UFS ZRV/0137-Z2L/09

UFSZRV/0137-Z2L/0929.1.2010

Rücknahme eines Grundlagenbescheides (PKW als Übersiedlungsgut)

 

Beachte:
VwGH-Beschwerde zur Zl. 2010/16/0031 eingebracht (Amtsbeschwerde). Mit Erk. v. 24.6.2010 als unbegründet abgewiesen.

Entscheidungstext

Der Unabhängige Finanzsenat hat durch den Vorsitzenden HR. Dr. Andreas Hartl und die weiteren Mitglieder HR. Dr. Doris Schitter und HR. Mag. Johann Kraler über die Beschwerde des J.G., Adresse1, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. Heigl, Mag. Berger, Dr. Lehner, 4614 Marchtrenk, Linzer Straße 11, vom 25. September 2009 gegen die Berufungsvorentscheidung des Zollamtes Linz Wels vom 24. August 2009, Zl. 520000/00000/2009, betreffend Rücknahme einer begünstigenden Entscheidung gem. Art. 8 Abs. 1 Zollkodex (ZK) in nichtöffentlicher Sitzung am 29. Jänner 2010 entschieden:

Der Beschwerde wird Folge gegeben. Die Berufungsvorentscheidung wird wie folgt abgeändert:

Der Bescheid des Zollamtes Linz Wels vom 8. Juni 2009, Zl. 500000/00000/3/2006, wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.

Entscheidungsgründe

Mit Bescheid des Zollamtes Linz Wels vom 8. Juni 2009, Zl. 500000/00000/3/2006, wurde der Bescheid des Hauptzollamtes Linz vom 17. August 1999, Zl. 500/00000/99/51, womit J.G., in weiterer Folge als Beschwerdeführer (Bf.) bezeichnet, die Eingangsabgabenfreiheit für einen PKW der Marke Porsche 996, Fahrgestellnummer 1, zuerkannt worden war, gem. Art. 8 Abs. 1 Zollkodex (ZK) zurückgenommen.

Begründend führte das Zollamt aus, dass im Zuge einer Überprüfung durch das Hauptzollamt Linz nach der Überführung des verfahrensgegenständlichen Fahrzeuges in den zollrechtlich freien Verkehr festgestellt worden sei, dass der PKW bereits vor der Beantragung der Ausstellung eines Grundlagenbescheides für ein in Österreich veranlagtes Unternehmen gewerblich verwendet worden und daher gemäß Art. 5 lit. d Zollbefreiungs Verordnung (ZollBefrVO) als gewerblich genutzter Gegenstand von der Befreiung ausgeschlossen sei.

Der Bf. habe gegenüber dem Zollamt in seinem Antrag auf Befreiung von den Eingangsabgaben als Übersiedlungsgut nicht dargelegt, dass das Fahrzeug für sein Unternehmen verwendet werde, obwohl ihm aufgrund des ihm ausgehändigten Merkblattes bekannt sein hätte müssen, dass dieser Umstand die Befreiung von den Abgaben verhindere.

Der Verwaltungsgerichtshofes habe in seiner Entscheidung vom 29.1.2009, 2007/16/0183, festgestellt, dass bei nachträglichem Hervorkommen von begünstigungsschädlichen Umständen, welche im Zeitpunkt der Entscheidung schon bestanden haben und dem Antragsteller zumindest vernünftiger Weise hätten bekannt sein müssen, der begünstigende Grundlagenbescheid zurückgenommen werden müsse.

Mit Eingabe vom 15. Juli 2009 hat der Bf. Berufung mit der Begründung eingebracht, dass sich der Verwaltungsgerichtshof bereits zweimal mit der gegenständlichen Problematik befasst habe und beide Male seinen Beschwerden jeweils Folge gegeben habe.

Das Hauptzollamt Linz habe mit Bescheid vom 17.8.1999, Zl. 500/00000/99/51, rechtskräftig festgestellt, dass es sich beim verfahrensgegenständlichen PKW um eingangsabgabenfreies Übersiedlungsgut handle.

Dieser Bescheid habe keine Einschränkung enthalten, wonach der PKW nicht auch für berufliche Fahrten genützt werden dürfe. Auch habe er kein zusätzliches Merkblatt erhalten, dessen Inhalt er im übrigen auch nicht kenne.

Die Annahme des Zollamtes, wonach er den PKW bereits vor der Übersiedlung in Österreich gewerblich genutzt habe, sei in der Entscheidung nicht begründet worden und stehe überdies in krassem Widerspruch zu den Feststelllungen des Unabhängigen Finanzsenates in seiner Entscheidung vom 18.10.2006, ZRV/0039-Z1W/06, wonach der PKW in Ungarn nicht betrieblich sondern ausschließlich privat genutzt worden sei. Ihm kann daher bei Ausstellung des Grundlagenbescheides und bei Überstellung des PKW nach Österreich im Sommer 1999 von einer Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der Tatsachen auch nichts bekannt sein.

Die Entscheidung der Verwaltungsbehörde erster Instanz widerspreche der Entscheidungspraxis des Europäischen Gerichtshofes. Die ZollBefrVO verfolge gerade den Sinn, die Übersiedlung in die Gemeinschaft zu erleichtern. Dies muss umso mehr für jene Fälle gelten, in denen ein EU-Bürger seinen Wohnsitz wieder zurück in den EU-Raum verlege. Dieses Ziel würde unterlaufen werden, wenn die in den EU-Raum einreisenden Personen hinsichtlich der Nutzung von Übersiedlungsgut Beschränkungen unterworfen wären. Artikel 7 ZollBefrVO habe daher nur einen begrenzten Katalog von Fällen normiert, in denen nachträglich Eingangsabgaben anfallen. Im vorliegenden Fall seien diese Voraussetzungen aber nicht gegeben.

Mit Berufungsvorentscheidung vom 24. August 2009, Zl. 520000/00000/2009, wies das Zollamt die Berufung als unbegründet ab. Die Abgabenbefreiung als Übersiedlungsgut könne nur dann gewährt werden, wenn es sich bei den zollfrei zu belassenden Waren im Zeitpunkt der Überführung gem. Art. 5 Buchstabe d ZollBefrVO nicht um gewerblich genutzte Gegenstände handelt. Dass der zu übersiedelnde PKW im Zeitpunkt der Erstellung des Grundlagenbescheides bereits gewerblich genutzt worden war, sei dem Zollamt nicht bekannt gewesen, andernfalls es erst gar nicht zur Ausstellung des Grundlagenbescheides gekommen wäre. Im übrigen habe der Bf. vor der Übersiedlung ein Merkblatt ausgehändigt bekommen.

In der vom Bf. zitierten Entscheidung des Unabhängigen Finanzsenates sei sehr wohl festgestellt worden, dass der PKW gewerblich genutzt worden sei. Wo diese gewerbliche Nutzung erfolgte sei, sei unerheblich.

Die Rücknahme des Grundlagenbescheides habe das Zollamt auf Art. 8 ZollBefrVO gestützt, da nachträglich Umstände hervorgekommen sind, die schon im Zeitpunkt der Entscheidung bestanden haben.

Zum Einwand der Verjährung wurde ausgeführt, dass das Gemeinschaftsrecht keine zeitliche Beschränkung der Rücknahmemöglichkeiten vorsehe. Die nationale Bestimmung des § 38a ZollR-DG sei aufgrund des Anwendungsvorranges des Gemeinschaftsrechtes aufgehoben worden.

In der gegen die Berufungsvorentscheidung eingebrachten Beschwerde vom 25. September 2009, in der die Entscheidung durch den Berufungssenat beantragt wurde, wird im Wesentlichen ausgeführt, dass der PKW vor der Übersiedlung weder betrieblich noch gewerblich genutzt worden sei.

Weiters wird ausdrücklich Verjährung eingewendet. Die Aufhebung des § 38a ZollR-DG sei erst mit Wirkung vom 1. Juli 2001 erfolgt. Zu diesem Zeitpunkt sei aber die Frist zur ohnehin nicht berechtigten Zurücknahme des Grundlagenbescheides vom 17. August 1999 längst abgelaufen gewesen.

Der Bf. verwies wiederum auf die Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofes, wonach die Zollbefreiungsverordnung den Sinn habe, die Übersiedlung in den Gemeinschaftsraum zu erleichtern. Die interpretative Ausweitung des Kataloges der Fälle nachträglicher Eingangsabgabenfestsetzungen gem. Art. 7 ZollBefrVO durch das Zollamt sei unzulässig.

Mit Schreiben vom 25. Jänner 2010 hat der Bf. auf die Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung verzichtet.

Folgender Sachverhalt ist als erwiesen anzusehen:

Der Bf. ist laut seinen Angaben Unternehmensberater und war von 9. November 1996 bis 6. August 1999 in Ungarn für eine österreichische Firma tätig. Sein gewöhnlicher Wohnsitz war in dieser Zeit ebenfalls in Ungarn. Am 6. August 1998 erwarb der Bf. bei der Firma AVEG Vertriebsges.m.b.H., S Straße 292, 1234 L-L, das verfahrensgegenständliche Fahrzeug. Auf der betreffenden Faktura war als Rechnungsadresse seine damalige Anschrift in P. (Ungarn), ausgewiesen. Die Fakturierung der Mehrwertsteuer entfiel im Hinblick auf die nachgewiesene Ausfuhr des Fahrzeuges nach Ungarn.

Der Bf. verwendete den PKW in Ungarn gelegentlich für beruflich veranlasste Fahrten, wobei ihm von seinem damaligen Arbeitgeber für diese Fahrten Kilometergeld bezahlt worden ist.

Nach Erteilung des Gewerbescheines am 4. Juni 1999 begann er mit seiner Tätigkeit als selbständiger Unternehmensberater in Österreich. Die Verlegung des gewöhnlichen Wohnsitzes von Ungarn nach Österreich erfolgte am 10. August 1999.

Am 26. Juli 1999 wurde der PKW im externen gemeinschaftlichen Versandverfahren mit Versandschein T1 von Ungarn kommend vom Zollamt Nickelsdorf nach Linz befördert.

Mit Schreiben vom 12. August 1999 beantragte der Bf. hinsichtlich des verfahrensgegenständlichen Fahrzeuges die Abgabenbefreiung als Übersiedlungsgut. Das Hauptzollamt Linz erließ am 17. August 1999 unter Zl. 500/00000/99/51 einen an den Bf. gerichteten Grundlagenbescheid, mit welchem für den erwähnten PKW gemäß Art. 184 ZK iVm §§ 2 Abs. 1, 87 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 3 ZollR-DG und Artikel 2 ZollBefrVO die Abgabenbefreiung als Übersiedlungsgut gewährt wurde.

Noch am selben Tag erfolgte beim Hauptzollamt Linz unter Vorlage des Grundlagenbescheides mittels mündlicher Zollanmeldung die Überführung in den zoll- und steuerrechtlich freien Verkehr und die Beendigung des oben genannten externen gemeinschaftlichen Versandverfahrens.

Bei der Erstellung der Steuererklärung für das Jahr 1999 am 4. Juni 2000 wurde der verfahrensgegenständlichen PKW sowie ein PKW der Marke Toyota Lexus als Anlagevermögen (Privatanteil 30%) des beim Finanzamt Urfahr unter der Steuernummer 171/6969 veranlagten Unternehmens (Einzelunternehmen J.G., Adresse2) in die Einnahmen-Ausgabenrechnung aufgenommen.

Im Zuge einer Überprüfung stellte das Hauptzollamt Linz fest, dass der Bf. das gegenständliche Fahrzeug lt. Steuererklärung 1999 zu 70 % für betriebliche Zwecke verwendet.

Mit Bescheid vom 15. Jänner 2001, Zl. 500/00000/08/2000/51, setzte das Hauptzollamt Linz gegenüber dem Bf. im Grunde des Art. 204 Abs. 1 Buchstabe b und Abs. 3 ZK i.V.m. § 2 Abs. 1 ZollR-DG für den PKW Eingangsabgaben in der Höhe von S 218.240,--, entspricht € 15.860,12 (S 68.200,-- an Zoll und S 150.040,-- an Einfuhrumsatzsteuer) fest. Zusätzlich kam es zur Festsetzung einer Abgabenerhöhung gemäß § 108 ZollR-DG in der Höhe von S 16.948,--(entspricht € 1.231,66).

Gegen diesen Bescheid hat der Bf. Berufung eingebracht. Derzeit ist diese Rechtssache beim Unabhängigen Finanzsenat Wien anhängig.

Mit Eingabe vom 25. Jänner 2010 wurde der Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung zurückgezogen.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Gemäß Art. 8 Abs. 1 ZK wird eine begünstigende Entscheidung zurückgenommen, wenn sie auf Grund unrichtiger oder unvollständiger Tatsachen ergangen ist und

- dem Antragsteller die Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der Tatsachen bekannt war oder vernünftigerweise hätte bekannt sein müssen und

- sie auf Grund der richtigen und vollständigen Tatsachen nicht hätte ergehen dürfen.

Eine Voraussetzung für die Rücknahme ist das Vorliegen einer begünstigenden Entscheidung.

Bei der Gewährung der Eingangsabgabenbefreiung für den verfahrensgegenständlichen Porsche handelt es sich um eine begünstigende Entscheidung. Das Zollamt Linz Wels begründete den Widerruf des Grundlagenbescheides damit, dass anlässlich einer (nachträglichen) Überprüfung festgestellt worden sei, dass der als Übersiedlungsgut abgabenfrei abgefertigte PKW gewerblich verwendet worden sei und daher kein außertariflicher Zollbefreiungstatbestand vorliege. Aufgrund des dem Bf. anlässlich der Erstellung des Antrages ausgehändigten Merkblattes hätte der Bf. erkennen müssen, dass es sich bei seinem Fahrzeug nicht um Übersiedlungsgut handelt.

Die Voraussetzungen für die Eingangsabgabenbefreiung als Übersiedlungsgut sind in den Artikeln 1 bis 5 der ZollBefrVO festgelegt und lauten wie folgt:

Artikel 1:

(1) Diese Verordnung legt die Fälle fest, in denen aufgrund besonderer Umstände bei der Überführung von Waren in den zollrechtlich freien Verkehr Befreiung von Eingangsabgaben oder bei der Ausfuhr von Waren aus dem Zollgebiet der Gemeinschaft Befreiung von Ausfuhrabgaben gewährt wird.

(2) Im Sinne dieser Verordnung gelten als

a) "Eingangsabgaben": Zölle, Abgaben gleicher Wirkung, Abschöpfungen und sonstige bei der Einfuhr zu erhebende Abgaben, die im Rahmen der gemeinsamen Agrarpolitik oder im Rahmen der auf bestimmte landwirtschaftliche Verarbeitungserzeugnisse anwendbaren spezifischen Regelungen vorgesehen sind;

b) "Ausfuhrabgaben": Abschöpfungen und sonstige bei der Ausfuhr zu erhebende Abgaben, die im Rahmen der gemeinsamen Agrarpolitik oder im Rahmen der auf bestimmte landwirtschaftliche Verarbeitungserzeugnisse anwendbaren spezifischen Regelungen vorgesehen sind;

c) "Übersiedlungsgut": Waren, die zum persönlichen Gebrauch der Beteiligten oder für ihren Haushalt bestimmt sind.

Als Übersiedlungsgut gelten insbesondere:

- Hausrat,

- Fahrräder und Krafträder, private Personenkraftwagen und deren Anhänger, Camping Anhänger, Wassersportfahrzeuge und Sportflugzeuge.

Als Übersiedlungsgut gelten ferner auch die Haushaltsvorräte in den von einer Familie üblicherweise als Vorrat gehaltenen Mengen, Haustiere, Reittiere sowie tragbare Instrumente für handwerkliche oder freiberufliche Tätigkeiten, die der Beteiligte zur Ausübung seines Berufs benötigt. Das Übersiedlungsgut darf seiner Art und Menge nach keinen kommerziellen Zweck erkennen lassen;

d) "Hausrat": persönliche Gegenstände, Haus-, Bett- und Tischwäsche sowie Möbel und Geräte, die zum persönlichen Gebrauch der Beteiligten oder für ihren Haushalt bestimmt sind;

e) "alkoholische Erzeugnisse": die unter die Positionen 2203 bis 2208 der Kombinierten Nomenklatur fallenden Erzeugnisse (Bier, Wein, Aperitifs auf der Grundlage von Wein oder Alkohol, Branntwein, Likör, Spirituosen usw.).

(3) Soweit in dieser Verordnung nichts anderes bestimmt ist, umfasst der Begriff Drittland im Sinne des Kapitels I auch die Teile des Gebiets der Mitgliedstaaten, die nach Maßgabe der Verordnung (EWG) Nr. 2151/84 aus dem Zollgebiet der Gemeinschaft ausgeschlossen sind.

Artikel 2:

Von den Eingangsabgaben befreit ist vorbehaltlich der Artikel 3 bis 10 das Übersiedlungsgut natürlicher Personen, die ihren gewöhnlichen Wohnsitz in das Zollgebiet der Gemeinschaft verlegen.

Artikel 3:

Die Befreiung gilt nur für Übersiedlungsgut, das

a) außer in umständehalber gerechtfertigten Sonderfällen dem Beteiligten gehört und, falls es sich um nicht verbrauchbare Waren handelt, von ihm an seinem früheren gewöhnlichen Wohnsitz mindestens sechs Monate vor dem Zeitpunkt der Aufgabe seines gewöhnlichen Wohnsitzes in dem Herkunfts-Drittland benutzt worden ist;

b) am neuen gewöhnlichen Wohnsitz zu den gleichen Zwecken benutzt werden soll.

Die Mitgliedstaaten können die Befreiung ferner davon abhängig machen, dass die normalerweise auf diese Gegenstände anwendbaren Zölle und/oder Steuern im Ursprungs- oder Herkunftsland entrichtet worden sind.

Artikel 4:

Die Befreiung kann nur Personen gewährt werden, die ihren gewöhnlichen Wohnsitz mindestens zwölf aufeinander folgende Monate außerhalb des Zollgebiets der Gemeinschaft gehabt haben. Die zuständigen Behörden können jedoch Ausnahmen von der in Absatz 1 genannten Regel zulassen, wenn der Beteiligte nachweist, dass er die Absicht hatte, mindestens zwölf Monate außerhalb des Zollgebiets der Gemeinschaft zu verbleiben.

Artikel 5:

Von der Befreiung sind ausgeschlossen:

a) alkoholische Erzeugnisse,

b) Tabak und Tabakwaren,

c) Nutzfahrzeuge,

d) gewerblich genutzte Gegenstände, außer tragbaren Instrumenten und Geräten für handwerkliche oder freiberufliche Tätigkeiten.

Gemäß § 87 Abs. 1 ZollR-DG bedarf es für die Feststellung der Einfuhrabgabenfreiheit eines Antrags. Die Feststellung erfolgt

1) in jenen Fällen, in denen

a. für die Feststellung, ob die für die Verwirklichung des Tatbestandes maßgeblichen Umstände gegeben sind, Ermittlungen erforderlich sind, die nicht im Zuge der Abfertigung abgeschlossen werden können, oder

b. der Antrag nicht in der Anmeldung gestellt wird, mit gesonderter Entscheidung (§ 185 BAO),

2) in allen übrigen Fällen durch die Annahme der Anmeldung.

Gemäß § 87 Abs. 2 ZollR-DG hat auf welche Fälle Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe a zutrifft der Bundesminister für Finanzen mit Verordnung festzulegen.

Gemäß § 87 Abs. 3 ZollR-DG ist das Hauptzollamt für die Erlassung einer gesonderten Entscheidung gemäß Abs. 1 Nr. 1 zuständig, in dessen Bereich der Antragsteller seinen normalen Wohnsitz oder Sitz hat.

Werden gemäß § 87 Abs. 4 ZollR-DG Waren durch Willensäußerung nach Artikel 233 ZK-DVO angemeldet, gilt dies auch als Antrag auf Feststellung der Einfuhrabgabenfreiheit und das Nichttätigwerden der Zollbehörde als Feststellung.

Die Abgabenbefreiung als Übersiedlungsgut ist an das Vorliegen bestimmter Voraussetzungen geknüpft. So wird bei der abgabenbegünstigten Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr dieser Gegenstände auf die Verwendung der Waren zu besonderen Zwecken iSd Art. 82 ZK abgestellt. Gemäß den einschlägigen Verwendungsbeschränkungen ist demnach u.a. zu beachten, dass es sich bei den zollfrei zu belassenden Waren im Zeitpunkt der Überführung gemäß Art. 5 Buchstabe d ZollBefrVO grundsätzlich nicht um gewerblich genutzte Gegenstände handeln darf.

Es ist daher zunächst zu prüfen, ob es sich bei dem streitgegenständlichen Pkw um einen gewerblich genutzten Gegenstand im Sinne der genannten Norm handelte. Dies insbesondere unter Berücksichtigung der Tatsache, dass das Fahrzeug unbestritten seit 1. Jänner 1999 als Teil des Anlagevermögens des in Österreich ansässigen und bereits vor der Übersiedlung gegründeten Einzelunternehmens des Bf. aufscheint.

Im gegenständlichen Fall wurde im Zuge einer nach der Zollabfertigung durch das Hauptzollamt Linz durchgeführten Überprüfung festgestellt, dass der Bf. das gegenständliche Fahrzeug laut Einnahmen-Ausgaben-Rechnung für das Jahr 1999 zu 70 % für betriebliche Zwecke der von ihm im Jahr 1999 in Adresse1, gegründeten Unternehmensberatungsfirma verwendet.

Die Zollbefreiungs-Verordnung selbst enthält keine Definition des Gesetzesbegriffes "gewerblich genutzt".

Voraussetzung für die Gewährung der Eingangsabgabenbefreiung ist, dass der Gegenstand zum Zeitpunkt der Einfuhr im Eigentum des Beteiligten stehen muss. Dies ist zweifelsohne im konkreten Fall gegeben. Fraglich ist jedoch, ob der Begriff des Übersiedlungsgutes in Art. 1 Absatz 2 Buchstabe c auf Gegenstände beschränkt werden muss, die während des Zeitraumes von 6 Monaten am gewöhnlichen Wohnsitz ausschließlich "zum persönlichen Gebrauch" des Beteiligten dienten.

Der Europäische Gerichtshof hat sich in der Rechtsache C-170/03 (Feron-Urteil) mit der Frage auseinandergesetzt, ob ein zu beruflichen und privaten Zwecken genutzter PKW als Übersiedlungsgut anzusehen ist.

Den Schlussanträgen des Generalanwaltes in dieser Rechtssache ist zu entnehmen, dass, treffe diese besonders enge Auslegung der Bestimmungen zu, dies bedeuten würde, dass Waren, die im Zeitpunkt der Einfuhr zum ausschließlichen persönlichen Gebrauch des Beteiligten dienen, während der 6 Monate vor der Verlegung des Wohnsitzes aber auch im Rahmen der Ausübung seiner beruflichen Tätigkeit benutzt wurden, nicht als Übersiedlungsgut anzusehen sind.

Aus den Begründungserwägungen der Verordnung ergibt sich, dass mit dieser Befreiung eine Abgabenerhebung vermieden werden soll, die unter bestimmten Umständen nicht gerechtfertigt ist. In diesem Fall würde Übersiedlungsgut, das ohne jeden kommerziellen Zweck eingeführt wird, bei der Einfuhr mit Abgaben belastet.

In Art. 1 Abs. 2 Buchstabe c letzter Satz ZollBefrVO ist ausdrücklich festgehalten, dass das Übersiedlungsgut "seiner Art und Menge nach keinen kommerziellen Zweck erkennen lassen" darf. Für die Einordnung eines Gegenstandes als Übersiedlungsgut kommt es daher darauf an, ob die zu prüfende Einfuhr nichtkommerzieller Natur ist.

Der Europäische Gerichtshof hat im o. a. Urteil festgehalten, dass in Ermangelung einer dahin gehenden ausdrücklichen Bestimmung davon auszugehen sei, dass unter Umständen ein ausschließlich persönlicher Gebrauch erforderlich ist, damit ein Gegenstand als Übersiedlungsgut im Sinne der Verordnung angesehen wird. Es müsse aber auch möglich sein, einen PKW, der sowohl zu privaten als auch zu beruflichen Zwecken genutzt wird, als Übersiedlungsgut anzusehen.

Für den Senat stellt sich daher die Frage, wie die Nichtkommerzialität, die in Art. 1 nicht definiert ist, unter Bedachtnahme auf die Entscheidung des EuGH auszulegen ist.

Nutzfahrzeuge sind gem. Art. 5 Buchstabe c ZollBefrVO ex lege ausgeschlossen. Beim verfahrensgegenständlichen Porsche handelt es sich aber keinesfalls um ein Nutzfahrzeug. Er dient, wie der Bf. wiederholt vorgebracht hat, u.a. betrieblich zu Repräsentationszwecken. Keinesfalls ist daraus aber eine kommerzielle Nutzung (z. B. entgeltlicher Verleih - Mietwagen oder Autohandel) abzuleiten.

Beachtlich ist in diesem Zusammenhang, dass sich das Fahrzeug 1999 im Anlagevermögen seines Unternehmens (Einzelunternehmen J.G., gegründet 1999) befindet und die damit in Zusammenhang stehenden Aufwendungen zu 70% als betrieblich veranlasst ertragsmindernd geltend gemacht werden.

Das Zollamt vermeint, dass bereits die Aufnahme des Fahrzeuges in das Anlagevermögen bedeutet, dass das Fahrzeug gewerblich genutzt und daher für die Abgabenbefreiung als Übersiedlungsgut nicht mehr in Frage kommt.

Diese Ansicht teilt der Senat nicht. Es ist zwar richtig, dass das Fahrzeug im Unternehmen (für Fahrten zu Kunden) verwendet wurde. Das ausschlaggebende Kriterium für eine gewerbliche Nutzung wäre jedoch, dass der Bf. seine Einnahmen mit dem Fahrzeug erzielt, d. h. etwa wenn er den PKW als Autohändler veräußert oder zum entgeltlichen Transport von Personen oder Waren verwendet. Der Bf. ist jedoch als Unternehmensberater tätig und benutzt den PKW zum Besuch seiner Kunden (mit einem repräsentativen Fahrzeug). Dies allein stellt jedoch keine gewerbliche Verwendung des Fahrzeuges dar. Ebenso wenig wie alleine die Aufnahme in das Betriebsvermögen eines Einzelunternehmers schädlich ist, weil es auf die faktische Verwendung ankommt.

Wie sich aus dem Urteil des EuGH C-170/03 ergibt, ist für die Frage, ob ein Gegenstand die Voraussetzungen an die Nichtkommerzialität erfüllt, nicht ausschlaggebend, dass dieser ausschließlich privat verwendet wird. Wird ein Fahrzeug vor der Übersiedlung sowohl privat als auch beruflich verwendet, ist dies der Abgabenbefreiung nicht abträglich.

Der verfahrensgegenständliche PKW ist vor der Übersiedlung bereits vom Bf. beruflich verwendet worden (zum Kundenbesuch). Am Verwendungszweck des Fahrzeuges hat sich nach der Übersiedlung nichts geändert.

In seinem Beitrag "Die Behandlung von Übersiedlungsgut nach dem Feron-Urteil", ZfZ 2005, 326 ff., zieht Sebastian Tschiderer den Schluss, dass der EuGH mit diesem Urteil zwar nicht explizit aber doch ableitbar davon ausgeht, dass gewerblich genutzte Gegenstände im Sinne von Artikel 5 Buchstabe d grundsätzlich nur solche des Umlaufvermögens und jene Gegenstände des Anlagevermögens sind, die üblicherweise nicht privat genutzt werden.

Der Senat teilt diese Ansicht. Beim Fahrzeug des Bf. handelt es sich nicht um einen gewerblich genutzten Gegenstand im Sinne obiger Ausführungen. Die Einfuhr des Fahrzeuges war demnach (auch nach Art und Menge) nicht kommerzieller Natur. Die Rücknahme des Grundlagenbescheides Zahl: 500/00000/99/51 vom 17. August 1999, erfolgte daher zu Unrecht, sodass der Beschwerde stattzugeben war.

Linz, am 29. Jänner 2010

Zusatzinformationen

Materie:

Zoll

betroffene Normen:

Art. 8 ZK, VO 2913/92 , ABl. Nr. L 302 vom 19.10.1992 S. 1
Art. 1 Abs. 2 lit. c ZBefrVO, VO 918/83 , ABl. Nr. L 105 vom 23.04.1983 S. 1
§ 87 ZollR-DG, Zollrechts-Durchführungsgesetz, BGBl. Nr. 659/1994

Schlagworte:

Übersiedlungsgut, ZBefrVO, gewerblich genutzt, Widerruf, Grundlagenbescheid

Verweise:

Sebastian Tschiderer, Die Behandlung von Übersiedlungsgut nach dem Feron-Urteil, ZfZ 2005, 326 ff.

Stichworte