VfGH G164/2014

VfGHG164/20149.10.2015

Zurückweisung eines Individualantrags auf Aufhebung von Bestimmungen des Fern- und Auswärtsgeschäfte-Gesetzes betreffend das Rücktrittsrecht des Verbrauchers bei außerhalb der Geschäftsräumlichkeiten abgeschlossenen Verträgen wegen zu engen Anfechtungsumfangs

Normen

B-VG Art140 Abs1 Z1 litc
B-VG Art140 Abs1 / Prüfungsumfang
Fern- und Auswärtsgeschäfte-G §4, §14, §15, §16, §18
B-VG Art140 Abs1 Z1 litc
B-VG Art140 Abs1 / Prüfungsumfang
Fern- und Auswärtsgeschäfte-G §4, §14, §15, §16, §18

 

Spruch:

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung

I. Antrag, Antragsvorbringen und Vorverfahren

1. Die antragstellende Gesellschaft, die in Linz das Maler- und Anstreichergewerbe sowie das Stukkateure- und Trockenbaugewerbe ausübt, stellt den auf Art140 Abs1 Z1 litc B‑VG gestützten Antrag, im Bundesgesetz über Fernabsatz- und außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge (Fern- und Auswärtsgeschäfte-Gesetz – FAGG), BGBl I 33/2014, die Wortfolge in §4 Abs1 "oder seine Vertragserklärung", §14 Abs1 erster Satz, §15 Abs4 letzter Satz, §16 Abs2 und die Wortfolge in §18 Abs1 Z1 "– auf Grundlage eines ausdrücklichen Verlangens des Verbrauchers über dessen Kenntnis vom Verlust des Rücktrittsrechts bei vollständiger Vertragserfüllung – ", als verfassungswidrig aufzuheben.

2. In ihrem Antrag bringt die antragstellende Gesellschaft vor, dass dem Verbraucher – im Gegensatz zur bisherigen Rechtslage – auch dann ein Rücktrittsrecht zustehe, wenn der Vertrag außerhalb der Geschäftsräume abgeschlossen worden sei, der Verbraucher aber selbst den Unternehmer darum gebeten habe, zB in dessen Wohnung zu kommen. Dem Verbraucher stehe daher in solchen Fällen ein Rücktrittsrecht binnen 14 Tagen ab Vertragsabschluss bei Dienstleistungsverträgen zu. Sei nicht oder nicht korrekt über das Rücktrittsrecht aufgeklärt worden, verlängere sich dieses auf maximal 12 Monate und weitere 14 Tage nach Abschluss eines Dienstleistungsvertrages, solange der Verbraucher in der Zwischenzeit nicht ordnungsgemäß aufgeklärt worden sei (§11 FAGG). Da bei Dienstleistungen keine Rückabwicklung des Vertrages mehr erfolgen könne, verliere der Dienstleister bei Rücktritt des Verbrauchers seinen Entgeltanspruch (§16 FAGG). Bei Warenhandelsgeschäften sei dem Unternehmer bei fehlender Aufklärung kein Wertverlust für die Ware zu ersetzen (§15 Abs4 FAGG). Die – ihrer Ansicht nach erheblichen – zivilrechtlichen Sanktionen würden die antragstellende Gesellschaft zusammengefasst in ihren verfassungsgesetzlich gewährleisteten und durch die Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GRC) garantierten Rechten auf Freiheit der Erwerbsausübung (Art6 StGG, Art16 GRC), Unversehrtheit des Eigentums (Art5 StGG, Art1 1. ZPEMRK, Art17 GRC) und Gleichheit vor dem Gesetz (Art7 B‑VG, Art20 GRC) verletzen.

3. Die antragstellende Gesellschaft führt zur Zulässigkeit ihres Antrages aus, dass sie seit Inkrafttreten des Verbraucherrechte-Richtlinie-Umsetzungsgesetzes verpflichtet sei, die umfangreichen vorvertraglichen Informationspflichten unverzüglich zu erfüllen, andernfalls würde sie sich nach §19 Z1 FAGG strafbar machen. Hinzu komme, dass ein Verstoß gegen die vorvertraglichen Informationspflichten auch als irreführende Geschäftspraktik gemäß §2 UWG beurteilt werden könnte. Auch die Führung eines Wettbewerbsprozesses sei laut antragstellender Gesellschaft kein zumutbarer Weg. Da es nach ständiger Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes keinesfalls zumutbar sei, ein Strafverfahren auf sich zu nehmen, um potentiell verfassungswidrige Bestimmungen bekämpfen zu können, sei der Antrag der antragstellenden Gesellschaft zulässig.

4. Die antragstellende Gesellschaft beantragt die Aufhebung des §14 Abs1 erster Satz FAGG, der Art13 Abs1 Verbraucherrechterichtlinie entspreche; des §15 Abs4 letzter Satz FAGG, der Art14 Abs2 Verbraucherrechterichtlinie entspreche; des §16 Abs2 FAGG, der Art14 Abs4 lita subliti Verbraucherrechterichtlinie entspreche. Darüber hinaus solle die Wortfolge "[…] – auf Grundlage eines ausdrücklichen Verlangens des Verbrauchers nach §10 sowie einer Bestätigung des Verbrauchers über dessen Kenntnis vom Verlust des Rücktrittsrechts bei vollständiger Vertragserfüllung – […]" des §18 Abs1 Z1 FAGG, der Art16 lita Verbraucherrechterichtlinie nachgebildet sei, aufgehoben werden.

5. Die zivilrechtliche Sanktion des gänzlichen Entfalls der Kauf- und Werklohnansprüche – selbst bei ordnungsgemäßer Aufklärung über die Rücktrittsmöglichkeit, aber fehlender ausdrücklicher Bestätigung über das Verlangen des Beginns der Dienstleistung und dem damit einhergehenden Verlust des Rücktrittsrechts – sei unverhältnismäßig, insbesondere da die Verwaltungsstrafandrohung im Vergleich zum möglichen Schaden durch den Entfall der Ansprüche geradezu unbedeutend sei. Dienstleistungsgewerbetreibende seien darüber hinaus zusätzlich diskriminiert, da ihnen kein Zurückbehaltungsrecht gemäß §14 Abs3 FAGG (Art13 Abs3 Verbraucherrechterichtlinie) und auch keine Ausnahme vom Rücktrittsrecht gemäß §18 Abs1 Z3 FAGG (Art16 litc Verbraucherrechterichtlinie) zukomme, wonach Waren ausgenommen seien, welche nach Kundenspezifikation gefertigt wurden. Eine solche Ausnahmebestimmung fehle aber für Dienstleistungsgewerbetreibende, wodurch eine Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes (Art20 GRC) vorliege. Aber auch bei Kaufverträgen bestehe durch §15 Abs4 letzter Satz FAGG (Art14 Abs2 Verbraucherrechterichtlinie) eine Verletzung der Grundrechte. Der Verbraucher hafte nämlich nicht für einen Wertverlust bei fehlender Rücktrittsbelehrung durch den Unternehmer. Der Verbraucher könne willkürlich mit der – häufig unter Eigentumsvorbehalt stehenden Ware – umgehen, ohne einen Nachteil zu erleiden.

6. Die antragstellende Gesellschaft verlangt zudem die Aufhebung der Wortfolge "oder seine Vertragserklärung" im §4 Abs1 erster Halbsatz FAGG. Diese Wortfolge sei nach dem Vorbringen der antragstellenden Gesellschaft an Art6 Abs1 Verbraucherrechterichtlinie angelehnt, wonach "der Verbraucher [bevor er] durch einen Vertrag im Fernabsatz oder einen außerhalb vom Geschäftsraum geschlossenen Vertrag oder ein entsprechendes Vertragsangebot gebunden ist […]" vom Unternehmer über die Inhalte des Art6 Abs1 Verbraucherrechterichtlinie informiert werden müsse. In der englischen Fassung heiße es präziser "before the customer is bound by a distance or off-premises contract, or any corresponding offer […]". Ziel sei offenbar, dass der Verbraucher bereits vor Abgabe eines verbindlichen Angebotes über sein Rücktrittsrecht informiert werden solle. Das führe aber zur Konsequenz, dass die antragstellende Gesellschaft keinen Vertrag mehr abschließen dürfte, wenn der Verbraucher einen Auftrag in Form eines (mündlichen) Angebots außerhalb des Geschäftsraumes erteile, da das Angebot dann schon bindend sei und die antragstellende Gesellschaft als Unternehmerin den Verbraucher nicht mehr über sein Rücktrittsrecht informieren könne. Das österreichische Gesetz und die Verbraucherrechterichtlinie würden aber eine Informationspflicht bereits vor einem Angebot des Verbrauchers vorsehen, was aber, bei entsprechender Auslegung des Richtlinienwortlautes, da es ein – aus dem Englischen übersetztes – korrespondierendes Angebot nicht geben könne, dazu führen würde, dass ein Unternehmer keine Annahme aussprechen sollte, wenn das Angebot vom Verbraucher zugegangen ist, da ansonsten ein Verstoß gegen die Informationspflichten mit negativen Rechtsfolgen für den Unternehmer die Folge wäre. Der Wortlaut der Umsetzung in §4 Abs1 erster Halbsatz FAGG erscheine deshalb verfassungswidrig iSd Art7 B‑VG bzw. Art5 StGG. Außerdem würde es einen unverhältnismäßigen Eingriff in die verfassungsrechtlich geschützte Privatautonomie bedeuten, wenn ein Unternehmer mit einem Verbraucher keinen Außergeschäftsraumvertrag mehr schließen dürfte, wenn seinem Angebot das Angebot des Verbrauchers zuvorkäme, ohne sich verwaltungsrechtlich strafbar zu machen. Eine richtlinienkonforme Interpretation scheide aus, da bereits der Richtlinientext widersprüchlich sei, da es ein "korrespondierendes Angebot" rechtlich betrachtet gar nicht geben könne. Ein verbindliches Angebot müsse einer korrespondierenden Annahme vorangehen.

7. Die Bundesregierung erstattete eine Äußerung, in der sie begehrt, den Antrag als unzulässig zurückzuweisen, in eventu auszusprechen, die angefochtenen Bestimmungen nicht als verfassungswidrig aufzuheben.

7.1. Zunächst bezweifelt die Bundesregierung die rechtliche Betroffenheit hinsichtlich §15 und §16 FAGG, da hier lediglich Pflichten der Verbraucher geregelt werden würden. §15 Abs4 letzter Satz FAGG regle das Ausmaß der Haftung des Verbrauchers bei Rücktritt vom Kaufvertrag, wenn es zu einem Wertverlust der Ware gekommen ist. §16 Abs2 FAGG regle die anteilige Zahlungspflicht des Verbrauchers "bei Rücktritt von bestimmten Verträgen in einer bestimmten Fallkonstellation." Der Bundesregierung zufolge hätten die Normen keine nachteiligen Auswirkungen auf die antragstellende Gesellschaft, sondern lediglich wirtschaftliche Folgen. Nach Auffassung der Bundesregierung bestehe ein zumutbarer Weg für die Anfechtung der §§15, 16 und 18 FAGG. Ein Verstoß gegen §15 Abs4 letzter Satz, §16 Abs2 und §18 Abs1 Z1 FAGG würde nämlich nicht durch §19 FAGG sanktioniert, weswegen ein anderer zumutbarer Weg bestehe, die Vorschriften der §§15, 16 und 18 anzufechten.

7.2. Darüber hinaus erfülle der Antrag nicht die Voraussetzung des §62 Abs1 zweiter Satz VfGG. Danach habe der Antrag, ein Gesetz als verfassungswidrig aufzuheben, die gegen die Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes sprechenden Bedenken im Einzelnen darzulegen. Dieses Erfordernis gelte nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes nur dann als erfüllt, wenn die Gründe der behaupteten Verfassungswidrigkeit – in überprüfbarer Art– präzise ausgebreitet werden, dh. dem Antrag mit hinreichender Deutlichkeit zu entnehmen ist, mit welcher Verfassungsbestimmung die bekämpfte Gesetzesstelle in Widerspruch stehen soll und welche Gründe für diese Annahme sprechen. Dieses Erfordernis sei laut Bundesregierung nicht erfüllt.

7.3. Die antragstellende Gesellschaft behaupte, dass den bekämpften Bestimmungen die Art16, 17, 20 und 21 GRC – somit unmittelbar anwendbares Unionsrecht – entgegenstehen würden. Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes "kann ein Individualantrag nach Art140 B‑VG nur dann als zulässig angesehen werden, wenn feststeht, daß der Anwendbarkeit der bekämpften Norm nicht unmittelbar anwendbares Gemeinschaftsrecht entgegensteht" (VfSlg 15.771/2000, 18.298/2007). Ein solcher Widerspruch mit unmittelbar anwendbarem Unionsrecht liege laut Bundesregierung allerdings nicht vor.

7.4. Die Bundesregierung geht insgesamt davon aus, dass der Individualantrag – zwar nicht wegen des Anwendungsvorranges des Unionsrechts – jedoch aus den anderen Gründen unzulässig sei.

7.5. Hinsichtlich der vorgebrachten Bedenken verweist die Bundesregierung auf die Pflicht des Gesetzgebers zur Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie. Bei der Umsetzung sei ihm kein Umsetzungsspielraum auf Grund des Vollharmonisierungsprinzips, von terminologischen Anpassungen abgesehen, zugestanden. Zwar können die Regelungen in einem Normenkontrollverfahren in Prüfung gezogen werden, allerdings scheide eine Rechts- bzw. Verfassungswidrigkeit der in Prüfung gezogenen Normen insoweit aus, als die Gesetzgebung ungeachtet ihrer doppelten Bindung keine andere Möglichkeit gehabt habe, Ersatzregelungen zu schaffen. Das treffe auf die angefochtenen Bestimmungen zu.

8. Gegen die behauptete Unzulässigkeit des Antrages wendet sich die Gegenäußerung der antragstellenden Gesellschaft.

8.1. Die rechtliche Betroffenheit sei jedenfalls gegeben, da die §§15 ff. FAGG Ansprüche der Unternehmer teilweise gänzlich ausschließen würden, was einer Enteignung gleichkomme und damit jedenfalls die antragstellende Gesellschaft als Unternehmerin rechtlich unmittelbar betreffe. Hinsichtlich der Zumutbarkeit des ordentlichen Rechtsweges behauptet die antragstellende Gesellschaft, dass die angefochtenen Bestimmungen voraussetzen würden, dass nicht ordnungsgemäß aufgeklärt wurde, dies würde auch zu einer strafbaren Handlung führen. Wurde ordnungsgemäß aufgeklärt, wären die Bestimmungen im Zivilprozess aber nicht präjudiziell.

8.2. Die antragstellende Gesellschaft vermeint, Art16 Verbraucherrechterichtlinie sei europarechts- und verfassungswidrig umgesetzt worden. Art16 Verbraucherrechterichtlinie schließe bei Dienstleistungsverträgen das Rücktrittsrecht dann aus, wenn die Dienstleistung vollständig erbracht worden sei und der Unternehmer mit Zustimmung des Verbrauchers und dessen Kenntnisnahme, dass er sein Widerrufsrecht bei vollständiger Leistungserbringung verliere, mit der Ausführung begonnen habe. §18 Abs1 Z1 FAGG verlange jedoch zusätzlich, dass der Verbraucher dem Unternehmer eine Bestätigung über seine Kenntnis vom Verlust des Rücktrittsrechts bei vollständiger Leistungserbringung, offenbar schriftlich, ausstellt. Eine solche Regelung sei nicht nur richtlinienwidrig, sondern auch verfassungswidrig, da sie unsachlich und damit gleichheitswidrig iSd Art7 B‑VG sei.

9. Die antragstellende Gesellschaft begehrt zudem die Vorlage zur Vorabentscheidung an den Gerichtshof der Europäischen Union.

II. Rechtslage

Die maßgebliche Rechtslage stellt sich wie folgt dar:

1. Die zugrunde liegenden Bestimmungen der Richtlinie 2011/83/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2011 über die Rechte der Verbraucher, zur Abänderung der Richtlinie 93/13/EWG des Rates und der Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates sowie zur Aufhebung der Richtlinie 85/577/EWG des Rates und der Richtlinie 97/7/EG des Europäischen Parlaments und des Rates lauten:

"Artikel 3

Geltungsbereich

(1) Diese Richtlinie gilt unter den Bedingungen und in dem Umfang, wie sie in ihren Bestimmungen festgelegt sind, für jegliche Verträge, die zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher geschlossen werden. Sie gilt auch für Verträge über die Lieferung von Wasser, Gas, Strom oder Fernwärme, einschließlich durch öffentliche Anbieter, sofern diese Güter auf vertraglicher Basis geliefert werden.

[…]

(4) Die Mitgliedstaaten können beschließen, diese Richtlinie auf außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge, bei denen die vom Verbraucher zu zahlende Gegenleistung 50 EUR nicht überschreitet, nicht anzuwenden und keine entsprechenden nationalen Bestimmungen aufrechtzuerhalten oder einzuführen. Die Mitgliedstaaten können in den nationalen Rechtsvorschriften einen niedrigeren Schwellenwert festsetzen.

[…]

Artikel 6

Informationspflichten bei Fernabsatz- und außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen

(1) Bevor der Verbraucher durch einen Vertrag im Fernabsatz oder einen außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Vertrag oder ein entsprechendes Vertragsangebot gebunden ist, informiert der Unternehmer den Verbraucher in klarer und verständlicher Weise über Folgendes:

[…]

h) im Falle des Bestehens eines Widerrufsrechts die Bedingungen, Fristen und Verfahren für die Ausübung dieses Rechts gemäß Artikel 11 Absatz 1 sowie das Muster-Widerrufsformular gemäß Anhang I Teil B;

i) gegebenenfalls den Hinweis, dass der Verbraucher im Widerrufsfall die Kosten für die Rücksendung der Waren zu tragen hat und bei Fernabsatzverträgen die Kosten für die Rücksendung der Waren, wenn die Waren aufgrund ihrer Beschaffenheit nicht auf dem normalen Postweg zurückgesendet werden können;

j) den Hinweis, dass, falls der Verbraucher das Widerrufsrecht nach Erklärung eines Verlangens gemäß Artikel 7 Absatz 3 oder Artikel 8 Absatz 8 ausübt, der Verbraucher verpflichtet ist, dem Unternehmer einen angemessenen Betrag gemäß Artikel 14 Absatz 3 zu leisten;

[…]

(4) Die Informationen nach Absatz 1 Buchstaben h, i und j können mittels der Muster-Widerrufsbelehrung gemäß Anhang I Teil A gegeben werden. Die Informationspflicht des Unternehmers gemäß Absatz 1 Buchstaben h, i und j ist erfüllt, wenn der Unternehmer dieses Informationsformular zutreffend ausgefüllt dem Verbraucher übermittelt hat.

(5) Die Informationen nach Absatz 1 sind fester Bestandteil des Fernabsatzvertrags oder des außerhalb von Geschäftsräumen abgeschlossenen Vertrags und dürfen nicht geändert werden, es sei denn, die Vertragsparteien vereinbaren ausdrücklich etwas anderes.

(6) Ist der Unternehmer seiner Pflicht zur Information über die zusätzlichen und sonstigen Kosten gemäß Absatz 1 Buchstabe e oder über die Kosten für die Rücksendung der Waren gemäß Absatz 1 Buchstabe i nicht nachgekommen, so hat der Verbraucher die zusätzlichen und sonstigen Kosten nicht zu tragen.

Artikel 7

Formale Anforderungen für außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge

(1) Bei Verträgen, die außerhalb von Geschäftsräumen geschlossen werden, stellt der Unternehmer die in Artikel 6 Absatz 1 vorgeschriebenen Informationen dem Verbraucher auf Papier oder, sofern der Verbraucher dem zustimmt, auf einem anderen dauerhaften Datenträger bereit. Diese Informationen müssen lesbar und in klarer und verständlicher Sprache abgefasst sein.

(2) Der Unternehmer stellt dem Verbraucher eine Kopie des unterzeichneten Vertragsdokuments oder die Bestätigung des geschlossenen Vertrags auf Papier oder, sofern der Verbraucher dem zustimmt, auf einem anderen dauerhaften Datenträger zur Verfügung, wobei diese Kopie gegebenenfalls auch die Bestätigung der vorher ausdrücklich erklärten Zustimmung und der Kenntnisnahme des Verbrauchers gemäß Artikel 16 Buchstabe m umfasst.

(3) Möchte ein Verbraucher, dass die Dienstleistung oder die Lieferung von Wasser, Gas oder Strom, wenn sie nicht in einem begrenzten Volumen oder in einer bestimmten Menge zum Verkauf angeboten werden, oder von Fernwärme während der Widerrufsfrist gemäß Artikel 9 Absatz 2 beginnt, so fordert der Unternehmer den Verbraucher dazu auf, ein entsprechendes ausdrückliches Verlangen auf einem dauerhaften Datenträger zu erklären.

(4) Wenn der Verbraucher bei Verträgen, die außerhalb von Geschäftsräumen geschlossen werden, ausdrücklich die Dienste des Unternehmers zur Ausführung von Reparatur- oder Instandhaltungsarbeiten angefordert hat, der Unternehmer und der Verbraucher ihre vertraglichen Verpflichtungen sofort erfüllen und das vom Verbraucher zu zahlende Entgelt 200 EUR nicht übersteigt, gilt:

a) Der Unternehmer stellt dem Verbraucher die in Artikel 6 Absatz 1 Buchstaben b und c genannten Informationen sowie Informationen über die Höhe des Preises oder die Art der Preisberechnung zusammen mit einem Kostenvoranschlag über die Gesamtkosten auf Papier oder, wenn der Verbraucher dem zustimmt, einem anderen dauerhaften Datenträger zur Verfügung. Der Unternehmer stellt die in Artikel 6 Absatz 1 Buchstaben a, h und k genannten Informationen zur Verfügung, kann jedoch davon absehen, diese auf Papier oder einem anderen dauerhaften Datenträger bereitzustellen, wenn der Verbraucher sich damit ausdrücklich einverstanden erklärt.

b) Die gemäß Absatz 2 dieses Artikels bereitgestellte Bestätigung des Vertrags muss die in Artikel 6 Absatz 1 genannten Informationen beinhalten.

Die Mitgliedstaaten können beschließen, diesen Absatz nicht anzuwenden.

[…]

Artikel 9

Widerrufsrecht

(1) Sofern nicht eine der Ausnahmen gemäß Artikel 16 Anwendung findet, steht dem Verbraucher eine Frist von 14 Tagen zu, in der er einen Fernabsatz- oder einen außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Vertrag ohne Angabe von Gründen und ohne andere Kosten als in Artikel 13 Absatz 2 und Artikel 14 vorgesehen widerrufen kann.

(2) Unbeschadet des Artikels 10 endet die in Absatz 1 dieses Artikels vorgesehene Widerrufsfrist

a) bei Dienstleistungsverträgen 14 Tage ab dem Tag des Vertragsabschlusses,

b) bei Kaufverträgen 14 Tage ab dem Tag, an dem der Verbraucher oder ein vom Verbraucher benannter Dritter, der nicht der Beförderer ist, in den physischen Besitz der Waren gelangt, oder

i) wenn der Verbraucher mehrere Waren im Rahmen einer einheitlichen Bestellung bestellt hat, die getrennt geliefert werden, ab dem Tag, an dem der Verbraucher oder ein vom Verbraucher benannter Dritter, der nicht der Beförderer ist, in den physischen Besitz der letzten Ware gelangt,

ii) bei Lieferung einer Ware in mehreren Teilsendungen oder Stücken ab dem Tag, an dem der Verbraucher oder ein vom Verbraucher benannter Dritter, der nicht der Beförderer ist, in den physischen Besitz der letzten Teilsendung oder des letzten Stücks gelangt,

iii) bei Verträgen zur regelmäßigen Lieferung von Waren über einen festgelegten Zeitraum hinweg ab dem Tag, an dem der Verbraucher oder ein vom Verbraucher benannter Dritter, der nicht der Beförderer ist, in den physischen Besitz der ersten Ware gelangt,

c) bei Verträgen über die Lieferung von Wasser, Gas oder Strom, wenn sie nicht in einem begrenzten Volumen oder in einer bestimmten Menge zum Verkauf angeboten werden, von Fernwärme oder von digitalen Inhalten, die nicht auf einem körperlichen Datenträger geliefert werden, 14 Tage ab dem Tag des Vertragsabschlusses.

(3) Die Mitgliedstaaten verbieten den Vertragsparteien eine Erfüllung ihrer vertraglichen Verpflichtungen während der Widerrufsfrist nicht. Die Mitgliedstaaten können jedoch bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen innerstaatliche Rechtsvorschriften aufrechterhalten, die dem Unternehmer verbieten, innerhalb eines bestimmten Zeitraums nach Vertragsabschluss Zahlung vom Verbraucher zu fordern und entgegenzunehmen.

Artikel 10

Nichtaufklärung über das Widerrufsrecht

(1) Hat der Unternehmer den Verbraucher nicht gemäß Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe h über sein Widerrufsrecht belehrt, so läuft die Widerrufsfrist 12 Monate nach Ablauf der ursprünglichen Widerrufsfrist gemäß Artikel 9 Absatz 2 ab.

(2) Hat der Unternehmer dem Verbraucher die in Absatz 1 genannten Informationen binnen 12 Monaten ab dem in Artikel 9 Absatz 2 genannten Tag erteilt, so endet die Widerrufsfrist 14 Tage nach dem Tag, an dem der Verbraucher diese Informationen erhalten hat.

Artikel 11

Ausübung des Widerrufsrechts

(1) Der Verbraucher informiert den Unternehmer vor Ablauf der Widerrufsfrist über seinen Entschluss, den Vertrag zu widerrufen. Der Verbraucher kann zu diesem Zweck entweder

a) das Muster-Widerrufsformular des Anhangs I Teil B verwenden oder

b) eine entsprechende Erklärung in beliebiger anderer Form abgeben, aus der sein Entschluss zum Widerruf des Vertrags eindeutig hervorgeht.

Die Mitgliedstaaten legen für das Muster-Widerrufsformular keine weiteren Formvorschriften außer den in Anhang I Teil B genannten fest.

(2) Die in Artikel 9 Absatz 2 und in Artikel 10 genannte Widerrufsfrist ist gewahrt, wenn der Verbraucher die Mitteilung über die Ausübung des Widerrufsrechts vor Ablauf der Widerrufsfrist absendet.

(3) Der Unternehmer kann dem Verbraucher zusätzlich zu den in Absatz 1 genannten Möglichkeiten auch die Wahl einräumen, entweder das Muster-Widerrufsformular des Anhangs I Teil B oder eine entsprechende eindeutige Erklärung in beliebiger anderer Form auf der Webseite des Unternehmers elektronisch auszufüllen und abzuschicken. In diesen Fällen hat der Unternehmer dem Verbraucher unverzüglich auf einem dauerhaften Datenträger eine Bestätigung über den Eingang eines solchen Widerrufs zu übermitteln.

(4) Die Beweislast für die Ausübung des Widerrufsrechts nach diesem Artikel obliegt dem Verbraucher.

[…]

Artikel 13

Pflichten des Unternehmers im Widerrufsfall

(1) Der Unternehmer hat alle Zahlungen, die er vom Verbraucher erhalten hat, gegebenenfalls einschließlich der Lieferkosten, unverzüglich und in jedem Fall spätestens binnen 14 Tagen ab dem Tag zurückzuzahlen, an dem er gemäß Artikel 11 über den Entschluss des Verbrauchers informiert wird, den Vertrag zu widerrufen.

Der Unternehmer nimmt die Rückzahlung gemäß Unterabsatz 1 unter Verwendung desselben Zahlungsmittels vor, das vom Verbraucher bei der ursprünglichen Transaktion eingesetzt wurde, es sei denn, mit dem Verbraucher wurde ausdrücklich etwas anderes vereinbart, und vorausgesetzt, für den Verbraucher fallen infolge einer solchen Rückzahlung keine Kosten an.

(2) Unbeschadet des Absatzes 1 ist der Unternehmer nicht verpflichtet, zusätzliche Kosten zu erstatten, wenn sich der Verbraucher ausdrücklich für eine andere Art der Lieferung als die vom Unternehmer angebotene, günstigste Standardlieferung entschieden hat.

(3) Bei Kaufverträgen kann der Unternehmer die Rückzahlung verweigern, bis er die Waren wieder zurückerhalten hat oder bis der Verbraucher den Nachweis erbracht hat, dass er die Waren zurückgeschickt hat, je nachdem, welches der frühere Zeitpunkt ist, es sei denn, der Unternehmer hat angeboten, die Waren selbst abzuholen.

Artikel 14

Pflichten des Verbrauchers im Widerrufsfall

(1) Der Verbraucher hat die Waren unverzüglich und in jedem Fall spätestens nach 14 Tagen ab dem Tag, an dem er dem Unternehmer gemäß Artikel 11 seinen Entschluss mitgeteilt hat, den Vertrag zu widerrufen, an den Unternehmer oder eine von diesem zur Entgegennahme der Waren ermächtigte Person zurückzusenden oder zu übergeben, es sei denn, der Unternehmer hat angeboten, die Waren selbst abzuholen. Die Frist ist gewahrt, wenn der Verbraucher die Waren vor Ablauf der Frist von 14 Tagen absendet.

Der Verbraucher hat nur die unmittelbaren Kosten der Rücksendung der Waren zu tragen, es sei denn, der Unternehmer hat sich bereit erklärt, diese Kosten zu tragen oder der Unternehmer hat es unterlassen, den Verbraucher darüber zu unterrichten, dass er diese Kosten zu tragen hat.

Im Falle von außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen, bei denen die Waren zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses zur Wohnung des Verbrauchers geliefert worden sind, holt der Unternehmer die Waren auf eigene Kosten ab, wenn die Waren so beschaffen sind, dass sie normalerweise nicht per Post zurückgesandt werden können.

(2) Der Verbraucher haftet für einen etwaigen Wertverlust der Waren nur, wenn dieser Wertverlust auf einen zur Prüfung der Beschaffenheit, Eigenschaften und Funktionsweise der Waren nicht notwendigen Umgang mit den Waren zurückzuführen ist. Der Verbraucher haftet in keinem Fall für den Wertverlust der Waren, wenn er vom Unternehmer nicht gemäß Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe h über sein Widerrufsrecht belehrt wurde.

(3) Übt ein Verbraucher das Widerrufsrecht aus, nachdem er ein Verlangen gemäß Artikel 7 Absatz 3 oder Artikel 8 Absatz 8 erklärt hat, so zahlt er dem Unternehmer einen Betrag, der verhältnismäßig dem entspricht, was bis zu dem Zeitpunkt, zu dem der Verbraucher den Unternehmer von der Ausübung des Widerrufsrechts unterrichtet, im Vergleich zum Gesamtumfang der vertraglich vereinbarten Leistungen geleistet worden ist. Der anteilige Betrag, den der Verbraucher an den Unternehmer zu zahlen hat, wird auf der Grundlage des vertraglich vereinbarten Gesamtpreises berechnet. Ist der Gesamtpreis überhöht, so wird der anteilige Betrag auf der Grundlage des Marktwerts der erbrachten Leistung berechnet.

(4) Der Verbraucher hat nicht aufzukommen für:

a) Dienstleistungen, die Lieferung von Wasser, Gas oder Strom, wenn sie nicht in einem begrenzten Volumen oder in einer bestimmten Menge zum Verkauf angeboten werden, oder von Fernwärme, die während der Widerrufsfrist ganz oder teilweise erbracht wurden, wenn

i) der Unternehmer es unterlassen hat, die Informationen gemäß Artikel 6 Absatz 1 Buchstaben h oder j bereitzustellen oder

ii) der Verbraucher nicht ausdrücklich gemäß Artikel 7 Absatz 3 und Artikel 8 Absatz 8 verlangt hat, dass die Erbringung der Leistung während der Widerrufsfrist beginnen soll, oder

b) die vollständige oder teilweise Bereitstellung von digitalen Inhalten, die nicht auf einem körperlichen Datenträger geliefert werden, wenn

i) der Verbraucher sich nicht zuvor ausdrücklich damit einverstanden erklärt hat, dass die Erfüllung des Vertrags vor Ablauf der Frist von 14 Tagen gemäß Artikel 9 beginnt, oder

ii) der Verbraucher nicht zur Kenntnis genommen hat, dass er mit seiner Zustimmung sein Widerrufsrecht verliert, oder

iii) der Unternehmer es unterlassen hat, eine Bestätigung gemäß Artikel 7 Absatz 2 oder Artikel 8 Absatz 7 zur Verfügung zu stellen.

(5) Sofern in Artikel 13 Absatz 2 und diesem Artikel nichts anderes vorgesehen ist, kann der Verbraucher aufgrund der Ausübung seines Widerrufsrechts nicht in Anspruch genommen werden.

[…]

Artikel 16

Ausnahmen vom Widerrufsrecht

Die Mitgliedstaaten sehen bei Fernabsatzverträgen und außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen kein Widerrufsrecht nach den Artikeln 9 bis 15 vor, wenn

a) bei Dienstleistungsverträgen die Dienstleistung vollständig erbracht worden ist, wenn der Unternehmer die Erbringung mit der vorherigen ausdrücklichen Zustimmung des Verbrauchers und dessen Kenntnisnahme, dass er sein Widerrufsrecht bei vollständiger Vertragserfüllung durch den Unternehmer verliert, begonnen hatte;

[…]

c) Waren geliefert werden, die nach Kundenspezifikation angefertigt werden oder eindeutig auf die persönlichen Bedürfnisse zugeschnitten sind;

[…]

f) Waren geliefert werden, die nach der Lieferung aufgrund ihrer Beschaffenheit untrennbar mit anderen Gütern vermischt wurden;

[…]

Artikel 23

Rechtsdurchsetzung

(1) Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass angemessene und wirksame Mittel vorhanden sind, mit denen die Einhaltung dieser Richtlinie sichergestellt wird.

(2) Die in Absatz 1 genannten Mittel schließen Rechtsvorschriften ein, nach denen eine oder mehrere der folgenden nach den innerstaatlichen Rechtsvorschriften bestimmten Einrichtungen gemäß dem jeweiligen innerstaatlichen Recht die Gerichte oder die zuständigen Verwaltungsbehörden anrufen kann bzw. können, um die Anwendung der innerstaatlichen Vorschriften zur Umsetzung dieser Richtlinie sicherzustellen:

a) öffentliche Einrichtungen oder ihre Vertreter;

b) Verbraucherverbände, die ein berechtigtes Interesse am Schutz der Verbraucher haben;

c) Berufsverbände, die ein berechtigtes Interesse daran haben, tätig zu werden.

Artikel 24

Sanktionen

(1) Die Mitgliedstaaten legen für Verstöße gegen die aufgrund dieser Richtlinie erlassenen innerstaatlichen Vorschriften Sanktionen fest und treffen die zu ihrer Anwendung erforderlichen Maßnahmen. Die Sanktionen müssen wirksam, angemessen und abschreckend sein.

(2) Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission diese Vorschriften bis zum 13. Dezember 2013 mit und unterrichten sie unverzüglich über etwaige spätere Änderungen dieser Vorschriften."

2. Die Umsetzung dieser Richtlinie – mit dem Ziel der Vollharmonisierung gemäß Art4 der Richtlinie – erfolgte größtenteils im Bundesgesetz über Fernabsatz- und außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge (Fern- und Auswärtsgeschäfte-Gesetz – FAGG), BGBl I 33/2014, welches folgenden Wortlaut hat (die angefochtenen Bestimmungen sind hervorgehoben):

"1. Abschnitt

Allgemeines Geltungsbereich

§1. (1) Dieses Bundesgesetz gilt für Fernabsatz- und außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge (Fern- und Auswärtsgeschäfte) zwischen Unternehmern und Verbrauchern (§1 KSchG).

(2) Dieses Bundesgesetz gilt – soweit in §8 Abs4 nicht anderes bestimmt ist – nicht für Verträge,

1. die außerhalb von Geschäftsräumen geschlossen werden (§3 Z1) und bei denen das vom Verbraucher zu zahlende Entgelt den Betrag von 50 Euro nicht überschreitet,

[…]

2. Abschnitt

Informationspflichten

Inhalt der Informationspflicht; Rechtsfolgen

§4. (1) Bevor der Verbraucher durch einen Vertrag oder seine Vertragserklärung gebunden ist, muss ihn der Unternehmer in klarer und verständlicher Weise über Folgendes informieren:

[…]

8. bei Bestehen eines Rücktrittsrechts die Bedingungen, die Fristen und die Vorgangsweise für die Ausübung dieses Rechts, dies unter Zurverfügungstellung des Muster-Widerrufsformulars gemäß Anhang I Teil B,

9. gegebenenfalls die den Verbraucher im Fall seines Rücktritts vom Vertrag gemäß §15 treffende Pflicht zur Tragung der Kosten für die Rücksendung der Ware sowie bei Fernabsatzverträgen über Waren, die wegen ihrer Beschaffenheit üblicherweise nicht auf dem Postweg versendet werden, die Höhe der Rücksendungskosten,

10. gegebenenfalls die den Verbraucher im Fall seines Rücktritts vom Vertrag gemäß §16 treffende Pflicht zur Zahlung eines anteiligen Betrags für die bereits erbrachten Leistungen,

11. gegebenenfalls über das Nichtbestehen eines Rücktrittsrechts nach §18 oder über die Umstände, unter denen der Verbraucher sein Rücktrittsrecht verliert,

[…]

(3) Die Informationen nach Abs1 Z8, 9 und 10 können mittels der Muster-Widerrufsbelehrung gemäß Anhang I Teil A erteilt werden. Mit dieser formularmäßigen Informationserteilung gelten die genannten Informationspflichten des Unternehmers als erfüllt, sofern der Unternehmer dem Verbraucher das Formular zutreffend ausgefüllt übermittelt hat.

Informationserteilung bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen

§5. (1) Bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen sind die in §4 Abs1 genannten Informationen dem Verbraucher auf Papier oder, sofern der Verbraucher dem zustimmt, auf einem anderen dauerhaften Datenträger bereitzustellen. Die Informationen müssen lesbar, klar und verständlich sein.

(2) Der Unternehmer hat dem Verbraucher eine Ausfertigung des unterzeichneten Vertragsdokuments oder die Bestätigung des geschlossenen Vertrags auf Papier oder, sofern der Verbraucher dem zustimmt, auf einem anderen dauerhaften Datenträger bereitzustellen. Gegebenenfalls muss die Ausfertigung oder Bestätigung des Vertrags auch eine Bestätigung der Zustimmung und Kenntnisnahme des Verbrauchers nach §18 Abs1 Z11 enthalten.

Vereinfachte Informationserteilung bei Handwerkerverträgen

§6. (1) Bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen über Reparatur- oder Instandhaltungsarbeiten, bei denen der Verbraucher das Kommen und die Dienste des Unternehmers zur Ausführung dieser Arbeiten ausdrücklich angefordert hat, das vom Verbraucher zu zahlende Entgelt den Betrag von 200 Euro nicht übersteigt und beide Vertragsteile ihre vertraglichen Verpflichtungen sofort erfüllen, gelten für die Informationserteilung abweichend von §5 Abs1 die Bestimmungen des nachfolgenden Absatzes.

(2) Der Unternehmer hat dem Verbraucher die in §4 Abs1 Z2 und 3 lita und c genannten Informationen sowie Informationen über die Höhe des Preises oder die Art der Preisberechnung zusammen mit einem Kostenvoranschlag über die Gesamtkosten auf Papier oder, wenn der Verbraucher dem zustimmt, einem anderen dauerhaften Datenträger bereitzustellen. Überdies hat der Unternehmer dem Verbraucher die in §4 Abs1 Z1, 8 und 11 genannten Informationen zu erteilen, kann jedoch davon absehen, diese auf Papier oder einem anderen dauerhaften Datenträger bereitzustellen, wenn sich der Verbraucher damit ausdrücklich einverstanden erklärt. Die nach §5 Abs2 zur Verfügung zu stellende Ausfertigung oder Bestätigung muss auch die in §4 Abs1 genannten Informationen enthalten.

[…]

Beginn der Vertragserfüllung vor Ablauf der Rücktrittsfrist

§10. Hat ein Fernabsatzvertrag oder ein außerhalb von Geschäftsräumen geschlossener Vertrag eine Dienstleistung, die nicht in einem begrenzten Volumen oder in einer bestimmten Menge angebotene Lieferung von Wasser, Gas oder Strom oder die Lieferung von Fernwärme zum Gegenstand und wünscht der Verbraucher, dass der Unternehmer noch vor Ablauf der Rücktrittsfrist nach §11 mit der Vertragserfüllung beginnt, so muss der Unternehmer den Verbraucher dazu auffordern, ihm ein ausdrücklich auf diese vorzeitige Vertragserfüllung gerichtetes Verlangen – im Fall eines außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Vertrags auf einem dauerhaften Datenträger – zu erklären.

3. Abschnitt

Rücktritt vom Vertrag

Rücktrittsrecht und Rücktrittsfrist

§11. (1) Der Verbraucher kann von einem Fernabsatzvertrag oder einem außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Vertrag binnen 14 Tagen ohne Angabe von Gründen zurücktreten.

(2) Die Frist zum Rücktritt beginnt

1. bei Dienstleistungsverträgen mit dem Tag des Vertragsabschlusses,

2. bei Kaufverträgen und sonstigen auf den entgeltlichen Erwerb einer Ware gerichteten Verträgen

a)mit dem Tag, an dem der Verbraucher oder ein vom Verbraucher benannter, nicht als Beförderer tätiger Dritter den Besitz an der Ware erlangt,

b) wenn der Verbraucher mehrere Waren im Rahmen einer einheitlichen Bestellung bestellt hat, die getrennt geliefert werden, mit dem Tag, an dem der Verbraucher oder ein vom Verbraucher benannter, nicht als Beförderer tätiger Dritter den Besitz an der zuletzt gelieferten Ware erlangt,

c) bei Lieferung einer Ware in mehreren Teilsendungen mit dem Tag, an dem der Verbraucher oder ein vom Verbraucher benannter, nicht als Beförderer tätiger Dritter den Besitz an der letzten Teilsendung erlangt,

d) bei Verträgen über die regelmäßige Lieferung von Waren über einen festgelegten Zeitraum hinweg mit dem Tag, an dem der Verbraucher oder ein vom Verbraucher benannter, nicht als Beförderer tätiger Dritter den Besitz an der zuerst gelieferten Ware erlangt,

3. bei einem Vertrag, der die nicht in einem begrenzten Volumen oder in einer bestimmten Menge angebotene Lieferung von Wasser, Gas oder Strom, die Lieferung von Fernwärme oder die Lieferung von nicht auf einem körperlichen Datenträger gespeicherten digitalen Inhalten zum Gegenstand hat, mit dem Tag des Vertragsabschlusses.

Unterbliebene Aufklärung über das Rücktrittsrecht

§12. (1) Ist der Unternehmer seiner Informationspflicht nach §4 Abs1 Z8 nicht nachgekommen, so verlängert sich die in §11 vorgesehene Rücktrittsfrist um zwölf Monate.

(2) Holt der Unternehmer die Informationserteilung innerhalb von zwölf Monaten ab dem gemäß §11 Abs2 für den Fristbeginn maßgeblichen Tag nach, so endet die Rücktrittsfrist 14 Tage nach dem Zeitpunkt, zu dem der Verbraucher diese Information erhält.

Ausübung des Rücktrittsrechts

§13. (1) Die Erklärung des Rücktritts ist an keine bestimmte Form gebunden. Der Verbraucher kann dafür das Muster-Widerrufsformular gemäß Anhang I Teil B verwenden. Die Rücktrittsfrist ist gewahrt, wenn die Rücktrittserklärung innerhalb der Frist abgesendet wird.

(2) Der Unternehmer kann dem Verbraucher auch die Möglichkeit einräumen, das Muster-Widerrufsformular gemäß Anhang I Teil B oder eine anders formulierte Rücktrittserklärung auf der Website des Unternehmers elektronisch auszufüllen und abzuschicken. Gibt der Verbraucher eine Rücktrittserklärung auf diese Weise ab, so hat ihm der Unternehmer unverzüglich eine Bestätigung über den Eingang der Rücktrittserklärung auf einem dauerhaften Datenträger zu übermitteln.

Pflichten des Unternehmers bei Rücktritt des Verbrauchers vom Vertrag

§14. (1) Tritt der Verbraucher nach §11 Abs1 vom Vertrag zurück, so hat der Unternehmer alle vom Verbraucher geleisteten Zahlungen, gegebenenfalls einschließlich der Lieferkosten, unverzüglich, spätestens jedoch binnen 14 Tagen ab Zugang der Rücktrittserklärung zu erstatten. Er hat für die Rückzahlung dasselbe Zahlungsmittel zu verwenden, dessen sich der Verbraucher für die Abwicklung seiner Zahlung bedient hat; die Verwendung eines anderen Zahlungsmittels ist aber dann zulässig, wenn dies mit dem Verbraucher ausdrücklich vereinbart wurde und dem Verbraucher dadurch keine Kosten anfallen.

(2) Hat sich der Verbraucher ausdrücklich für eine andere Art der Lieferung als die vom Unternehmer angebotene günstigste Standardlieferung entschieden, so hat er keinen Anspruch auf Erstattung der ihm dadurch entstandenen Mehrkosten.

(3) Bei Kaufverträgen und sonstigen auf den entgeltlichen Erwerb einer Ware gerichteten Verträgen kann der Unternehmer die Rückzahlung verweigern, bis er entweder die Ware wieder zurückerhalten oder ihm der Verbraucher einen Nachweis über die Rücksendung der Ware erbracht hat; dies gilt nicht, wenn der Unternehmer angeboten hat, die Ware selbst abzuholen.

Pflichten des Verbrauchers bei Rücktritt vom Kaufvertrag

§15. (1) Tritt der Verbraucher nach §11 Abs1 von einem Kaufvertrag oder einem sonstigen auf den entgeltlichen Erwerb einer Ware gerichteten Vertrag zurück, so hat er die empfangene Ware unverzüglich, spätestens jedoch binnen 14 Tagen ab Abgabe der Rücktrittserklärung, an den Unternehmer zurückzustellen; dies gilt nicht, wenn der Unternehmer angeboten hat, die Ware selbst abzuholen. Die Rückstellungsfrist ist gewahrt, wenn die Ware innerhalb der Frist abgesendet wird.

(2) Die unmittelbaren Kosten der Rücksendung der Ware sind vom Verbraucher zu tragen; dies gilt nicht, wenn der Unternehmer sich bereit erklärt hat, diese Kosten zu tragen, oder wenn er es unterlassen hat, den Verbraucher über dessen Kostentragungspflicht zu unterrichten.

(3) Bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen, bei denen die Ware zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses zur Wohnung des Verbrauchers geliefert wurde, hat der Unternehmer die Ware auf eigene Kosten abzuholen, wenn solche Waren wegen ihrer Beschaffenheit üblicherweise nicht auf dem Postweg versendet werden.

(4) Der Verbraucher hat dem Unternehmer nur dann eine Entschädigung für eine Minderung des Verkehrswerts der Ware zu zahlen, wenn dieser Wertverlust auf einen zur Prüfung der Beschaffenheit, der Eigenschaften und der Funktionsweise der Ware nicht notwendigen Umgang mit derselben zurückzuführen ist. Der Verbraucher haftet in keinem Fall für einen Wertverlust der Ware, wenn er vom Unternehmer nicht gemäß §4 Abs1 Z8 über sein Rücktrittsrecht belehrt wurde.

(5) Außer den in dieser Bestimmung angeführten Zahlungen und allfälligen Mehrkosten nach §14 Abs2 dürfen dem Verbraucher wegen seines Rücktritts keine sonstigen Lasten auferlegt werden.

Pflichten des Verbrauchers bei Rücktritt von einem Vertrag über Dienstleistungen, Energie- und Wasserlieferungen oder digitale Inhalte

§16. (1) Tritt der Verbraucher nach §11 Abs1 von einem Vertrag über Dienstleistungen oder über die in §10 genannten Energie- und Wasserlieferungen zurück, nachdem er ein Verlangen gemäß §10 erklärt und der Unternehmer hierauf mit der Vertragserfüllung begonnen hat, so hat er dem Unternehmer einen Betrag zu zahlen, der im Vergleich zum vertraglich vereinbarten Gesamtpreis verhältnismäßig den vom Unternehmer bis zum Rücktritt erbrachten Leistungen entspricht. Ist der Gesamtpreis überhöht, so wird der anteilig zu zahlende Betrag auf der Grundlage des Marktwerts der erbrachten Leistungen berechnet.

(2) Die anteilige Zahlungspflicht nach Abs1 besteht nicht, wenn der Unternehmer seiner Informationspflicht nach §4 Abs1 Z8 und 10 nicht nachgekommen ist.

(3) Tritt der Verbraucher nach §11 Abs1 von einem Vertrag über die Lieferung von nicht auf einem körperlichen Datenträger gespeicherten digitalen Inhalten zurück, so trifft ihn für bereits erbrachte Leistungen des Unternehmers keine Zahlungspflicht.

(4) Außer der in Abs1 angeführten Zahlung dürfen dem Verbraucher wegen seines Rücktritts keine sonstigen Lasten auferlegt werden.

[…]

Ausnahmen vom Rücktrittsrecht

§18. (1) Der Verbraucher hat kein Rücktrittsrecht bei Fernabsatz- oder außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen über

1. Dienstleistungen, wenn der Unternehmer – auf Grundlage eines ausdrücklichen Verlangens des Verbrauchers nach §10 sowie einer Bestätigung des Verbrauchers über dessen Kenntnis vom Verlust des Rücktrittsrechts bei vollständiger Vertragserfüllung – noch vor Ablauf der Rücktrittsfrist nach §11 mit der Ausführung der Dienstleistung begonnen hatte und die Dienstleistung sodann vollständig erbracht wurde,

[…]

3. Waren, die nach Kundenspezifikationen angefertigt werden oder eindeutig auf die persönlichen Bedürfnisse zugeschnitten sind,

[…]

6. Waren, die nach ihrer Lieferung auf Grund ihrer Beschaffenheit untrennbar mit anderen Gütern vermischt wurden,

[…]

(2) Der Verbraucher hat weiters kein Rücktrittsrecht bei Verträgen über dringende Reparatur- oder Instandhaltungsarbeiten, bei denen der Verbraucher den Unternehmer ausdrücklich zu einem Besuch zur Ausführung dieser Arbeiten aufgefordert hat. Erbringt der Unternehmer bei einem solchen Besuch weitere Dienstleistungen, die der Verbraucher nicht ausdrücklich verlangt hat, oder liefert er Waren, die bei der Instandhaltung oder Reparatur nicht unbedingt als Ersatzteile benötigt werden, so steht dem Verbraucher hinsichtlich dieser zusätzlichen Dienstleistungen oder Waren das Rücktrittsrecht zu.

[…]

Strafbestimmungen

§19. Sofern die Tat nicht den Tatbestand einer gerichtlich strafbaren Handlung bildet oder nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist, begeht ein Unternehmer eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 1 450 Euro zu bestrafen, wenn er

1. in die gemäß §4 Abs1 gebotenen vorvertraglichen Informationen falsche Angaben aufnimmt oder die Informationspflichten gemäß §4 Abs1 nicht oder nicht vollständig erfüllt,

[…]

7. gegen seine Erstattungspflicht nach §14 Abs1 verstößt."

III. Erwägungen

1. Der Antrag ist unzulässig.

1.1. Voraussetzung der Antragslegitimation gemäß Art140 Abs1 Z1 litc B‑VG ist einerseits, dass der Antragsteller behauptet, unmittelbar durch das angefochtene Gesetz – im Hinblick auf dessen Verfassungswidrigkeit – in seinen Rechten verletzt worden zu sein, dann aber auch, dass das Gesetz für den Antragsteller tatsächlich, und zwar ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides wirksam geworden ist. Grundlegende Voraussetzung der Antragslegitimation ist also, dass das Gesetz in die Rechtssphäre des Antragstellers nachteilig eingreift und diese – im Falle seiner Verfassungswidrigkeit – verletzt.

1.2. Es ist darüber hinaus erforderlich, dass das Gesetz selbst tatsächlich in die Rechtssphäre des Antragstellers unmittelbar eingreift. Ein derartiger Eingriff ist nur dann anzunehmen, wenn dieser nach Art und Ausmaß durch das Gesetz selbst eindeutig bestimmt ist, wenn er die (rechtlich geschützten) Interessen des Antragstellers nicht bloß potentiell, sondern aktuell beeinträchtigt und wenn dem Antragsteller kein anderer zumutbarer Weg zur Abwehr des – behaupteterweise – rechtswidrigen Eingriffes zur Verfügung steht (VfSlg 11.868/1988, 15.632/1999, 16.616/2002, 16.891/2003).

1.3. Die antragstellende Gesellschaft ist durch §4 Abs1 erster Halbsatz, §14 Abs1 erster Satz und §18 Abs1 Z1 FAGG unmittelbar und aktuell in ihren Rechten betroffen.

1.3.1. Die Rechtsvorschriften der §§4 Abs1 und 14 Abs1 erster Satz FAGG greifen unmittelbar in die Rechtssphäre der betroffenen Personen ein, da Verstöße dagegen zu Verwaltungsstrafen gemäß §19 Z1 und Z7 FAGG führen können.

1.3.2. Das Rücktrittsrecht ist gegenüber dem Verbraucher auch nur dann ausgeschlossen, wenn die Voraussetzungen des §18 Abs1 Z1 FAGG erfüllt sind, wodurch die Bestimmung unmittelbar in die Rechtssphäre der antragstellenden Gesellschaft eingreift, weil bei einer Vorgehensweise, die der Vorschrift nicht genau entspricht, das Rücktrittsrecht des Verbrauchers wiederauflebt und zivilrechtliche Ansprüche verloren gehen würden.

1.3.3. In Bezug auf §15 Abs4 letzter Satz und §16 Abs2 FAGG liegt die rechtliche Betroffenheit ungeachtet des Umstands, dass sich diese Bestimmungen zunächst an die Verbraucher richten, deshalb vor, weil die §§15 ff. FAGG zivilrechtliche Ansprüche der Unternehmer teilweise gänzlich ausschließen. Die Überschriften der Bestimmungen ändern nichts daran, dass in diesen Rechte und Pflichten beider Vertragsparteien geregelt werden. Diese Eingriffe sind auch ausreichend bestimmt, denn den Verbrauchern sollen, abgesehen von den in den Bestimmungen beschriebenen Verpflichtungen, keine weiteren Lasten auferlegt werden. Der Verlust der zivilrechtlichen Ansprüche der antragstellenden Gesellschaft würde kraft Gesetzes und ohne weitere gerichtliche oder verwaltungsbehördliche Entscheidung eintreten.

1.3.4. Die antragstellende Gesellschaft ist auch aktuell betroffen, da sie als Unternehmerin regelmäßig Rechtsgeschäfte mit Verbrauchern iSd FAGG tätigt. Trotz der überwiegenden Tätigkeit als Dienstleisterin ist die antragstellende Gesellschaft auch von §15 Abs4 letzter Satz FAGG – über die Pflichten des Verbrauchers bei Rücktritt vom Kaufvertrag über Waren – aktuell betroffen, da sie zu Warenhandelsgeschäften gemäß §32 Abs1 Z10 GewO berechtigt ist und solche laut Antrag auch vornehme.

1.4. Der antragstellenden Gesellschaft steht auch kein anderer zumutbarer Weg zur Verfügung, ihre Bedenken an den Verfassungsgerichtshof heranzutragen.

1.4.1. Der bewusste Verstoß gegen eine strafbewehrte Bestimmung und die Provokation eines verwaltungsbehördlichen Strafverfahrens stellt nach ständiger Rechtsprechung (VfSlg 8396/1978, 14.585/1996, 19.719/2012) keinen zumutbaren Weg dar, um Bedenken an den Verfassungsgerichtshof heranzutragen. Verstöße gegen §4 Abs1 FAGG und §14 FAGG sind gemäß §19 Z1 bzw. §19 Z7 FAGG mit einer Verwaltungsstrafe von bis zu € 1.450,– zu belegen. Entgegen dem Vorbringen der Bundesregierung setzen sowohl §15 Abs4 letzter Satz als auch §16 Abs2 FAGG einen Verstoß gegen §4 Abs1 Z8 bzw. Z10 FAGG voraus, welcher zu einer Verwaltungsstrafe gemäß §19 Z1 FAGG führen kann.

1.4.2. §18 Abs1 Z1 FAGG ist für sich genommen zwar nicht verwaltungsstrafrechtlich sanktioniert. Es besteht allerdings kein zumutbarer Weg darin, durch die bewusste Unterlassung der Einholung eines Verlangens oder der Zustimmung, die Ausführung der Dienstleistung vor Ablauf der Rücktrittsfrist nach §11 FAGG zu beginnen, ein Zivilverfahren zu provozieren. Die Verletzung der Obliegenheit würde zum Entfall des Entgeltanspruches der antragstellenden Gesellschaft für eine ganz oder teilweise erbrachte Dienstleistung führen. Mit Rücksicht auf das Gewicht dieser Rechtsfolge im Verhältnis zur gewollten Wirkung ist es nicht zumutbar, deren Eintritt zu provozieren und die gerichtliche Entscheidung abzuwarten (VfSlg 17.574/2005). Die antragstellende Gesellschaft müsste bewusst gegen eine konsumentenschutzrechtliche Pflicht verstoßen. Ein solcher Verstoß ist aber selbst dann nicht zumutbar, wenn ein solches rechtlich verpöntes Verhalten keine Verwaltungsstrafsanktion zur Folge hat, das Zivilverfahren aber nur durch dieses Verhalten provoziert werden kann (VfSlg 12.379/1990, 13.659/1993 ua.).

1.4.3. In weiterer Folge droht der antragstellenden Gesellschaft – bei Verstoß gegen die verbraucherschutzrechtlichen Obliegenheiten – eine wettbewerbsrechtliche Klage durch einen Mitbewerber oder eine andere aktiv klagslegitimierte Partei gemäß §14 UWG. Die Provokation eines Wettbewerbsprozesses ist nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes aber unzumutbar (VfSlg 11.853/1988 ua.). Ein Zuwiderhandeln ist darüber hinaus auch auf Grund möglicher Verbandsklagen gemäß §§28a iVm 29 KSchG unzumutbar. Auch die erheblichen wirtschaftlichen Folgen durch den möglichen Verlust der gesamten Entgeltansprüche für die Dienstleistung, die die antragstellende Gesellschaft auf sich nehmen muss, um in einem Zivilverfahren gegen den Verbraucher vorzugehen, begründen die Unzumutbarkeit.

2. Der Antrag ist aber aus folgenden Gründen unzulässig:

2.1. Die Grenzen der Aufhebung einer auf ihre Verfassungsmäßigkeit hin zu prüfenden Gesetzesvorschrift sind, wie der Verfassungsgerichtshof sowohl für von Amts wegen als auch auf Antrag eingeleitete Gesetzesprüfungsverfahren (vgl. zB VfSlg 8155/1977, 8461/1978, 12.464/1990) schon wiederholt dargelegt hat, so zu ziehen, dass einerseits der verbleibende Gesetzesteil nicht einen völlig veränderten Inhalt bekommt und dass andererseits die mit der aufzuhebenden Gesetzesstelle untrennbar zusammenhängenden Bestimmungen auch erfasst werden.

2.2. Dieser Grundposition folgend hat der Verfassungsgerichtshof die Rechtsauffassung entwickelt, dass im Gesetzesprüfungsverfahren der Anfechtungsumfang der in Prüfung gezogenen Norm bei sonstiger Unzulässigkeit des Prüfungsantrags nicht zu eng gewählt werden darf (vgl. zB VfSlg 8155/1977, 12.235/1989, 13.915/1994, 14.131/1995, 14.498/1996, 14.890/1997). Die Antragsteller haben all jene Normen anzufechten, welche für die Beurteilung der allfälligen Verfassungswidrigkeit der Rechtslage eine untrennbare Einheit bilden. Es ist Sache des Verfassungsgerichtshofes, darüber zu befinden, auf welche Weise eine solche Verfassungswidrigkeit – sollte der Verfassungsgerichtshof die Auffassung des antragstellenden Gerichtes teilen – beseitigt werden kann (VfSlg 16.756/2002, 19.496/2011). Der Umfang einer zu prüfenden und allenfalls aufzuhebenden Bestimmung ist derart abzugrenzen, dass einerseits nicht mehr aus dem Rechtsbestand ausgeschieden wird, als zur Beseitigung der zulässigerweise geltend gemachten Rechtswidrigkeit erforderlich ist, dass aber andererseits der verbleibende Teil keine Veränderung seiner Bedeutung erfährt; da beide Ziele gleichzeitig niemals vollständig erreicht werden können, ist in jedem Einzelfall abzuwägen, ob und inwieweit diesem oder jenem Ziel der Vorrang vor dem anderen gebührt (vgl. VfSlg 19.496/2011 mwN).

2.3. Die antragstellende Gesellschaft beantragt u.a. die Aufhebung des §16 Abs2 FAGG und in §18 Abs1 Z1 FAGG die Wortfolge "– auf Grundlage eines ausdrücklichen Verlangens des Verbrauchers über dessen Kenntnis vom Verlust des Rücktrittsrechts bei vollständiger Vertragserfüllung – ".

2.4. Bei Dienstleistungsverträgen steht dem Unternehmer grundsätzlich der Anspruch auf ein verhältnismäßiges Entgelt zu (§16 Abs1 FAGG). Ein solches ist gemäß §16 Abs2 FAGG jedenfalls dann ausgeschlossen, wenn der Unternehmer seiner Informationspflicht nach §4 Abs1 Z8 FAGG und §4 Abs1 Z10 FAGG (Aufklärung über die anteilige Zahlungspflicht im Rücktrittsfall) nicht nachgekommen ist. Hat der Unternehmer seine Informationspflicht erfüllt, muss der Verbraucher für eine innerhalb der Rücktrittsfrist von 14 Tagen begonnene Dienstleistung nur dann ein verhältnismäßiges Entgelt zahlen, wenn der Verbraucher nach Aufforderung durch den Unternehmer den Beginn der Leistungserbringung vor Ablauf der Rücktrittsfrist – nach entsprechender Aufforderung durch den Unternehmer – ausdrücklich (gemäß §10 FAGG bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen auf einem dauerhaften Datenträger) verlangt hat. Das Rücktrittsrecht entfällt gänzlich (§18 Abs1 Z1 FAGG), wenn der Unternehmer auf Verlangen des Verbrauchers innerhalb der Frist von 14 Tagen seine Dienstleistung beginnt und beendet. In §16 Abs1 FAGG wird vorgeschrieben, dass der Verbraucher den Beginn der Vertragserfüllung ausdrücklich (§10 FAGG) zu verlangen hat. Der Verbraucher hat darüber hinaus seine Kenntnis vom Verlust des Rücktrittsrechts nach vollständiger Erfüllung zu bestätigen. Ist eine dieser Voraussetzungen des §18 Abs1 Z1 FAGG nicht erfüllt, so ist der Entfall des Rücktrittsrechts ausgeschlossen.

2.5. Vor dem Hintergrund der Bedenken der antragstellenden Gesellschaft und der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zum Anfechtungsumfang (siehe oben 2.2.) erweist sich der Antrag der antragstellenden Gesellschaft als unzulässig, weil der Umfang der angefochtenen Rechtsvorschriften zu eng gefasst ist.

2.5.1. Dadurch, dass die antragstellende Gesellschaft zwar §16 Abs2 FAGG und in §18 Abs1 Z1 FAGG die Wortfolge "– auf Grundlage eines ausdrücklichen Verlangens des Verbrauchers über dessen Kenntnis vom Verlust des Rücktrittsrechts bei vollständiger Vertragserfüllung – " angefochten hat, nicht aber (zumindest auch) die Bestimmungen des §16 Abs1 FAGG und §10 FAGG, die einen Entfall des Entgeltanspruches bereits dann vorsehen, wenn zwar die Aufklärungspflichten des §4 Abs1 Z8 und 10 FAGG erfüllt wurden, jedoch das ausdrückliche Verlangen auf vorzeitige Vertragserfüllung fehlt, hat die antragstellende Gesellschaft jedenfalls nicht alle Bestimmungen angefochten, die für die Zwecke der Beurteilung der allfälligen Verfassungswidrigkeit der Regelungen über die Rücktrittsfolgen bei Verträgen außerhalb der Geschäftsräume eine untrennbare Einheit bilden.

2.5.2. Ein untrennbarer Zusammenhang besteht ferner zwischen §16 Abs2 FAGG und §15 Abs4 FAGG. Zwar behandelt §15 Abs4 FAGG die Rücktrittsfolgen bei Warenverträgen im Unterschied zu §16 Abs2 FAGG, der die Rücktrittsfolgen bei Dienstleistungsverträgen regelt, doch besteht ein untrennbarer Zusammenhang insoweit, als sich die verfassungsrechtlichen Bedenken der antragstellenden Gesellschaft auf die überschießende zivilrechtliche Rechtsfolge insgesamt richten, die durch eine fehlerhafte bzw. fehlende Aufklärung auch dann entsteht, wenn – den Antragsbehauptungen zufolge wie im Fall der antragstellenden Gesellschaft – bei der Erfüllung von Dienstleistungsverträgen Waren mitverkauft werden (vgl. §32 Abs1 Z10 GewO). Der zu enge Anfechtungsumfang (siehe oben 2.5.1.) führt daher auch zur Unzulässigkeit des Antrages, soweit er sich gegen §15 Abs4 FAGG richtet.

2.5.3. Der Antrag erweist sich aber auch als unzulässig, soweit er sich gegen die im Antrag bezeichnete Wortfolge "oder seine Vertragserklärung" in §4 Abs1 FAGG richtet. Aus den im Antrag geäußerten Bedenken gegen diese Wortfolge wird deutlich, dass die antragstellende Gesellschaft die behauptete Verfassungswidrigkeit der angefochtenen Bestimmungen sowohl in der Anordnung des (aus ihrer Sicht zu frühen) Zeitpunkts der Informationspflicht als auch in den verschiedenen Rechtsfolgen des Unterbleibens einer rechtzeitigen Information des Verbrauchers in den übrigen angefochtenen Bestimmungen erblickt. Diese Rechtsfolgen treten dem Antragsvorbringen zufolge selbst dann ein, wenn der Unternehmer keine Möglichkeit hatte, den Verbraucher ordnungsgemäß aufzuklären, da eine Information nach Anbotstellung durch den Verbraucher außerhalb der Geschäftsräume auf Grund der Bindung an die Offerte, nicht mehr rechtzeitig erfolgen kann. Damit besteht auch zwischen §4 Abs1 FAGG und den übrigen angefochtenen Bestimmungen ein untrennbarer Zusammenhang.

2.6. Darüber hinaus hätte die antragstellende Gesellschaft nicht nur den ersten Satz, sondern den §14 Abs1 FAGG insgesamt anzufechten gehabt. Der angefochtene erste Satz des §14 Abs1 FAGG ist für das Verständnis des gesamten §14 FAGG insgesamt unentbehrlich. Der nach der Aufhebung verbleibende Rest dieser Bestimmung wäre als unverständlicher Torso inhaltsleer und unanwendbar (vgl. zB VfSlg 16.212/2001, 16.365/2012). Die Verpflichtung zur Rückzahlung an den Verbraucher durch den Unternehmer könnte aufgehoben werden, nicht jedoch die im zweiten Satz bestimmten Modalitäten der Rückzahlung. §14 Abs1 zweiter Satz steht daher mit §14 Abs1 erster Satz FAGG in untrennbarem Zusammenhang.

2.7. Im Hinblick auf diese Feststellungen erweist sich der Umfang der im Antrag der antragstellenden Gesellschaft angefochtenen Bestimmungen als zu eng gezogen. Er ist daher unzulässig. Bei diesem Ergebnis ist nicht zu untersuchen, ob angesichts der Bedenken der antragstellenden Gesellschaft auch weitere Bestimmungen anzufechten gewesen wären.

IV. Ergebnis

1. Der Antrag ist daher zurückzuweisen.

2. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

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