Kein Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn Mutter mit Kind nach Griechenland auswandert und Vater im Inland lebt, jedoch nicht in den persönlichen Anwendungsbereich der VO 1408/71 fällt.
Beachte:
VwGH-Beschwerde zur Zl. 2011/16/0189 eingebracht. Mit Erk. v. 27.9.2012 wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben. Fortgesetztes Verfahren mit BE zur Zl. RV/2949-W/12 erledigt.
Entscheidungstext
Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw, vom 28. Oktober 2003 gegen den Bescheid des Finanzamtes Baden Mödling vom 22. Oktober 2003 betreffend Familienbeihilfe entschieden:
Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.
Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.
Entscheidungsgründe
Der UFS wies mit Entscheidung vom 30.6.2005, RV/0728-W/05, die Berufung der Bw betreffend Rückforderung von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag für den Zeitraum Jänner 1998 bis Oktober 2003 für die Tochter N. ab und stellte im Erwägungsteil folgenden Sachverhalt fest.
"Die Berufungswerberin (Bw.) ist österreichische Staatsbürgerin und Mutter zweier Töchter, N. , geb am 1991 , und M., geb am 2003 .
Die Bw wohnt seit Sommer 1997 ständig in Griechenland und nicht mehr in Österreich. Der Mittelpunkt der Lebensinteressen befindet sich seit diesem Zeitpunkt in Griechenland, wo die Bw mit ihren Kindern einen Wohnsitz hat und lebt. Die Tochter N. besucht seit Herbst 1997 in Griechenland die Schule und hält sich seitdem ständig in Griechenland auf. Die Tochter M. wurde in Griechenland (Zakynthos) geboren und hat einen griechischen Mutter-Kind Pass. Ihr Vater ist griechischer Staatsbürger.
Bis 2001 stand die Bw in Griechenland weder in einem Beschäftigungsverhältnis noch war sie arbeitslos gemeldet. Ihr Lebensunterhalt wurde iW von Verwandten und aus Ersparnissen bestritten.
Seit Sommer 2001 ist sie als Reiseleiterin eines griechischen Unternehmens, das für B-Reisen Tagesausflüge durchführt, nichtselbständig beschäftigt, und zwar jeweils von Mai bis Anfang Oktober jeden Jahres.
Die Tochter N. hat sich in den Ferien (Sommer und Weihnachten) überwiegend in Österreich bei Verwandten der Bw aufgehalten und dabei auch ihren unterhaltspflichtigen Vater H.S., der österr Staatsbürger ist und hier lebt und arbeitet, besucht.
Die Bw hat im Inland einen weiteren Wohnsitz, der von ihr kaum benutzt wird."
Ausgehend von diesem Sachverhalt vertrat der UFS die Ansicht, die Voraussetzungen des § 2 Abs 8 Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl Nr 376/1967 idgF (FLAG), wonach Personen mit einem Wohnsitz sowohl im Bundesgebiet als auch im Ausland nur dann Anspruch auf Familienbeihilfe haben, wenn der Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen im Bundesgebiet liegt und sich die Kinder ständig im Bundesgebiet aufhalten, lägen nicht vor, da die Bw den Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen und die Tochter N. den ständigen Aufenthalt im Streitzeitraum in Griechenland habe.
Gemäß Judikatur des VwGH sei einer Person, die den Mittelpunkt der Lebensinteressen im Ausland habe, auch die Ausgleichszahlung nach § 4 FLAG zu versagen.
Nach den Bestimmungen des FLAG bestehe daher kein Anspruch auf Familienbeihilfe.
Aber auch die Verordnung (EWG) 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern idgF (VO) sei nicht anzuwenden. Sie gelte grs für alle Bürger der Union, die einer selbständigen oder nichtselbständigen Tätigkeit nachgehen, sowie für Arbeitslose und Hinterbliebene. Bis zum Beschäftigungsbeginn der Bw im Sommer 2001 könne die VO daher nicht zur Anwendung gelangen. Nach Beschäftigungsbeginn sei die VO zwar grs anwendbar und gelte auch für Familienleistungen wie die Familienbeihilfe, allerdings gelte hier das Beschäftigungslandprinzip. Habe eine Person den Mittelpunkt der Lebensinteressen in einem Mitgliedstaat und übe sie nur dort eine Beschäftigung aus, so würden nur die innerstaatlichen Rechtsvorschriften dieses Mitgliedstaates gelten. Die Art 72a ff) der VO (EWG) 1408/71 , die die Familienleistungen behandelten, seien allesamt nicht anwendbar, da im ggstdl Fall nur ein Mitgliedstaat betroffen und kein Inlandsbezug gegeben sei. Ein Anknüpfungspunkt, weshalb die Bw auf Grund zwingender Anwendungen österreichischer Rechtsvorschriften laut zit VO Familienleistungen von Österreich erhalten sollte, könne nicht erblickt werden.
Die Bw legte Beschwerde beim VwGH ein und berief sich für den Zeitraum 1.1.1998 bis Sommer 2001 auf Art 73 VO, welcher bestimme, dass ein Arbeitnehmer, der den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats (MS) unterliege, für seine Familienangehörigen, die im Gebiet eines anderen MS wohnten, Anspruch auf Familienleistungen nach den Rechtsvorschriften des ersten Staates habe, als ob diese Familienangehörigen im Gebiete dieses Staates wohnten. Die Beschwerdeführerin (Bf) hätte als geschiedene Ehegattin eines Arbeitnehmers, der den Rechtsvorschriften Österreichs und damit eines MS unterliege, aG des Art 73 der VO im MS der Beschäftigung Anspruch auf eine Leistung wie die Familienbeihilfe.
Für den Zeitraum Sommer 2001 bis 31.10.2003 folge der Anspruch auf Familienbeihilfe aus den mit der Unionsbürgerschaft verbundenen Rechten der Bf., insbesondere dem Recht auf Freizügigkeit.
Der VwGH fasste am 25. Juni 2008, Zl EU 2008/0002, den Beschluss, dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) gemäß Art 234 EG-Vertrag folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:
"1. Ergibt sich aus der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 ...., dass die nicht berufstätige geschiedene Ehefrau eines in Österreich wohnhaften und nichtselbständig tätigen Mannes ihren Anspruch auf Familienbeihilfe (für ein Kind) gegenüber Österreich beibehält, wenn sie in einem anderen Mitgliedstaat einen Wohnsitz begründet und dorthin den Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen verlegt, und wenn sie dort weiterhin nicht berufstätig ist?
2. Kommt für die Beantwortung der Frage 1. dem Umstand Bedeutung zu, dass Österreich, wo der geschiedene Ehemann verbleibt und er ausschließlich wohnhaft und berufstätig ist, diesem Mann unter bestimmten Voraussetzungen den Anspruch auf Familienbeihilfe (für das Kind) einräumt, wenn der Anspruch der geschiedenen Ehefrau nicht mehr besteht?
3. Ergibt sich aus der Verordnung ein Anspruch der geschiedenen Ehefrau auf Familienbeihilfe (für das Kind) gegenüber Österreich, wo der geschiedene Mann und Kindesvater wohnhaft und berufstätig ist, wenn gegenüber den in der Frage 1. angegebenen Verhältnissen dadurch eine Änderung eintritt, dass die Ehefrau im neuen Mitgliedstaat eine Berufstätigkeit aufnimmt?"
Der EuGH beantwortete mit Urteil vom 26.11.2009, Zl C-363/08 die Fragen wie folgt.
1. Art. 73 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern, in der durch die Verordnung (EG) Nr. 118/97 des Rates vom 2. Dezember 1996 geänderten und aktualisierten Fassung ist dahin auszulegen, dass eine geschiedene Person, die von dem zuständigen Träger des Mitgliedstaats, in dem sie gewohnt hat und in dem ihr früherer Ehegatte weiterhin lebt und arbeitet, Familienbeihilfe erhalten hat, für ihr Kind, sofern es als Familienangehöriger des früheren Ehegatten im Sinne von Art. 1 Buchst. f Ziff. i dieser Verordnung anerkannt ist, den Anspruch auf diese Beihilfe beibehält, obwohl sie diesen Staat verlässt, um sich mit ihrem Kind in einem anderen Mitgliedstaat niederzulassen, in dem sie nicht berufstätig ist, und obwohl der frühere Ehegatte die betreffende Beihilfe in seinem Wohnmitgliedstaat beziehen könnte.
2. Übt eine Person, die sich in einer Situation wie derjenigen der Beschwerdeführerin des Ausgangsverfahrens befindet, im Mitgliedstaat ihres Wohnsitzes eine Berufstätigkeit aus, die tatsächlich einen Anspruch auf Familienleistungen begründet, so ruht gemäß Art. 76 der Verordnung Nr. 1408/71 in der durch die Verordnung Nr. 118/97 geänderten und aktualisierten Fassung der Anspruch auf die nach den Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats, in dem ihr früherer Ehegatte berufstätig ist, geschuldeten Familienleistungen bis zur Höhe des in den Rechtsvorschriften ihres Wohnmitgliedstaats vorgesehenen Betrags.
Der VwGH hob mit Erkenntnis vom 2.2.2010, Zl 2009/15/0204, den Bescheid des UFS wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts auf und führte im Erwägungsteil iW aus:
"Der Beschwerdeführerin wurde für ihre Tochter N. im Streitzeitraum die Familienbeihilfe gewährt. Ihr früherer Ehemann wohnt in Österreich, ist hier berufstätig, ist als Vater N zu deren Unterhalt verpflichtet und ist dieser Unterhaltspflicht nicht nachgekommen. Das Kind, für welches die Leistung gewährt wurde, ist auch im Sinne der VO Familienangehöriger des geschiedenen Ehemannes der Beschwerdeführerin. Der Beschwerdefall fällt somit in den Anwendungsbereich der VO. Nach Punkt 1 des Tenors des Urteiles des EuGH hat die Beschwerdeführerin unter den hier gegebenen Umständen den Anspruch auf die Familienbeihilfe beibehalten, solange sie in Griechenland nicht berufstätig ist. Bis zur Aufnahme einer Berufstätigkeit der Beschwerdeführerin in Griechenland bestand ihr Anspruch zu Recht mit der Folge, dass die Rückforderung der Leistung rechtswidrig ist.
Nach Punkt 2 des Tenors des Urteils des EuGH ist ab dem Zeitpunkt der Aufnahme einer Berufstätigkeit der Beschwerdeführerin in Griechenland zunächst zu prüfen, ob diese Tätigkeit in Griechenland einen Anspruch auf Familienleistungen nach dem Recht Griechenlands begründet. Begründet diese Tätigkeit in Griechenland keinen Anspruch auf Familienleistungen nach griechischem Recht, so hat diese Tätigkeit keinen Einfluss auf den Anspruch der Beschwerdeführerin auf die österreichische Familienleistung und wäre auch in diesem Fall die Rückforderung der gegenständlichen Leistung für diesen Zeitraum rechtswidrig. Würde die Berufstätigkeit der Beschwerdeführerin in Griechenland einen Anspruch auf Familienleistungen nach griechischem Recht begründen, würde dies zu einem Ruhen des Anspruches auf Familienbeihilfe bis zur Höhe des nach den griechischen Vorschriften vorgesehenen Betrages führen. Erreichte die Familienleistung nach den griechischen Vorschriften die Höhe der gegenständlichen Familienleistung, würde diese zur Gänze geruht haben und wäre in diesem Zeitraum der Rückforderungsanspruch begründet. Wäre die griechische Familienleistung niedriger als die tatsächlich von Österreich gewährte Familienleistung, würde nur in diesem Ausmaß die Familienbeihilfe samt Kinderabsetzbetrag ruhen und in diesem Ausmaß rückforderbar sein. ..."
Der UFS forderte mit Vorhalt vom 5.5.2010 die Bw auf, uA folgende Fragen zu beantworten und die Bw beantwortete diese mit Telefax vom 29.6.2010 wie folgt.
Frage: Weisen Sie durch geeignete Unterlagen nach, dass der Kindesvater H.S. für N. in welcher Höhe unterhaltspflichtig ist.
Antwort: Es gibt keine Unterlagen.
Frage: Welche Beträge an Unterhalt hat der Kindesvater im Streitzeitraum gezahlt?
Antwort: Minimale Unterstützung ab 2000.
Frage: War der Kindesvater im Streitzeitraum Ihres Wissens nach in Österreich sozialversichert?
Antwort: Privatversichert.
Frage: War der Kindesvater im Streitzeitraum Ihres Wissens nach in Österreich beschäftigt oder arbeitslos? Wann war er beschäftigt? Wann war er arbeitslos?
Antwort: Nein.
Frage: In welchem Zeitraum genau waren Sie in Griechenland berufstätig?
Antwort: Ich war ab Mai 2001 bis Oktober 2001, Mai 2002 bis Oktober 2002, Mai 2003 bis Oktober 2003 bei P. Travel ... tätig. Ab Oktober 2002 bis März 2003 und Oktober 2003 - März 2004 arbeitslos gemeldet.
Frage: Wie hoch war Ihr Einkommen aus dieser Berufstätigkeit:
Antwort: ca. 750 Euro/Monat
Frage: Waren Sie selbständig oder nichtselbständig berufstätig?
Antwort: Nichtselbständig
Frage: Waren Sie in Griechenland sozialversichert?
Antwort: Ab Mai 2001
Frage: Haben Sie in Griechenland Familienbeihilfe für N. bezogen?
Antwort: Nein
Frage: ... Hatten Sie in Griechenland im Streitzeitraum Ihrer Ansicht nach Anspruch auf griechische Familienbeihilfe für N. ?
Antwort: ?
Darüber hinaus führte die Bw aus:
"Beiliegend Zeugnisse von N.J. ... Die Schulzeugnisse sind natürlich griechisch. Mittlerweile studiert N.J. an der Universität Patra Mathematik. Beweis genug, dass sie ihrer Schulpflicht nachgekommen ist.
H.S. hat nie wirklich bezahlt in diesem Zeitraum."
Beigelegt waren Unterlagen in griechischer Sprache, welche offenbar N. betreffen, weiters die Geburtsurkunde von N. und ein Sorgerechtsbeschluss vom 17.12.2002, wonach die alleinige Obsorge für N. der Bw zusteht.
Der UFS forderte weiters mit Schreiben vom 29.6.2010 vom Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger einen Datenauszug des H. S. an.
Dieser wurde am 5.7.2010 übermittelt. Demnach war H. S. ab 1.1.1994 bis laufend gem § 16 ASVG in der Krankenversicherung selbstversichert.
Der UFS stellte mittels Auskunftsersuchens vom 29.11.2010 folgende Fragen an H. S. .
"1. Waren Sie im Zeitraum von 1.1.1998 - 31.10.2003 nichtselbständig beschäftigt, arbeitslos oder selbständig tätig?
2. Waren Sie in diesem Zeitraum sozialversichert (Unfall-, Kranken-, Pensionsversicherung?) Handelte es sich um eine Pflichtversicherung oder eine freiwillige Versicherung?
3. Waren Sie im genannten Zeitraum für mj N.J. unterhaltspflichtig? Wenn ja, in welcher Höhe? Weisen Sie dies durch geeignete Unterlagen nach zB Scheidungsvergleich oÄ.
4. Haben Sie in diesem Zeitraum Unterhalt für N. geleistet? Wenn ja, in welcher Höhe? Weisen Sie dies durch geeignete Unterlagen nach zB Kontoauszüge. Wenn nein, warum nicht?"
Hr S. beantwortete den Vorhalt wie folgt:
"... Ich machte im genannten Zeitraum eine Ausbildung zum Lebensberater und war selbst versichert. Während dieses Zeitraums unterstützten mich mein Vater PS. und meine Lebensgefährtin. Ich war in diesem Zeitraum für N.J. unterhaltspflichtig und zahlte ca € 250,-- monatlich. Sende Ihnen in der Beilage handschriftliche Zahlungsbestätigungen von R.S. , da ich ihr das Geld meistens bar gegeben habe, wenn sie in Österreich war. ..."
Beigelegt war ein Beschluss über die Scheidung der Ehe im Einvernehmen der R. S. und des H. S. vom 6.12.1989; ferner waren diverse handschriftliche Bestätigungen der R. S. betreffend erhaltene Unterhaltszahlungen für N. J. und den Verzicht auf weitere Forderungen, sowie zwei Überweisungsbelege über bezahlte Geldbeträge des H. S. an R. S..
Mit Schreiben vom 16.12.2000 forderte der UFS die Bw auf, nachstehende Fragen zu beantworten und allenfalls Unterlagen vorzulegen:
"1. Laut Versicherungsdatenauszug der österreichischen Sozialversicherung war Hr H.S. im Zeitraum von 1.1.1998 - 31.10.2003 in der Krankenversicherung gem § 16 ASVG selbstversichert. Diese Möglichkeit besteht für Personen, die nicht in einer gesetzlichen Krankenversicherung pflichtversichert sind. Demnach war Hr S. in diesem Zeitraum weder beschäftigt noch arbeitslos. Auch nach seiner eigenen Auskunft war er selbst versichert.
Um Stellungnahme wird gebeten!
2. Laut Ihrer Auskunft erhielten Sie von Hrn S. an Unterhaltsbeiträgen "minimale Unterstützung ab 2000."
Laut vorliegenden und Ihnen in Kopie übermittelten Bestätigungen (Beilagen 1 - 5) erhielten Sie jedenfalls ab 2000 regelmäßige Unterhaltsleistungen und stellten für den zurückliegenden Zeitraum keine weiteren Forderungen.
Um Stellungnahme wird gebeten!
3. Von wem wurde festgestellt, dass Hr S. für mj N.J. unterhaltspflichtig ist und in welcher Höhe?
Sollte die Unterhaltspflicht niemals behördlich festgestellt worden sein, auf welchen monatlichen Betrag, der ab wann zu zahlen ist, haben Sie sich mit Hrn S. geeinigt?
Wurde eine schriftliche Vereinbarung darüber aufgesetzt?
Hätten Sie den Betrag von Hrn S. einklagen können?
Wurde die Vaterschaft von Hrn S. anerkannt oder festgestellt?
Bitte um Vorlage allfälliger Unterlagen!"
Die Bw beantwortete den Vorhalt mit Schreiben vom 3.1.2011 wie folgt:
"...1. Laut meines Wissens ist Herr S.H. als Künstler privat versichert.
2. Wie gesagt habe ich kleinere Beträge, oder Entschädigung (Auto im Wert von max. 1000 Euro) ab 2000 bekommen. Um den Frieden zu sichern, habe ich keine weiteren Forderungen gestellt oder gerichtliche Schritte unternommen und ihm die Zahlungsbestätigungen unterschrieben.
3. H.S. ist Vater von N.J., was die Geburtsurkunde bestätigt. Ist mitversichert.
- es wurde nie ein Betrag festgesetzt
- keine schriftliche Vereinbarung
- meines Wissens nach ja, aber schwierig, da er kein regelmäßiges Einkommen hat und ich mich im Ausland aufhalte
- Vaterschaft laut Geburtsurkunde und mitversichert mit Hr S. ..."
Beigelegt war die E-Card der N. J..
Über die Berufung wurde erwogen:
Folgender Sachverhalt steht fest.
Die Berufungswerberin (Bw) ist österreichische Staatsbürgerin und Mutter zweier Töchter, N., geb am 1991, und M., geb am 2003.
Die Bw wohnt seit Sommer 1997 ständig in Griechenland und nicht mehr in Österreich. Der Mittelpunkt der Lebensinteressen befindet sich seit diesem Zeitpunkt in Griechenland, wo die Bw mit ihren Kindern einen Wohnsitz hat und lebt. Die Tochter N. besucht seit Herbst 1997 in Griechenland die Schule und hält sich seitdem ständig in Griechenland auf. Die Tochter M. wurde in Griechenland (Zakynthos) geboren und hat einen griechischen Mutter-Kind Pass. Ihr Vater ist griechischer Staatsbürger.
Bis 2001 stand die Bw in Griechenland weder in einem Beschäftigungsverhältnis noch war sie arbeitslos gemeldet. Ihr Lebensunterhalt wurde iW von Verwandten und aus Ersparnissen bestritten.
Seit Mai 2001 ist sie als Reiseleiterin eines griechischen Unternehmens, das für B-Reisen Tagesausflüge durchführt, nichtselbständig beschäftigt, und zwar jeweils von Mai bis Anfang Oktober jeden Jahres. Seit Mai 2001 ist sie in Griechenland aG der beschriebenen Tätigkeit durchgehend sozialversichert.
Die Tochter N. ist bei ihrer Mutter in Griechenland haushaltszugehörig. Sie hat sich nur in den Ferien (Sommer und Weihnachten) oft in Österreich bei Verwandten der Bw aufgehalten und dabei auch ihren Vater H. S., der österr Staatsbürger ist und hier lebt, besucht.
Die Ehe der Bw mit Hrn S. wurde mit Beschluss des Bezirksgerichts F. am 6.12.1989 im Einvernehmen mit der Wirkung geschieden, dass sie mit Eintritt der Rechtskraft seit Dezember.1989 aufgelöst ist. Für das am 1991 geborene gemeinsame Kind N. J. wurde kein Unterhalt festgesetzt und es gibt auch keine schriftliche Vereinbarung zwischen der Bw und Hrn S. über zu leistende Unterhaltszahlungen. Hr S. zahlte für N. im Streitzeitraum Jänner 1998 bis Oktober 2003 freiwillige monatliche Unterhaltsbeträge an die Bw in unterschiedlicher Höhe.
Herr S. war letztmalig vom 3.6.1991 bis 27.9.1991 als Arbeiter nichtselbständig beschäftigt. Vom 24.2.1992 bis 31.8.1992 erhielt er Arbeitslosengeldbezug. Seitdem und somit auch im gesamten Streitzeitraum ist er weder nichtselbständig noch selbständig tätig. Er ist auch weder arbeitslos gemeldet noch geringfügig beschäftigt oder Student.
Seit 1.1.1994 ist er in der Krankenversicherung gem § 16 ASVG freiwillig selbstversichert. Dies ist der einzige Zweig der sozialen Sicherheit, in dem er versichert ist.
Im Streitzeitraum bestritt er seinen Lebensunterhalt durch Unterstützungen seines Vaters und seiner Lebensgefährtin.
Die Bw hat im Inland einen weiteren Wohnsitz, der jedoch von ihr kaum benutzt wird.
Der festgestellte Sachverhalt beruht auf folgender Beweiswürdigung.
Die persönlichen Verhältnisse der Bw sind unstrittig und beruhen auf ihren Angaben. Die Bw führt selbst aus, dass sie seit Sommer 1997 ständig in Griechenland mit ihren Kindern lebt und seit Mai 2001 (jeweils bis Oktober) einer nichtselbständigen Tätigkeit in Zakynthos nachgeht. Daher befindet sich der Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen in Griechenland, da sie und die Kinder dort wohnen, N. dort zur Schule geht, M. einen griechischen Mutter-Kind Pass besitzt und die Bw dort erwerbstätig ist. Die Kinder halten sich ständig in Griechenland auf. Der Ferienaufenthalt von N. in Österreich beträgt maximal drei Monate (mindestens 9 Monate in Griechenland) und stellt daher keinen ständigen Aufenthalt dar. Die Bw hat wirtschaftlich und persönlich das stärkste Naheverhältnis zu Griechenland.
Der Beschluss über die Scheidung der Ehe im Einvernehmen ist aktenkundig. Unbestritten und durch die Geburtsurkunde von N. erwiesen ist die Vaterschaft von Hrn S..
Dass für N. kein Unterhalt festgesetzt wurde und es auch keine schriftliche Vereinbarung über zu leistende Unterhaltszahlungen gibt, beruht auf dem übereinstimmenden Vorbringen der Bw und des Hrn S.. Dass Hr S. freiwillig monatliche Unterhaltsbeträge in unterschiedlicher Höhe zahlte, ist durch die vorgelegten Bestätigungen, unterschrieben von der Bw, wonach sie Unterhaltszahlungen erhalten habe und durch die vorgelegten Überweisungsbelege evident. Dass die Bw die Bestätigungen nur unterschrieben habe, um den "Frieden zu sichern", wie sie selbst ausführt, ist nicht glaubhaft; es ist davon auszugehen, dass die Bw über die Rechtswirkungen ihrer Handlungen durch ihre Unterschrift Bescheid weiß, was sie auch durch ihr gesamtes Vorbringen im Verfahren unter Beweis gestellt hat.
Dass Hr S. weder beschäftigt noch arbeitslos noch Student ist, ist seinem eigenen Vorbringen und dem vom UFS angeforderten Datenauszug der Sozialversicherung zu entnehmen. Diese Tatsache wird über Vorhalt auch von der Bw bestätigt, wenn sie ausführt, Hr S. sei "ihres Wissens als Künstler selbst versichert".
Dass Hr S. nur in der Krankenversicherung gem § 16 ASVG freiwillig selbstversichert ist, ist dem übereinstimmenden Vorbringen der Bw und des Hrn S. sowie dem übermittelten Datenauszug der Sozialversicherung zu entnehmen.
Die im später aufgehobenen Bescheid des UFS vom 30.6.2005, RV/728-W/05, getroffene Feststellung, Hr S. arbeite in Österreich, wird nicht mehr aufrecht gehalten, da die nunmehr durchgeführten Ermittlungen des UFS ohne jeden Zweifel zu den hier getroffenen Feststellungen führen.
Auch die im weiteren Verfahren vor dem VwGH angeführte Feststellung, (die ausschließlich auf den Angaben der Bw beruhte), Hr S. sei für N. unterhaltspflichtig, er zahle aber keinen Unterhalt, kann in dieser Form aG der durchgeführten umfangreichen Ermittlungen des UFS nicht mehr aufrecht gehalten werden.
Aus rechtlicher Sicht ist auszuführen wie folgt.
Einleitend ist auszuführen, dass die Verwaltungsbehörden gem § 63 Abs 1 VwGG in dem Fall einer Bescheidaufhebung durch den VwGH verpflichtet sind, in dem betreffenden Fall den der Rechtsanschauung des VwGH entsprechenden Rechtszustand herzustellen.
Gemäß § 42 Abs 3 VwGG tritt durch die Aufhebung des angefochtenen Bescheides die Rechtssache in die Lage zurück, in der sie sich vor Erlassung des angefochtenen Bescheides befunden hatte.
Dies bedeutet, dass der UFS im Rahmen seiner amtswegigen Ermittlungspflicht gem § 115 Abs 1 BAO die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse zu ermitteln hat, die für die Abgabepflicht wesentlich sind.
Der UFS hat gem § 289 Abs 2 BAO in der Sache selbst zu entscheiden. Er ist berechtigt, den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, aufzuheben oder die Berufung als unbegründet abzuweisen.
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist daher die Behörde bei der Fällung eines Ersatzbescheides durch das aufhebende Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes nur im Rahmen des seinerzeit angenommenen, und das ist des in der Entscheidung verwerteten Sachverhaltes und nur in den Fragen, zu denen der Verwaltungsgerichtshof eine Rechtsansicht geäußert hat, gebunden. (S zB VwGH 2010/16/0131 v 29.9.2010).
Der nunmehr ermittelte Sachverhalt wurde im ersten Verfahren vom UFS rechtsirrig als unerheblich für die Entscheidung angesehen. Nach dem Erkenntnis des VwGH und den Ausführungen des EuGH ist es aber sehr wohl erheblich, ob Hr S. unter den Anwendungsbereich der VO fällt und sein Kind somit sein Angehöriger sein kann.
Es ist dem UFS daher in dieser Hinsicht nicht verwehrt, gemäß § 289 Abs. 2 BAO den Fall von einem neuen Gesichtspunkt aus, unter Heranziehung anderer Sachverhaltselemente zu beurteilen und den Ersatzbescheid auf weitere, zwar im Zeitpunkt der Erlassung des aufgehobenen Vorbescheides schon vorhandene, seinerzeit aber noch nicht verwertete Gründe zu stützen.
Im ggstdl Fall ist durch die durchgeführten Ermittlungen ein anderer Sachverhalt als im Erstbescheid (beruhend auf dem Vorbringen der Bw) angenommen, hervorgekommen. Es hat sich der für die Entscheidung maßgebende Sachverhalt geändert, sodass insoweit die Bindungswirkung des aufhebenden VwGH Erkenntnisses nicht mehr gegeben ist.
Der UFS ist daher verpflichtet, den nunmehr festgestellten Sachverhalt der rechtlichen Beurteilung zu unterziehen.
Diesbezüglich ist auszuführen wie folgt.
Die für den vom Streit betroffenen Zeitraum maßgebenden Bestimmungen des nationalen Rechtes lauten:
Die maßgeblichen Bestimmungen des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl Nr 376/1967 idfd Streitzeitraum gF (idF FLAG) lauten:
"§ 1. Zur Herbeiführung eines Lastenausgleiches im Interesse der Familie werden die nach diesem Bundesgesetz vorgesehenen Leistungen gewährt.
§ 2. (1) Anspruch auf Familienbeihilfe haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, für - näher bezeichnete - Kinder.
§ 2. (2) Anspruch auf Familienbeihilfe für ein im Absatz 1 genanntes Kind hat die Person, zu deren Haushalt das Kind gehört. Eine Person, zu deren Haushalt das Kind nicht gehört, die jedoch die Unterhaltskosten für das Kind überwiegend trägt, hat dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn keine andere Person nach dem ersten Satz anspruchsberechtigt ist.
§ 2. (8) Personen, die sowohl im Bundesgebiet als auch im Ausland einen Wohnsitz haben, haben nur dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn sie den Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen im Bundesgebiet haben und sich die Kinder ständig im Bundesgebiet aufhalten. Eine Person hat den Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen in dem Staat, zu dem sie die engeren persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen hat.
§ 2a. (1) Gehört ein Kind zum gemeinsamen Haushalt der Eltern, so geht der Anspruch des Elternteiles, der den Haushalt überwiegend führt, dem Anspruch des anderen Elternteiles vor. Bis zum Nachweis des Gegenteils wird vermutet, dass die Mutter den Haushalt überwiegend führt.
(2) In den Fällen des Abs. 1 kann der Elternteil, der einen vorrangigen Anspruch hat, zu Gunsten des anderen Elternteiles verzichten. Der Verzicht kann auch rückwirkend abgegeben werden, allerdings nur für Zeiträume, für die die Familienbeihilfe noch nicht bezogen wurde. Der Verzicht kann widerrufen werden.
§ 3. (1) Personen, die nicht österreichische Staatsbürger sind, haben nur dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn sie im Bundesgebiet bei einem Dienstgeber beschäftigt sind und aus dieser Beschäftigung Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit oder zufolge einer solchen Beschäftigung Bezüge aus der gesetzlichen Krankenversicherung im Bundesgebiet beziehen; ...
§ 4. (1) Personen, die Anspruch auf eine gleichartige ausländische Beihilfe haben, haben keinen Anspruch auf Familienbeihilfe.
(2) Österreichische Staatsbürger, die gemäß Abs. 1 oder gemäß § 5 Abs. 5 vom Anspruch auf die Familienbeihilfe ausgeschlossen sind, erhalten eine Ausgleichszahlung, wenn die Höhe der gleichartigen ausländischen Beihilfe, auf die sie oder eine andere Person (§ 5 Abs. 5) Anspruch haben, geringer ist als die Familienbeihilfe, die ihnen nach diesem Bundesgesetz ansonsten zu gewähren wäre."
§ 5 Abs. 4, ab 1. Jänner 2001 als Absatz 3 bezeichnet, lautet:
"§ 5. (4) Kein Anspruch auf Familienbeihilfe besteht für Kinder, die sich ständig im Ausland aufhalten."
§ 5 Abs. 5, der ab 1. Jänner 2001 die Absatzbezeichnung 4 trägt, lautet:
"§ 5. (5) Kein Anspruch auf Familienbeihilfe besteht für Kinder, für die Anspruch auf eine gleichartige ausländische Beihilfe besteht. Die Gewährung einer Ausgleichszahlung (§ 4 Abs. 2) wird dadurch nicht ausgeschlossen.
§ 10. (1) Die Familienbeihilfe wird nur auf Antrag gewährt; ...
(2) Die Familienbeihilfe wird vom Anbeginn des Monats gewährt, in dem die Voraussetzungen für den Anspruch erfüllt werden. Der Anspruch auf Familienbeihilfe erlischt mit Ablauf des Monats, in dem eine Anspruchsvoraussetzung wegfällt oder ein Ausschließungsgrund hinzukommt.
§ 26. (1) Wer Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat, hat die entsprechenden Beträge zurückzuzahlen, soweit der unrechtmäßige Bezug nicht ausschließlich durch eine unrichtige Auszahlung durch eine in § 46 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 genannte Gebietskörperschaft oder gemeinnützige Krankenanstalt verursacht worden ist."
§ 53 Abs. 1, in Kraft seit 30. Dezember 2000 lautet:
"§ 53. (1) Staatsbürger von Vertragsparteien des Übereinkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) sind, soweit es sich aus dem genannten Übereinkommen ergibt, in diesem Bundesgesetz österreichischen Staatsbürgern gleichgestellt. Hiebei ist der ständige Aufenthalt eines Kindes in einem Staat des Europäischen Wirtschaftsraumes nach Maßgabe der gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen dem ständigen Aufenthalt eines Kindes in Österreich gleichzuhalten."
§ 33 Abs. 4 Z 3 lit. a und c EStG 1988 lauten:
"3.a) Einem Steuerpflichtigen, dem auf Grund des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 Familienbeihilfe gewährt wird, steht im Wege der gemeinsamen Auszahlung mit der Familienbeihilfe ab dem Jahr 2000 ein Kinderabsetzbetrag von monatlich EUR 50,90 für jedes Kind zu. Für Kinder, die sich ständig im Ausland aufhalten, steht kein Kinderabsetzbetrag zu. Wurden Kinderabsetzbeträge zu Unrecht bezogen, ist § 26 des Familienlastenausgleichsgesetzes anzuwenden.
c) Abweichend von lit. a steht im Jahr 1999 einem Steuerpflichtigen, dem auf Grund des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 Familienbeihilfe gewährt wird, im Wege der gemeinsamen Auszahlung mit der Familienbeihilfe ein Kinderabsetzbetrag von monatlich 475 S für das erste Kind, 650 S für das zweite Kind und 825 S für jedes weitere Kind zu. Für Kinder, die sich ständig im Ausland aufhalten, steht kein Kinderabsetzbetrag zu. Wurden Kinderabsetzbeträge zu Unrecht bezogen, ist § 26 des Familienlastenausgleichsgesetzes anzuwenden."
Anspruch auf Familienbeihilfe nach dem FLAG vermittelt ein Kind mit ständigem Aufenthalt in Österreich und ab 30. Dezember 2000 auch mit ständigem Aufenthalt in einem Staat des Europäischen Wirtschaftsraumes. Der Anspruch auf Familienbeihilfe steht der Person zu, die die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1, 2 und 8 FLAG erfüllt; unter hier nicht interessierenden Voraussetzungen haben auch Kinder Anspruch auf Familienbeihilfe für sich selbst. Eine Person, die im Bundesgebiet ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat, und zu deren Haushalt das Kind gehört, hat Anspruch auf Familienbeihilfe. Gehört ein Kind zum gemeinsamen Haushalt der Eltern, so geht der Anspruch des Elternteiles, der den Haushalt überwiegend führt, dem Anspruch des anderen Elternteiles vor. Bis zum Nachweis des Gegenteils wird vermutet, dass die Mutter den Haushalt überwiegend führt. Die Familienbeihilfe stellt eine Familienleistung (nach Art 4 Abs. 1 lit. h der Verordnung) dar, die Österreich den Anspruchsberechtigten - von der hier nicht in Betracht kommenden Ausnahme des § 3 Abs. 1 FLAG abgesehen - unabhängig von einem Versicherungs- oder Beschäftigungsverhältnis gewährt.
Diese Voraussetzungen für die Gewährung von Familienbeihilfe an die Beschwerdeführerin waren zu Beginn der Familienbeihilfenzahlungen an die Beschwerdeführerin gegeben. Im Jahr 1997 hat die Beschwerdeführerin sodann in Griechenland einen Wohnsitz begründet und den Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen dorthin verlegt. Für darauf folgende Zeiträume steht nach innerstaatlichem Recht (§ 2 Abs. 8 FLAG) ihrem Anspruch auf Familienbeihilfe der Umstand entgegen, dass sie in Österreich nicht mehr den Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen hat. Steht der Beschwerdeführerin der Anspruch auf Familienbeihilfe nicht zu, so besteht ein gleichartiger Anspruch für den in Österreich verbliebenen geschiedenen Ehemann und Kindesvater. Ihm käme allerdings dann kein Anspruch zu, wenn er nicht überwiegend die Unterhaltskosten für das Kind trüge.
Die Verpflichtung zur Rückzahlung von zu Unrecht bezogener Familienbeihilfe gemäß § 26 FLAG stellt ausschließlich auf objektive Momente ab. Entscheidend ist somit lediglich, ob im betroffenen Zeitraum die Anspruchsvoraussetzungen für den Bezug der Familienbeihilfe gegeben waren.
Die Bw, in deren Haushalt die Tochter N. lebt, hatte im gesamten Rückzahlungszeitraum den Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen nicht im Bundesgebiet. Unstrittig ist, dass die Bw nach innerstaatlichem Recht in diesem Zeitraum keinen Anspruch auf Familienbeihilfe gehabt hat.
Die Bw vertritt die Rechtsauffassung, dass ihr Anspruch auch nach der Verlegung des Mittelpunktes ihrer Lebensinteressen in einen anderen Mitgliedstaat aufrecht bleibt und beruft sich dabei auf die Verordnung (EWG) Nr 1408/71 (idF VO). Deren maßgebliche Bestimmungen sind anzuführen wie folgt.
In Art 1 Buchst. a der VO wird der Begriff "Arbeitnehmer" oder "Selbständiger" definiert als
"jede Person,
i) die gegen ein Risiko oder gegen mehrere Risiken, die von den Zweigen eines Systems der sozialen Sicherheit für Arbeitnehmer oder Selbständige oder einem Sondersystem für Beamte erfasst werde, pflichtversichert oder oder freiwillig weiterversichert ist;
ii) die im Rahmen eines für alle Einwohner oder die gesamte erwerbstätige Bevölkerung geltenden Systems der sozialen Sicherheit gegen ein Risiko oder gegen mehrere Risiken pflichtversichert ist, die von den Zweigen erfaßt werden, auf die diese Verordnung anzuwenden ist,
- wenn diese Person aufgrund der Art der Verwaltung oder der Finanzierung dieses Systems als Arbeitnehmer oder Selbständiger unterschieden werden kann oder
- wenn sie bei Fehlen solcher Kriterien im Rahmen eines für Arbeitnehmer oder Selbständige errichteten Systems oder eines Systems der Ziffer iii) gegen ein anderes in Anhang I bestimmtes Risiko pflichtversichert oder freiwillig weiterversichert ist oder wenn auf sie bei Fehlen eines solchen Systems in dem betreffenden Mitgliedstaat die in Anhang I enthaltene Definition zutrifft;
iii) die gegen mehrere Risiken, die von den unter diese Verordnung fallenden Zweigen erfaßt werden, im Rahmen eines für die gesamte Landbevölkerung nach den Kriterien des Anhangs I geschaffenen einheitlichen Systems der sozialen Sicherheit pflichtversichert ist;
iv) die gegen ein Risiko oder gegen mehrere Risiken, die von den unter diese Verordnung fallenden Zweigen erfaßt werden, im Rahmen eines für Arbeitnehmer, für Selbständige, für alle Einwohner eines Mitgliedstaats oder für bestimmte Gruppen von Einwohnern geschaffenen Systems der sozialen Sicherheit eines Mitgliedstaats freiwillig versichert ist,
- wenn sie im Lohn- oder Gehaltsverhältnis beschäftigt ist
oder eine selbständige Tätigkeit ausübt oder
- wenn sie früher im Rahmen eines für Arbeitnehmer oder Selbständige desselben Mitgliedstaats errichteten Systems gegen das gleiche Risiko pflichtversichert war;"
In lit c wird als "Studierender" definiert:
"jede Person außer einem Arbeitnehmer, einem Selbständigen oder einem seiner Familienangehörigen oder Hinterbliebenen im Sinne dieser Verordnung, die ein Studium oder eine Berufsausbildung absolviert, das/die zu einem von den Behörden eines Mitgliedstaats offiziell anerkannten Abschluß führt, und die im Rahmen eines allgemeinen Systems der sozialen Sicherheit oder eines auf Studierende anwendbaren Sondersystems der sozialen Sicherheit versichert ist;"
In Art 1 Buchst. f Z i der VO wird der Begriff "Familienangehöriger" definiert als
"jede Person, die in den Rechtsvorschriften, nach denen die Leistungen gewährt werden, ... als Familienangehöriger bestimmt, anerkannt oder als Haushaltsangehöriger bezeichnet ist; wird nach diesen Rechtsvorschriften eine Person jedoch nur dann als Familienangehöriger oder Haushaltsangehöriger angesehen, wenn sie mit dem Arbeitnehmer oder dem Selbständigen in häuslicher Gemeinschaft lebt, so gilt diese Voraussetzung als erfüllt, wenn der Unterhalt der betreffenden Person überwiegend von diesem bestritten wird..."
Gemäß ihrem Art 2 Abs 1 gilt die VO
"für Arbeitnehmer und Selbständige sowie für Studierende, für welche die Rechtsvorschriften eines oder mehrerer Mitgliedstaaten gelten oder galten, soweit sie Staatsangehörige eines Mitgliedstaats sind oder als Staatenlose oder Flüchtlinge im Gebiet eines Mitgliedstaats wohnen, sowie für deren Familienangehörige und Hinterbliebene."
Art 13 der VO normiert:
"(1) Vorbehaltlich des Artikels 14c unterliegen Personen, für die diese Verordnung gilt, den Rechtsvorschriften nur eines Mitgliedstaats. Welche Rechtsvorschriften dies sind, bestimmt sich nach diesem Titel.
(2) Soweit nicht die Artikel 14 bis 17 etwas anderes bestimmen, gilt Folgendes:
a) Eine Person, die im Gebiet eines Mitgliedstaats abhängig beschäftigt ist, unterliegt den Rechtsvorschriften dieses Staates, und zwar auch dann, wenn sie im Gebiet eines anderen Mitgliedstaats wohnt ..."
Art 73 der VO ("Arbeitnehmer oder Selbständige, deren Familienangehörige in einem anderen Mitgliedstaat als dem zuständigen Staat wohnen") lautet:
"Ein Arbeitnehmer oder ein Selbständiger, der den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats unterliegt, hat, vorbehaltlich der Bestimmungen in Anhang VI, für seine Familienangehörigen, die im Gebiet eines anderen Mitgliedstaats wohnen, Anspruch auf Familienleistungen nach den Rechtsvorschriften des ersten Staates, als ob diese Familienangehörigen im Gebiet dieses Staates wohnten."
Art. 76 Abs 1 der VO ("Prioritätsregeln für den Fall der Kumulierung von Ansprüchen auf Familienleistungen gemäß den Rechtsvorschriften des zuständigen Staates und den Rechtsvorschriften des Staates, in dem die Familienangehörigen wohnen"), bestimmt:
"Sind für ein und denselben Zeitraum für ein und denselben Familienangehörigen in den Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats, in dessen Gebiet die Familienangehörigen wohnen, Familienleistungen aufgrund der Ausübung einer Erwerbstätigkeit vorgesehen, so ruht der Anspruch auf die nach den Rechtsvorschriften eines anderen Mitgliedstaats gegebenenfalls gemäß Artikel 73 bzw 74 geschuldeten Familienleistungen bis zu dem in den Rechtsvorschriften des ersten Mitgliedstaats vorgesehenen Betrags."
Aus dem festgestellten Sachverhalt ergibt sich, dass die Bw die frühere Ehefrau von Hrn S. ist, der im Streitzeitraum nicht unter Art 1 der VO fällt.
Wer als Arbeitnehmer oder Selbständiger gilt, ist in Art 1 lit a VO geregelt. Demnach muss es sich um Personen handeln, die gegen ein Risiko oder gegen mehrere Risiken, die von den Zweigen eines Systems der sozialen Sicherheit für Arbeitnehmern oder Selbständige oder einem Sondersystem für Beamte erfasst werden, pflichtversichert oder freiwillig weiterversichert sind; ein im Rahmen eines für alle Einwohner oder die gesamte erwerbstätige Bevölkerung geltenden Systems der sozialen Sicherheit Versicherter ist dann erfasst, wenn diese Person aufgrund der Art der Verwaltung oder der Finanzierung dieses Systems als Arbeitnehmer oder Selbständiger unterschieden werden kann oder die in Anhang I für die einzelnen Mitgliedstaaten aufgezählten Kriterien erfüllt.
Im Wesentlichen sind somit drei Kriterien zu erfüllen:
- Die Einbeziehung als Versicherter in das soziale Sicherungssystem eines Mitgliedstaates als Pflicht- oder freiwillig Versicherter;
- Die Unterscheidbarkeit einer solchen Person in diesem System als Arbeitnehmer, Selbständiger, Beamter oder Studierender;
- Sowie die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates oder Familienangehörigkeit eines Staatsangehörigen.
Der EuGH hat den Begriff des Arbeitnehmers ursprünglich gemeinschaftsrechtlich unter Bezugnahme auf die Freizügigkeit der Arbeitnehmer interpretiert. Davon ist er mit der Zeit abgegangen und zu einem eigenen sozialversicherungsrechtlichen Anknüpfungspunkt übergegangen.
Somit betrachtet der EuGH jede Person, die auch nur gegen ein einziges Risiko bei einem der in Art 1 lit a VO genannten, allgemeinen oder besonderen Systemen der sozialen Sicherheit unabhängig vom Bestehen eines Arbeitsverhältnisses pflichtversichert oder freiwillig versichert ist, als Arbeitnehmer.
Ein freiwilliges Versicherungsverhältnis ist nur dann für die Anwendung der VO ausreichend, wenn die betreffende Person in einem Lohn- oder Gehaltsverhältnis beschäftigt ist oder eine selbständige Tätigkeit ausübt, oder unmittelbar vorher in einem Sozialversicherungssystem für Arbeitnehmer oder Selbständige gegen dasselbe Risiko pflichtversichert war (Weiterversicherung).
Entscheidend ist somit u.a., ob jemand in einem für Arbeitnehmer oder Selbständige geschaffenen System der sozialen Sicherheit pflicht- oder freiwillig versichert ist.
Die dargelegten Kriterien treffen auf Hrn S. nicht zu. Er ist weder Arbeitnehmer (auch nicht arbeitslos oder geringfügig beschäftigt) noch Selbständiger, Beamter oder Studierender. Er ist nicht in einem für Arbeitnehmer oder Selbständige geschaffenen System der sozialen Sicherheit pflicht- oder freiwillig versichert.
Hr S. war letztmals bis 27.9.1991 nichtselbständig beschäftigt. Bis 31.8.1992 erhielt er Arbeitslosengeldbezug und war bis dahin pflichtversichert.
Die ab 1.1.1994 bestehende Krankenversicherung gem § 16 ASVG ist eine freiwillige Selbstversicherung. Es handelt sich weder um eine Pflicht- noch um eine Weiterversicherung in einem für Arbeitnehmer geschaffenen System der sozialen Sicherheit.
§ 16 ASVG lautet auszugsweise:
Freiwillige Versicherung
Selbstversicherung in der Krankenversicherung
§ 16. (1) Personen, die nicht in einer gesetzlichen Krankenversicherung pflichtversichert sind, können sich, solange ihr Wohnsitz im Inland gelegen ist, in der Krankenversicherung auf Antrag selbstversichern.
...
(3) Die Selbstversicherung beginnt
1. unmittelbar im Anschluß an die Krankenversicherung oder Anspruchsberechtigung in der Krankenversicherung nach diesem oder einem anderen Bundesgesetz, mit Ausnahme des GSVG und des BSVG, wenn der Antrag binnen sechs Wochen nach dem Ende der Versicherung oder Anspruchsberechtigung gestellt wird,
2. sonst mit dem der Antragstellung folgenden Tag, ..."
Alle Personen die durch keine gesetzliche Krankenversicherung geschützt sind, können sich -solange ihr Wohnsitz im Inland gelegen ist - in der Krankenversicherung selbst versichern. Diese Möglichkeit besteht für jedermann ohne weitere Einschränkung.
Man unterscheidet 3 Arten der Selbstversicherung in der Krankenversicherung: Selbstversicherung (§ 16 ASVG), Studentenversicherung (§ 16 (2) ASVG) und Selbstversicherung bei geringfügiger Beschäftigung (§19a ASVG).
Im ggstdl Fall handelt es sich um die Selbstversicherung gem § 16 Abs 1 ASVG.
Die Selbstversicherung schließt zeitlich unmittelbar an das Ende der vorangegangenen Versicherung bzw. Anspruchsberechtigung an, wenn der Antrag auf Selbstversicherung innerhalb von 6 Wochen nach dem Ende der Versicherung bzw. Anspruchsberechtigung gestellt wird. Diese Voraussetzung ist im ggstdl Fall nicht gegeben. Es handelt sich nicht um eine Weiterversicherung, sondern um eine freiwillige Selbstversicherung in der gesetzlichen Sozialversicherung bei der örtlich zuständigen Gebietskrankenkasse ohne Bezug zu einer Erwerbstätigkeit, wobei man grs nach 6 Monaten wieder seinen Austritt erklären kann.
Nach dem festgestellten Sachverhalt war Hr S. im Streitzeitraum gegen kein einziges Risiko im Rahmen eines der in Art. 1 Buchstabe a der VO genannten allgemeinen oder besonderen Systeme der sozialen Sicherheit in Österreich pflichtversichert oder freiwillig weiterversichert.
Er unterliegt daher nach Art 1 der VO nicht dem persönlichen Anwendungsbereich der VO.
In der Zeit von Jänner 1998 bis (inklusive) April 2001 war die Bw in Griechenland zwar wohnhaft, aber weder nichtselbständig tätig, noch arbeitslos gemeldet oder geringfügig beschäftigt. Sie war auch nicht selbständig tätig. Sie hat bis zur Aufnahme ihrer Tätigkeit in Griechenland im Jahr 2001 keine staatlichen Leistungen von Österreich außer den zurückgeforderten Familienleistungen erhalten. Sie stand in Österreich in keiner Beschäftigung und war hier auch nicht arbeitslos gemeldet.
Die Bw war in diesem Zeitraum gegen kein einziges Risiko im Rahmen eines der in Art. 1 Buchstabe a der VO genannten allgemeinen oder besonderen Systeme der sozialen Sicherheit pflichtversichert oder freiwillig weiterversichert.
Sie unterliegt daher nach Art 1 der VO nicht dem persönlichen Anwendungsbereich der VO.
Durch die Verlegung des Mittelpunktes ihrer Lebensinteressen nach Griechenland hat sie ihren bis dahin unstrittigen Anspruch auf die zurückgeforderten Leistungen verloren.
Unbestritten ist, dass die Bw nach innerstaatlichem Recht durch Verlegung des Mittelpunktes ihrer Lebensinteressen in einen anderen Mitgliedstaat ihren innerstaatlichen Anspruch auf die Familienleistungen verliert.
Da der ehemalige Ehegatte (für den gesamten Streitzeitraum) und die Bw (bis April 2001) nicht dem persönlichen Anwendungsbereich der VO unterliegen, ist diese in diesem Zeitraum nicht anzuwenden. Anzuwenden sind daher ausschließlich die maßgeblichen innerstaatlichen Rechtsnormen.
Die Bw, in deren Haushalt die Tochter N. lebt, hatte im gesamten Rückzahlungszeitraum den Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen nicht im Bundesgebiet.
In diesem Zeitraum hatte die Bw nach innerstaatlichem Recht unbestritten keinen Anspruch auf Familienbeihilfe. Durch die Verlegung des Mittelpunktes ihrer Lebensinteressen nach Griechenland hat sie ihren bis dahin unstrittigen Anspruch auf die zurückgeforderten Leistungen verloren.
Für den Zeitraum 1.5.2001 bis 31.10.2003 ist zwar die VO auf die Bw grs anwendbar, da sie in Griechenland nichtselbständig tätig bzw arbeitslos gemeldet und durchgehend sozialversichert war. Allerdings ist auf Art 13 VO zu verweisen (siehe oben). Demzufolge gilt das Beschäftigungslandprinzip. Die Bw ist in Griechenland nichtselbständig beschäftigt, sozialversichert und wohnt auch dort. Daher unterliegt sie nur den Rechtsvorschriften dieses Mitgliedstaats. Arbeitnehmer und selbständige Bürger der Union haben zwecks Vermeidung von Diskriminierungen zwischen Staatsangehörigen und EU Bürgern innerhalb eines Mitgliedstaats, die im Gebiet eines Mitgliedstaats wohnen, dort auch Anspruch auf staatliche Familienleistungen wie sie Staatsangehörigen dieses Staates zukommt.
Es geht um eine Zuteilungsregel, welcher Mitgliedstaat für Ansprüche zuständig ist.
Andernfalls könnte jeder Arbeitnehmer oder Selbständige, der von einem Mitgliedstaat in einen anderen übersiedelt, die jeweils höhere Leistung jedes Mitgliedstaats auswählen. Denn diese Person wäre jedenfalls diskriminiert: entweder im Verhältnis zu den Personen, die im Herkunftsland wohnen, falls dort die Leistungen höher sind; oder im Verhältnis zu den Personen, die im Beschäftigungsland wohnen, falls dort die Leistungen höher sind.
Ein solcher Anspruch existiert jedoch nicht und wird auch durch die Unionsbürgerschaft nicht statuiert. Die Rechtswirkungen der Unionsbürgerschaft iVm Art 12 EG-Vertrag dürfen nicht über die Rechtswirkungen der VO hinausgehen, also Leistungen begründen, die die VO ausdrücklich ausschließt. Die Rechtswirkungen der Unionsbürgerschaft kommen nur dann zum Tragen, wenn der Sachverhalt nicht unter eine speziellere Vorschrift fällt.
Es besteht daher auch in diesem Zeitraum kein Anspruch auf Familienbeihilfe.
Darüber hinaus wird festgestellt, dass nach dem Erkenntnis des EuGH von den innerstaatlichen Behörden zu prüfen ist, ob das Kind iSd FLAG als "Familienangehöriger" seines Vaters angesehen werden konnte und wenn nein, ob sein Unterhalt überwiegend von seinem Vater bestritten wurde. Dies ist nach EuGH bereits dann der Fall, wenn der Vater zu entsprechenden Unterhaltszahlungen verpflichtet ist.
Unbestritten ist, dass N. bei ihrem Vater nicht haushaltszugehörig ist. Eine Person, zu deren Haushalt das Kind nicht gehört, die jedoch die Unterhaltskosten für das Kind überwiegend trägt, würde die in Art 1 lit f Z i der VO aufgestellte Voraussetzung im Ausgangsverfahren erfüllen. Der Kindesvater wäre bei Tragung der überwiegenden Unterhaltskosten - unter der Prämisse des Vorliegens der übrigen Voraussetzungen - anspruchsberechtigt, da Art 1 lit f der VO bestimmt, dass für den Fall, dass nach den Bezug habenden innerstaatlichen Rechtsvorschriften eine Person nur dann als Haushaltsangehöriger angesehen wird, wenn sie mit dem Arbeitnehmer in häuslicher Gemeinschaft lebt, diese Voraussetzung als erfüllt gilt, wenn der Unterhalt der betreffenden Person überwiegend von diesem bestritten wird. Die Bestimmungen der genannten VO wären in derartigen Fällen anzuwenden und können einen Anspruch auf Familienbeihilfe im Inland begründen, da nach Art 1 lit f VO die Tatsache der überwiegenden Kostentragung ausreicht, um die Haushaltsangehörigkeit einer Person iSd FLAG zu fingieren (s UFS 26.2.2008, RV/3193-W/07; 22.11.2006, RV/0061-I/06; 14.7.2006, RV/0187-I/06).
Im ggstdl Fall ist der Kindesvater allerdings nicht zu Unterhaltszahlungen verpflichtet. Sowohl die Bw als auch der Kindesvater führen übereinstimmend aus, dass es keine rechtlich festgestellte Verpflichtung oder schriftliche Vereinbarung über zu leistende Unterhaltszahlungen gibt. Hr S. leistet Beträge demnach freiwillig und in unterschiedlicher Höhe.
Hr S. ist daher nicht zur Zahlung von überwiegenden Unterhaltsleistungen verpflichtet und wird der Kindesunterhalt nach dem Vorbringen der Bw und den vorgelegten Zahlungsbestätigungen auch nicht überwiegend von ihm bestritten.
Das Kind ist somit nicht "Familienangehöriger" des Kindesvaters iSd VO und fällt somit ebenfalls nicht in den persönlichen Anwendungsbereich der VO (s Art 2). Diese gilt nämlich ua "für Arbeitnehmer ...sowie für deren Familienangehörige."
Daher ist zusätzlich auch aus diesem Grund für die Bw - die ihren Anspruch nur vom Anspruch ihres geschiedenen Ehegatten herleiten könnte, welcher (neben der im ggstdl Fall nicht gegebenen Voraussetzung, dass die VO für den Kindesvater persönlich anwendbar wäre) zur Voraussetzung hätte, dass das Kind dessen Familienangehöriger wäre - kein Familienbeihilfenanspruch und somit auch kein Anspruch auf Differenzzahlung gegeben. (Siehe auch Art 73ff der VO. Diese Bestimmungen gelten nur für "Familienangehörige" eines "Arbeitnehmers" oder "Selbständigen", wenn die Familienangehörigen im Gebiet eines anderen Mitgliedstaats wohnen und sind daher nicht anwendbar).
Der Rückforderungsbescheid des FA erfolgte daher zu Recht.
Die Berufung war abzuweisen.
Wien, am 23. Februar 2011
Zusatzinformationen | |
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Materie: | Steuer, FLAG, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen: | § 2 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 |
Verweise: |