Normen
B-VG Art18 Abs2
WirtschaftskammerG 1998 §123 Abs2, Abs3
GrundumlagenV der Fachgruppe Holzindustrie in der Wirtschaftskammer Oberösterreich vom 07.10.2011 betr Grundumlage 2015
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VFGH:2017:V43.2017
Spruch:
I. Die Verordnung "Beschluss der Fachgruppentagung" (der Fachgruppe Holzindustrie in der Wirtschaftskammer Oberösterreich) vom 7. Oktober 2011, verlautbart in der "Oberösterreichischen Wirtschaft" vom 19. Dezember 2014, Nr 51/52, betreffend Grundumlage 2015, wird als gesetzwidrig aufgehoben.
II. Der Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft ist zur unverzüglichen Kundmachung dieses Ausspruches im Bundesgesetzblatt II verpflichtet.
Begründung
Entscheidungsgründe
I. Anlassverfahren, Prüfungsbeschluss und Vorverfahren
1. Beim Verfassungsgerichtshof ist zur Zahl E2535/2016 eine auf Art144 B‑VG gestützte Beschwerde anhängig, der folgender Sachverhalt zugrunde liegt:
1.1. Die Beschwerdeführerin verfügt über die Berechtigung zur Erzeugung von Holzwaren (Schnittware) einschließlich Hobelware in Form eines Industriebetriebes mit Standorten in Oberösterreich. Aus diesem Grund besteht eine Mitgliedschaft in der Fachgruppe Holzindustrie in der Wirtschaftskammer Oberösterreich (im Folgenden: WKOÖ) und eine damit einhergehende Verpflichtung zur Bezahlung einer Grundumlage gemäß §123 Wirtschaftskammergesetz 1998, BGBl I 103, (im Folgenden: WKG) in Höhe von € 160.576,37 für das Jahr 2015.
Der Beschwerdeführerin wurden am 16. Juni 2015 von der WKOÖ die Vorschreibungen der Grundumlage für 2015 gestützt auf "Beschluss der Fachgruppentagung" vom 7. Oktober 2011, verlautbart in der "Oberösterreichischen Wirtschaft" vom 19. Dezember 2014, Nr 51/52, übermittelt. Auf Grund des von der Beschwerdeführerin am 20. Juli 2015 getätigten Verlangens iSd §128 Abs1 WKG erließ der Präsident der WKOÖ am 4. Jänner 2016 einen Bescheid, mit welchem der Beschwerdeführerin die Grundumlage vorgeschrieben wurde. Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich.
1.2. Während des Verfahrens hob der Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 8. März 2016, V136-141/2015, auf Grund von Beschwerden gemäß Art144 B‑VG derselben Beschwerdeführerin gegen die Vorschreibung von Grundumlagen für die Jahre 2013 und 2014 "Die Verordnung 'Beschluss der Fachgruppentagung' der Fachgruppe Holzindustrie in der Wirtschaftskammer Oberösterreich vom 7. Oktober 2011, verlautbart in der 'Oberösterreichischen Wirtschaft' vom 21. Dezember 2012, Nr 51/52, betreffend Grundumlage 2013, und in der 'Ober-österreichischen Wirtschaft' vom 13. Dezember 2013, Nr 50, betreffend Grundumlage 2014" als gesetzwidrig auf.
1.3. Anschließend wies das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich auf Grund der – nach Auffassung des Gerichtes – fehlenden Auswirkung des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes auf die Grundumlage für das Jahr 2015 mit Erkenntnis vom 15. September 2016 die Beschwerde als unbegründet ab.
1.4. Gegen dieses Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes richtet sich die zu E2535/2016 protokollierte Beschwerde, in der die Verletzung in den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz (Art7 B‑VG) und auf Unversehrtheit des Eigentums (Art5 StGG, Art1 1. ZPEMRK) sowie in Rechten wegen Anwendung einer dem WKG widersprechenden Verordnung behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses beantragt wird.
1.5. Bei der Behandlung dieser Beschwerde sind im Verfassungsgerichtshof Bedenken ob der Gesetzmäßigkeit der im Spruch genannten Verordnung entstanden. Der Verfassungsgerichtshof hat daher am 7. März 2017 beschlossen, diese Verordnung von Amts wegen auf ihre Gesetzmäßigkeit zu prüfen.
2. Der Verfassungsgerichtshof legte seine Bedenken, die ihn zur Einleitung des Verordnungsprüfungsverfahrens bestimmt haben, in seinem Prüfungsbeschluss wie folgt dar:
"1. Bei Behandlung der Beschwerde sind beim Verfassungsgerichtshof Bedenken ob der Gesetzmäßigkeit der Verordnung 'Beschluss der Fachgruppentagung' vom 7. Oktober 2011, verlautbart in der 'Oberösterreichischen Wirtschaft' vom 19. Dezember 2014, Nr 51/52, betreffend Grundumlage 2015, entstanden.
2. Der Verfassungsgerichtshof geht vorläufig davon aus, dass die Beschwerde zulässig ist, dass das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich bei der Erlassung der angefochtenen Entscheidung die in Prüfung gezogene Verordnung zumindest denkmöglich angewendet hat und dass auch der Verfassungsgerichtshof diese Bestimmung bei seiner Entscheidung über die Beschwerde anzuwenden hätte.
3. Die Beschwerdeführerin bringt vor dem Hintergrund der Aufhebung der für 2013 und 2014 geltenden Beschlüsse vor, die Vorschreibung der Grundumlage für das Jahr 2015 bilde eine neue eigenständige Verordnung. Dies ergebe sich insbesondere aus den Bestimmungen des WKG (§§121,123 WKG), der Umlagen-ordnung der Bundeskammer sowie aus dem Umstand, dass die Grundumlage für das jeweilige Folgejahr von der Fachgruppentagung neu zu beschließen, zu genehmigen und kundzumachen sei. Somit entstehe alljährlich eine neue Ver-ordnung, sobald diese in der 'Oberösterreichischen Wirtschaft' kundgemacht werde.
Die der Grundumlage für das Jahr 2015 zugrundeliegende Verordnungslage sei mit der der Vorschreibungen für die Jahre 2013 und 2014 deckungsgleich. Davon ausgehend bringt sie dieselben Bedenken vor, die letztlich zur Aufhebung der für 2013 und 2014 geltenden Verordnungen durch das Erkenntnis des Verfassungs-gerichtshofes vom 8. März 2016, V136-141/2015, führten.
4. Der Verfassungsgerichtshof hegt gegen die hiemit in Prüfung gezogene Ver-ordnung folgende Bedenken:
4.1. Der Verfassungsgerichtshof geht aus folgenden Gründen davon aus, dass die Festlegung der Grundumlage für ein konkretes Kalenderjahr – im vorliegenden Fall für das Jahr 2015 – aus folgenden Gründen jeweils eine selbständige, für das betreffende Kalenderjahr geltende Verordnung bildet:
Zunächst sieht dies §3 der Umlagenordnung ausdrücklich vor. Dies dürfte sich aber schon aus §123 Abs2 WKG ergeben, der anscheinend von einer Beschluss-fassung jeweils für das Kalenderjahr ausgeht: Die Aufwendungen der (auf Bun-desebene bestehenden) Fachverbände gemäß §1 Abs2 WKG sind mit einem Anteil der Grundumlagen der (auf Landesebene bestehenden) Fachgruppen zu bedecken. §123 Abs2 WKG sieht hiezu vor, dass dieser Anteil jeweils 'bis zum 30. Juni jeden Jahres für das folgende Jahr' zu beschließen ist. Die Grundumlage (der Fachgruppen) ist wiederum gemäß §123 Abs3 WKG von der Fachgruppen-tagung 'unter Zugrundelegung des Anteils des Fachverbandes an der Grundum-lage' zu beschließen. Dies dürfte voraussetzen, dass – ausgehend von dem Anteil des Fachverbandes – jeweils für ein Kalenderjahr die Grundumlage der Fach-gruppe beschlossen wird. Bei der Wendung 'nach Maßgabe des Abs5' im ersten Satz des §123 Abs3 WKG dürfte es sich um ein redaktionelles Versehen handeln, sodass in Wahrheit Abs2 des §123 WKG gemeint ist, woraus die dargestellte Deutung zwingend zu schließen sein dürfte.
Tatsächlich hat die Fachgruppentagung auch jährlich einen Umlagenbeschluss gefasst, wenn auch seit 2011 in gleichbleibender Höhe. Für das Jahr 2015 lautet er:
'3. Voranschlag 2015 - Beschluss
[…]
3. Die mit Wirksamkeit ab 1. Jänner 2013 beschlossenen Grundumlagen bleiben unverändert:
Berufszweig Sägeindustrie:
Die Grundumlage a) beträgt 2,8 ‰ der kommunalsteuerpflichtigen Bruttolohn- und -gehaltssumme des dem Vorschreibungsjahr vorangegangenen Jahres, wobei die Mindestgrundumlage a) € 66,‑ ‑ (für ruhende Mitgliedschaften € 33,‑ ‑) beträgt.
Die Grundumlage b) (Sonderumlage Holzinformation) beträgt € 0,30 je Festmeter Rundholzeinschnitt des dem Vorschreibungsjahr vorangegangenen Jahres. Die Mindestgrundumlage b) beträgt wie bisher € 44,‑ ‑ (gilt jedoch nicht für ruhende Mitgliedschaften).
Alle übrigen Berufszweige der Fachgruppe der Holzindustrie:
Die Grundumlage beträgt 3,01 ‰ der kommunalsteuerpflichtigen Bruttolohn- und -gehaltssumme des dem Vorschreibungsjahr vorangegangenen Jahres, wobei die Mindestgrundumlage € 29,‑ ‑ (für ruhende Mitgliedschaften € 14,50) beträgt.'
Dieser Beschluss wurde in der unter Pkt. II.5. wiedergegebenen Weise kundge-macht.
Der Verfassungsgerichtshof geht davon aus, dass die Abweichungen in der Kundmachung (Pkt. II.5.) gegenüber dem Beschlusstext der Fachgruppentagung (Pkt. III.4.1.) bloß redaktioneller Natur sind, wobei im Verordnungsprüfungsver-fahren zu klären sein wird, ob – zwar ohne Änderung des Inhalts – derartige Umformulierungen in der Kundmachung einer Verordnung gegenüber dem beschlossenen Text zulässig sind.
4.2. Im Übrigen hegt der Verfassungsgerichtshof gegen die in Prüfung gezogene Verordnung die gleichen Bedenken, die zur Aufhebung der für die Kalenderjahre 2013 und 2014 geltenden Verordnungen mit dem Erkenntnis vom 8. März 2016, V136-141/2015, geführt haben."
3. Die verordnungserlassende Behörde hat die Akten betreffend das Zustandekommen der in Prüfung gezogenen Verordnung vorgelegt und eine Äußerung erstattet, in der sie den im Prüfungsbeschluss dargelegten Bedenken wie folgt entgegentritt:
"Fest steht, dass die Fachgruppentagung der Holzindustrie am 7.10.2011 mit Wirksamkeit ab 1.1.2012 die Grundumlage, welche unverändert bis zum Jahr 2015 so jährlich vorgeschrieben wurde, beschlossen hat. Weiters steht fest, dass die allein zuständige Fachgruppentagung in den Folgejahren keinen neuen oder auch nur 'neuerlichen' Beschluss die Grundumlagen betreffend gefasst hat (siehe dazu die Tagesordnungen der Fachgruppentagung 2012 - 2014 – Anlage 5 bis 7). Die jährlichen 'Verlautbarungen' in der OÖ Wirtschaft geben ausschließlich diesen Grundumlagenbeschluss vom 7. Oktober 2011 wieder. Sie haben lediglich den Zweck, alljährlich sämtliche aktuellen Grundumlagenbeschlüsse, die einmal vom Präsidium bei Vorliegen der rechtlichen Voraussetzungen zu genehmigen waren und auch genehmigt wurden (Rechtsgrundlage dafür ist §123 Abs3 WKG) wegen der besseren Übersichtlichkeit für alle Mitglieder aufzulisten.
Das WKG sieht offensichtlich nicht vor, dass die Fachgruppentagung auch dann einen Beschluss zu fassen habe, wenn keine Änderung bei den Grundumlagen vorgesehen bzw. vorzunehmen ist - auch dies ist aus §123 Abs3 WKG abzuleiten. Eine wiederholte Veröffentlichung ein und desselben Beschlusses macht diesen im übrigen nicht zu einer Verordnung. Dies auch vor dem Hintergrund, dass im Zuge der WKG-Novelle 1998 (siehe dazu die Erläuterungen zu BGBl I Nr 103/1998) die vormals im Handelskammergesetz (§30 Abs6 HKG) ausdrücklich normierte Verpflichtung weggefallen ist, Fachgruppentagungen einmal pro Jahr abhalten zu müssen.
Schon von Gesetzes wegen gibt es insofern keine Verpflichtung, dass Fachgruppen jährlich von neuem einen Grundumlagenbeschluss zu treffen hätten.
Die Feststellung des Verfassungsgerichtshofes im gegenständlichen Prüfungsbeschluss vom 7.3.2017 auf Seite 9, wonach die Fachgruppentagung iährlich einen Umlagenbeschluss gefasst habe, trifft daher nicht zu. Bei dem vom Verfassungsgerichtshof zitierten 'Beschluss' handelt es sich um den Voranschlag (Budget), den der Fachgruppenausschuss - nach entsprechender Delegierung durch die Fachgruppentagung (siehe dazu den ebenfalls in der Anlage befindlichen Delegierungsbeschluss vom 30. September 2010 – Anlage 12) - jährlich zu beschließen hat (§48 Abs4 Z5 in Verbindung mit §65 Abs1 und 5 WKG), und der natürlich auf den Einnahmen, also auf den zu erwartenden Grundumlagen lt. Grundumlagenbeschluss aus dem Jahre 2011 beruht. Dies ergibt sich auch aus dem Wortlaut dieses Beschlusses und der diesem Beschluss zugrundeliegenden Tagesordnung.
Hinzu kommt, dass der Fachgruppenausschuss schon auf Grund des bereits zitierten §65 Abs5 WKG für einen Grundumlagenbeschluss weder zuständig ist noch von der Fachgruppentagung diese Zuständigkeit an den Fachgruppenausschuss übertragen werden darf. Eine solche Delegierung ist auch nie erfolgt!
Die in Prüfung gezogene 'Verlautbarung' wiederum ist nichts anderes als die jährliche Information der Mitglieder über die jeweils gültigen Grundumlagen - hier aus dem Jahre 2011, die der Verfassungsgerichtshof ja bereits aufgehoben hat. Selbst wenn der Verfassungsgerichtshof den 'Voranschlag' des Fachgruppenausschusses aufheben würde, ändert dies nichts daran, dass die Grundumlagenverordnung 2011 für die Vorschreibung der Umlage im Jahr 2015 nach wie vor anwendbar ist, weil sie zum Zeitpunkt der Entscheidung des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich nicht als Anlassfall im Sinn des Artikels 139 Abs6 BVG anzusehen war, wie das Landesverwaltungsgericht bereits zutreffend ausgeführt hat.
[…]"
4. Die Wirtschaftskammer Österreich (in der Folge: WKÖ) hat ebenfalls eine Äußerung erstattet, in der sie den im Prüfungsbeschluss dargelegten Bedenken entgegentritt.
5. Die Beschwerdeführerin in dem zu E2535/2016 protokollierten Anlassverfahren hat eine Äußerung erstattet, in der sie sich den Bedenken des Verfassungsgerichtshofes anschließt.
II. Gesetzesvorschriften und geprüfte Verordnung
Die maßgebliche Rechtslage stellt sich wie folgt dar:
1. Gemäß §1 Abs1 des Wirtschaftskammergesetzes 1998 – WKG, BGBl I 103 in der Fassung BGBl I 50/2016, sind zur Vertretung der gemeinsamen Interessen ihrer Mitglieder Wirtschaftskammern (Landeskammern, Bundeskammer) errichtet. Sie gliedern sich gemäß §1 Abs2 WKG in Fachorganisationen, und zwar Fachgruppen im Bereich der Landeskammern und Fachverbände im Bereich der Bundeskammer, die die Interessen ihrer Mitglieder zu vertreten haben. Gemäß §3 Abs1 Z3 und 4 WKG sind die Fachgruppen und die Fachverbände Körperschaften öffentlichen Rechts. Sie sind gemäß §3 Abs2 WKG selbständige Wirtschaftskörper, haben das Recht, "innerhalb der Schranken der allgemeinen Bundes- und Landesgesetze Vermögen aller Art zu besitzen, zu erwerben und darüber zu verfügen, Leistungen gegen Entgelt auszuführen, wirtschaftliche Unternehmungen zu betreiben und im Rahmen der Bestimmungen dieses Gesetzes ihren Haushalt selbständig zu führen und Umlagen vorzuschreiben".
2. Nach §45 Abs5 Z3 WKG wird als Zuständigkeit der Fachgruppentagung, der alle Mitglieder der Fachgruppe angehören, normiert, dass dieser die Beschlussfassung über die Grundumlage zukommt. Über die Verpflichtung der Mitglieder der Fachgruppen (Fachverbände), eine Grundumlage zu entrichten, bestimmt §123 WKG Folgendes:
"Grundumlagen
§123. (1) Die Mitglieder der Fachgruppen (Fachverbände) haben eine Grundumlage zu entrichten, die
1. zur Bedeckung der in den Voranschlägen vorgesehenen und durch sonstige Erträge nicht gedeckten Aufwendungen der Fachgruppen,
2. im Falle des §14 Abs2 zur Bedeckung des Aufwands der durch sonstige Erträge nicht gedeckten Kosten der Landeskammer, die ihr durch die Vertretung der Interessen der betreffenden Fachverbandsmitglieder erwachsen, ferner
3. zur Bedeckung der in den Voranschlägen vorgesehenen und durch sonstige Erträge nicht gedeckten Aufwendungen der Fachverbände dient.
(2) Die Höhe des zur Bedeckung der Aufwendungen der Fachverbände erforderlichen Anteils an den Grundumlagen ist von den Ausschüssen der Fachverbände mit der Mehrheit von zwei Drittel der abgegebenen gültigen Stimmen bis zum 30. Juni jeden Jahres für das folgende Jahr zu beschließen. Werden diese Beschlüsse nicht fristgerecht gefasst, entscheidet das Erweiterte Präsidium der Bundeskammer.
(3) Die Grundumlage ist nach Maßgabe des Abs5 von der Fachgruppentagung unter Zugrundelegung des Anteils des Fachverbandes an der Grundumlage zu beschließen. Der Beschluss der Fachgruppentagung über die Grundumlage bedarf der Genehmigung des Präsidiums der Landeskammer. Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn die rechtlichen Voraussetzungen erfüllt sind.
(4) In den Fällen des §14 Abs2 ist der zur Bedeckung des Aufwands gemäß Abs1 Z2 erforderliche Anteil der Landeskammer an der Grundumlage vom Präsidium der Landeskammer im Einvernehmen mit den jeweiligen Fachvertretern bis zum 15. April jeden Jahres für das folgende Jahr zu beschließen. Das Erweiterte Präsidium der Bundeskammer hat für den Anteil der Landeskammern an der Grundumlage nach Anhörung der Landeskammern und der Bundessparten Höchstgrenzen festzulegen. Nähere Bestimmungen können in der Umlagenordung getroffen werden.
(5) In den Fällen des §14 Abs2 ist die Grundumlage zur Bedeckung der Aufwendungen gemäß Abs1 Z2 und 3 unter Zugrundelegung der Beschlüsse der Landeskammern gemäß Abs4 vom Fachverbandsausschuss mit der Mehrheit von zwei Drittel der abgegebenen gültigen Stimmen zu beschließen. Der Beschluss des Fachverbandsausschusses über die Grundumlage bedarf der Genehmigung des Erweiterten Präsidiums der Bundeskammer. Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn die rechtlichen Voraussetzungen erfüllt sind.
(6) In den Fällen des §14 Abs2 können die Präsidien der Landeskammern zur Bedeckung von besonderen, durch die Anteile der Landeskammern an der Grundumlage gemäß Abs4 nicht gedeckten Aufwendungen der Fachvertretungen aufgrund eines Antrags der(s) Fachvertreter(s) eine Sondergrundumlage beschließen. Vor der Beantragung der Sondergrundumlage durch die Fachvertreter ist der Fachverband rechtzeitig vom Vorhaben in Kenntnis zu setzen und die Meinung der Mitglieder der jeweiligen Fachvertretung auf geeignete Weise zu erkunden.
(7) Die Grundumlage ist für jede Berechtigung nach §2 zu entrichten. Dies gilt auch, wenn die Mitgliedschaft zu mehreren Fachgruppen (Fachverbänden) durch nur eine Berechtigung begründet ist. Der Erlangung einer Berechtigung nach §2 ist die Begründung einer weiteren Betriebsstätte gleichzuhalten. Bei verpachteten Berechtigungen ist die Grundumlage nur vom Pächter zu entrichten.
(8) Das Wirtschaftsparlament der Landeskammer hat nach Anhörung des betroffenen Spartenpräsidiums zu regeln, in welchen Fachgruppen oder Fachvertretungen die Inhaber von Berechtigungen für das fachlich unbeschränkte Handels- und Handelsagentengewerbe umlagepflichtig sind. Die Regelung hat insbesondere auf den Umfang des jeweiligen Warensortiments Bedacht zu nehmen.
(9) Die Grundumlage ist unbeschadet der Bestimmung des letzten Satzes des Abs14 eine unteilbare Jahresumlage; sie ist auch für das Kalenderjahr zu entrichten, in dem die Berechtigung erworben wird oder erlischt.
(10) Die Grundumlage kann festgesetzt werden:
1. ausgehend von einer allgemein leicht feststellbaren Bemessungsgrundlage (zum Beispiel Brutto-Lohn- und Gehaltssumme, Umsatzsumme, durchschnittliche Zahl der Beschäftigten oder von Betriebsmitteln, Rohstoffeinsatz, Sozialversicherungsbeiträge, Betriebsvermögen, Anzahl der Betriebsstätten oder der Berechtigungen) in einem Hundert- oder Tausendsatz der Bemessungsgrundlage oder mit festen Beträgen,
2. in einem festen Betrag,
3. in einer auch mehrfachen Kombination der Varianten nach Z1 und Z2.
(11) Die Bemessungsgrundlage(n) der Grundumlage je Fachverband und den ihm entsprechenden Fachgruppen oder Fachvertretungen ist (sind) einheitlich. Sie ist vom Fachverbandsausschuss im Einvernehmen mit den Fachgruppen und den Fachvertretern festzusetzen. Kann das Einvernehmen über (eine) einheitliche Bemessungsgrundlage(n) nicht hergestellt werden, entscheidet das Erweiterte Präsidium der Bundeskammer.
(12) Wird die Grundumlage mit einem festen Betrag festgesetzt, so ist dieser von physischen Personen, offenen Handelsgesellschaften, Kommanditgesellschaften sowie von eingetragenen Erwerbsgesellschaften in einfacher Höhe (Normalsatz), von juristischen Personen in doppelter Höhe zu entrichten.
(13) Wird die Grundumlage in einem Tausendsatz von der Brutto-Lohn- und Gehaltssumme oder in einem Tausendsatz von der Umsatzsumme festgesetzt, so darf sie nicht mehr als 10 vT der Brutto-Lohn- und Gehaltssumme bzw. nicht mehr als 4 vT der Summe der Gesamtumsätze betragen; bei allen anderen variablen Bemessungsgrundlagen und bei Kombination der Varianten nach Abs10 Z1 und Z2 darf die Grundumlage nicht mehr als 4 vT der Summe der Gesamtumsätze betragen; eine Überschreitung dieser Höchstgrenzen ist nur in jenen Fällen zulässig, in denen die Grundumlage nicht mehr als 6 500 Euro beträgt. Wird die Grundumlage ausschließlich in einem festen Betrag festgesetzt (Abs10 Z2), darf sie 6 500 Euro, und zwar auch in doppelter Höhe des Normalsatzes, nicht übersteigen. Die in diesem Absatz vorgesehenen Höchstsätze gelten für jede Berechtigung nach §2.
(14) Für ruhende Berechtigungen ist, wenn diese Voraussetzung für das ganze Kalenderjahr zutrifft, die Grundumlage höchstens in halber Höhe festzusetzen. Besteht die Mitgliedschaft zu einer Fachgruppe (Fachverband) nicht länger als die Hälfte eines Kalenderjahres, ist die Grundumlage für dieses Kalenderjahr nur in halber Höhe zu entrichten, besteht die Mitgliedschaft aber nicht länger als 31 Tage im ganzen Kalenderjahr, entfällt die Pflicht zur Entrichtung der Grundumlage zur Gänze."
3. §123 Abs11 WKG idF BGBl I 78/2006 (bis 31. Dezember 2009: §123 Abs8a WKG, BGBl I 153/2001) wurde im Rahmen der WKO-Reform 2001 (BGBl I 153/2001) geschaffen. Nach dieser Bestimmung haben die Bemessungsgrundlagen der Grundumlage je Fachverband und den ihm entsprechenden Fachgruppen oder Fachvertretungen einheitlich zu sein. Die Erläuterungen zum damaligen §123 Abs8a WKG (IA 501/A 21. GP ) lauten:
"[…] Abs8a ordnet an, dass die Bemessungsgrundlage(n) der Grundumlage je Fachverband und den ihm entsprechenden Fachgruppen und Fachvertretungen einheitlich zu sein hat (haben). Die einheitliche Bemessungsgrundlage(n) ist (sind) vom Fachverbandsausschuss im Einvernehmen mit den Fachgruppen und Fachvertretern zu beschließen. Kann das Einvernehmen über die einheitliche Bemessungsgrundlage(n) nicht hergestellt werden, entscheidet subsidiär das Erweiterte Präsidium der WKÖ. Die Einheitlichkeit der Bemessungsgrundlage(n) der Grundumlage je Fachverband und den ihm entsprechenden Fachgruppen und Fachvertretungen ist gemäß ArtIII §8 bis spätestens 1.1.2007 herzustellen. […]"
4. §3 der auf §129 WKG gestützten Umlagenordnung der Bundeskammer (WKÖ) lautet:
"§3. Beschlussfassung der Grundumlagen
(1) Die Fachverbände und Fachgruppen haben ihre Grundumlagenbeschlüsse gemäß §123 Abs3 und 5 WKG bis zum 31. Oktober für das folgende Jahr zur Genehmigung vorzulegen.
(2) Die Genehmigung ist bis zum 30. November für das folgende Jahr zu erteilen, wenn die rechtlichen Voraussetzungen erfüllt sind."
5. Gemäß §123 WKG hat die Fachgruppentagung der Fachgruppe Holzindustrie in der WKOÖ am 7. Oktober 2011 einen Grundumlagenbeschluss "mit Wirksamkeit ab 1. Jänner 2012" gefasst, der nach dem Protokoll folgenden Wortlaut hat:
"Nach dem ausführlichen Bericht von Fachgruppengeschäftsführer ********** fasst die Fachgruppentagung über Antrag von Fachgruppenobmann ****** mit Wirksamkeit ab 1. Jänner 2012 folgende einstimmige Grundumlagenbeschlüsse:
Berufszweig Sägeindustrie:
Die Grundumlage a) beträgt wie bisher 2,8 ‰ der kommunalsteuerpflichtigen Bruttolohn- und -gehaltssumme des dem Vorschreibungsjahr vorangegangenen Jahres, wobei die Mindestgrundumlage a) € 66,‑ ‑ (für ruhende Mitgliedschaften € 33,‑ ‑) beträgt.
Die Grundumlage b) (Sonderumlage Holzinformation) beträgt neu € 0,30 je Festmeter Rundholzeinschnitt des dem Vorschreibungsjahr vorangegangenen Jahres. Die Mindestgrundumlage b) beträgt wie bisher € 44,‑ ‑ (gilt jedoch nicht für ruhende Mitgliedschaften).
Alle übrigen Berufszweige der Fachgruppe der Holzindustrie:
Die Grundumlage beträgt wie bisher 3,01 ‰ der kommunalsteuerpflichtigen Bruttolohn- und -gehaltssumme des dem Vorschreibungsjahr vorangegangenen Jahres, wobei die Mindestgrundumlage € 29,‑ ‑ (für ruhende Mitgliedschaften 14,50) beträgt."
Dieser Beschluss wurde erstmals in der "Oberösterreichischen Wirtschaft" vom 23. Dezember 2011, Nr 51/52, kundgemacht, und zwar in folgender Weise:
"210 HOLZINDUSTRIE
Beschluss der Fachgruppentagung vom 7. Oktober 2011
Berufszweig Sägewerksunternehmungen
2,80 Promille der BLGS [Brutto-Lohn- und Gehaltssumme]
Mindestgrundumlage € 66,–
(Die Mindestgrundumlage für ganzjährig
ruhende Mitgliedschaften beträgt € 33,–)
Der Beitrag für die Holzinformation beträgt € 0,30 je Festmeter Rundholzeinschnitt des dem Vorschreibungsjahr vorangegangenen Jahres, wobei eine Mindestumlage von € 44,– festgelegt wurde, die jedoch nicht für ruhende Mitgliedschaften gilt.
Alle übrigen Berufszweige
3,01 Promille der BLGS
Mindestgrundumlage € 29,–
Ganzjährig ruhende Berechtigungen € 14,50"
Nach – abgesehen von den entsprechenden Jahreszahlen – (dazu noch im Folgenden) gleichen Verlautbarungen in den Jahren 2012 und 2013 für die Grundumlagen der Jahre 2013 und 2014 erfolgte für das Jahr 2015 eine neuerliche Verlautbarung in der "Oberösterreichischen Wirtschaft" vom 19. Dezember 2014, Nr 51/52. Entsprechend den früheren ist diese Verlautbarung übertitelt mit "Grundumlage 2015" und enthält folgende Einleitung:
"Grundumlagen 2015
Verlautbarung der ab 1. Jänner 2015 gültigen Grundumlagen gemäß §141 Abs5 Wirtschaftskammergesetz (WKG) in der geltenden Fassung
Das Präsidium der WKO Oberösterreich (Sitzungen: 7.12.2010, 6.12.2011, 20.3.2012, 8.5.2012, 4.12.2012, 3.12.2013, 10.12.2014) und der Präsident (auf Basis der Delegierungsbeschlüsse: 7.12.2010, 6.12.2011) haben die von den Fachgruppen (Innungen, Gremien) beschlossenen Grundumlagen genehmigt. […]"
Darauf folgt im Zuge der Wiedergabe der Grundumlagenbeschlüsse vieler anderer Fachgruppenvertretungen folgender in Prüfung gezogene Beschluss der Fachgruppe Holzindustrie:
"210 HOLZINDUSTRIE
Beschluss der Fachgruppentagung vom 7.10.2011
Berufszweig Sägewerksunternehmungen
2,80 ‰ der BLGS [Brutto-Lohn- und Gehaltssumme]
Mindestgrundumlage € 66,00
(Die Mindestgrundumlage für ganzjährig
ruhende Mitgliedschaften beträgt € 33,00)
Der Beitrag für die Holzinformation beträgt € 0,30 je Festmeter Rundholzeinschnitt des dem Vorschreibungsjahr vorangegangenen Jahres, wobei eine Mindestumlage von € 44,00 festgelegt wurde, die jedoch nicht für ruhende Mitgliedschaften gilt.
Alle übrigen Berufszweige
3,01 ‰ der BLGS
Mindestgrundumlage € 29,00
Ganzjährig ruhende Berechtigungen € 14,50"
III. Erwägungen
Die Bedenken des Verfassungsgerichtshofes konnten im Verfahren im Ergebnis nicht zerstreut werden.
1. Zunächst hat das Verfahren ergeben, dass entgegen den Annahmen des Verfassungsgerichtshofes auf Basis der im Anlassverfahren vorgelegten Unterlagen die Fachgruppentagung in keinem der Jahre von 2012 bis 2014 Umlagebeschlüsse gefasst hat; dies ergibt sich aus den im Verordnungsprüfungsverfahren vorgelegten Tagesordnungen und Protokollen der Fachgruppentagungen dieser Jahre. Die vom Verfassungsgerichtshof seinen Annahmen zugrunde gelegten Unterlagen beziehen sich auf Sitzungen des Ausschusses der Fachgruppe, in denen der Voranschlag für das jeweils folgende Jahr beschlossen wurde; zwar findet sich in den Protokollen der Ausschusssitzungen jeweils ein weiterer Punkt "3. Die mit Wirksamkeit vom 1. Jänner 2012 beschlossenen Grundumlagen bleiben unverändert:" unter anschließender Wiedergabe des Textes über die Festlegung der Grundumlage, wie sie 2011 von der Fachgruppentagung beschlossen wurde. Im Protokoll der Ausschusssitzung der Fachgruppe Holzindustrie vom 27. September 2013 findet sich in gleicher Weise ein Beschlusspunkt "die mit Wirksamkeit ab 1. Jänner 2013 beschlossenen Grundumlagen bleiben unverändert". Das Protokoll der Ausschusssitzung der Fachgruppe Holzindustrie vom 12. September 2014, in der der Voranschlag 2015 beschlossen wurde, enthält wiederum einen Beschlusspunkt mit gleicher Textierung, wobei sich dieser aber nochmals auf die "mit Wirksamkeit ab 1. Jänner 2013 beschlossenenGrundumlagen:" bezieht.
Die Textierung dieser Beschlusspunkte ist im Indikativ gehalten, doch schließt dies eine normative Bedeutung nicht aus. Die Wendung "mit Wirksamkeit ab 1. Jänner 2012 [bzw. 2013] beschlossenen Grundumlagen" scheint allerdings eher darauf hinzudeuten, dass der Ausschuss selbst davon ausgeht, dass die Umlagenbeschlüsse jeweils nur für ein Jahr gelten, zumal nur ein Beschluss der (zuständigen; dazu im Folgenden) Fachgruppentagung "mit Wirksamkeit vom 1. Jänner 2012" existiert, aber kein solcher "mit Wirksamkeit vom 1. Jänner 2013". Nach Auffassung des Verfassungsgerichtshofes ist aber entscheidend, dass der Ausschuss der Fachgruppe nicht das zuständige Organ zur Beschlussfassung über die Grundumlage ist, dies fällt gemäß §123 Abs3 WKG in die Zuständigkeit der Fachgruppentagung. Im Zweifel ist daher davon auszugehen, dass der Ausschuss der Fachgruppe nicht gesetzwidrig eine Kompetenz zur Beschlussfassung über die Grundumlage – wenn auch nur zur Beibehaltung für ein weiteres Jahr – in Anspruch genommen hat und diesen Beschlüssen nur deklarativer Charakter zukommt.
2. Allerdings ist die Wirtschaftskammer Oberösterreich mit ihrer Auffassung nicht im Recht, dass für das Jahr 2015 keine selbständige Verordnungsgrundlage existierte, weil die mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 8. März 2016, V136-141/2015, erfolgte Aufhebung auch die Kundmachung der Grundumlage für 2015 erfasse, die Gegenstand des vorliegenden Prüfungsverfahrens ist.
Wie in den Bedenken (Rz 25 des Prüfungsbeschlusses) dargestellt, weichen der Text der Beschlussfassung durch die Fachgruppentagung und die Kundmachung im Mitteilungsblatt der Oberösterreichischen Wirtschaftskammer voneinander ab. Der Verfassungsgerichtshof hat diese Unterschiede vorerst als solche redaktioneller Natur gewertet, kann diese Auffassung aber nicht aufrecht erhalten:
Der Beschluss der Fachgruppentagung vom 7. Oktober 2011 legt die Grundumlage "mit Wirksamkeit ab 1. Jänner 2012" fest; der weitere Text des Beschlusses enthält keinerlei zeitliche Beschränkung (siehe die Wiedergabe des Beschlusses oben unter Pkt.II.5.).
Demgegenüber ist die Verlautbarung dieses Beschlusses in der "Oberösterreichischen Wirtschaft" verändert (offenkundig im Interesse einer einheitlichen Textierung und eines einheitlichen Layouts sämtlicher Grundumlagenbeschlüsse der einzelnen Fachorganisationen der WKOÖ), wobei sich an der inhaltlichen Festlegung der in Rede stehenden Grundumlage – zumindest auf den ersten Blick – nichts ändert. Allerdings erfolgt eine zeitliche Beschränkung der Festlegung (jeweils) auf ein Kalenderjahr und zwar (im konkreten Fall auf 2015) durch die Übertitelung (auch) dieser Grundumlage mit "Grundumlage 2015" sowie die Wendung "Verlautbarung der ab 1. Jänner 2015 gültigen Grundumlagen", wobei diese vor dem Hintergrund zu sehen ist, dass für jedes Jahr eine derartige, zeitlich auf das betreffende Jahr beschränkte Kundmachung erfolgt. Mit anderen Worten: Der Wortlaut der Kundmachung in der "Oberösterreichischen Wirtschaft" führt ausdrücklich einen zeitlich beschränkten Geltungsbereich, nämlich das Kalenderjahr 2015, an, der vom Beschluss der Fachgruppentagung nicht gedeckt ist. Angesichts dessen, dass sich diese zeitliche Beschränkung aus Textteilen ergibt, die ununterscheidbar im Zuge von normativen Anordnungen stehen, kann ihr keine bloß deklaratorische Wirkung beigemessen werden. Dies zeigt auch folgende Überlegung: Erfolgte nach der für das Kalenderjahr 2015 (oder eines der vorhergehenden Jahre 2012-2014) vorgenommenen Verlautbarung keine weitere Kundmachung für den Geltungsbereich der Folgejahre, stünde nicht in Frage, dass die erfolgte Kundmachung sich nur auf das betreffende Jahr bezieht.
3. Diese Deutung bestätigt sich vor dem Hintergrund der Gesetzeslage. Nach Auffassung des Verfassungsgerichtshofes sieht das Gesetz nämlich – wie vom Verfassungsgerichtshof im Prüfungsbeschluss vorläufig angenommen – vor, dass Umlagenbeschlüsse jeweils für das Folgejahr zu fassen sind.
Die WKÖ hält dem lediglich ein historisches Argument entgegen: Mit dem (derzeit geltenden) Wirtschaftskammergesetz 1998 – WKG, BGBl I Nr 103, sei die frühere Vorschrift des §30 Abs7 HKG entfallen, wonach die Fachgruppentagung mindestens einmal im Jahr einzuberufen war. Dem steht aber die Textierung des §123 WKG entgegen, wie der Verfassungsgerichtshof im Prüfungsbeschluss dargelegt hat: §123 Abs2 WKG sieht vor, dass die Aufwendungen der (auf Bundesebene bestehenden) Fachverbände gemäß §1 Abs2 WKG mit einem Anteil der Grundumlagen der (auf Landesebene bestehenden) Fachgruppen zu bedecken ist, wobei dieser Anteil jeweils "bis zum 30. Juni jeden Jahres für das folgende Jahr" zu beschließen ist. Die Grundumlage (der Fachgruppen) ist gemäß §123 Abs3 WKG von der Fachgruppentagung "unter Zugrundelegung des Anteils des Fachverbandes an der Grundumlage" zu beschließen. Dies setzt voraus, dass – ausgehend von dem Anteil des Fachverbandes – jeweils für ein Kalenderjahr die Grundumlage der Fachgruppe beschlossen wird. Da sich aus den Äußerungen nichts anderes ergibt, geht der Verfassungsgerichtshof weiters davon aus, dass es sich bei der Wendung "nach Maßgabe des Abs5" im ersten Satz des §123 Abs3 WKG um ein redaktionelles Versehen handeln dürfte und in Wahrheit Abs2 des §123 WKG gemeint ist, sodass die dargestellte Deutung zwingend ist.
Die von der WKÖ apostrophierte gegenteilige Praxis vermag an dieser Interpretation nichts zu ändern. Vielmehr spricht auch §3 der Umlagenordnung der WKÖ, wonach die Fachgruppen ihre Grundumlagenbeschlüsse "bis zum 31. Oktober für das folgende Jahr zur Genehmigung" vorzulegen haben, dafür.
Die Deutung der WKÖ, wonach im Ergebnis die Grundumlagenbeschlüsse zwar für jedes Jahr (bis zum 31. Oktober des Vorjahres) zur Genehmigung vorzulegen seien, aber nicht für jedes Jahr neu zu fassen sind, vermag nicht zu überzeugen.
4. Für die Beurteilung der Prozessvoraussetzungen bedeutet dieses Ergebnis, dass es sich bei der in Prüfung gezogenen Kundmachung um eine Verordnung handelt: Zwar handelt es sich um eine fehlerhaft kundgemachte Verordnung, indem der kundgemachte Text eine zeitliche Beschränkung des Geltungsbereichs auf das Jahr 2015 enthält, der dem Beschluss der Fachgruppentagung nicht zu entnehmen ist, das vermag aber an deren normativer Wirkung nichts zu ändern.
Für die Frage, ob es sich um eine selbständige Verordnung handelt, ist der mit normativer Wirkung kundgemachte Text maßgeblich. Dieser Text sieht eine Grundumlage lediglich für das Jahr 2015 vor. Die vom Verfassungsgerichtshof mit dem Erkenntnis vom 8. März 2016, V136-141/2015, vorgenommene Aufhebung betraf die für die Kalenderjahre 2013 und 2014 geltenden Verordnungen, die ihrerseits auf fehlerhaften, aber normative Wirkung entfaltenden, Kundmachungen beruhten.
Da auch die übrigen Prozessvoraussetzungen vorliegen, ist das Verordnungsprüfungsverfahren zulässig.
5. Aus den voranstehenden Überlegungen ergibt sich, dass die in Prüfung gezogene Verordnung wegen fehlerhafter Kundmachung gesetzwidrig ist: Die Kundmachung der Verordnung enthält eine durch den Titel "Grundumlagen 2015" und die Einleitung bewirkte Einschränkung des zeitlichen Geltungsbereichs der mit Beschluss der Fachgruppentagung vom 7. Oktober 2011 festgelegten Grundumlage, die in diesem Beschluss nicht enthalten war.
IV. Ergebnis
1. Die in Prüfung gezogene Verordnung ist daher als gesetzwidrig aufzuheben.
2. Die Verpflichtung des Bundesministers für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft zur unverzüglichen Kundmachung der Aufhebung und der damit im Zusammenhang stehenden sonstigen Aussprüche erfließt aus Art139 Abs5 erster Satz B‑VG und §59 Abs2 VfGG.
3. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
4. Der Beschwerdeführerin im zu E2535/2016 protokollierten Anlassverfahren sind die für die abgegebene Äußerung begehrten Kosten nicht zuzusprechen, weil ein Kostenersatz in Verordnungsprüfungsverfahren (vom – hier nicht gegebenen – Fall des §61a VfGG abgesehen) im VfGG nicht vorgesehen ist.
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