UFS RV/0992-W/07

UFSRV/0992-W/0730.11.2010

Zurückweisung als verspätet bzw. nicht zulässig. Fristerstreckungsantrag erfasste nicht die Wiederaufnahmebescheide bzw. war gar keine Wiederaufnahme erfolgt

 

Entscheidungstext

Bescheid

Der Unabhängige Finanzsenat hat durch die Vorsitzende Dr. Maria Grohe und die weiteren Mitglieder Dr. Alexander Hajicek, Dr. Karl Stetter und Michael Schediwy-Klusek über die Berufungen der Bw., vertreten durch StB-GmbH, gegen die Bescheide des Finanzamtes Wien 8/16/17 bzw. des Finanzamtes für den 8., 16. und 17. Bezirk betreffend Wiederaufnahme der Verfahren gemäß § 303 Abs 4 BAO betreffend Körperschaftsteuer für die Jahre 1995 bis 2001 und Umsatzsteuer für die Jahre 1995, 1996 sowie 1998 bis 2001 entschieden:

Die Berufungen gegen die Wiederaufnahmebescheide betreffend Körperschaftsteuer für die Jahre 1995, 1996, 1997 und 1998 sowie Umsatzsteuer für die Jahre 1995, 1996 und 1998 werden als verspätet zurückgewiesen.

Die Berufungen gegen die Wiederaufnahmebescheide betreffend Umsatz- und Körperschaftsteuer für die Jahre 1999, 2000 und 2001 werden als unzulässig zurückgewiesen.

Begründung

Bei der Berufungswerberin bzw. deren Rechtsvorgängerin (einer GmbH, idF nur kurz Bw) fanden zwei abgabenbehördliche Prüfungen (1992 - 1994, 1995 - 2001) statt. Im Gefolge dieser Prüfungen nahm das Finanzamt die folgenden Verfahren wieder auf:

1. Prüfung

Gewerbesteuer für das Jahr 1993

Umsatzsteuer für das Jahr 1994

Körperschaftsteuer für die Jahre 1993, 1994, 1995 und 1998

2. Prüfung

Umsatzsteuer für die Jahre 1995, 1996 und 1998

Körperschaftsteuer für die Jahre 1995 bis 1998 Hinsichtlich Körperschaftsteuer für die Jahre 1995 und 1998 erfolgte dabei eine neuerliche Wiederaufnahme.

Weiters erließ das Finanzamt entsprechende Sachbescheide sowie weitere Sachbescheide ohne vorangegangene Wiederaufnahme betreffend Umsatz- und Körperschaftsteuer für die Jahre 1999 bis 2001 (betreffend Umsatzsteuer für das Jahr 2001 eine Berufungsvorentscheidung).

Die Bw brachte nach Zustellung der nach Abschluss der 1. Prüfung ergangenen Bescheide einen Fristverlängerungsantrag mit Datum vom 18.4.2001 (richtig: 2002) ein, welcher wie folgt lautet (AS 34/1998 des Körperschaftsteueraktes):

"Antrag auf Verlängerung der Berufungsfrist gegen

Körperschaftsteuerbescheid 1993

Körperschaftsteuerbescheid 1994

Körperschaftsteuerbescheid 1995

Körperschaftsteuerbescheid 1998

Gewerbesteuerbescheid 1993

Umsatzsteuerbescheid 1994

jeweils vom 28.03.2002, bei uns eingelangt am 02.04.2002

Sehr geehrte Damen und Herren!

Mit Bescheiden vom 28. März 2002 wurde die Körperschaftsteuer 1993, 1994, 1995 und 1998 sowie die Gewerbesteuer 1993 und die Umsatzsteuer 1994 gemäß § 303 Abs 4 BAO wiederaufgenommen und neu festgesetzt.

Wir nehmen Bezug auf das mit Frau OR Mag. T. geführte Telefonat vom 17.04.2002 und ersuchen um Verlängerung der Berufungsfrist bis 15.06.2002, da unser zuständiger Mitarbeiter aufgrund krankheitsbedingter Abwesenheit die Berufungen zu den oben genannten Bescheiden nicht fristgerecht fertig stellen kann."

Das Finanzamt erließ mit Datum vom 22.4.2002 einen Bescheid, mit welchem es dem Antrag, die Berufungsfrist gegen die Bescheide betreffend Körperschaftsteuer für die Jahre 1993, 1994, 1995 und 1998, Gewerbesteuer für das Jahr 1993 und Umsatzsteuer für das Jahr 1994 zu verlängern, stattgab (AS 36/1998 des Körperschaftsteueraktes).

Mit Datum vom 14.5.2002 brachte die Bw eine Berufung ein, in welcher sie ausführte:

"Berufung gegen Körperschaftsteuerbescheid 1993

Berufung gegen Körperschaftsteuerbescheid 1994

Berufung gegen Körperschaftsteuerbescheid 1995

Berufung gegen Körperschaftsteuerbescheid 1998

Berufung gegen Gewerbesteuerbescheid 1993

Berufung gegen Umsatzsteuerbescheid 1994

...

Sehr geehrte Damen und Herren!

Namens und auftrags unserer oben genannten Mandantschaft erheben wir hiermit gegen den

Körperschaftsteuerbescheid 1993 über EUR ...

Körperschaftsteuerbescheid 1994 ...

Körperschaftsteuerbescheid 1995 ...

Körperschaftsteuerbescheid 1998 ...

Gewerbesteuerbescheid 1993 ...

jeweils vom 28.03.2002, zugestellt am 02.04.2002, sowie gegen die Wiederaufnahmsgründe für 1995 und 1998 vollinhaltlich das Rechtmittel der Berufung ..."

In der Begründung dieser Berufung führte die Bw näher aus, weshalb nach ihrer Ansicht die Wiederaufnahme zu Unrecht erfolgt sei und brachte Folgendes vor:

"Wir beantragen daher, die Wiederaufnahmsbescheide für 1995 und 1998 ersatzlos aufzuheben" bzw "Darüber hinaus ist eine Wiederaufnahme gem. § 303 Abs 4 BAO insbesondere für der Jahre 1995 und 1998 aus den oben genannten Gründen wegen Rechtswidrigkeit unzulässig. Wir beantragen daher, die Wiederaufnahmsbescheide für die Jahre 1995 und 1998 ersatzlos aufzuheben."

Die Bw brachte nach Zustellung der nach Abschluss der 2. Prüfung ergangenen Bescheide einen Fristverlängerungsantrag mit Datum vom 23.1.2006 ein, welcher wie folgt lautet (AS 12/1999 des Körperschaftsteueraktes):

"Antrag auf Verlängerung der Berufungsfrist gegen

Körperschaftsteuerbescheid 1995

Körperschaftsteuerbescheid 1996

Körperschaftsteuerbescheid 1997

Körperschaftsteuerbescheid 1998

Körperschaftsteuerbescheid 1999

Umsatzsteuerbescheid 1995

Umsatzsteuerbescheid 1996

Umsatzsteuerbescheid 1998

Umsatzsteuerbescheid 1999

jeweils vom 27.12.2005, bei uns eingelangt am 27.12.2005

Sehr geehrte Damen und Herren!

Mit Bescheiden vom 27. Dezember 2005 wurde die Körperschaftsteuer 1995, 1996, 1997, 1998 und 1999 sowie die Umsatzsteuer 1995, 1996, 1998 und 1999 teilweise gemäß § 303 Abs 4 BAO wiederaufgenommen bzw teilweise erstmals neu festgesetzt.

Wir ersuchen um Verlängerung der Berufungsfrist bis 15.03.2006, da wir für die Vorbereitung der Berufung noch Erkundigungen und Informationen von unserer Mandantschaft einholen müssen und wir dadurch die Berufungen zu den oben genannten Bescheiden nicht fristgerecht fertigstellen können."

Mit Datum vom 10.3.2006 brachte die Bw einen weiteren Antrag auf Verlängerung der Berufungsfrist bis 3.4.2006 ein, welcher im Wesentlichen gleichlautend mit dem Antrag vom 23.1.2006 ist (AS 14/2009 des Körperschaftsteueraktes).

Mit Datum vom 29.3.2006 brachte die Bw eine Berufung ein, in welcher sie ausführte:

"Berufung gegen Körperschaftsteuerbescheid 1995

Berufung gegen Körperschaftsteuerbescheid 1996

Berufung gegen Körperschaftsteuerbescheid 1997

Berufung gegen Körperschaftsteuerbescheid 1998

Berufung gegen Körperschaftsteuerbescheid 1999

Berufung gegen Umsatzsteuerbescheid 1995

Berufung gegen Umsatzsteuerbescheid 1996

Berufung gegen Umsatzsteuerbescheid 1998

Berufung gegen Umsatzsteuerbescheid 1999

...

Sehr geehrte Damen und Herren!

Namens und auftrags unserer oben genannten Mandantschaft erheben wir hiermit gegen den

Körperschaftsteuerbescheid 1995 über EUR ...

Körperschaftsteuerbescheid 1996 ...

Körperschaftsteuerbescheid 1997 ...

Körperschaftsteuerbescheid 1998 ...

Körperschaftsteuerbescheid 1999 ...

Umsatzsteuerbescheid 1995 ...

Umsatzsteuerbescheid 1996 ...

Umsatzsteuerbescheid 1998 ...

Umsatzsteuerbescheid 1999 ...

jeweils vom 27.12.2005, bei uns eingelangt am 27.12.2005 sowie gegen die Wiederaufnahmsgründe für 1995 bis 1999 vollinhaltlich das Rechtsmittel der Berufung und beantragen die Steuerbescheide in der bisherigen Höhe festzusetzen."

In der Begründung dieser Berufung führte die Bw näher aus, weshalb nach ihrer Ansicht die Wiederaufnahme zu Unrecht erfolgt sei und brachte Folgendes vor:

"Darüber hinaus ist eine Wiederaufnahme gem. § 303 Abs 4 BAO aus den oben genannten Gründen wegen Rechtswidrigkeit unzulässig. Wir beantragen daher, die Wiederaufnahmsbescheide für die Jahre 1995 bis 1999 ersatzlos aufzuheben."

Mit Datum vom 12.6.2006 brachte die Bw eine Berufung ein, in welcher sie ausführte:

"Berufung gegen Körperschaftsteuerbescheid 2000

Berufung gegen Körperschaftsteuerbescheid 2001

...

Berufung gegen Umsatzsteuerbescheid 2000

Berufung gegen Umsatzsteuerbescheid 2001

...

Sehr geehrte Damen und Herren!

Namens und auftrags unserer oben genannten Mandantschaft erheben wir hiermit gegen den

Körperschaftsteuerbescheid 2000 über EUR ...

Körperschaftsteuerbescheid 2001 ...

...

Umsatzsteuerbescheid 2000 ...

Umsatzsteuerbescheid 2001 ...

...

jeweils vom 17.05.2006, bei uns eingelangt am 22.05.2006 sowie gegen die Wiederaufnahmsgründe für 2000 und 2001 vollinhaltlich das Rechtsmittel der Berufung und beantragen die Steuerbescheide in der bisherigen Höhe festzusetzen."

In der Begründung dieser Berufung verwies die Bw hinsichtlich der Sachbescheide auf die Begründung der Berufung vom 29.3.2006 und führte weiters betreffend Wiederaufnahme Folgendes aus:

"Darüber hinaus ist eine Wiederaufnahme gem. § 303 Abs 4 BAO aus den oben genannten Gründen wegen Rechtswidrigkeit unzulässig. Wir beantragen daher, die Wiederaufnahmsbescheide für die Jahre 2000 und 2001 ersatzlos aufzuheben."

Die Bw hat in ihren verschiedenen Berufungsfristverlängerungsanträgen keine Anträge gestellt, die Berufungsfrist betreffend die Wiederaufnahmebescheide zu verlängern. Vielmehr beziehen sich diese Anträge nach ihrem klaren und eindeutigen Wortlaut ausschließlich auf die angeführten Sachbescheide.

Damit wurden jedoch die Berufungen gegen die Wiederaufnahmebescheide erst nach Ablauf der Berufungsfrist eingebracht (Zustellung am 2.4.2002, Berufung vom 14.5.2002; Zustellung am 27.12.2005, Berufung vom 29.3.2006).

Die Berufungen betreffend Wiederaufnahme hinsichtlich Körperschaftsteuer für die Jahre 1995, 1996, 1997 und 1998 sowie Umsatzsteuer für die Jahre 1995, 1996 und 1998 sind damit verspätet.

Für die Jahre 1999, 2000 und 2001 hat tatsächlich keine Wiederaufnahme stattgefunden, vielmehr hat das Finanzamt im Gefolge der 2. Prüfung Erstbescheide betreffend Umsatz- und Körperschaftsteuer bzw betreffend Umsatzsteuer für das Jahr 2001 eine Berufungsvorentscheidung erlassen.

Gemäß § 273 Abs 1 BAO hat die Abgabenbehörde eine Berufung durch Bescheid zurückzuweisen, wenn die Berufung a) nicht zulässig ist oder b) nicht fristgerecht eingebracht wurde.

Da die Berufungen gegen die Wiederaufnahmebescheide betreffend Körperschaftsteuer für die Jahre 1995, 1996, 1997 und 1998 sowie Umsatzsteuer für die Jahre 1995, 1996 und 1998 erst nach Ablauf der Berufungsfrist eingebracht wurden, sind diese Berufungen gemäß § 273 Abs 1 lit b BAO zurückzuweisen.

Für die Jahre 1999 bis 2001 wurden keine Wiederaufnahmebescheide erlassen, es liegt daher für die entsprechenden Berufungen kein Anfechtungsgegenstand vor. Die Berufungen gegen die Wiederaufnahmebescheide betreffend Umsatz- und Körperschaftsteuer für die Jahre 1999 bis 2001 sind daher gemäß § 273 Abs 1 lit a BAO zurückzuweisen.

Wien, am 30. November 2010

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht

betroffene Normen:

§ 273 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961

Stichworte