UFS RV/3526-W/10

UFSRV/3526-W/1021.6.2011

Schätzung der Bemessungsgrundlagen für Umsatz- und Körperschaftsteuer

 

Entscheidungstext

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufungen der Bw., vom 13. Oktober 2001, 23. Juni 2003 und 26. Juni 2003 gegen die Bescheide des Finanzamtes Wien 8/16/17 vom 12. September 2001, 20. Mai 2003 und 21. Mai 2003 betreffend Umsatz-, Körperschaft- und Kapitalertragsteuer für die Jahre 1998 bis 2002, sowie diverse Verspätungszuschläge für die Jahre 1998 und 1999 entschieden:

Den Berufungen betreffend Umsatzsteuer für die Jahre 1998, 1999, 2000 und 2002, sowie Verspätungszuschläge betreffend Umsatzsteuer für die Jahre 1998 und 1999 und Körperschaftsteuer für die Jahre 2000 und 2002 wird teilweise Statt gegeben.

Die Bescheide betreffend Umsatzsteuer für die Jahre 1998, 1999, 2000 und 2002, sowie Verspätungszuschläge betreffend Umsatzsteuer für die Jahre 1998 und 1999 und Körperschaftsteuer für die Jahre 2000 und 2002 werden abgeändert.

Die Berufungen betreffend Umsatzsteuer für das Jahr 2001, Körperschaftsteuer für die Jahre 1998, 1999 und 2001, sowie Verspätungszuschläge betreffend Körperschaftsteuer für die Jahre 1998 und 1999 werden abgewiesen.

Die Bescheide betreffend Umsatzsteuer für das Jahr 2001, Körperschaftsteuer für die Jahre 1998, 1999 und 2001, sowie Verspätungszuschläge betreffend Körperschaftsteuer für die Jahre 1998 und 1999 werden abgeändert.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der Abgaben sind dem Ende der folgenden Entscheidungsgründe den als Beilage angeschlossenen Berechnungsblättern zu entnehmen und bilden einen Bestandteil dieses Bescheidspruches.

Entscheidungsgründe

Die Berufungswerberin (Bw.) ist eine im Jahr 1998 gegründete GmbH, deren Unternehmensgegenstand u.a. Erwerb, Besitz, Verwaltung, Vermittlung, Handel und Verwertung von Immobilien war.

Alleiniger Gesellschafter war der Geschäftsführer W.S. (Herr S.)

Im Zuge einer die Umsatzsteuer Jänner bis Oktober 2000 betreffenden Prüfung der Aufzeichnungen verweigerte der Geschäftsführer der Bw. die Unterschrift auf dem Prüfungsauftrag und zeigte sich nach Meinung der Prüferin nicht gewillt, bei der Ermittlung der Umsätze mitzuwirken.

Schließlich reichte die Berufungswerberin Umsatzsteuervoranmeldungen und Umsatzsteuer- und Körperschaftsteuererklärungen für das Jahr 2000 ein.

Wegen Nichtabgabe der Steuererklärungen für die Jahre 1998 und 1999 schätzte das Finanzamt die Besteuerungsgrundlagen betreffend Umsatz- und Körperschaftsteuer für die Jahre 1998 und 1999 und setzte mit weiteren Bescheiden vom selben Tag die Umsatz- und Körperschaftsteuer für das Jahr 2000 fest.

Gegen sämtliche Bescheide wurden Berufungen eingebracht und im Wesentlichen begründend ausgeführt, dass aufgrund der beim Finanzamt aufliegenden Unterlagen betreffend die Umsatzsteuer ein Guthaben entstanden sei und betreffend die Körperschaftsteuer die Bemessungsgrundlagen unrichtig angenommen worden seien. Die Berufungswerberin erziele große Verluste.

Mit Schreiben vom 4. Dezember 2001 legte die Bw. ein Konvolut von 57 Rechnungskopien aus den berufungsgegenständlichen Zeiträumen vor und brachte am 22. Februar 2002 Umsatz- und Körperschaftsteuererklärungen für die Jahre 1998 und 1999 ein.

Am 20. Februar 2003 überreichte die Bw. schließlich die Umsatz- und Körperschaftsteuererklärungen für das Jahr 2001 und eine Körperschaftsteuererklärung für das Jahr 2002 sowie die Jahresabschlussberichte für die Jahre 2001 und 2002.

Am 19. März 2003 wurde über das Vermögen der Bw. Konkurs eröffnet.

In der Folge unterschrieb der Masseverwalter der Bw. einen Prüfungs- und Nachschauauftrag betreffend Umsatz- und nun auch Kapitalertragsteuer für den Zeitraum Jänner bis November 2002. In der Niederschrift zum "Ergebnis der Umsatzsteuer-Sonderprüfung" für den Zeitraum Jänner bis November 2002 waren unter der Überschrift "Schätzung der Besteuerungsgrundlagen" im Wesentlichen folgende Prüfungsfeststellungen enthalten: Aufgrund der Unvollständigkeit der Unterlagen und der Nichtordnungsmäßigkeit der eingereichten Jahreserklärungen seien die Besteuerungsgrundlagen für die Jahre 2001 und 2002 sowie die Monate Jänner und Februar 2003 in Anlehnung an die Schätzungen der Vorjahre ermittelt worden.

Mit Haftungs- und Abgabenbescheiden vom 20. Mai 2003 zog die Amtspartei die Bw. zur Abfuhr von Kapitalertragsteuer für die Jahre 1998 bis 2002 heran und führte begründend aus, dass im Zusammenhang mit der Abweisung der Berufungen gegen die Jahre 1998 bis 2000 zu unterstellen sei, dass die geschätzten Gewinne dem Gesellschafter zugeflossen seien. Dadurch sei die Kapitalertragsteuerpflicht in Höhe von 33,33 % begründet worden.

Mit Bescheiden vom 21. Mai 2003 setzte das Finanzamt die Umsatz- und Körperschaftsteuer für die Jahre 2001 und 2002 fest und führte begründend aus, dass die Veranlagung unter Zugrundelegung der Feststellungen der abgabenbehördlichen Prüfung erfolgt sei. Die Feststellungen seien dem Prüfungsbericht zu entnehmen.

Mit Berufung vom 23. Juni 2003 beantragte der Masseverwalter der Bw. die Vorlage der Berufungen an die Abgabenbehörde zweiter Instanz und erhob gegen die Umsatz- und Körperschaftsteuerbescheide für die Jahre 2001 und 2002 sowie gegen die Kapitalertragsteuerbescheide für die Jahre 1998 bis 2002 Berufung. Begründend wurde vorgebracht, dass die Abgabenfestsetzungen auf reinen Schätzungen beruhen würden, die nicht mit den tatsächlichen Gegebenheiten in Einklang stünden.

Mit Schreiben vom 2. April 2004 stimmte der Gesellschafter-Geschäftsführer, Herr S., nach inzwischen erfolgter Beendigung des Konkursverfahrens der Bw. der Erlassung von (zweiten) Berufungsvorentscheidungen betreffend die Jahre 1998 bis 2000 zu. Mit erstmaligen Berufungsvorentscheidungen betreffend die Umsatz- und Körperschaftsteuer für die Jahre 2001 und 2002 wurden die Umsatz- und Körperschaftsteuer für die Jahre 2001 und 2002 abgeändert und festgesetzt. In der Begründung wurde hinsichtlich der Abweichungen gegenüber den Steuererklärungen auf das mit dem steuerlichen Vertreter geführte Telefongespräch hingewiesen.

Die Bw. beantragte in der Folge die Vorlage der Berufungen an die Abgabenbehörde zweiter Instanz und ergänzte, dass sie in den Jahren 1998 bis 2002 große Verluste erlitten habe. Der im Jahr 2003 eröffnete Konkurs habe aufgehoben werden können, weil Schuldner der Bw. Zahlungen an die Bw. geleistet hätten. Einen Kapitalertrag habe es nicht gegeben und dies sei aus den Buchhaltungsunterlagen ersichtlich. Die Buchhaltungsunterlagen seien dem Prüfer F. am 20. Jänner 2003 übergeben worden und könnten jederzeit wieder vorgelegt werden.

Im Ermittlungsverfahren seitens der Abgabenbehörde zweiter Instanz (Unabhängiger Finanzsenat) gab in einer Niederschrift der Prüfer F. an, dass er weder am 20. Jänner 2003 noch an einem anderen Tag Buchhaltungsunterlagen betreffend die Bw. übernommen habe. Die Bw. sei mehrfach aufgefordert worden, steuerliche Aufzeichnungen bereit zu halten, auch der Masseverwalter habe keine steuerlichen Aufzeichnungen vorgelegt. Daher sei eine Gesamtschätzung durchgeführt worden.

In der Stellungnahme zur Niederschrift führte der Geschäftsführer der Bw. aus, dass er am 21. Jänner 2003 Herrn F. Belegkopien übergeben habe und die Bw. verpflichtet sei, diese Belege nochmals vorzulegen. Es wurde um Mitteilung ersucht, wann die Belege zuzusenden seien.

Am 26. April 2005 teilte der Unabhängige Finanzsenat (UFS) dem Geschäftsführer der Bw. telefonisch mit, dass eine gesonderte Mitteilung an ihn, wann die Unterlagen zugesendet werden könnten, nicht ergehe.

In der Folge erließ der UFS, ohne dass seitens der Bw. Buchhaltungsunterlagen und Aufzeichnungen vorgelegt wurden, die Berufungsentscheidung vom 17. Juni 2005, RV/1126-W/04, RV/1130-W/04, RV/1131 W/04, RV/1538-W/04.

Dagegen wurde Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erhoben und in der Folge die Berufungsentscheidung wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben. Im Wesentlichen begründete der VwGH seine Entscheidung dahingehend, dass im vorliegenden Fall nicht nur die Grundlagen einer umfassenden mit einem nachvollziehbaren Bericht abgeschlossenen Betriebsprüfung fehlten, sondern es wäre auch erforderlich gewesen, auf die von der Bw. vorgelegten Rechnungskopien und handschriftlichen Aufzeichnungen, deren Nichtbeachtung in der Beschwerde gerügt wurde, einzugehen.

Mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom 11. Mai 2010, zur Zahl 38 S 45/10k wurde über das Vermögen der Bw. abermals Konkurs eröffnet.

Mit Vorhalt vom 21. Dezember 2010 wurde das Bescheid aufhebende VwGH-Erkenntnis der Amtspartei übermittelt und die Amtspartei ersucht, Feststellungen zu treffen, aus welchen Gründen den vorgelegten Rechnungskopien und den handschriftlichen Aufzeichnungen keine Beachtung geschenkt, die Bemessungsgrundlagen für die Umsatzsteuer in Höhe von S 500.000,00 und die Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von S 100.000,00 angenommen worden seien.

Mit Vorhalt vom 2. März 2011 teilte die Amtspartei dem UFS mit, dass sowohl an die Adresse XXX als auch an YYY jeweils gleichlautende Vorhalte mit einem als Beilage angeschlossenen Lösungsvorschlag an die Bw. geschickt worden seien. Beide Schriftsätze seien unbeantwortet geblieben.

Mit Vorhalt vom 9. März 2011 wurde dem Masseverwalter der Bw. der diesbezügliche Lösungsvorschlag der Amtspartei zur etwaigen Stellungnahme übermittelt.

In einem weiteren Vorhalt vom 28. April 2011 wurde der Masseverwalter der Bw. ersucht, innerhalb von vier Wochen ab Zustellung des Vorhaltes nachstehende Fragen zu beantworten und die angesprochenen Unterlagen vorzulegen:

"1) Umsatzsteuer 1998

a) In der Berufung wurde vorgebracht, dass auf Grund der Unterlagen ein Guthaben entstanden sei. Sie werden ersucht, die diesbezüglichen Unterlagen vorzulegen.

b) In der Umsatzsteuererklärung wurde der Gesamtbetrag der Bemessungsgrundlage mit S 254.233,00 und in der vorgelegten G + V Rechnung wurden die sonstigen betrieblichen Erträgen mit S 349.000,00 angegeben. Erläutern Sie bitte diese unterschiedlichen Angaben.

c) Sie werden ersucht, den in der Umsatzsteuererklärung geltend gemachten Vorsteuerbetrag in Höhe von S 78.300,00 belegmäßig nachzuweisen.

2) Körperschaftsteuer 1998

a) In der Berufung wurde vorgebracht, dass die Körperschaftsteuer falsch berechnet worden sei. In Ihrer vorgelegten Körperschaftsteuererklärung geben sie als Gewinn laut beiliegender Bilanz S 52.767,00. Dieser Gewinn ist nicht nachvollziehbar, zumal in der G + V Rechnung sonstige betriebliche Aufwendungen in Höhe von S 504.233,00 ausgewiesen sind.

b) Sie werden ersucht, die in der G + V Rechnung geltend gemachten sonstigen betrieblichen Aufwendungen in Höhe von S 504.233,00 belegmäßig nachzuweisen.

3) Umsatzsteuer 1999

a) In der Berufung wurde vorgebracht, dass sich aus den Buchhaltungsunterlagen, die beim Finanzamt aufliegen würden, ein Umsatzsteuerguthaben ergäbe. Festzuhalten ist, dass beim Finanzamt keine Buchhaltungsunterlagen aufliegen. Sie werden ersucht, die Buchhaltungsunterlagen (Bücher und Aufzeichnungen, sowie die dazugehörigen Belege) nunmehr vorzulegen.

b) In der Umsatzsteuererklärung sind die Beträge der zu zahlenden Umsatzsteuer und der Vorsteuer ident. Um diesbezügliche Aufklärung wird ersucht.

c) Sie werden ersucht, den in der Umsatzsteuererklärung geltend gemachten Vorsteuerbetrag in Höhe von S 64.327,00 belegmäßig nachzuweisen.

4) Körperschaftsteuer 1999

a) Der in der Körperschaftsteuererklärung ausgewiesene Verlust laut beiliegender Bilanz in Höhe von S - 58.930,00 ist nicht nachvollziehbar, zumal in der G + V Rechnung das Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit S - 98.930,00 beträgt und die sonstigen betrieblichen Aufwendungen in Höhe von S 558.930,00 ausgewiesen sind. Um diesbezügliche Aufklärung wird ersucht.

b) Sie werden ersucht, die in der G + V Rechnung geltend gemachten sonstigen betrieblichen Aufwendungen in Höhe von S 558.930,00 belegmäßig nachzuweisen.

5) Umsatzsteuer 2000

a) Sie werden ersucht, den in der Umsatzsteuererklärung geltend gemachten Vorsteuerbetrag in Höhe von S 50.274,00 belegmäßig nachzuweisen.

6) Körperschaftsteuer 2000

a) In der Berufung wurde vorgebracht, aus den Buchhaltungsunterlagen, die beim Finanzamt aufliegen würden, gehe hervor, dass die Berufungswerberin große Verluste habe. Festzuhalten ist, dass beim Finanzamt keine Buchhaltungsunterlagen aufliegen. Sie werden ersucht, die Buchhaltungsunterlagen (Bücher und Aufzeichnungen, sowie die dazugehörigen Belege) nunmehr vorzulegen.

b) Der Verlust laut Körperschaftsteuererklärung in Höhe von S - 40.274,00 ist nicht nachvollziehbar, zumal in der G + V Rechnung als Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit ein Betrag in Höhe von S - 52.346,50 ausgewiesen ist. Um Aufklärung wird ersucht.

c) Sie werden ersucht, die in der G + V Rechnung geltend gemachten sonstigen betrieblichen Aufwendungen in Höhe von S 434.646,50 belegmäßig nachzuweisen.

7) Umsatzsteuer 2001

a) In der Umsatzsteuererklärung wurde als Gesamtbetrag der steuerpflichtigen Lieferungen und sonstigen Leistungen ein Betrag in Höhe von S 1.623.200,00 und in der G + V Rechnung bei den sonstigen betrieblichen Erträgen ein Betrag in Höhe von S 1.321.200,00 ausgewiesen. Um diesbezügliche Aufklärung wird ersucht.

b) Sie werden ersucht, den in der Umsatzsteuererklärung geltend gemachten Vorsteuerbetrag in Höhe von S 264.240,00 belegmäßig nachzuweisen.

8) Körperschaftsteuer 2001

a) In der Körperschaftsteuererklärung wurde ein Verlust in Höhe von S - 355.349,00 und in der G + V Rechnung ein Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit in Höhe von S - 52.000,00 ausgewiesen. Um diesbezügliche Aufklärung wird ersucht.

b) Sie werden ersucht, die in der G + V Rechnung geltend gemachten sonstigen betrieblichen Aufwendungen in Höhe von S 1.623.200,00 belegmäßig nachzuweisen.

9) Hinsichtlich der mit Schreiben vom 4. Dezember 2001 vorgelegten 57 Rechnungskopien wird bemerkt, dass davon 45 Rechnungskopien nicht an die Berufungswerberin adressiert sind. Um diesbezügliche Stellungnahme wird ersucht.

10) Umsatzsteuer 2002

a) In der Berufung wurde vorgebracht, dass die Berufungswerberin entsprechend ihrer steuerlichen Verpflichtung die Umsatzsteuererklärung dem Finanzamt vorgelegt hat. In den vom Finanzamt vorgelegten Akten und Unterlagen ist eine Umsatzsteuererklärung für das Jahr 2002 nicht enthalten. Sie werden ersucht, eine Kopie der Umsatzsteuererklärung für das Jahr 2002 vorzulegen.

11) Körperschaftsteuer 2002

a) Sie werden ersucht, die in der G + V Rechnung ausgewiesenen Abschreibungen in Höhe von € 300.000,00 näher zu erläutern und diesbezügliche Beweismittel vorzulegen, sowie die in der G + V Rechnung geltend gemachten sonstigen betrieblichen Aufwendungen in Höhe von € 33.456,00 belegmäßig nachzuweisen.

12) Kapitalertragsteuer 1998 - 2002

a) Hinsichtlich etwaiger Gewinne der Berufungswerberin betreffend die Jahre 1998 - 2002 wird davon ausgegangen, dass diese vom Gesellschafter der Berufungswerberin (Herr S.) entnommen worden seien. Um diesbezügliche Stellungnahme wird ersucht.

13) Für den Fall, dass die Punkte 1) bis 12) nicht umfassend aufgeklärt und beantwortet werden, liegt nach Ansicht des UFS Schätzungsberechtigung betreffend Umsatz- und Körperschaftsteuer, sowie Kapitalertragsteuer für die Jahre 1998 bis 2002 vor. Eine in der Folge durch den UFS durchzuführende Schätzung wird sich an dem "Lösungsvorschlag des Finanzamtes XY. vom 2. März 2011" (siehe Beilage des Vorhaltes vom 9. März 2011) orientieren."

Der Vorhalt vom 28. April 2011 wurde dem Masseverwalter der Bw. nachweislich am 2. Mai 2011 zugestellt.

Mit Schriftsatz vom 9. Mai 2011 teilte der Masseverwalter der Bw. mit, dass sich der Gesellschafter-Geschäftsführer der Bw. weigere, die Konkurseröffnung der Bw. zur Kenntnis zu nehmen und mit dem Masseverwalter Kontakt aufzunehmen. Der Masseverwalter selbst habe keinerlei Zugriff auf Buchhaltungsunterlagen, Lohnverrechnungen, Belege etc. und könne daher auf die einzelnen Punkte nicht eingehen und keine Urkunden vorlegen. Auch habe er das Schreiben des UFS an den Gesellschafter-Geschäftsführer der Bw. weitergeleitet. Der Masseverwalter wisse jedoch nicht, ob dieser darauf reagiere.

Weitere Schriftsätze der Bw. oder des Gesellschafter-Geschäftsführers der Bw. wurden nicht eingebracht.

Über die Berufung wurde erwogen:

Gemäß § 184 Abs.1 BAO hat die Abgabenbehörde, soweit sie die Grundlagen für die Abgabenerhebung nicht ermitteln oder berechnen kann, diese zu schätzen. Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind.

Gemäß Abs. 2 leg. cit. ist insbesondere dann zu schätzen, wenn der Abgabepflichtige über seine Angaben keine ausreichenden Aufklärungen zu geben vermag oder weitere Auskunft über Umstände verweigert, die für die Ermittlung der Grundlagen (Abs. 1) wesentlich sind.

In § 184 Abs. 3 BAO ist weiters normiert, dass zu schätzen ist, wenn der Abgabepflichtige Bücher oder Aufzeichnungen, die er nach den Abgabenvorschriften zu führen hat, nicht vorlegt oder wenn die Bücher oder Aufzeichnungen sachlich unrichtig sind oder solche formelle Mängel aufweisen, die geeignet sind, die sachliche Richtigkeit der Bücher oder Aufzeichnungen in Zweifel zu ziehen.

Im fortgesetzten Verfahren wurde die Bw. nachweislich aufgefordert, ihre Buchhaltungsunterlagen und Aufzeichnungen betreffend die streitgegenständlichen Jahre vorzulegen. Mit Schriftsatz vom 9. Mai 2011 teilte der Masseverwalter der Bw. mit, dass er keinen Zugriff auf die Buchhaltungsunterlagen, Lohnverrechnungen, Belege etc. habe und daher keine Aufklärung über die in Streit gezogenen Umstände geben könne. Daher gelangt der UFS zur Ansicht, dass eine Schätzungsberechtigung der Abgabenbehörde gegeben ist. Was die Höhe der Bemessungsgrundlagen hinsichtlich der Umsatzsteuer für die Jahre 1998 bis 2001 angeht, hat das Finanzamt hinsichtlich der Lieferungen und sonstigen Leistungen jene Beträge, die aus den von der Bw. selbst vorgelegten Erklärungen zu entnehmen waren, herangezogen und zusätzlich einen 10 % igen Sicherheitszuschlag verhängt. Betreffend das Jahr 2002 wurde in Ermangelung einer Steuererklärung jener Betrag herangezogen, der seitens der Bw. im Jahresabschluss in der Gewinn- und Verlustrechnung für das Jahr 2002 für sonstige betriebliche Erträge ausgewiesen wurde. Der UFS findet diese Vorgehensweise durchaus nachvollziehbar und schließt sich den Feststellungen der Amtspartei hinsichtlich der Lieferungen und sonstigen Leistungen der Bw. an. Auch die Festsetzung eines Sicherheitszuschlages erachtet der UFS dem Grunde und der Höhe nach für zutreffend, da es bei mangelhaften Aufzeichnungen wahrscheinlich ist, dass weitere Vorgänge nicht aufgezeichnet wurden.

Hinsichtlich der von der Bw. geltend gemachten Vorsteuerbeträge für die Jahre 1998 bis 2002 hat der UFS im fortgesetzten Verfahren die Bw. mit Vorhalt vom 28. April 2011 ersucht für sämtliche Jahre einen diesbezüglichen Nachweis zu erbringen. Dieser Nachweis wurde mit Ausnahme der Rechnungen, die die Bw. schon im Erstverfahren vorgelegt hat, nicht erbracht. Weiters hat Finanzamt im fortgesetzten Verfahren die betriebliche Veranlassung der Aufwendungen für das F. und für das Objekt in Wien, XStraße  in Frage gestellt und diese Vorsteuerbeträge nicht anerkannt. Mit Lösungsvorschlag vom 2. März 2011 wurden der Bw. jene Vorsteuerbeträge zur Kenntnis gebracht, die sich aus den ursprünglich vorgelegten 57 Rechnungskopien, vermindert um die nicht betrieblich veranlassten Aufwendungen, ergäben. Eine diesbezügliche Aufklärung der Vorsteuerbeträge blieb die Bw. jedoch schuldig. Daher erscheint es dem UFS am Geeignetesten die Höhe der jährlichen Vorsteuerbeträge in Höhe jener Vorsteuerbeträge zu schätzen, die im Lösungsvorschlag des Finanzamtes vom 2. März 2011 angesetzt wurde.

Betreffend die Bemessungsgrundlagen der Körperschaftsteuer brachte die Bw. in den Berufungen im Wesentlichen vor, dass diese unrichtig angenommen worden seien, da sie auf Schätzungen beruhen würden. Im die Berufungsentscheidung vom 17. Juni 2005 aufhebenden VwGH-Erkenntnis wurde u.a. bemängelt, dass eine umfassende, mit einem nachvollziehbaren Bericht abgeschlossene Betriebsprüfung gefehlt hatte. Im fortgesetzten Verfahren wurde die Bw. schließlich betreffend die streitgegenständlichen Jahre nachweislich ersucht ihre Unterlagen und Aufzeichnungen vorzulegen, da der erklärte Gewinn des Jahres 1998 und die in den Steuererklärungen der Folgejahre ausgewiesenen Verluste nicht nachvollziehbar seien. Diesem Ersuchen ist die Bw. nicht nachgekommen, sodass die Bemessungsgrundlagen für die Körperschaftsteuer zu schätzen sind. Zu diesem Zweck wurde der Bw. der Lösungsvorschlag des Finanzamtes vom 2. März 2011 übermittelt, in dem als Basis für die Gewinnermittlung die Beträge der Lieferungen und sonstigen Leistungen aus den Umsatzsteuererklärungen für die Jahre 1998 bis 2001 und der Betrag der sonstigen betrieblichen Erträge aus der Gewinn- und Verlustrechnung für das Jahr 2002, jeweils erhöht um den 10 % igen Sicherheitszuschlag angenommen wurden. Hinsichtlich der betrieblichen Aufwendungen wurden die von der Bw. vorgelegten und vom Finanzamt teilweise anerkannten Rechnungen, sowie eine 20 % ige Aufwandpauschale vom erklärten Umsatz inkl. Sicherheitszuschlag angesetzt. Gegen diese Schätzung hat die Bw. keine Einwendungen vorgebracht. Auch diese Vorgehensweise erachtet der UFS für nachvollziehbar, sodass sich das Schätzungsergebnis folgendermaßen darstellt:

 

1998

1999

2000

2001

2002

 

S

S

S

S

Umsatz lt.Erkl. bzw. lt. G u.V-Rechn.

254.233,00

321.635,00

132.300,00

1.623.200,00

11.200,00

+ 10 % Sicherheitsz.

25.423,30

32.163,35

13.230,00

162.320,00

1.120,00

Gesamtbetrag gesch. Lief. u.sonst.Leist.

279.656,30

353.798,35

145.530,00

1.785.520,00

12.320,00

Vorsteuer

6.647,20

998,33

26.407,93

11.170,00

0,00

      

Gewinnermittlung

     

Gesamtbetrag gesch. Lief. u.sonst.Leist.

279.656,30

353.798,35

145.530,00

1.785.520,00

12.320,00

Aufw.lt.Rechn.

- 33.236,00

- 4.991,67

-132.039,63

- 55.850,00

0,00

20 % Aufwandp. v. gesch. Lief. u.sonst.Leist.

- 55.931,26

- 70.759,67

- 29.106,00

- 357.104,00

- 2.464,00

Einkünfte aus Gewerbebetrieb

190.489,04

278.047,01

- 15.615,63

1.372.566,00

9.856,00

Einkommen der Bw. (gerundet)

190.500,00

278.000,00

0,00

1.372.600,00

9.856,00

 

Einkommen der Bw. (gerundet)

13.844,17

20.203,05

0,00

99.750,73

9.856,00

Verspätungszuschläge betreffend Umsatz- und Körperschaftsteuer für die Jahre 1998 und 1999

Die Bw. hat in den Berufungen hinsichtlich der Verspätungszuschläge betreffend Umsatz- und Körperschaftsteuer für die Jahre 1998 und 1999 keine konkreten Einwendungen getätigt.

In dem vom Finanzamt vorgelegten Lösungsvorschlag vom 2. März 2011 wurde auch vom Finanzamt auf die Verspätungszuschläge nicht näher eingegangen. Tatsache ist, dass die Bw. die Steuererklärungen für die Jahre 1998 und 1999 erst am 22. Februar 2002 beim Finanzamt eingereicht hat. Gründe, die eine entschuldbare Verspätung der Abgabenerklärungen nach sich zögen, hat die Bw. nicht vorgebracht, sodass der UFS die Festsetzung der in Streit stehenden Verspätungszuschläge angesichts der Fristüberschreitung und des steuerlichen Verhaltens der Bw. dem Grunde und der Höhe nicht zu beanstanden hat.

Kapitalertragsteuer für die Jahre 1998 bis 2002

In der Berufung gegen die Bescheide betreffend die Kapitalertragsteuer für die Jahre 1998- 2002 und im Vorlageantrag brachte die Bw. im Wesentlichen vor, dass die geschätzten Gewinne mit den tatsächlichen Gegebenheiten nicht in Einklang stünden, da die Bw. in den streitgegenständlichen Jahren keinen Kapitalertrag erzielt habe, was aus den Buchhaltungsunterlagen ersichtlich sei.

Mit Vorhalt vom 28. April 2011 wurde die Bw. betreffend die Kapitalertragsteuer für die Jahre 1998 bis 2002 aufgefordert, zur Schätzung des Finanzamtes (siehe Lösungsvorschlag vom 2. März 2011) und zur Ansicht des UFS, der Gesellschafter der Bw. habe die Gewinne der Bw. entnommen, Stellung zu nehmen. Diesbezügliche Stellungnahmen wurde nicht abgegeben, sodass die geschätzten Gewinne der Bw. verdeckte Gewinnausschüttungen darstellen. Da die Bw. hinsichtlich der Bezahlung der Kapitalertragsteuer kein Vorbringen getätigt hat, gelangt der UFS zur Ansicht, dass die Bw. die Kapitalertragsteuer übernimmt.

Ermittlung der Kapitalertragsteuer 1998 bis 2002

 

1998

1999

2000

2001

2002

 

S

S

S

S

 

Gewinn lt. Schätzung

190.489,04

278.047,01

- 15.615,63

1.372.566,00

 
 

 

13.843,38

20.206,46

- 1.134,83

99.748,26

9.856,00

Die Summe der festgestellten Gewinne für die Jahre 1998 bis 2002 beträgt € 142.519,27; gerundet € 142.500,00.

Die Kapitalertragsteuer für die Jahre 1998 bis 2002 beträgt daher 33,33% von € 142.500,00; das ist € 47.495,25.

Demnach war spruchgemäß zu entscheiden.

Beilage: 26 Berechnungsblätter

Wien, am 21. Juni 2011

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht

betroffene Normen:

§ 184 Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 184 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 184 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961

Stichworte