UFS RV/1874-W/12

UFSRV/1874-W/1221.5.2013

Verkehrsbeiträge zur Errichtung einer Autobahnanschlussstelle sind keine nicht steuerbaren Finanzierungsbeiträge

 

Beachte:
VwGH-Beschwerde zur Zl. 2013/13/0077 eingelangt (Amtsbeschwerde). Behandlung der Beschwerde mit Beschluss vom 28.6.2016 abgelehnt.

Entscheidungstext

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw., adresse, Vertreter, adresse1, vom 6. Dezember 2011 gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 2/20/21/22, vertreten durch amtspartei, vom 16. November 2011 betreffend Umsatzsteuer 2009 entschieden:

Der Berufung wird Folge gegeben.

Der Umsatzsteuerbescheid wird abgeändert.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der Abgabe sind dem Ende der folgenden Entscheidungsgründe dem als Beilage angeschlossenem Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil dieses Bescheidspruchs

Entscheidungsgründe

 

Die Berufungswerberin (Bw.) ist eine GmbH, die sich mit der Entwicklung von Liegenschaftsprojekten befasst und im vorliegenden Fall in O. im Bereich der Wirtschaftszone Grundstücke zur Errichtung eines weiteren W -Centers gekauft hat. Für den Großteil der entstehenden Verkaufslokale wären bereits Mietverträge abgeschlossen worden. Die Bw. beantragte in der Umsatzsteuererklärung 2009 anlässlich des Erwerbs der Grundstücke unter anderem Vorsteuern in Höhe von € 66.000,00 aus Rechnungen der AGesellschaft (in der Folge: XGmbH), in denen an die Bw. Verkehrsbeiträge umsatzsteuerpflichtig fakturiert worden waren. Diese Beiträge stünden im Zusammenhang mit der Errichtung der Autobahnanschlussstelle yyyy und würden zur Abdeckung der von der XGmbH zu tragenden Herstellungskosten und Erhaltungskosten für die Kreisverkehre und die einmündenden Straßen verwendet werden sowie der Abdeckung der Anschaffungskosten für den Ankauf der Grundstücke, auf denen die Kreisverkehre, die einmündenden Straßen und die Autobahnbrücke liegen, dienen. Gesellschafter der XGmbH sind die Gemeinde O. und die Gemeinde N.

Das verfahrensgegenständliche Gesamtprojekt bestehe aus folgenden zwei Teilprojekten:

1. yyyyy:

Hersteller und Erhalter dieses Projektes sei die ABC. Nach Fertigstellung des Projektes und nach erfolgter Endvermessung habe die XGmbH die entsprechenden Grundstücke von den Eigentümern erworben und an die Bundesstraßenverwaltung unentgeltlich abtreten.

2. Zwei Kreisverkehre beiderseits der y und eine Verbindungsbrücke über die y:

Ersteller und Erhalter sei die XGmbH gewesen. Nach Fertigstellung des Projektes und nach erfolgter Endvermessung habe die XGmbH die entsprechenden Grundstücke erworben und in ihrem Eigentum behalten. Die XGmbH habe die betroffenen Grundstücke ohne Vorverträge angeschafft, und 70 % des voraussichtlichen Kaufpreises an die vormaligen Eigentümer bezahlt.

Die Verbindungsbrücke über die Autobahn y werde auf Kosten der XGmbH hergestellt und gehe ins Eigentum der Bundesstraßenverwaltung über. Die ABC werde für die Erhaltung der Brückenteile zuständig sein. Aufgrund einer Vereinbarung zwischen der Bundesstraßenverwaltung und der XGmbH falle die Erhaltung dieser Brückenteile (Belag, Geländer, Sichtschutz) in den Bereich der XGmbH. Die Erhaltung der Kreisverkehre und der sonstigen im Eigentum der XGmbH befindlichen Straßen obliege ebenfalls der GmbH.

Mit Bescheid vom 19.9.2008 habe das Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie die Bewilligung zur Durchführung der oben genannten Teilprojekte erteilt.

Zweck dieses Gesamtprojektes:

Bei der derzeitigen in der Nähe der Wirtschaftszone O. /N S vorhandenen Autobahnauf- und abfahrt N S handle es sich um einen Anschluss an die Bundesstraße xy, die westlich von der Wirtschaftszone O./N S verlaufe. Aufgrund des hohen Verkehrsaufkommens auf der y sowie auf den Bundesstraßen in diesem Bereich würden von den zuständigen Behörden nur mehr Betriebsansiedlungsprojekte genehmigt werden, wenn die bestehende Autobahnanschlussstelle und das dortige Teilstück der xy durch die Errichtung der neuen Anschlussstelle N S /G verkehrsmäßig entlastet werden würden.

Die XGmbH finanziere die Anschaffungskosten der Grundstücke bzw. die Herstellungskosten des Straßenstückes mit den beiden Kreisverkehren und der Brücke durch Fremdmittel und durch Verkehrsbeiträge. Letztere wären an die in der Wirtschaftszone O. /N S bereits angesiedelten Unternehmen verrechnet worden bzw. würden künftigen anzusiedelnden Unternehmen verrechnet werden. Auf diese Weise sollten auch die Erhaltungskosten des Straßenstückes und zusätzlich die Darlehensrückzahlungen finanziert werden. Zuschüsse vom Land oder von Gemeinden wären nicht geplant gewesen. Der Verkehrsbeitrag sollte nur einmal vorgeschrieben werden. Den Käufern von Grundstücken im Bereich der Wirtschaftszone O. /N S wären von Anbeginn die erwähnten Verkehrsbeiträge vertraglich in Höhe von € 15,00 pro m² erworbener Fläche mit 20 % USt vorgeschrieben worden.

Mit den Verkehrsbeiträgen würden die Herstellungskosten für die Kreisverkehre, die einmündenden Straßen und die Anschaffungskosten für den Ankauf der Grundstücke, auf denen die Kreisverkehre, die einmündenden Straßen und die Autobahnbrücken liegen, bezahlt werden. Weiter würden damit die Erhaltungskosten bezüglich der Kreisverkehre, der einmündenden Straßen und der Autobahnbrücke abdeckt werden.

Zur umsatzsteuerpflichtigen Verrechnung der Verkehrsbeiträge vertrat die Abgabenbehörde erster Instanz im angefochtenen Umsatzsteuerbescheid 2009 die Ansicht, dass diese Finanzierungsbeiträge nicht auf Basis eines umsatzsteuerrechtlich relevanten Leistungsaustausches zwischen der XGmbH und der Bw. geleistet worden wären und demnach nicht umsatzsteuerbar seien. Gem. § 12 UStG 1994, könne der Unternehmer Vorsteuerbeträge abziehen, wenn die von anderen Unternehmern in einer Rechnung nach § 11 an ihn gesondert ausgewiesene Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen, die im Inland für sein Unternehmen ausgeführt worden seien. Für das Unternehmen ausgeführt gelte eine Leistung, wenn das leistungsempfangende Unternehmen aus dem der Leistung zugrundeliegenden schuldrechtlichen Vertragsverhältnis berechtigt oder verpflichtet sei. In der Regel gelte daher der Auftraggeber der Leistung als Leistungsempfänger. Der Unternehmer könne daher Vorsteuerbeträge nur abziehen, wenn die zugrundeliegende Leistung für sein Unternehmen ausgeführt worden sei. Leistungsempfänger sei bei vertraglich geschuldeten Leistungen grundsätzlich wer sich zivilrechtlich die Leistung ausbedungen habe, somit wer aus dem zivilrechtlichen Verpflichtungsgeschäft berechtigt und verpflichtet sei. Nicht maßgebend sei, wem gegenüber die Leistung tatsächlich erbracht worden sei oder wer wirtschaftlich mit der Zahlung des Entgeltes belastet sei. Mit dem Verkehrsbeitrag werde nach Ansicht des Finanzamtes keine Berechtigung eingekauft, die Straßen, auf die sich der geleistete Beitrag beziehe, zu benutzen. Dies deshalb, da es sich um öffentliche Straßen handeln würde bzw. um Privatstraßen mit öffentlichem Verkehr. Es werde daher nicht das Recht erworben, diese Straße zu benützen, da sie sowieso öffentlich nutzbar sei.

Es handle sich daher nicht um einen Erwerb eines Wirtschaftsgutes oder um eine sonstige Leistung für das gegenständliche Unternehmen der Bw., weshalb kein Vorsteuerabzug zustünde.

Die steuerliche Vertretung der Bw. erhob gegen den Umsatzsteuerbescheid 2009 Berufung und führte darin aus, dass den in Frage stehenden Verkehrsbeträgen sehr wohl ein Leistungsaustausch zugrunde gelegen wäre. Nach UStR Rz. 1 setze ein Leistungsaustausch Leistung und Gegenleistung, das Vorliegen von zwei Beteiligten und die innere Verknüpfung zwischen Leistung und Gegenleistung voraus. Die Rz. 27 UStR konkretisiert zur Frage des Leistungsaustausches bei öffentlichen Subventionen, dass die Grenzen zur Leistung dort überschritten würden, wo der Subventionsgeber seine Leistung an Bedingungen knüpfe, deren Erfüllung ihm selbst oder einem Dritten einen speziellen Nutzen verschaffen würde. Dies treffe auch dann zu, wenn Beiträge im öffentlichen Interesse gegeben werden und der Empfänger der Subvention diese Bedingungen auch erfülle. Im konkreten Fall liege die Leistung in der verkehrstechnischen Erschließung des Betriebsgebietes und die Verkehrsbeiträge wären deshalb bezahlt worden, da die Leistungen der XGmbH eine höhere Verkehrs- und damit Kundenfrequenz bezüglich der Betriebs- bzw. Handelsflächen ermöglichen würden. Dementsprechend seien die Voraussetzungen eines Leistungsaustausches eindeutig erfüllt und die Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug gegeben.

Über die Berufung wurde erwogen:

Der Unabhängige Finanzsenat geht auf Basis der Aktenlage von folgendem erwiesenen Sachverhalt aus:

Die Bw. siedelte sich als Unternehmen im Bereich der Wirtschaftszone O./N S an, kaufte Grundstücke an und errichtete zu einem bestehenden W Center ein weiteres, deren Geschäftsräumlichkeiten sie vermietet. Es bestehen bereits diesbezügliche Mietverträge. Im Zuge der Verwirklichung des konkreten Betriebsansiedlungsprojektes musste die Bw. an die XGmbH, die nachstehende verkehrsverbessernde Maßnahmen vornahm, Verkehrsbeiträge bezahlen. Die Entrichtung dieser Beiträge an die XGmbH war für die Bw. auf Grund von Vereinbarungen zwingend, da sie auch Nutznießerin der errichteten Autobahnanschlussstelle gewesen ist und solcherart an der Abdeckung der Herstellungskosten und Erhaltungskosten für die Kreisverkehre, die einmündenden Straßen sowie die Autobahnbrücke und an der Finanzierung der Anschaffungskosten für den Ankauf der dafür erforderlichen Grundstücke beigetragen musste. Feststeht auch, dass im genannten Wirtschaftsbereich die Behörden die Genehmigung der in Rede stehenden Betriebsansiedlungsprojekte von der neuen Anschlussstelle "yyyyyy" abhängig machten, damit eine verkehrsmäßige Entlastung erreicht wurde. Unbestritten ist außerdem, dass die Errichtung der neuen Anschlussstelle zu einer höheren Verkehrs- und damit auch Kundenfrequenz führte und letztlich für die Bw. eine Wertsteigerung der von ihr erbauten Geschäftsflächen bedeutete.

Vor diesem Hintergrund ist die Umsatzsteuerbarkeit der zu entrichteten Verkehrsbeiträge und der Vorsteuerabzug bei der Bw. zu beurteilen.

Umsatzsteuerbar sind Lieferungen und sonstige Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt (§ 1 Abs 1 Z 1 UStG 1994).

Gem. § 12 Abs 1 Z 1 UStG 1994 kann ein Unternehmer als Vorsteuer die von anderen Unternehmern in einer Rechnung (§11) an ihn gesondert ausgewiesene Steuer für Lieferungen oder sonstige Leistungen abziehen, die im Inland für sein Unternehmen ausgeführt worden sind.

Für das Unternehmen ausgeführt gilt eine Leistung, wenn das leistungsempfangende Unternehmen aus dem der Leistung zu Grunde liegenden schuldrechtlichen Vertragsverhältnis berechtigt oder verpflichtet ist. Nur der Empfänger der Leistung ist zum Vorsteuerabzug berechtigt (vgl. UFS 1.3.2011, RV/801-G/10, Ruppe/Achatz, UStG4, §12 Tz 72).

Gem. § 2 Abs. 1 UStG 1994 ist Unternehmer, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausübt. Gewerblich oder beruflich ist jede nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen, auch wenn die Absicht, Gewinn zu erzielen, fehlt.

Die Bw. ist Leistungsempfängerin und zum Vorsteuerabzug berechtigt, da die Entrichtung eines Verkehrsbeitrages im Zuge des Erwerbs der Liegenschaft und der damit einhergehenden Vermietung von Geschäftsflächen vereinbarungsgemäß zwingend festgelegt wurde. Dadurch steht zweifelsfrei fest, dass die Bw. vertraglich berechtigt und verpflichtet war.

Demgegenüber stand die Leistung der XGmbH, die im eigenen Namen Grundstücke für das Projekt der Autobahnanschlussstelle erwarb und danach soweit Kreisverkehre und in ihrem Eigentum befindliche Straßen errichtet wurden, den Grundbesitzern und damit auch der Bw. im Gewerbegebiet verkehrstechnisch günstig gelegene Anfahrtsmöglichkeiten auf ihr Betriebsgelände ermöglichte. Damit hat die XGmbH der Bw. gegenüber ein wirtschaftlich relevantes Verhalten erbracht, wofür sie Verkehrsbeiträge verrechnete.

Im Hinblick auf die Erweiterung der Wirtschaftszone rechnet die XGmbH auch weiterhin vereinbarungsgemäß mit der Bezahlung von Verkehrsbeiträgen, sie wird demnach auch nachhaltig zur Erzielung von Einnahmen tätig und ist insoweit jedenfalls im Sinne des § 2 UStG 1994 Unternehmer (vgl UFS 16.4.2013, RV/2783-W/11).

Die für einen Leistungsaustausch notwendige innere Verknüpfung zwischen Leistung und Gegenleistung ist demnach eindeutig gegeben, zumal mit der Entrichtung von Verkehrsbeiträgen jene Kosten finanziert wurden, die auf die Anschaffung von den im Eigentum der XGmbH verbleibenden Straßen und Kreisverkehren sowie auf die Erhaltung der Autobahnbrückenteile entfielen, deren Benützung letztlich für das Unternehmen der Bw. einen verbrauchsfähigen Nutzen darstellt.

Dem Einwand des Finanzamtes, es werde mit dem Verkehrsbeitrag keine Berechtigung eingekauft, die neu errichteten Straßen, auf die sich der Verkehrsbeitrag bezogen habe, zu benutzen, weil sie ohnehin öffentlich wären, ist entgegenzuhalten: Die für jedermann mögliche Nutzung der besagten Straßen ändert nichts an dem oben dargestellten Leistungsaustausch zwischen der XGmbH und der Bw.. Die XGmbH hat im Außenverhältnis ihre Leistung, die entgeltliche Zurverfügungstellung der Verkehrsinfrastruktur an die Bw. im eigenen Namen erbracht. Die Bw. war an der Zurverfügungstellung der neuen Zufahrtswege gerade deswegen interessiert, weil sie diese ihren Kunden, Lieferanten etc zur Nutzung überlässt. Mit der Zahlung der Verkehrsbeiträge erfüllte die Bw. die vereinbarungsgemäß eingegangene Verpflichtung, sich an der Finanzierung der Ausgaben für die neuen Zufahrtswege zu beteiligen und erhielt damit als Leistungsempfängerin den oben beschriebenen verbrauchsfähigen Nutzen. Der Verkehrsbeitrag war aus diesem Grund kein nicht steuerbarer Finanzierungsbeitrag.

Für die XGmbH ist umsatzsteuerrechtlich maßgebend, dass sie bei der Errichtung der in ihrem Eigentum stehenden Straßen, selbst wenn sie dabei hoheitliche Aufgaben übernommen haben sollte, im Außenverhältnis im eigenen Namen aufgetreten ist. Dies bedeutet, dass sie unternehmerisch tätig geworden ist und außerdem, dass nicht automatisch die öffentliche Hand Leistungsempfänger war, zumal keine diesbezüglichen vertraglichen Verpflichtungen den Akten zu entnehmen waren (vgl. Ruppe/Achatz, UStG4, § 1 Tz 268).

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

Beilage: 1 Berechnungsblatt

Wien, am 21. Mai 2013

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht

betroffene Normen:

§ 12 Abs. 1 Z 1 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994
§ 2 Abs. 2 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994
§ 1 Abs. 1 Z 1 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994

Verweise:

UFS 17.04.2013, RV/0355-W/12
UFS 16.04.2013, RV/2783-W/11

Stichworte