Normen
B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
NationalbankG 1984 §38
2. StabilitätsG 2012 Art81 (Pensionsordnungen der Oesterreichischen Nationalbank)
StGG Art5
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VFGH:2017:G405.2015
Spruch:
Der Antrag wird abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe
I. Antrag
Der Oberste Gerichtshof stellt gemäß Art89 Abs3 iVm Abs2 B‑VG (Art140 Abs1 Z1 lita B‑VG) an den Verfassungsgerichtshof den Antrag, auszusprechen, dass "Art81 des 2. Stabilitätsgesetzes 2012 ‑ 2. StabG 2012 in der bis 31. Dezember 2014 geltenden Fassung BGBl I 2012/35" verfassungswidrig war.
II. Rechtslage
Die maßgebliche Rechtslage stellt sich wie folgt dar (die angefochtene Bestimmung ist hervorgehoben):
1. Das Bundesgesetz über die Oesterreichische Nationalbank (Nationalbankgesetz 1984 – NBG), BGBl 50/1984 (§1, §2 Abs1, §8, §9 idF BGBl I 50/2011, §38 idF BGBl I 184/2013, §39 idF BGBl I 60/1998) lautet auszugsweise:
"ARTIKEL I
Allgemeine Bestimmungen
§1. Die Rechtsverhältnisse der Oesterreichischen Nationalbank werden durch den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, ABl. Nr C 83 vom 30.03.2010 S. 47 (AEUV), das Protokoll (Nr 4) über die Satzung des Europäischen Systems der Zentralbanken und der Europäischen Zentralbank, Abl. Nr C 83 vom 30.03.2010 S. 230 (ESZB/EZB-Statut) sowie durch dieses Bundesgesetz geregelt. Die Bestimmungen des Aktiengesetzes 1965, BGBl Nr 98/1965, sind auf die Oesterreichische Nationalbank anwendbar, soweit durch den AEUV, das ESZB/EZB-Statut oder durch dieses Bundesgesetz nichts anderes bestimmt wird.
§2. (1) Die Oesterreichische Nationalbank ist eine Aktiengesellschaft. Sie ist die Zentralbank der Republik Österreich und als solche integraler Bestandteil des Europäischen Systems der Zentralbanken (ESZB).
[…]
ARTIKEL II
Grundkapital und Aktionär
§8. Das Grundkapital der Oesterreichischen Nationalbank beträgt zwölf Millionen Euro und ist in 150 000 Stück Stückaktien geteilt.
§9. Alleinaktionär der Oesterreichischen Nationalbank ist der Bund. Die Aktionärsrechte des Bundes werden vom Bundesminister für Finanzen ausgeübt.
[…]
ARTIKEL VI
Personal der Bank
§38. (1) Die Bediensteten der Bank stehen im privatrechtlichen Dienstverhältnis.
(2) Die Anstellungsbedingungen, dienstlichen Pflichten und Rechte sowie die Besoldung und die Pensionsbezüge der Bediensteten der Bank richten sich nach den vom Generalrat festgesetzten Bestimmungen. Die nach diesen Bestimmungen gebührenden Bezüge sind für den Bereich des Abgaben- und Sozialversicherungsrechtes den auf Grund gesetzlicher Vorschriften gewährten Bezügen gleichgestellt.
(3) Die Bediensteten der Oesterreichischen Nationalbank, welche auf Grund der Pensionsordnungen der Bank eine Anwartschaft auf Ruhe- und Hinterbliebenenversorgung (Pension) haben, sind in der Unfall-, Invaliden- und Angestelltenversicherung (Pensionsversicherung) versicherungsfrei.
(4) Für die Bediensteten der Bank ist das Bundes-Gleichbehandlungsgesetz, BGBl Nr 100/1993, anzuwenden.
§39. Die Überwachung des gesamten Personals der Bank obliegt dem Direktorium; es beschließt über die Einleitung von Disziplinaruntersuchungen gegen die Bediensteten der Bank. Die Durchführung der Disziplinaruntersuchungen wird in den vom Generalrat erlassenen Dienstordnungen geregelt."
2. Art81 des 2. StabG 2012 idF BGBl I 35/2012 lautete (in der Fassung vor den mit 1. Jänner 2015 in Kraft getretenen Änderungen durch das Sonderpensionenbegrenzungsgesetz):
"5. Abschnitt
Artikel 81
Pensionsordnungen der Oesterreichischen Nationalbank
(1) Die ehemaligen Bediensteten der Oesterreichischen Nationalbank sowie Angehörige und Hinterbliebene ehemaliger Bediensteter, welche auf Grund der Pensionsordnungen der Dienstbestimmungen I und II der Oesterreichischen Nationalbank am 31. Dezember 2012 einen Anspruch auf Ruhe- und Hinterbliebenenversorgung (Pension) haben, haben ab 1. Jänner 2013 einen Pensionssicherungsbeitrag in Höhe von 3,3 % der monatlichen Leistung an den Bund zu entrichten.
(2) Die Bediensteten der Oesterreichischen Nationalbank, welche auf Grund der Pensionsordnungen der Dienstbestimmungen I und II der Oesterreichischen Nationalbank am 31. Dezember 2012 eine Anwartschaft auf Ruhe- und Hinterbliebenenversorgung (Pension) haben, und ihre versorgungsberechtigten Angehörigen und Hinterbliebenen haben künftig von ihren Ruhe- und Versorgungsbezügen einen Pensionssicherungsbeitrag in Höhe von 3,3 % der monatlichen Leistung an den Bund zu entrichten.
(3) Der Pensionssicherungsbeitrag gemäß Abs1 und 2 ist auch von zu den Ruhe- und Versorgungsbezügen gebührenden Sonderzahlungen zu entrichten. Er ist nur so weit zu entrichten, als damit der Ausgleichzulagenrichtsatz nach §293 Abs1 lita http://subtil.bb ASVG nicht unterschritten wird.
(4) Die vor dem 1. April 1993 in ein Dienstverhältnis zur Oesterreichischen Nationalbank aufgenommenen Bediensteten, welche auf Grund der Pensionsordnungen der Oesterreichischen Nationalbank eine Anwartschaft auf Ruhe- und Hinterbliebenenversorgung (Pension) haben, haben ab 1. Jänner 2013 einen Pensionsbeitrag in Höhe von 3 % ihrer Monatsbezüge und Sonderzahlungen an den Bund zu leisten. Allfällige freiwillig an die Oesterreichische Nationalbank geleistete Pensionsbeiträge können ab diesem Zeitpunkt entfallen.
(5) Die Pensionssicherungsbeiträge und Pensionsbeiträge sind von der gehalts- bzw. pensionsauszahlenden Stelle einzubehalten und an den Bund abzuführen."
3. In den Materialien des 2. StabG 2012 (ErläutRV 1685 BlgNR. 24. GP , 66 f.) wird Art81 wie folgt begründet:
"Im Rahmen des 2. Stabilitätsgesetzes 2012 werden weitere Schritte zur Harmonisierung des Pensionsrechts unternommen. Dabei sollen auch die Pensionsordnungen der Oesterreichischen Nationalbank nicht völlig unberücksichtigt bleiben: Für bestehende und künftige Pensionen der Oesterreichischen Nationalbank wird ab 1. Jänner 2013 ein Pensionssicherungsbeitrag in Höhe von 3,3% und für die vor dem 1. April 1993 in ein Dienstverhältnis zur Bank aufgenommenen Bediensteten, die eine Anwartschaft auf Ruhe- und Hinterbliebenenversorgung gegen die Bank erworben haben, ab demselben Datum ein Pensionsbeitrag in Höhe von 3% eingeführt. Die derzeit von den Bediensteten freiwillig entrichteten Pensionsbeiträge können aufgrund der nunmehr gesetzlich geregelten Pensionsbeitragspflicht ab 1. Jänner 2013 entfallen. Die Beiträge sind von der Oesterreichischen Nationalbank einzuheben und an den Bund abzuführen. Vor dem Hintergrund der im Vergleich zu den Pensionsregelungen der Bundesbeamtinnen und -beamten und der ASVG-Versicherten höheren Pensionsversorgung der Bediensteten der Oesterreichischen Nationalbank erreicht der durch die Einführung von Pensions- und Pensionssicherungsbeiträgen bewirkte Eingriff in die Rechte der Anspruchs- und Anwartschaftsberechtigten nicht jene Intensität, die ihn im Sinne der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes als unverhältnismäßig erscheinen lassen könnte. Das öffentliche Interesse an diesem gesetzlichen Eingriff liegt in der Harmonisierung des Pensionsrechts. Wie dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 1.12.2003, G298/02 zum ÖBB-Pensionsgesetz zu entnehmen ist, rechtfertigen derartige Umstände die Eigentumsbeschränkung als im öffentlichen Interesse gelegen. Was die Verhältnismäßigkeit des Eingriffes betrifft, ist entsprechend dem oa. VfGH-Erkenntnis einerseits darauf hinzuweisen, dass auch die bisher bestehende Rechtslage dem einzelnen OeNB-Bediensteten keine Gewähr für die Unabänderbarkeit seiner pensionsrechtlichen Position bot, da durch Generalrat und Betriebsrat Änderungen der Pensionsordnungen beschlossen werden können. Andererseits erscheint ein Eingriff im Ausmaß von 3,3 % (Pensionssicherungsbeitrag) bzw. 3 % (Pensionsbeitrag) angesichts der gegenüber dem ASVG-Pensionsrecht bzw. dem Pensionsrecht der Bundesbeamten eklatant günstigeren Regelungen gemäß den Pensionsordnungen der Dienstbestimmungen I und II der OeNB (DB I: 85 % des Letztbezuges, 2 % Pensionsbeitrag freiwillig, Pensionsantritt ab 55; DB II: 80 % des Letztbezuges, ab Höchstbeitragsgrundlage nur 2 % Pensionsbeitrag, Pensionsantritt ab 60) durchaus vertretbar und angemessen."
III. Anlassverfahren, Antragsvorbringen und Vorverfahren
1. Dem Antrag liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
1.1. Der Erstkläger ist Zentralbetriebsrat der erstbeklagten Oesterreichischen Nationalbank (im Folgenden: OeNB). Die 2.‑ bis 973.‑klagenden Parteien sind pensionierte, ehemalige Dienstnehmer der Erstbeklagten, teilweise auch deren Angehörige oder Hinterbliebene; die 974.‑ bis 1.395.‑klagenden Parteien sind derzeit aktive Dienstnehmer der Erstbeklagten.
1.1.1. Die Dienstnehmer der Erstbeklagten stehen in einem privatrechtlichen Dienstverhältnis zur Erstbeklagten (§38 Abs1 Nationalbankgesetz 1984 [NBG]). Ihre Anstellungsbedingungen, dienstlichen Pflichten und Rechte sowie die Besoldung und die Pensionsbezüge richten sich nach den vom Generalrat der Erstbeklagten festgesetzten Bestimmungen (§38 Abs2 Satz 1 NBG). Die Dienstnehmer, welche auf Grund der Pensionsordnungen der Erstbeklagten eine Anwartschaft auf Ruhe- und Hinterbliebenenversorgung (Pension) haben, sind in der Unfall-, Invaliden- und Angestelltenversicherung (Pensionsversicherung) versicherungsfrei (§38 Abs3 NBG).
1.1.2. Mit den Klägern sind die "Dienstbestimmungen I" (DB I) für vor dem 1. April 1993 eingetretene Dienstnehmer und die "Dienstbestimmungen II" (DB II) für nach dem 1. April 1993 eingetretene Dienstnehmer vereinbart worden. Die Dienstbestimmungen stellen den Einzelarbeitsverträgen der (ehemaligen) Dienstnehmer zugrunde gelegte Vertragsschablonen dar, die jeweils auch eine Pensionsordnung enthielten. Die Erstbeklagte ist eine Aktiengesellschaft (§2 NBG), die nun im Alleineigentum der zweitbeklagten Partei, dem Bund, steht (§9 NBG idF BGBI. I 50/2011). Die Erstbeklagte OeNB bestreitet die Pensionsleistungen für die Dienstnehmer der DB I und II aus eigenen budgetären Mitteln. Dafür hat sie auch eine Pensionsreserve zu bilden (§69 Abs2 NBG). Die Zweitbeklagte ist für die Pensionsleistungen auch im Ausfall nicht zahlungspflichtig. Da sich die gesetzlich festgelegte Gewinnabfuhr an die Zweitbeklagte (§69 Abs3 NBG) am Reingewinn der Erstbeklagten (Bilanzgewinn abzüglich Zufuhr zur Pensionsreserve) orientiert, schmälert eine höhere Zufuhr zur Pensionsreserve die Gewinnabfuhr an die Zweitbeklagte und bedeutet für diese einen Einnahmenentfall.
1.1.3. Mit Art81 des am 25. April 2012 in Kraft getretenen 2. Stabilitätsgesetzes 2012 (2. StabG 2012), BGBl I 35/2012, sind die ehemaligen Bediensteten der Erstbeklagten verpflichtet worden, ab 1. Jänner 2013 einen Pensionssicherungsbeitrag in Höhe von 3,3 % der monatlichen Leistung an die Zweitbeklagte zu entrichten (Abs1). Die aktiven Bediensteten der Erstbeklagten, die am 31. Dezember 2012 eine Pensionsanwartschaft hatten, hatten künftig von ihren Ruhe- und Versorgungsbezügen einen Pensionssicherungsbeitrag in Höhe von 3,3 % der monatlichen Leistung an die Zweitbeklagte zu entrichten (Abs2). Der Pensionssicherungsbeitrag gemäß Abs1 und 2 leg.cit. ist auch von zu den Ruhe- und Versorgungsbezügen gebührenden Sonderzahlungen zu entrichten. Er ist nur so weit zu entrichten, als damit der Ausgleichzulagenrichtsatz nach §293 Abs1 lita sublitbb ASVG nicht unterschritten wird (Abs3). Die vor dem 1. April 1993 in ein Dienstverhältnis zur Erstbeklagten aufgenommenen Bediensteten, die eine Pensionsanwartschaft haben, hatten ab 1. Jänner 2013 einen Pensionsbeitrag in Höhe von 3 % ihrer Monatsbezüge und Sonderzahlungen an den Bund zu leisten. Allfällige freiwillig an die Erstbeklagte geleistete Pensionsbeiträge konnten ab diesem Zeitpunkt entfallen (Abs4). Die Pensionssicherungsbeiträge und Pensionsbeiträge waren von der gehalts- bzw. pensionsauszahlenden Stelle einzubehalten und an den Bund abzuführen (Abs5).
1.1.4. Die Erstbeklagte behielt gemäß dieser Bestimmung von den auszuzahlenden Aktivbezügen und von den nach der Pensionsordnung auszuzahlenden Leistungen Pensions-(Sicherungs-)beiträge für die aktiven und ehemaligen Dienstnehmer bzw. deren Angehörige/Hinterbliebene ab den Jänner-Bezügen 2013 – die gemäß §45 der DB I und II schon im Dezember 2012 ausbezahlt wurden – ein und führte sie an die Zweitbeklagte ab.
1.2. In verschiedenen Leistungs- und Feststellungsbegehren beantragten die klagenden Parteien die erst- und die zweitbeklagte Partei zur ungeteilten Hand schuldig zu erkennen, die einbehaltenen und an die zweitbeklagte Partei abgeführten in der Klage näher bezifferten Pensionssicherungsbeiträge gemäß Art81 Abs1 und Abs3 iVm Abs5, 2. StabG bzw. Pensionsbeiträge gemäß Art81 Abs4 iVm Abs5, 2. StabG zu zahlen sowie festzustellen, dass von der erstbeklagten Partei keine weiteren Pensionsbeiträge gemäß Art81 Abs4 iVm Abs5, 2. StabG von den Monatsbezügen und Sonderzahlungen bzw. von den monatlichen Leistungen der Ruhe- und Hinterbliebenenversorgung sowie von dem zu den Ruhe- und Versorgungsbezügen gebührenden Sonderzahlungen der klagenden Parteien einzubehalten und an die zweitbeklagte Partei abzuführen seien, sowie ferner festzustellen, dass von der erstbeklagten Partei künftig keine Pensionssicherungsbeiträge in der Höhe von 3,3 % der monatlichen Leistung gemäß Art81 Abs2 iVm Abs1, Abs3 und Abs5, 2. StabG der Ruhe- und Versorgungsbezügen der Bediensteten (bzw. ihrer versorgungsberechtigten Angehörigen und Hinterbliebenen) der erstbeklagten Partei, die auf Grund der Pensionsordnungen der DB I und II der erstbeklagten Partei am 31. Dezember 2012 eine Anwartschaft auf Ruhe- und Hinterbliebenenversorgung (Pension) haben, abzuziehen und an die zweitbeklagte Partei abzuführen seien.
1.3. Das Erstgericht hat die Klage zur Gänze abgewiesen, die gegen dieses Urteil erhobene Berufung ist erfolglos geblieben. Die Revision sei wegen Bedenken des Obersten Gerichtshofes ob der Verfassungsmäßigkeit der die Rechtsposition der Kläger betreffenden Bestimmungen des Art81 des 2. StabG 2012 idF BGBl I 35/2012 zulässig (§502 Abs1 ZPO).
2. Zu den Bedenken des antragstellenden Gerichtes:
2.1. Der Oberste Gerichtshof geht unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zum Vertrauensschutz davon aus, dass allein die Höhe der Pensions-(Sicherungs-)beiträge der aktiven wie der ehemaligen Dienstnehmer der Erstbeklagten keine unzulässige Eingriffsintensität erreicht.
Dessen ungeachtet bestünden beim OGH Bedenken
"[…] insofern, als die Regelung in Rechtspositionen eingriff, die – anders als etwa bei Beamten – von der Zweitbeklagten nicht geschaffen wurden und für die sie auch nicht zahlungspflichtig ist oder sonst zu haften hätte. Die Pensions-(Sicherungs-)beiträge wurden bis zum Inkrafttreten der Regelung vielmehr auf vertraglicher Basis nach Maßgabe der Dienstordnungen der Erstbeklagten von den Dienstnehmern an die Erstbeklagte abgeführt und verblieben dieser. Die Abführung der Beiträge an die Zweitbeklagte erfolgte auch nicht zur Sicherung der Finanzierung des Pensionssystems der Erstbeklagten, verfügt sie doch nach ihrem von keinem der Streitteile in Frage gestellten Vorbringen über ausreichende Pensionsreserven. Schließlich bestand keine Verpflichtung der Zweitbeklagten, die eingehobenen Beiträge zur Sicherung der von ihr selbst zu finanzierenden Pensionssysteme zu verwenden. Auch Erwägungen zu einem Sparziel der Zweitbeklagten gingen ins Leere. Der gesetzliche Eingriff stellt sich damit im Ergebnis so dar, dass die Zweitbeklagte den Klägern von der Erstbeklagten vertraglich zugesicherte Pensionsleistungen deshalb entzieht, um sie den Pensionsansprüchen der Bundesbeamtinnen und -beamten und Beschäftigten im staatsnahen Bereich sowie den Pensionsansprüchen der ASVG-Versicherten anzunähern ('Harmonisierung der Pensionssysteme'). Sie selbst ist nur insofern betroffen, als die Bildung einer höheren Pensionsreserve der Erstbeklagten (§69 Abs2 NBG) für sie als Alleinaktionärin in der Regel mit einer geringeren jährlichen Gewinnausschüttung einhergeht (§69 Abs3 NBG). Nur insoweit kommt der Regelung auch ein Budgetkonsolidierungseffekt zu."
2.2. Diese Bedenken bestünden auch unter dem Aspekt einer Eigentumsbeschränkung. Anders als in dem dem Erkenntnis VfSlg 17.071/2003 zugrunde liegenden Fall lasse sich die Regelung des Art81 des 2. StabG 2012 idF BGBl I 35/2012 nicht als Maßnahme zur Reduktion der auf Grund bestehender und künftiger Pensionsverpflichtungen hohen Belastung des Bundes darstellen.
"[…]
Für die hier zu überprüfende Regelung wird der Rechtfertigungsgrund der Verminderung des Kostenaufwands für die Pensionsverpflichtungen des Bundes von diesem jedoch nicht behauptet. Die von den Klägern geäußerten Bedenken, dass die Bestimmung eine nur sie betreffende gleichheitswidrige und sachlich nicht gerechtfertigte Sonderabgabe begründe, lassen sich daher nicht mit Sicherheit ausräumen.
[…]
Zusammengefasst erscheint es überprüfungswürdig, ob die von der Regierungsvorlage zum 2. StabG 2012 angesprochenen Ziele der 'Harmonisierung der Pensionssysteme' und der 'Budgetkonsolidierung' im Verhältnis zu dem bekämpften Eingriff in die von der Erstbeklagten vertraglich zugesicherten Bezüge der Kläger, für die die Zweitbeklagte nicht einzustehen hat, ein überwiegendes öffentliches Interesse begründen. Mit dem vorliegenden Gesetzesprüfungsantrag wird daher die Frage der Verfassungsmäßigkeit der angegriffenen Bestimmung an den Verfassungsgerichtshof herangetragen."
3. Die "Republik Österreich" (gemeint: der Bund) als zweitbeklagte Partei des Ausgangsverfahrens und die Bundesregierung erstatteten im Gesetzesprüfungsverfahren Äußerungen, in denen sie die Abweisung des Antrages des Obersten Gerichtshofes beantragen.
IV. Erwägungen
1. Zur Zulässigkeit des Antrages
1.1. Der Verfassungsgerichtshof ist nicht berechtigt, durch seine Präjudizialitätsentscheidung das antragstellende Gericht an eine bestimmte Rechtsauslegung zu binden, weil er damit indirekt der Entscheidung dieses Gerichtes in der Hauptsache vorgreifen würde. Gemäß der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes darf daher ein Antrag iSd Art139 Abs1 Z1 B‑VG bzw. des Art140 Abs1 Z1 lita B‑VG nur dann wegen mangelnder Präjudizialität zurückgewiesen werden, wenn es offenkundig unrichtig (denkunmöglich) ist, dass die – angefochtene – generelle Norm eine Voraussetzung der Entscheidung des antragstellenden Gerichtes im Anlassfall bildet (vgl. etwa VfSlg 10.640/1985, 12.189/1989, 15.237/1998, 16.245/2001 und 16.927/2003).
1.2. Im Verfahren hat sich nichts ergeben, was am Vorliegen dieser Voraussetzungen zweifeln ließe. Da auch sonst keine Prozesshindernisse hervorgekommen sind, erweist sich der Antrag insgesamt als zulässig.
2. In der Sache
2.1. Der Verfassungsgerichtshof hat sich in einem auf Antrag eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes gemäß Art140 B‑VG auf die Erörterung der geltend gemachten Bedenken zu beschränken (vgl. VfSlg 12.691/1991, 13.471/1993, 14.895/1997, 16.824/2003). Er hat sohin ausschließlich zu beurteilen, ob die angefochtene Bestimmung aus den in der Begründung des Antrages dargelegten Gründen verfassungswidrig ist (VfSlg 15.193/1998, 16.374/2001, 16.538/2002, 16.929/2003).
2.1.1. Der Oberste Gerichtshof hält die Einhebung der von ihm als Abgabe qualifizierten Beiträge für gleichheitswidrig und das Grundrecht auf Unversehrtheit des Eigentums verletzend, weil damit in Rechtspositionen eingegriffen würde, die vom Bund nicht geschaffen worden seien und für die er auch nicht zahlungspflichtig sei. Im Hinblick auf das Vorliegen ausreichender Pensionsreserven bei der erstbeklagten OeNB erfolge die Abgabe auch nicht zur Sicherung des Pensionssystems der OeNB. Es bestehe auch keine Verpflichtung der OeNB, die eingehobenen Beiträge zur Sicherung der von ihr zu finanzierenden Pensionssysteme zu verwenden. Für die hier zu prüfende Regelung werde der Rechtfertigungsgrund der Verminderung für die Pensionsverpflichtungen des Bundes – anders als im Falle des die ÖBB betreffenden Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes vom 1. Dezember 2003, G298/02 (VfSlg 17.071/2003) – von diesem nicht behauptet. Die Bedenken, dass die Bestimmung eine nur die Bediensteten und Pensionisten der OeNB betreffende "gleichheitswidrige und sachlich nicht gerechtfertigte Sonderabgabe" begründe, ließen sich daher nicht mit Sicherheit ausräumen.
2.1.2. Die Bundesregierung wendet dagegen ein, dass sich die Pensionszahlungen der OeNB auch dann im Ergebnis vermindernd auf den Bundeshaushalt auswirken würden, wenn der Bund nicht direkt für die Pensionsverpflichtungen zahlungspflichtig sei; auch genieße die OeNB eine rechtliche und wirtschaftliche Sonderstellung in näher bezeichneter Hinsicht.
2.2. Die Bedenken des Obersten Gerichtshofes treffen im Ergebnis nicht zu:
2.2.1. Zunächst ist es für eine bundesgesetzlich geregelte Abgabe nicht untypisch, dass der Abgabengegenstand, an den die Abgabenpflicht geknüpft wird, auf privatautonomer Rechtsgestaltung beruht.
2.2.2. Auch wenn sich – wie der Oberste Gerichtshof ausführt – der "gesetzliche Eingriff […] damit im Ergebnis so dar[stellt], dass [der Bund] den Klägern von der Erstbeklagten vertraglich zugesicherte Pensionsleistungen deshalb entzieht, um sie den Pensionsansprüchen der Bundesbeamtinnen und -beamten und Beschäftigten im staatsnahen Bereich sowie den Pensionsansprüchen der ASVG-Versicherten anzunähern ('Harmonisierung der Pensionssysteme')", widerspricht die Regelung allein deshalb nicht dem Gleichheitssatz: Es wurden mehrfache und zum Teil einschneidende Pensionsreformen, sowohl auf dem Gebiet der Beamtenpensionen als auch auf dem Gebiet der Sozialversicherungspensionen – also bei der Masse der Ruhegenussbezieher – durchgeführt, die für jüngere Beschäftigte sogar zu einer weitgehenden Harmonisierung der Pensionssysteme geführt haben. Angesichts dessen hält es der Verfassungsgerichtshof für ein zulässiges politisches Ziel, in diese Reformen bis zu einem gewissen Grad auch betriebliche Pensionszusagen, etwa im Zusammenhang mit den Pensions- und Pensionssicherungsbeiträgen, der Bildung der Bemessungsgrundlagen oder beim Regelpensionsalter einzubeziehen, die von den Reformen der gesetzlichen Pensionsvorschriften nicht unmittelbar betroffen gewesen sind, aber von Unternehmen zugesichert wurden, die auf Grund von Beteiligungen gleichwohl im Einflussbereich von Gebietskörperschaften stehen und daher bei diesen auch budgetwirksam sind (vgl. VfGH 12.10.2016, G478/2015 ua.).
2.2.3. Der Umstand, dass es sich bei der Einhebung der strittigen Abgabe um eine (erste) gesetzliche Maßnahme gehandelt hat, die nur bestimmte Gruppen von Bediensteten und Pensionisten der Oesterreichischen Nationalbank, nicht aber auch anderer Unternehmen betroffen hat, deren vertragliche Pensionszusagen über eine Beteiligung des Bundes in ähnlicher Weise budgetwirksam sein können (wie zB die gemäß Art126b B‑VG iVm §12 RHG der Kontrolle des Rechnungshofes unterliegenden Unternehmen) begegnet im Hinblick auf die gesetzliche Sonderstellung der OeNB keinen Bedenken: Schon seit dem Nationalbankgesetz 1955, BGBl 184/1955, sind deren Dienstnehmer vom Geltungsbereich des ASVG zugunsten der nach §38 iVm §21 Z16 OeNB-Gesetz 1955 (vgl. nunmehr §21 Abs2 Z2 und §38 Abs2 OeNB-Gesetz) vom Generalrat festzulegenden Ansprüche auf Besoldung und auf Pensionsbezüge ausgenommen. Die Beschlussfassung des Generalrates über die für die Bediensteten der Bank maßgebende Besoldung sowie über die Pensionsbezüge unterlag keiner gesetzlichen Begrenzung. Dieser Umstand hat im Falle der von der DB I oder der DB II erfassten Bediensteten und Ruhegenussempfänger selbst im Verhältnis zu (Zusatz-)Pensionszusagen anderer staatsnaher Unternehmungen zu einem außergewöhnlich hohen Niveau der Bezüge- und der (ursprünglich ohne vorangegangene Beitragsleistungen der Bediensteten gebührenden) Ruhegenüsse geführt (vgl. erneut das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 12. Oktober 2016, G478/2015 ua.). Dieser Umstand rechtfertigt es, unter Wahrung der Grundsätze des verfassungsrechtlichen Vertrauensschutzes (die, wie der Oberste Gerichtshof zutreffend ausführt, hier nicht verletzt wurden) die Bezüge und Ruhegenüsse allein dieser Bediensteten der OeNB mit einer Abgabe zu belegen. Der – wie der Oberste Gerichtshof zutreffend ausführt: geringfügige – Eingriff in die Bezüge und Ruhegenüsse der Bediensteten der OeNB durch eine Abgabe in der Höhe von 3% bzw. 3,3% begegnet daher keinem der im Antrag des Obersten Gerichtshofes geltend gemachten verfassungsrechtlichen Bedenken.
V. Ergebnis
1. Die vom Obersten Gerichtshof ob der Verfassungsmäßigkeit der genannten Bestimmung erhobenen Bedenken treffen nicht zu. Der Antrag ist daher abzuweisen.
2. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
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