UFS RV/0263-L/11

UFSRV/0263-L/1116.6.2011

Fachliche Qualifikation einer Aupair-Kraft zur Kinderbetreuung

 

Entscheidungstext

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Bw., gegen den Bescheid des Finanzamtes Braunau Ried Schärding vom 8. November 2010 betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2009 entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Entscheidungsgründe

Der Bw. erzielt Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit.

Die elektronisch eingereichte Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung für 2009 langte am 4. September 2010 am Finanzamt ein. U.a. beantragte der Bw. die Absetzung von Kinderbetreuungskosten iHv. 1.740,00 € als außergewöhnliche Belastung.

Das Finanzamt ersuchte den Bw. mit Schreiben vom 30. September 2010 folgende Ergänzungen vorzunehmen:

"Sie werden ersucht, die von Ihnen geltend gemachten Kinderbetreuungskosten belegmäßig (Kopien) nachzuweisen. Der Zahlungsbeleg bzw. die Bestätigung hat zu beinhalten: Name und Sozialversicherungsnummer oder Kennnummer der Europäischen Krankenversicherungskarte des Kindes, Zeitraum der Kinderbetreuung, Aufteilung der bezahlten Beträge in Betreuungskosten und allenfalls andere Aufwendungen (z.B. Verpflegungsaufwand). Wurden die Betreuungskosten an eine öffentliche Einrichtung geleistet (z.B. Kindergarten, Hort), ist am Beleg der Name und die Anschrift der Einrichtung anzuführen. Private Kinderbetreuungseinrichtungen haben auch einen Hinweis auf die Bewilligung zur Führung der Einrichtung zu vermerken. Wurden die Betreuungskosten an eine pädagogisch qualifizierte Person geleistet, ist der Name, die Adresse sowie die Sozialversicherungsnummer bzw. Kennnummer der Europäischen Krankenversicherungskarte anzuführen. Das Vorliegen der konkreten Qualifikation ist durch Beilage einer Kopie des entsprechenden Zeugnisses (z.B. Kursbestätigung) nachzuweisen."

Mit Schreiben vom 3. November 2010 führte der Bw. aus, bei den geltend gemachten Kosten für die beiden Söhne M und A handle es sich um die Kosten für das Aupair-Mädchen. Auf die beigelegten Unterlagen werde verwiesen.

Der Bw. legte folgende Unterlagen bei:

a) einen Lohnzettel und Beitragsgrundlagennachweis für den Zeitraum vom 1. Jänner bis 30. November 2009 bezüglich der Arbeitnehmerin Z, geboren 1984, teilzeitbeschäftigt mit Bruttobezügen von 3.633,58 €, b) einen Au-Pair-Vertrag, abgeschlossen zwischen Ehegattin, einerseits und der Aupair-Kraft Z , Mongolei, andererseits, aus dem u.a. hervorgeht, dass die Mithilfe der Aupair-Kraft im Haushalt einschließlich Kinderbetreuung im Ausmaß von 20 Stunden, Zeitraum vom 1. Dezember 2008 bis 30. November 2009, vereinbart wird und der Entgeltsanspruch 340 € brutto beträgt, c) eine Bescheinigung der staatlichen Universität der Mongolei, ausgestellt am 18. Mai 2009, in der bestätigt wird, dass Frau Z , Magisterstudentin im Fach für Zoologie an der Fakultät für Biologie der staatlichen Universität der Mongolei, berechtigt ist, weiterhin in ihrer Fachrichtung an der in- und ausländischen Hochschule oder Universität zu studieren, d) ein Bakkalaureus-Diplom der staatlichen Universität der Mongolei Nr. xy, ausgestellt am 15. Juni 2007, aus dem hervorgeht, dass Z , geboren 1984, gemäß dem Beschluss der Abschlussprüfungskommission vom 7. Juni 2007 für den Abschluss in den Jahren 2003 bis 2007 in der Fachrichtung für Biologie und Zoologie an der Fakultät für Biologie der akademische Grad Bakkalaureus für Biologie verliehen wurde, e) einen Anhang des Diploms mit der Nr. yz, datiert mit 15. Juni 2007, ausgestellt für Z , Fach Biologie, Qualifizierung Zoologie, aus dem hervorgeht, dass u.a. die Wahlfächer Erziehungswissenschaft und Psychologie mit je 2 Kreditstunden sowie Philosophie mit 2,5 Kreditstunden absolviert wurden und f) eine Bestätigung der Sprachschule "Z" in U vom 26. Jänner 2008, die Frau Z bescheinigt, einen elfmonatigen Deutschkurs mit den Noten Gut und Sehr Gut absolviert zu haben.

Mit Einkommensteuerbescheid (Arbeitnehmerveranlagung) 2009 vom 8. November 2010 setzte das Finanzamt das Einkommen ohne Berücksichtigung einer außergewöhnlichen Belastung mit 35.102,46 € an, sodass sich nach Abzug der Absetzbeträge eine Einkommensteuer von 9.488,62 € ergab. Begründend wurde ausgeführt, dass die beantragten Kinderbetreuungskosten nicht berücksichtigt würden, da die Betreuungsperson über keine ausreichende pädagogische Ausbildung verfüge.

Der Bw. erhob mit Schreiben vom 3. Dezember 2010 dagegen Berufung und beantragte die Kosten für die Kinderbetreuung in Höhe von insgesamt 1.760,00 € zu berücksichtigen. Begründend führte der Bw. aus, dass eine pädagogische Ausbildung im Ausmaß von acht Stunden nachgewiesen werden müsse (z.B. durch den Besuch eines Babysitterkurses), um die Kinderbetreuungskosten steuerlich absetzen zu können. Die Betreuungsperson habe im Rahmen ihres Universitätsstudiums die Wahlfächer Erziehungswissenschaften und Psychologie absolviert. Beide Fächer seien mit zwei Semesterwochenstunden bewertet. Dies bedeute jedoch nicht, dass diese einfach zu addieren seien (also im Ergebnis vier Stunden), sondern dass zumindest über ein ganzes Studiensemester diese Lehrveranstaltungen besucht und auch erfolgreich abgeschlossen worden seien. Die daraus resultierende Gesamtstundenzahl sei daher jedenfalls und bedeutend höher als die geforderten acht Stunden. Somit sei die erforderliche pädagogische Ausbildung nachgewiesen.

Die Referentin richtete am 4. Mai 2011 folgenden Vorhalt an den Bw.:

"In Österreich werden für über 21-jährige Aupair-Kräfte achtstündige Spezialkurse in Kinderbetreuung (Ausbildung zur pädagogisch qualifizierten Person) angeboten, die die Entwicklung des Kindes, Kommunikation mit dem Kind, Spielpädagogik, Ernährung, Unfallverhütung, erste Hilfe etc. zum Gegenstand haben (siehe Beilagen). Die Universitätsausbildung Biologie, Qualifikation Zoologie, ist sachfremd, da sie mit Kinderbetreuung und Kindererziehung nichts zu tun hat. Die Aupair-Kraft hat im Rahmen ihres Studiums nicht näher spezifizierte Kurse in Erziehungswissenschaft bzw. Psychologie absolviert. Dieser Nachweis reicht nicht aus, um von einer (in Bezug auf Kinderbetreuung) pädagogisch qualifizierten Person zu sprechen. Für die Anerkennung der Kinderbetreuungskosten als außergewöhnliche Belastung ist unbedingt erforderlich, dass Sie nachweisen, dass die Aupair-Kraft über eine solche Qualifikation, wie im o.a. Spezialkurs vermittelt wurde, verfügt hat. Ansonsten können die als außergewöhnliche Belastung geltend gemachten Kinderbetreuungskosten leider nicht anerkannt werden."

Beigelegt wurden detaillierte Kursbeschreibungen zum Spezialkurs Kinderbetreuung der "abc-Kinderbetreuung" und des "Berufsförderungsinstituts OÖ".

Der Vorhalt blieb unbeantwortet.

Über die Berufung wurde erwogen:

Thema ist hinsichtlich der Einkommensteuer 2009 die Absetzbarkeit von Kinderbetreuungskosten als außergewöhnliche Belastung iSd § 34 Abs. 9 EStG 1988 ohne Berücksichtigung eines Selbstbehalts.

Unstrittig ist, dass Frau Z Biologie, Qualifikation Zoologie, in der Mongolei studiert hat und u.a die Wahlfächer Erziehungswissenschaften, Psychologie und Philosophie absolviert hat, alle ca. im Ausmaß von 2 Kreditstunden.

Der Bw. stützt seine Argumentation darauf, dass es sich dabei um eine (in Bezug auf Kinderbetreuung) pädagogisch qualifizierte Person gehandelt hat.

Strittig ist, ob der Bw. die Kinderbetreuungskosten für die Söhne M und A iHv. 1.740,00 € als außergewöhnliche Belastung iSd. des im Zuge des StRefG 2009 neu eingeführten § 34 Abs. 9 EStG 1988 absetzen kann (Ansicht des Bw.) oder nicht (Ansicht des Finanzamtes).

Gemäß § 34 Abs. 9 EStG 1988 (i.d.F. BGBl. I Nr. 79/2009) gelten Aufwendungen für die Betreuung von Kindern bis höchstens 2.300 € pro Kind und Kalenderjahr unter folgenden Voraussetzungen als außergewöhnliche Belastung:

1. Die Betreuung betrifft (u.a.) ein Kind i.S.d. § 106 Abs. 1.

2. Das Kind hat zu Beginn des Kalenderjahres das zehnte Lebensjahr noch nicht vollendet.

3. Die Betreuung erfolgt in einer öffentlichen institutionellen Kinderbetreuungseinrichtung oder in einer privaten institutionellen Kinderbetreuungseinrichtung, die den landesgesetzlichen Vorschriften über Kinderbetreuungseinrichtungen entspricht, oder durch eine pädagogisch qualifizierte Person, ausgenommen haushaltszugehörige Angehörige.

4. Der Steuerpflichtige gibt in der Einkommensteuererklärung die Betreuungskosten unter Zuordnung zu der Versicherungsnummer ( 31 ASVG) oder der Kennnummer der Europäischen Krankenversicherungskarte (§ 31 a ASVG) des Kindes an.

Gemäß § 34 Abs. 6 EStG können Aufwendungen für die Kinderbetreuung i.S.d. Abs. 9 ohne Berücksichtigung des Selbstbehaltes abgezogen werden.

Im gegenständlichen Fall machte der Bw. im Jahr 2009 Kosten für Kinderbetreuung durch ein Aupair-Kraft geltend.

Zu klären ist, ob es sich bei der Aupair-Kraft um eine (in Bezug auf Kinderbetreuung) pädagogisch qualifizierte Person iSd. § 34 Abs. 9 Z 3 gehandelt hat.

Das Bundesministerium für Finanzen beurteilt als "qualifizierte Personen" jene Personen, die eine Ausbildung und Weiterbildung zur Kinderbetreuung und Kindererziehung oder Elternbildung im Mindestausmaß von 8 bzw. (wenn das 21. Lebensjahr noch nicht vollendet ist) von 16 Stunden nachweisen können (BMF-010222/0220-VI/7/2009 vom 4.12.2009).

Gerade für Aupair-Kräfte werden in Österreich Spezialseminare angeboten, z.B. von der "abc-Kinderbetreuung", vom "Berufsförderungsinstitut OÖ" und von anderen Institutionen, die die Entwicklung des Kindes, Kommunikation mit dem Kind, Spielpädagogik, Ernährung, Unfallverhütung, erste Hilfe etc. zum Gegenstand haben.

Die Referentin folgt der Ansicht des Bundesministeriums für Finanzen, dass die steuerliche Anerkennung der Kinderbetreuungskosten als außergewöhnliche Belastung nur dann möglich ist, wenn der Bw. nachweist, dass die Aupair-Kraft über eine solche Qualifikation wie im oben angeführten Spezialkurs verfügt hat.

Der Bw. wurde im Rahmen seiner Mitwirkungspflicht aufgefordert einen solchen Nachweis zu erbringen. Dem ist der Bw. nicht nachgekommen.

Bei der Universitätsausbildung Biologie handelt es sich um eine sachfremde Materie, da sie mit Kinderbetreuung und Kindererziehung nichts zu tun hat.

Der Nachweis der Absolvierung nicht näher spezifizierter Kurse in Erziehungswissenschaften, Psychologie und Philosophie im Rahmen des Biologiestudiums reicht nicht aus, um von einer (in Bezug auf Kinderbetreuung) pädagogisch qualifizierten Person zu sprechen.

Der Tatbestand des § 34 Abs. 9 Z 3 EStG 1988 in der Fassung StRefG 2009 ist nicht erfüllt. Daher können die geltend gemachten Kinderbetreuungskosten iHv. 1.740,00 € nicht als außergewöhnliche Belastung ohne Berücksichtigung eines Selbstbehaltes in Abzug gebracht werden.

Aus den oben angeführten Gründen war der Berufung der Erfolg zu versagen.

Linz, am 16. Juni 2011

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht

betroffene Normen:

§ 34 Abs. 6 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 34 Abs. 9 Z 3 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988

Schlagworte:

außergewöhnliche Belastung, ohne Selbstbehalt, Kinderbetreuungskosten, Aupair-Kraft

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