des Bundesverfassungsgesetzes zur Durchführung des Internationalen Übereinkommens über die Beseitigung aller Formen rassischer Diskriminierung, BGBl 390/1973, verstoßen. Die angefochtenen Bestimmungen würden im Ergebnis dazu führen, dass schulpflichtige Schülerinnen und Schüler, die eine Deutschförderklasse gemäß §8h Abs2 oder einen Deutschförderkurs gemäß §8h Abs3 SchOG zu besuchen haben, was überwiegend Fremde betrifft, eine konfessionelle Privatschule besuchen könnten, der das Öffentlichkeitsrecht auf mehrere Schuljahre bzw auf Dauer verliehen wurde, jedoch keine sich im Aufbau befindliche konfessionelle Privatschule, die nach einer gesetzlich geregelten Schulartbezeichnung eingerichtet ist und der das Öffentlichkeitsrecht gemäß §15 PrivSchG jeweils nur für ein Schuljahr verliehen werden darf, obwohl die Gleichwertigkeit des Unterrichts gemäß §14 Abs3 PrivSchG gesetzlich angenommen werde. Diese in §11 Abs2a und 3 SchPflG vorgesehene Differenzierung sei sachlich nicht begründbar.

2.4. Die Bundesregierung begegnet diesem Bedenken zusammengefasst damit, dass die im SchOG verankerte Verpflichtung, Deutschförderklassen und Deutschförderkurse einzurichten, nur für öffentliche Schulen oder mit dem Öffentlichkeitsrecht ausgestattete Schulen mit gesetzlich geregelter Schulartbezeichnung gelte. Zudem sei die in §11 Abs4 SchPflG vorgesehene Externistenprüfung, mit welcher der zureichende Erfolg eines Unterrichts nach §11 Abs1 oder 2 SchPflG nachzuweisen ist, für Schülerinnen und Schüler mit Deutschförderbedarf nicht zielführend. Betroffene Schülerinnen und Schüler könnten ein für die Erlernung der Sprache wertvolles Unterrichtsjahr verlieren, wenn sich zum Ende des Schuljahres bei der Externistenprüfung herausstellen würde, dass ein zureichender Unterrichtserfolg nicht erreicht worden ist.

2.5. Der Verfassungsgerichtshof teilt das vom Bundesverwaltungsgericht vorgetragene Bedenken, dass die in den angefochtenen Bestimmungen vorgesehene Differenzierung zwischen Privatschulen, denen das Öffentlichkeitsrecht auf mehrere Schuljahre bzw auf Dauer verliehen wurde, und sich im Aufbau befindlicher Privatschulen, denen das Öffentlichkeitsrecht jeweils nur für ein Schuljahr (rückwirkend) verliehen werden darf und die von einem nach §14 Abs3 PrivSchG privilegierten Schulerhalter betrieben werden, im Regelungszusammenhang der frühzeitigen Deutschförderung unsachlich sei, nicht:

2.5.1. Mit dem Öffentlichkeitsrecht ist gemäß §13 Abs2 litc PrivSchG die Rechtswirkung verbunden, dass auf Privatschulen, denen das Öffentlichkeitsrecht verliehen wurde, die für die entsprechenden öffentlichen Schulen geltenden schulrechtlichen Vorschriften Anwendung finden, soweit gesetzlich nicht anderes bestimmt ist und soweit sie nicht die Errichtung, Erhaltung und Auflassung, die Sprengel und das Schulgeld betreffen. Zu diesen Vorschriften zählen auch die Bestimmungen über die Deutschförderung, welche der Gesetzgeber mit der Novelle BGBI. I 35/2018 im SchOG und im SchUG vorgesehen hat. Grundsätzlich sind nur öffentliche Schulen und Privatschulen, die mit dem Öffentlichkeitsrecht ausgestattet sind und eine gesetzlich geregelte Schulartbezeichnung führen, vom Geltungsbereich des SchOG und des SchUG erfasst (s §13 Abs2 litc, §11 Abs2 lita PrivSchG iVm §8 litb SchOG sowie §1 Abs1 SchUG).

2.5.2. Voraussetzung für die Verleihung des Öffentlichkeitsrechtes ist gemäß §14 PrivSchG insbesondere, dass der Unterrichtserfolg einer Privatschule, die gemäß §11 PrivSchG eine gesetzlich geregelte Schulartbezeichnung führt, jenem an einer gleichartigen öffentlichen Schule entspricht (§14 Abs1 litb PrivSchG) bzw eine Privatschule, die keiner öffentlichen Schulart entspricht, sich hinsichtlich ihrer Unterrichtserfolge bewährt hat (§14 Abs2 litc PrivSchG). Das Öffentlichkeitsrecht ist somit nur an Privatschulen zu verleihen, die einen im Hinblick auf die Schulpflicht zureichenden Unterrichtserfolg iSd §11 Abs4 SchPflG gewährleisten können. Dementsprechend müssen Schülerinnen und Schüler, die ihre Schulpflicht durch die Teilnahme am Unterricht an einer Privatschule ohne Öffentlichkeitsrecht bzw durch Teilnahme an häuslichem Unterricht erfüllen möchten (s §11 Abs1 und 2 SchPflG), gemäß §11 Abs4 SchPflG den zureichenden Unterrichtserfolg jährlich vor Ende des Schuljahres durch eine sogenannte Externistenprüfung nachweisen (§42 SchUG). Wird ein solcher Nachweis nicht erbracht, so ist anzuordnen, dass die Schulpflicht an einer öffentlichen oder einer mit dem Öffentlichkeitsrecht ausgestatteten Schule mit gesetzlich geregelter Schulartbezeichnung zu erfüllen ist.

Das Bundesverwaltungsgericht bringt vor, dass bei kirchlichen Privatschulen "die Gleichwertigkeit des Unterrichts" gemäß §14 Abs3 PrivSchG gesetzlich angenommen würde. Dabei übersieht das Bundesverwaltungsgericht, dass nach dem Wortlaut des §14 Abs3 PrivSchG bei Gebietskörperschaften, gesetzlich anerkannten Kirchen und Religionsgesellschaften und sonstigen Körperschaften des öffentlichen Rechts explizit nur die Erfüllung der Voraussetzungen hinsichtlich der Schulerhalter, der Leiter und der Lehrer gemäß §14 Abs1 lita PrivSchG und §14 Abs2 lita PrivSchG von Gesetzes wegen angenommen wird, nicht jedoch die Voraussetzungen hinsichtlich des Unterrichtserfolges gemäß §14 Abs1 litb bzw §14 Abs2 litc PrivSchG. Die nach §14 Abs3 PrivSchG privilegierten Schulerhalter sind daher nicht vom Nachweis eines zureichenden Unterrichtserfolges iSd §11 Abs4 SchPflG entbunden.

2.5.3. Gemäß §15 PrivSchG darf das Öffentlichkeitsrecht an Privatschulen vor ihrem lehrplanmäßig vollen Ausbau jeweils nur für die bestehenden Klassen (Jahresstufen) und jeweils nur für ein Schuljahr verliehen werden. Die Verleihung erfolgt rückwirkend, weil im laufenden Schuljahr die Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen nach §14 PrivSchG im Rahmen von Schulinspektionen erhoben wird. Sollte das Verfahren zur Verleihung des für das laufende Schuljahr beantragten Öffentlichkeitsrechtes bis Schulschluss nicht abgeschlossen sein, müssen schulpflichtige Schülerinnen und Schüler dieser Privatschule jedenfalls eine Externistenprüfung gemäß §11 Abs4 SchPflG ablegen (vgl VwGH 23.4.2007, 2005/10/0197).

2.5.4. Nach den Materialien verfolgt der Gesetzgeber mit §11 Abs2a SchPflG das Ziel, den frühzeitigen Spracherwerb als Grundlage weiterer Bildung sicherzustellen (s Erläut zur RV 107 BlgNR 26. GP , 11). Die deutsche Sprache ist – soweit nicht für Schulen, die für sprachliche Minderheiten bestimmt sind, durch Gesetz oder durch zwischenstaatliche Vereinbarungen anderes vorgesehen ist – gemäß §16 SchUG die Unterrichtssprache sowie gemäß §6 Abs2b Z1 SchPflG ein Kriterium für die Schulreife. Schulpflichtige Schülerinnen und Schüler, die die deutsche Sprache nicht oder nicht ausreichend beherrschen, sollen diese frühzeitig erlernen, um möglichst bald gemeinsam im Klassenverband nach dem Lehrplan der betreffenden Schulart und Schulstufe unterrichtet werden zu können (s Erläut zur RV 107 BlgNR 26. GP , 1).

Dem Gesetzgeber ist im Hinblick auf dieses Regelungsziel nicht entgegenzutreten, wenn er festlegt, dass schulpflichtige Schülerinnen und Schüler für die Dauer des Sprachförderungsbedarfes Deutschförderklassen oder Deutschförderkurse in öffentlichen Schulen oder in mit dem Öffentlichkeitsrecht ausgestatteten Schulen mit gesetzlich geregelter Schulartbezeichnung zu besuchen haben, auf die zum einen die schulrechtlichen Vorschriften – wie insbesondere §8h SchOG – Anwendung finden und zum anderen der zureichende Unterrichtserfolg iSd §11 Abs4 SchPflG sichergestellt ist und daher jedenfalls keine Externistenprüfung abzulegen ist. Der Verfassungsgerichtshof vermag nicht zu erkennen, dass die in §11 Abs2a und 3 SchPflG vorgesehene Differenzierung zwischen Privatschulen, die mit dem Öffentlichkeitsrecht ausgestattet sind und eine gesetzlich geregelte Schulartbezeichnung führen, und sonstigen Privatschulen in Bezug auf das vom Bundesverwaltungsgericht vorgetragene Bedenken unsachlich wäre.

2.6. Das Bundesverwaltungsgericht hegt ferner das Bedenken, dass die angefochtenen Bestimmungen gegen Art17 Abs3 StGG verstoßen, weil sie eine Beschränkung des häuslichen Unterrichts darstellen würden. Nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichtes dürfe der Gesetzgeber für den häuslichen Unterricht keine Beschränkungen irgendwelcher Art festlegen.

2.7. Die Bundesregierung begegnet diesem Bedenken im Wesentlichen damit, dass §11 Abs2a iVm Abs3 SchPflG nicht auf die Beschränkung des Rechts auf Erteilung des häuslichen Unterrichts gemäß Art17 Abs3 StGG "abzielen" würde, sondern ausschließlich die Frage regle, durch welche Arten von Unterricht schulpflichtige Schülerinnen und Schüler mit Sprachförderungsbedarf die allgemeine Schulpflicht erfüllen könnten.

2.8. Der Verfassungsgerichtshof vermag auch dem Bedenken des Bundesverwaltungsgerichtes, dass die angefochtenen Bestimmungen des §11 SchPflG gegen Art17 Abs3 StGG verstoßen würden, nicht zu folgen:

2.8.1. Die Freiheit des häuslichen Unterrichts beschränkt nicht die in Art14 Abs7a B‑VG verankerte Schulpflicht und kann daher entsprechenden Regelungen, die der Sicherung des Ausbildungserfolges von schulpflichtigen Schülerinnen und Schülern dienen, nicht entgegengehalten werden. Art17 Abs3 StGG garantiert also nicht die Möglichkeit, die Schulpflicht durch häuslichen Unterricht zu erfüllen (vgl VfSlg 19.958/2015).

2.8.2. Wie bereits dargelegt, verfolgt der Gesetzgeber mit §11 Abs2a SchPflG und der angefochtenen Wortfolge in Abs3 leg.cit. das Ziel, den frühzeitigen Spracherwerb als Grundlage weiterer Bildung sicherzustellen. Schulpflichtige Schülerinnen und Schüler mit Sprachförderungsbedarf sollen befähigt werden, dem Unterricht in der deutschen Sprache zu folgen (s nochmals Erläut zur RV 107 BlgNR 26. GP , 1 und 11). Die Sicherung des Ausbildungserfolges von schulpflichtigen Schülerinnen und Schülern ist daher der Kern der angefochtenen Bestimmungen. Vor diesem Hintergrund liegt auch der vom Bundesverwaltungsgericht angenommene Verstoß gegen Art17 Abs3 StGG nicht vor.

V. Ergebnis

1. Die ob der Verfassungsmäßigkeit des §11 Abs2a SchPflG sowie der Wortfolge "oder wenn gemäß Abs2a eine öffentliche Schule oder eine mit dem Öffentlichkeitsrecht ausgestattete Schule mit gesetzlich geregelter Schulartbezeichnung zu besuchen ist" in §11 Abs3 SchPflG erhobenen Bedenken treffen nicht zu. Der Antrag ist daher abzuweisen.

2. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

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