UFS RV/0471-F/10

UFSRV/0471-F/1015.3.2013

"Verlegung" des Betriebes eines Unternehmensberaters ins Ausland

 

Entscheidungstext

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufungen des Bw, vertreten durch WT, vom

1.) 29. Juli 2008,

2.) 30. Juni 2010 und

3.) 3. April 2011

gegen die Bescheide des Finanzamtes Bregenz vom

1.) 1. Juli 2008 betreffend Einkommensteuer und Anspruchszinsen für 2006,

2.) 31. Mai 2010 betreffend Einkommensteuer und Anspruchszinsen für 2005, 2007 und 2008, Umsatzsteuer 2005, 2006 und 2007 sowie Einkommensteuervorauszahlungen für 2010 und

3.) 3. März 2011 betreffend Einkommensteuer 2009

entschieden:

Die Berufung gegen den Einkommensteuerbescheid 2006 wird als unbegründet abgewiesen. Der angefochtene Bescheid wird im Umfang der Berufungsvorentscheidung vom 31.5.2010 zu Ungunsten des Berufungswerbers abgeändert.

Alle weiteren Berufungen werden unter Bestätigung der Erstbescheide als unbegründet abgewiesen.

Entscheidungsgründe

Der Berufungswerber, nachfolgend Bw abgekürzt, hat im März 1987 die Befähigungsprüfung im gebundenen Gewerbe der Betriebsberater einschließlich der Betriebsorganisation abgelegt (Schreiben der HK V vom 28.11.1990). Dies war die Voraussetzung für den Erwerb des entsprechenden Gewerbescheines. Am 27.12.1990 meldete er das Gewerbe am Standort STOA1, an. Mit Schreiben der zuständigen Bezirkshauptmannschaft vom 6.3.1991 wurde dem Bw mitgeteilt, dass ein entsprechender Gewerbeschein ausgestellt worden ist, wobei Standort des Gewerbes und Wohnort des Gewerbeinhabers ident sind. Der Bw erklärte in den folgenden Jahren bis einschließlich des Jahres 2004 in Österreich steuerpflichtige Einkünfte und Umsätze als selbständig tätiger Unternehmensberater, wobei ab 1996 als weiterer Standort STOA2, hinzugekommen ist.

Mit Schreiben vom 30.6.2005 teilte der Bw dem FA mit, dass er mit heutigem Tage seinen Betrieb aufgebe. Aus einem an die zuständige Bezirkshauptmannschaft gerichteten Schreiben gleichen Datums geht hervor, dass der Bw seinen Betrieb nicht eingestellt hat, sondern dass er lediglich den Betrieb am Standort STOA1, aufgegeben haben will. Im Schreiben vom 19.8.2005 bestätigte die HK V dem Bw, mit Nachricht vom 19.8.2005 das Ruhen der Gewerbeberechtigung (am Standort STOA1) bekannt gegeben zu haben. Mit Schreiben vom 31.10.2005 teilte der Bw dem Finanzamt mit, dass er ab der Löschung seines Gewerbes in Österreich keine steuerpflichtigen Einkünfte mehr erzielt habe.

Strittig ist im Wesentlichen, ob dieses Vorbringen, sachverhaltsmäßig und was die rechtliche Beurteilung anlangt zutrifft.

Verfahrensgang:

Zu 1.) Mit der Berufung vom 29.7.2008 wandte sich der Bw gegen die im Spruch dieser Entscheidung unter Punkt 1.) angeführten Bescheide vom 1.7.2008 betreffend Einkommensteuer und Anspruchszinsen für 2006. Der angefochtene Einkommensteuerbescheid erging als neuer Sachbescheid, nachdem das Finanzamt den erklärungskonform ergangenen Erstbescheid gem. § 299 BAO unter Hinweis auf höchstgerichtliche Rechtsprechung (VwGH 19.3.2008, 2005/115/0076) mit der Begründung aufgehoben hat, hinsichtlich der Beratung inländischer Unternehmen stehe Österreich das Besteuerungsrecht zu. Über die dagegen gerichtete Berufung entschied das Finanzamt mit verbösernder Berufungsvorentscheidung unter Hinweis auf die Ergebnisse einer zwischenzeitlich durchgeführten Außenprüfung.

Zu 2.) Mit der Berufung vom 30.6.2010 wandte sich der Bw gegen die im Spruch unter Punkt 2.) angeführten Bescheide. Die angefochtenen Abgabenbescheide für 2005 und 2006 ergingen im nach § 303 Abs. 4 BAO wiederaufgenommenen Verfahren unter Hinweis auf die Feststellungen der abgabenbehördlichen Prüfung und den darüber erstellten Prüfungsbericht. Die angefochtenen Abgabenbescheide für 2007 und 2008 ergingen als Erstbescheide, jedoch ebenfalls unter Hinweis auf die Ergebnisse der durchgeführten abgabenbehördlichen Prüfung.

Zu 3.) Mit der Berufung vom 3.4.2011 wandte sich der Bw gegen den im Spruch unter Punkt 3.) angeführten Bescheid. Der angefochtene Bescheid erging, nachdem der Bw ohne Erfolg zur Abgabe einer Steuererklärung aufgefordert worden ist, angelehnt an den Bescheid betreffend Einkommensteuer für 2008.

Sinngemäß brachte der Bw in seinen Rechtsmittelschriftsätzen im Wesentlichen Folgendes vor, wobei Wiederholungen vermieden werden:

Aus dem Erkenntnis des VwGH vom 19.3.2008, 2005/15/0076, auf das sich das Finanzamt stütze, könne kein Besteuerungsrecht Österreichs hinsichtlich seiner strittigen Einkünfte abgeleitet werden. Denn zum einen habe er seine inländischen Kunden überhaupt nicht und schon gar nicht vor österreichischen Behörden vertreten. Und zum anderen habe er seine österreichischen Klienten - abgesehen von sporadischen, für seine Tätigkeit unbedeutenden Besuchen zur Lagebesprechung und Präsentation von Arbeitsergebnissen - nicht von Österreich aus, sondern ausschließlich von CH2 aus, wo er über ein voll ausgestattetes Büro verfüge, betreut. In Österreich habe er weder über ein Büro noch über sonstige Infrastruktur verfügt. Ungeachtet des Umstandes, dass das DBA-Schweiz kein Betriebstätten-Attraktionsprinzip kenne, bleibe für ein Besteuerungsrecht Österreichs kein Raum (Berufung vom 29.7.2008).

Die allgemein gehaltenen behördlichen Ausführungen zu seinem Berufsbild in der Berufungsvorentscheidung vom 28.5.2010 deckten sich nicht mit der allein maßgeblichen, von ihm konkret ausgeübten beruflichen Tätigkeit. Er verbringe 90% seiner Arbeitszeit in CH2 . Dort entwickle er Strategien, erstelle er Gutachten, führe er Soll-Ist-Vergleiche durch, korrespondiere er mit Steuerberatern, Rechtsanwälten, Banken. Der gegenständlich maßgebliche Sachverhalt sei mit demjenigen, der dem vom Finanzamt zitierten VwGH-Erkenntnis zugrunde liege, nicht vergleichbar. In seinem Fall könnten anders als bei einem österreichischen Steuerberater, der österreichische Kunden vor österreichischen Behörden vertrete, keine Tätigkeiten ausgemacht werden, die nicht der ausländischen Betriebstätte zugerechnet werden könnten. Für die Zurechnung komme es entscheidend auf wirtschaftliche Kriterien an. Dem Umstand, dass fallweise mit einem Anteil von 10% Besprechungen im Inland abgehalten würden, rechtfertige es nicht, Einkünfte Österreich zuzurechnen. Vielmehr sei er zum 31.10.2006, also mit der Verlegung des Betriebes in die Schweiz, aus der österreichischen Besteuerungshoheit ausgeschieden (Vorlageantrag vom 30.6.2010).

Die Berufung richte sich, was die Einkommensteuer 2005 anlange, gegen die Hinzurechnung von Umsätzen gem. Punkt 1. des BP-Berichtes. Es sei unwahrscheinlich, dass die verschiedenen Buchhalter Erlöse nicht erfasst haben sollen. Ferner bekämpfe er die Besteuerung der liechtensteinischen Einkünfte. Für die Zeit vom 1.7.2005 bis 31.12.2005 stehe Österreich gem. der Verordnung BGBl II Nr. 437/2005 kein Besteuerungsrecht zu. Der Normgehalt der Verordnung liege darin, dass die Einkünfte von österreichischen Unternehmensberatern mit Sitz in Liechtenstein bis einschließlich der Veranlagung 2005 nicht in Österreich steuerpflichtig seien. Was die folgenden Streitjahre betreffe, vermöge der Hinweis auf das Erkenntnis des VwGH vom 19.3.2008, 2005/15/0076, nicht zu überzeugen. Der maßgebliche Sachverhalt sei im Hinblick auf die unterschiedliche Wichtigkeit der Back-office-Tätigkeit einerseits und der Besprechungen im Unternehmen der Mandanten andererseits nicht vergleichbar. Es bestehe daher kein Besteuerungsrecht Österreichs an den von ihm als Unternehmensberater mit Sitz in CH2 erzielten Einkünften (Berufung vom 30.6.2010).

Mit Vorhalt vom 8.11.2012 ersuchte die Berufungsbehörde den Bw um Übersendung der vollständigen, über die gesamten Streitjahre geführten Akten von drei großen Dauerkunden sowie um Bekanntgabe aller Werbemaßnahmen der Streitjahre. Ergänzend wurde der Bw darauf hingewiesen, dass es ihm unbenommen bleibe, das Zutreffen seines Berufungsvorbringens auf andere Art darzutun.

In der Vorhaltsbeantwortung vom 14.12.2012 zog der Bw seine Anträge auf Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung vor dem gesamten Senat zurück. Bezugnehmend auf den Vorhalt vom 14.12.2012 teilte er mit: Mit dem Autohaus X und der Bäckerei Y bestehe lediglich eine E-Mail-Korrespondenz. Leider hätten die Kunden einer Offenlegung der Korrespondenz nicht zugestimmt. In weiterer Folge gab die steuerliche Vertretung die persönlichen Ausführungen ihres berufungsführenden Klienten wieder, mit denen er auf nahezu eineinhalb Seiten seine grundsätzliche Arbeitsweise schildert. Erläuternd zu den persönlichen Ausführungen des Bw merkte die steuerliche Vertretung an, dass die Besprechungen der Auswertungen fast immer in den Räumlichkeiten der Kunden stattfänden, dass der Bw aber angegeben habe, 90% der Arbeitszeit in der Schweiz zu verbringen. Der Vorhaltsbeantwortung angeschlossen übermittelte der Bw ein vom 23.5.2006 datierendes Angebot mit folgendem Betreff: 'Anwendung von " ERFOLG NACH PLAN " und laufende Beratung in Ihrem Betrieb'(Fettdruck durch Referent) und dem wie nachstehend beschriebenen Leistungsumfang: "1. Die gründliche Untersuchung und Analyse der Ist-Situation; 2. Die Planung und Budgetierung des zukünftigen Geschäftsganges in Abstimmung mit Ihnen; 3. Die monatliche Übernahme und Einarbeitung der IST-Daten laut übermittelten Saldenlisten für die Abweichungsanalyse und Liquidationskontrolle; 4. Die Einrichtung und Anpassung von " ERFOLG NACH PLAN " an Ihre betriebliche Struktur bzw G+V-Gliederung; 5. Einmal monatlich eine ausführliche Besprechung zur Lage des Unternehmens mit den Schwerpunkten Geschäftsgang, Auftragslage, finanzielle Situation, Ergebnislage, Soll- Ist-Vergleich mit Abweichungsanalyse." Das Angebot mit liechtensteinischem Briefkopf datiert vom 23.5.2006 und enthält abschließend folgende allgemeine Geschäftsbedingung: "Sofern in dieser Vereinbarung nicht abweichende Regelungen getroffen wurden, gelten die 'Honorarrichtlinien für Unternehmensberater' herausgegeben vom Fachverband Unternehmensberatung und Datenverarbeitung der Bundeswirtschaftskammer, Sektion Gewerbe."

Mit Auskunftsersuchen vom 21.12.2012 wandte sich die Berufungsbehörde an einen Dauerkunden des Bw mit dem Ersuchen um Auskunft, wie und wo er mit dem Bw geschäftlichen Umgang gepflogen habe. Der Dauerkunde wurde gebeten, dabei besonderes Augenmerk auf allfällige Veränderungen zu legen und seine Angaben mit entsprechenden Unterlagen (Korrespondenz, E-Mails, Verträge, Abrechnungen, Gutachten, Protokolle usw) zu belegen

Mit Schreiben vom 6.2.2013 beantwortete der Dauerkunde die ihm gestellten Fragen wie folgt: Der Bw sei seit 2005 sein Unternehmensberater. Die Beratertätigkeit sei auf Basis des übermittelten Beratervertrages ausgeübt worden. Der Bw erstelle unter Verwendung von Datenmaterial aus der Buchhaltung monatlich Soll-Ist-Vergleiche, welche auch immer besprochen worden seien. Der Bw gebe ihm im Rahmen der Besprechungen wertvolle Tipps, wie auf Planabweichungen zu reagieren sei und welche umsatzsteigernden Maßnahmen ergriffen werden könnten. Die Besprechungen fänden über Telefon oder bei ihm im Hause statt. Seit der Verlegung des Büros in die Schweiz hätten die Besuche deutlich abgenommen. Er sei noch nie im Büro des Bw in der Schweiz gewesen, bis dato aber auch noch nie in seinem Büro in Österreich, welches er vor der Sitzverlegung ins Ausland in Bregenz gehabt habe. Dies wäre für ihn aber auch nicht sinnvoll gewesen, da der Bw von ihm ein monatliches Pauschalhonorar erhalte und er (der Bw) somit die An- und Abreisezeit nicht bezahlen müsse. Andere als die übermittelten Unterlagen (Honorarnote vom 1.1.2005, Angebot vom 1.7.2005, Angebot vom 1.10.2006, Jahresplanung 2005 und 2009), insbesondere Gutachten, Protokolle u.ä. existierten nicht.

Über die Berufung wurde erwogen:

"Liechtensteinische" Einkünfte:

Der Bw hat seine Einkünfte als Unternehmensberater idR als selbständige Einkünfte im Sinne von § 22 EStG 1988 erklärt. Das Finanzamt ist dieser Beurteilung grundsätzlich gefolgt. Die Berufungsbehörde vermag im Hinblick auf den Gesetzeswortlaut und die eingangs getroffenen Feststellungen einerseits und die übereinstimmende Beurteilung durch die beiden Parteien des Berufungsverfahrens andererseits keinen Grund für eine davon abweichende (innerstaatliche) Beurteilung zu erblicken.

Im Hinblick auf die klare und eindeutige Rechtsprechung zur maßgeblichen abkommensrechtlichen Verteilungsnorm (VwGH 21.5.1997, 96/14/0084; VwGH 28.11.2007, 2006/14/0057; UFS 28.5.2009, RV/0289-F/07; UFS 29.4.2008, RV/0242-F/04; SWI 1/2002, 7) kann dahin gestellt bleiben, ob der Bw tatsächlich - wie behauptet - seinen Betrieb nach Liechtenstein verlegt hat und ob seinem liechtensteinischen Büro die Einkünfte als Unternehmensberater erklärungsgemäß zuzurechnen sind. Denn selbst wenn dem diesbezüglichen Vorbringen des Bw zu folgen wäre, was bereits insoferne zweifelhaft erscheint, als der Bw zum einen (auf Anraten seines steuerlichen Vertreters) nur vorgetäuscht haben dürfte, dass seine Gattin im liechtensteinischen Büro administrative Tätigkeiten verrichtet hat (BP 71), und dass ihm zum anderen entgegen seinem Vorbringen jedenfalls auch in Österreich Büroraum weiterhin zur Verfügung gestanden ist, änderte dies nichts an der österreichischen Steuerpflicht. Denn nach der zitierten Rechtsprechung ist auf Einkünfte als Unternehmensberater zufolge der gebotenen statischen Abkommensauslegung die Zuteilungsnorm des Art. 7 DBA-Liechtenstein mit der sich daran anknüpfenden Anrechnungsmethode zur Vermeidung der Doppelbesteuerung anzuwenden. Da der Bw aber keinerlei Einkünfte aus der Tätigkeit als Unternehmensberater in Liechtenstein versteuert hat (BP 209), kann auch keine ausländische Steuer gemäß Art. 23 Abs. 2 DBA angerechnet werden. Aus dem zitierten jüngeren höchstgerichtlichen Erkenntnis ergibt sich im Übrigen auch, dass die Verordnung BGBl II Nr. 437/2005 nur klarstellende Bedeutung hat. Jedenfalls vermag der in ihr festgelegte Wirksamkeitsbeginn nicht zu bewirken, dass die auch schon zuvor geltende Zuteilungsnorm für 2005 nicht anzuwenden wäre. Im Hinblick auf die obigen Ausführungen erübrigte es sich auch die Klärung der Frage, ob und inwieweit der Bw für österreichische Kunden (zB öKunde3) in Liechtenstein (zB durch Erstellung eines Gutachtens, BP 791 - 803) tätig geworden ist.

Im Übrigen wird auf die ausführlichen und zutreffenden Ausführungen in der Beilage2 (Pkt. 17) des BP-Berichtes verwiesen.

"Schweizer" Einkünfte

Die maßgebliche Rechtsgrundlage des Art. 7 Abs. 1 DBA-Schweiz lautet wie folgt (wobei auch eine Subsumption der strittigen Einkünfte unter die im gegebenen Zusammenhang inhaltsgleiche Zuteilungsnorm von Art. 14 DBA-Schweiz zu keinem anderen Ergebnis führen würde):

"Gewinne eines Unternehmens eines Vertragstaates dürfen nur in diesem Staat besteuert werden, es sei denn, dass das Unternehmen seine Tätigkeit im anderen Vertragstaat durch eine dort gelegene Betriebstätte ausübt. Übt das Unternehmen seine Tätigkeit in dieser Weise aus, so dürfen die Gewinne des Unternehmens in dem anderen Staat besteuert werden, jedoch nur insoweit, als sie dieser Betriebstätte zugerechnet werden können."

Das Finanzamt hat die vom Bw der Schweizer Betriebstätte zugeordneten Einkünfte lediglich im geschätzten Ausmaß von 10% als nicht der österreichischen Einkommensteuer unterliegend angesehen und sich dabei auf das Erkenntnis des VwGH vom19.3.2008, 2005/15/0076, berufen. Dem hielt der Bw entgegen, mit dem zitierten Erkenntnis habe das Höchstgericht die angefochtene Berufungsentscheidung aufgehoben und der belangten Behörde aufgetragen zu untersuchen, von wo aus der Beschwerdeführer seine in Österreich ansässigen Klienten betreut habe und wo der im Auftrag der Klienten abzuwickelnde Kontakt mit den österreichischen Behörden stattfinde. Tatsächlich enthalte das zitierte Judikat zur strittigen Frage in Bezug auf einen Wirtschaftstreuhänder wörtlich folgende Aussage:

"Die belangte Behörde ist, ohne auf Sachverhaltsebene zu prüfen, ob die Voraussetzungen dieser Bestimmung vorliegen, davon ausgegangen, dass der Beschwerdeführer eine "feste Einrichtung" i. S.d. Abkommensbestimmung tatsächlich unterhält und dass der Gewinn des Beschwerdeführers zur Gänze einer solchen festen Einrichtung in Liechtenstein zuzurechnen ist. Die belangte Behörde hat sich nur mit der Feststellung begnügt, dass der Beschwerdeführer seine Kanzlei nach Liechtenstein verlegt hat. Sie hat sich jedoch in Verkennung der Rechtslage nicht damit auseinander gesetzt, ob und von wo aus der Beschwerdeführer seine in Österreich ansässigen Klienten betreut, wo der im Auftrag der Klienten abzuwickelnde Kontakt mit den österreichischen Behörden stattfindet. Ohne Feststellungen über die Tätigkeit des Beschwerdeführers in dieser Hinsicht ist die Zurechnung des Gewinnes oder eines Teiles davon einer in Liechtenstein gelegenen festen Einrichtung nicht möglich. Ebenso wird aber die Beurteilung hintangehalten, ob der Firmenwert (Kundenstock) von Österreich zur gegebenenfalls bestehenden festen Einrichtung in Liechtenstein 'verlegt' worden ist. Der Sachverhalt ist daher auf Grund der Rechtsansicht der belangten Behörde, die vom Verwaltungsgerichtshof nicht geteilt werden kann, ergänzungsbedürftig geblieben.

Überdies hat die belangte Behörde in Verkennung der durch Art. 14 DBA-Liechtenstein vorgegebenen Rechtslage Feststellungen darüber unterlassen, welche Berufsbefugnisse dem Beschwerdeführer in Liechtenstein überhaupt zukommen. Ohne derartige Feststellungen dazu ist es dem Verwaltungsgerichtshof nicht möglich zu prüfen, ob die einer gegebenenfalls bestehenden liechtensteinischen festen Einrichtung zuzuordnende Tätigkeit eine solche eines Wirtschaftstreuhänders im Sinne des Art. 14 Abs. 2 DBA-Liechtenstein ist, ob also überhaupt ein Anwendungsfall dieses Artikels vorliegt."

Aus den wiedergegebenen Entscheidungsgründen wird zweierlei deutlich: Zum einen sind die zuletzt wiedergegebenen höchstgerichtlichen Ausführungen betreffend die Berufsbefugnisse des Beschwerdeführers gegenständlich ohne Belang, da aus den bereits angeführten Gründen nicht Art. 14, sondern Art. 7 DBA-Schweiz (im hier maßgeblichen Zusammenhang vergleichbar mit den Artikel 7 DBA-Liechtenstein) zur Anwendung gelangt. Zum anderen sind für die Klärung der Gewinnzurechnung Feststellungen erforderlich, ob und von wo aus der Bw seine österreichischen Kunden betreut hat. Denn die Grundsätze für die Einkünftezurechnung an feste Einrichtungen entsprechen jenen, die für gewerbliche Betriebstätten gelten (FJ 2011, 353). Dies wiederum bedeutet, dass eine den Fremdverhaltensgrundsatz zu berücksichtigende Funktionsanalyse anzustellen ist (vgl. Doralt/Ludwig, EStG15 § 98 Tz 40). Aus diesem Grund wandte sich die Berufungsbehörde mit Vorhalt vom 8.11.2012 an den Bw und mit Auskunftsersuchen vom 21.12.2012 an einen Dauerkunden des Berufungswerbers. Damit entsprach die Berufungsbehörde in Ergänzung der erstinstanzlichen Ermittlungen der Verpflichtung zur amtswegigen Ermittlung des maßgeblichen Sachverhaltes. Dieser Obliegenheit steht im Berufungsfall allerdings eine erhöhte Mitwirkungsverpflichtung des Abgabepflichtigen gegenüber, beinhaltend ua eine Verpflichtung zur Beweisvorsorge und -beschaffung, da wesentliche Sachverhaltselemente ihre Wurzeln im Ausland haben (Ritz, BAO4, § 115 Tz 10 mwN). Im Rahmen dieser Verpflichtung ist es die Aufgabe des Abgabepflichtigen, durch konkrete und vollständige Aufklärung der Tatsachen den Anschein zu widerlegen, der sich der Abgabenbehörde - wie nachfolgend noch dazulegen sein wird - auf Grund der ihr zur Kenntnis gelangten Umstände bietet (VwGH 28.10.2010, 2006/15/0326; UFS 7.3.2013, RV/0350-F/10).

Unter Berücksichtigung dessen erweist sich das Berufungsbegehren im zentralen Berufungspunkt unter Bedachtnahme auf die erstinstanzlichen Prüfungsergebnisse und die ergänzenden zweitinstanzlichen Ermittlungen aus den nachfolgenden Gründen, welche die erstinstanzlichen ergänzen und bestätigen, als unbegründet:

Der Bw war in den Streitjahren in Österreich ansässig. Er hatte in Österreich eine Betriebstätte und er übte dort (im Rahmen der ihm zugerechneten Gewinne und Umsätze) eine berufliche Tätigkeit aus, deren Kern darin bestand, seine österreichischen Kunden zu beraten und dadurch einen Nutzen in ihrem Betrieb zu bewirken. Der Bw gewann die benötigten Informationen in bzw aus den Betrieben seiner österreichischen Kunden, seine beratende Tätigkeit wiederum wurde in den Betrieben seiner Kunden verwertet. Die Geschäftsbriefe wurden im Auftrag des Bw in Österreich verfasst und vom Bw auch hier unterfertigt. Dies ist aus folgenden Sachverhaltselementen zu folgern:

Dem Bw standen in den Streitjahren in Liechtenstein und in der Schweiz relativ kleine Einrichtungen zur Verfügung, deren Charakter als Betriebstätte ua wegen bestehender Mitbenutzungsmöglichkeiten, vor allem aber wegen nicht erwiesener Funktion (für die Beratung in Österreich) aus Sicht der Berufungsbehörde nicht zweifelsfrei gegeben ist, im Hinblick auf die erstinstanzliche Vorgangsweise aber unterstellt wird, zumal entsprechende Mietaufwendungen jedenfalls zum Teil nachgewiesen worden sind.

Der Auskunft eines Dauerkunden, wonach die Besprechungen über Telefon oder bei ihm in Österreich, nie aber im Büro des Bw stattgefunden hätten, waren keinerlei Beweise beigefügt, die den eindeutigen Schluss erlaubten, der Bw habe seine beratende Tätigkeit in der Weise ausgeübt, dass Gewinnanteile der schweizerischen Betriebstätte zuzurechnen wären:

An der oben dargelegten sachverhaltsmäßigen und rechtlichen Beurteilung des Falles vermag auch die Vorhaltsbeantwortung vom 14.12.2012 auf folgenden Gründen nichts zu ändern:

Zusammengefasst bedeutet dies für den zentralen Berufungspunkt: Nach dem Gesamtbild der Verhältnisse hatten die (allenfalls dem Bw zur Verfügung stehenden) Schweizer Betriebstätten entgegen dem nicht substanziierten und nicht belegten Vorbringen des Bw, aber in Übereinstimmung mit den Ausführungen in den Berufungsvorentscheidungen vom 28.5.2010 und vom 10.1.2011 keine feststellbare bzw glaubhaft gemachte und ins Gewicht fallende betriebliche Funktion im Zusammenhang mit der österreichische Kunden beratenden Tätigkeit des Berufungswerbers. Angesichts dessen, dass der Bw unbestrittenermaßen in Österreich ansässig war, hier nachgewiesenermaßen auch eine Betriebstätte hatte und eingestandenerweise auch seine österreichischen Kunden betreute, kann keine Rede davon sein, dass er aus der Besteuerungshoheit Österreichs ausgeschieden ist.

Wenn das Finanzamt unter diesem Titel 10% von der inländischen Besteuerung im Schätzungswege ausgeschieden hat, kann sich der Bw nicht für beschwert erachten.

Aber auch in den weiteren Punkten hat sich das Berufungsbegehren als nicht gerechtfertigt erwiesen. Auch insoweit verweist die Berufungsbehörde auf die überzeugenden Ausführungen des Finanzamtes. Im Einzelnen bedeutet dies:

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Feldkirch, am 15. März 2013

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht

betroffene Normen:

§ 22 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
Art. 7 DBA FL (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Liechtenstein (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. Nr. 24/1971
Art. 7 Abs. 1 DBA CH (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Schweiz (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. Nr. 64/1975
Art. 14 DBA CH (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Schweiz (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. Nr. 64/1975
Art. 14 Abs. 2 DBA FL (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Liechtenstein (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. Nr. 24/1971

Verweise:

VwGH 19.03.2008, 2005/15/0076
VwGH 21.05.1997, 96/14/0084
VwGH 28.11.2007, 2006/14/0057
VwGH 28.10.2010, 2006/15/0326
VwGH 09.12.2004, 2000/14/0095
UFS 28.05.2009, RV/0289-F/07
UFS 29.04.2008, RV/0242-F/04
UFS 07.03.2013, RV/0350-F/10

Stichworte