UFS RV/0205-I/11

UFSRV/0205-I/1110.1.2012

Neben dem Vertreterpauschale sind auch keine Fortbildungskosten absetzbar.

 

Entscheidungstext

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Bw. gegen den Bescheid des Finanzamtes A vom 11. Februar 2011 betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2010 entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen. Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Entscheidungsgründe

In der Berufung gegen den am 11.2.2011 ausgefertigten Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2010, in dem das Vertreterpauschale (gemäß der Verordnung BGBl. Nr. 382/2001; kurz: Verordnung) im Höchstbetrage von 2.190 € berücksichtigt worden war, wurden - wie schon in der Abgabenerklärung - 120 € an Fachliteratur ("Studiumsunterlagen") sowie - erstmals - 760,08 € an Zahlungen für den Besuch einer Fachhochschule geltend gemacht (in der Abgabenerklärung waren es noch 380,22 €).

Die Berufung wurde nach einem Vorhalteverfahren mit folgender Begründung als unbegründet abgewiesen:

Da der Berufungswerber der Aufforderung des Finanzamtes A vom 1. April 2011, die zur Erledigung der gegenständlichen Berufung noch notwendigen Unterlagen betreffend beantragter Werbungskosten (Fortbildungskosten und Fachliteratur) bis spätestens 9. Mai 2011 dem Finanzamt nachzureichen, bis heute nicht vollständig nachgekommen ist und das Finanzamt demzufolge keine Beurteilung über eine eventuelle steuerliche Absetzbarkeit der in Rede stehenden Aufwendungen treffen kann, konnte dem gegenständlichen Berufungsbegehren nicht entsprochen werden".

Der Berufungswerber (kurz: Bw.) wandte dagegen ein, dem Finanzamt zweimal "per Finanzonline" geschrieben und den Zahlungsbeleg direkt abgegeben zu haben.

Über die Berufung wurde erwogen:

1. Nach der (bereits zitierten) Verordnung werden für Vertreter "nach den jeweiligen Erfahrungen der Praxis anstelle des Werbungskostenpauschbetrages gemäß § 16 Abs. 3 EStG 1988" folgende Werbungskosten auf die Dauer des aufrechten Dienstverhältnisses festgelegt": "5% der Bemessungsgrundlage, höchstens 2.190 Euro jährlich".

Werden die Pauschbeträge in Anspruch genommen, können - nach § 5 der Verordnung - daneben keine anderen Werbungskosten aus dieser Tätigkeit geltend gemacht werden.

2. Werbungskosten sind die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen. Nach § 16 Abs. 3 EStG 1988 ist für Werbungskosten, die bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit erwachsen, ohne besonderen Nachweis ein Pauschbetrag von 132 € jährlich abzusetzen. Nach dem letzten Satz dieser Bestimmung sind ohne Anrechnung auf den Pauschbetrag Werbungskosten im Sinne des Abs. 1 Z 3 (mit Ausnahme einer Betriebsratsumlage), Werbungskosten im Sinne des Abs. 1 Z 4 und 5, der Pauschbetrag gemäß Abs. 1 Z 6 und dem Arbeitnehmer für den Werkverkehr erwachsende Kosten sowie Werbungskosten im Sinne des Abs. 2 anzusetzen.

3. Das Werbungskostenpauschale der Verordnung tritt an die Stelle des Werbungskostenpauschbetrages gemäß § 16 Abs. 3 EStG 1988 (von 132 €). Sind die tatsächlichen Werbungskosten höher als das Pauschale nach der Verordnung, können die gesamten Werbungskosten geltend gemacht und nachgewiesen werden. Das Pauschale ist dann grundsätzlich nicht mehr zu berücksichtigen. Lediglich die in § 16 Abs. 3 letzter Satz EStG aufgezählten Aufwendungen sind ohne Anrechnung auf das Werbungskostenpauschale abzusetzen (vgl. VwGH 27.8.2008, 2006/15/0117).

4. Es wäre dem Bw. frei gestanden, seine gesamten Werbungskosten geltend zu machen und nachzuweisen, zumal er schon mit der Abgabenerklärung für das Jahr 2009 (vergeblich) 120 € an Ausgaben für Fachliteratur und 380,22 € an Aus- und Fortbildungskosten neben dem Vertreterpauschale (von 1.742,81 €) geltend gemacht hat (vgl. Bescheid vom 2.3.2010). Wurde das Vertreterpauschale aber auch für das Jahr 2010 in Anspruch genommen, können die geltend gemachten Werbungskosten nicht zusätzlich geltend gemacht werden.

5. Bei den strittigen Ausgaben (760,08 €; der Betrag von 120 € wurde vom Bw. nicht mehr aufrecht erhalten, Schr. vom 13.4.2011) handelt es sich, wie im Schreiben vom 26.4.2011 mitgeteilt wurde, um Kosten der Weiterbildung (und nicht um Umschulungskosten). Liegen aber einwandfrei Fortbildungskosten vor, bedarf es - angesichts des klaren Wortlautes der zitierten Gesetzesstellen (insbesondere des § 16 Abs. 3 EStG 1988) - keines Eingehens auf die Frage, ob Ausgaben für umfassende Umschulungsmaßnahmen iSd § 16 Abs. 1 Z 10 EStG 1988 neben dem Vertreterpauschale berücksichtigt werden können, weil es sich dabei um Werbungskosten handelt, die in keinem unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit der ausgeübten Tätigkeit stehen (so Rz 428 und Rz 10428 LStR). Nur der Abrundung halber sei darauf verwiesen, dass es sich beim Vertreterpauschale offenkundig um einen derart großzügig bemessenen Pauschbetrag handelt, dass Zweifel bestehen, ob die Verordnung einer Überprüfung durch den VfGH in diesem Punkt standhalten könnte, zumal § 4 der Verordnung auch noch eine Sonderregelung des Inhalts enthält, dass Kostenersätze gemäß § 26 EStG 1988 bei allen Berufsgruppen die Pauschbeträge kürzen, nur nicht bei Vertretern. Ein Grund für die offensichtliche Besserstellung von Vertretern ist nicht erkennbar (Jakom/Lenneis, EStG, 2011, § 16 Tz 72).

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Innsbruck, am 10. Jänner 2012

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht

betroffene Normen:

§ 1 Z 9 Durchschnittssätze für Werbungskosten - Angehörige bestimmter Berufsgruppen, BGBl. II Nr. 382/2001
§ 5 Durchschnittssätze für Werbungskosten - Angehörige bestimmter Berufsgruppen, BGBl. II Nr. 382/2001
§ 16 Abs. 3 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 16 Abs. 1 Z 10 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988

Verweise:

VwGH 27.08.2008, 2006/15/0117

Stichworte