UFS RV/0408-L/08

UFSRV/0408-L/0820.7.2009

Schätzung eines Schaustellers

 

Beachte:
VwGH-Beschwerde zur Zl. 2009/15/0155 eingebracht. Mit Erk. v. 26.1.2012 als unbegründet abgewiesen.

Entscheidungstext

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des OZ., vertreten durch Alfred Fenzl, 4030 Linz, Am Steinbühel 27 B, vom 23. Oktober 2007 gegen die Bescheide des Finanzamtes Linz vom 17. Oktober 2007 betreffend Umsatzsteuer und Einkommensteuer 2003, 2004, 2005 und 2006 entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Die angefochtenen Bescheide bleiben unverändert.

Entscheidungsgründe

Der Abgabepflichtige erzielt gewerbliche Einkünfte als Schausteller.

Anlässlich einer im zweiten Halbjahr 2007 stattgefundenen und die Jahre 2003 - 2006 betreffenden Außenprüfung stellte der Prüfer eine mangelhafte Kassabuchführung und Grundaufzeichnungsmängel fest, die zu einer Verhängung eines Sicherheitszuschlages führten. In der Niederschrift über die Schlussbesprechung wurde dazu festgehalten (siehe auch BP-Bericht vom 2. Oktober 2007):

"Herr Z. ist als Schausteller tätig. Er betreibt Fahrgeschäfte mit einem Autodrom, einem Tagada und einem Kettenflieger. Weiters besitzt Herr Z. drei Wägen, welche als "Schießwagen" bzw. "Ballwurfwagen" und zur Vermietung verwendet werden. Im Zuge der Betriebsbesichtigung gab der Abgabepflichtige an, die Losung durch Rückrechnung zu ermitteln. Er habe eine Wechselgeldtasche mit ungefähr 200 bis 300 €. Die Tageslosungen werden unter Angabe von Datum, Standplatz und des Gesamterlöses inkl.10 % USt auf einzelnen Zetteln niedergeschrieben. Weiterführende Aufzeichnungen werden lt. Aussage von Herrn Z. nicht gemacht. Eine Auflistung mit welchen Geräten der Gesamttageserlös erzielt worden ist konnte nicht vorgelegt werden. Eine detaillierte Losungsermittlung ist somit nicht möglich. Im Kalenderjahr 2005 wurden unerklärliche Kassabestände auf das Bankkonto eingezahlt. Die Einzahlungen (jeweils 10.000 €) erfolgten 30. März 2005 und am 31. März 2005 auf das Konto bei der Raiffeisenkasse Oberösterreich. Herr Z. gab an, immer so viel Bargeld zu Hause zu haben und wies auch bei der Betriebsbesichtigung einen ähnlich hohen Betrag in bar vor. Herr Z. konnte jedoch keine Angaben machen, bzw. Aufzeichnungen vorweisen, welche das Zustandekommen solch hoher Bargeldbeträge erklärt hätten. Da es keine Aufzeichnungen über den Beginn der Ansparungen gibt, konnte nicht schlüssig nachvollzogen werden, woher dieses Geld stammt bzw. wann es eingenommen worden ist.

Rechtliche Würdigung: Herr Z. ermittelt den Überschuss gem. § 4 Abs. 3 EStG und ist somit nicht zur Führung eines Kassabuches verpflichtet. Dies ändert sich jedoch insoweit als Herr Z. die Losung durch Rückrechnung ermittelt. Wird die Losung nämlich durch Rückrechnung, dh. Anfangsbestand in der Geldtasche (Wechselgeld) - Endbestand (Tagesende) in der Geldtasche = Losung, ermittelt, so ist auch vom § 4 Abs. 3 EStG Ermittler der tatsächliche Bargeldbestand nachzuweisen. Wenn die Betriebseinnahmen eines Tages nicht einzeln erfasst, wie hier der Fall, sondern durch "Kassasturz" bzw. durch Rückrechnung aus dem End- und Anfangsbestand ermittelt werden, dann benötigt auch der Einnahmen-Ausgaben-Rechner ein vollständiges Kassabuch mit Bestandsverrechnung. Diesfalls hat er täglich den End- und Anfangsbestand, die Barausgänge und die nicht erfolgswirksamen Bareingänge zu erfassen (siehe div. Erkenntnisse des VwGH). Da in diesem Fall die vorgelegten Aufzeichnungen bei weitem nicht dazu reichen, die Losung ordnungsgemäß nachzuvollziehen bzw. die gesetzlich verlangten Aufzeichnungen nicht geführt wurden, führt dies zu einer Schätzungsberechtigung gem. § 184 Bundesabgabenordnung bzw. zur Verhängung eines Sicherheitszuschlages.

Der Sicherheitszuschlag stellt sich wie folgt dar:

 

2003

2004

2005

2006

     

Umsatzerlöse 10 % vor BP

97.328,25

92.970,75

103.672,64

98.748,74

Zuschätzung 10 %

9.732,83

9.297,08

10.367,26

9.874,87

Umsatzerlöse 10 % nach BP

107.061,08

102.267,83

114.039,90

108.623,61

     

USt aus Sicherheitszuschlag

973,28

929,71

1.036,73

987,49

     

Auswirkung EST

    

Gewinn v. BP

22.011,13

22.292,51

4.401,11

7.768,95

+ Sicherheitszuschlag

9.732,83

9.297,08

10.367,26

9.874,87

Gewinn n. BP

31.743,96

31.589,59

14.768,37

17.643,82

Nach einem Telefonat mit dem steuerlichen Vertreter wurde auf die Abhaltung einer Schlussbesprechung verzichtet."

Das Finanzamt erließ im wieder aufgenommenen Verfahren entsprechend den Feststellungen der Außenprüfung am 17. Oktober 2007 geänderte Umsatz- und Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2003 - 2006.

Gegen diese Bescheide wurde am 30. Oktober 2007 eine Berufung eingebracht und ausgeführt: Es werde in Abrede gestellt, dass eine mangelhafte Kassabuchführung bzw. Grundaufzeichnungsmängel vorliegen würden. Die vom Prüfer behaupteten Unvollständigkeiten und Mängel träfen auf Grund der gegebenen Rechtslage auf diesen Fall nicht zu. Richtig sei, dass der Berufungswerber (Bw.) die Tageslosungen durch Kassasturz ermittle. Wenn der Bw. irgend eine Veranstaltung mit einem oder mehreren seiner Gerätschaften beschicke, so begleiche er die Ausgaben aus der Hauptkasse. Das Bedienungspersonal bekäme für die Einnahmen eigene, mit einem bestimmten Wechselbetrag ausgestattete Geldtaschen. Die Ermittlung der Tageslosung erfolge simpel. Zuerst werden die ausgegebenen Geldtaschen entleert, das Wechselgeld in der geeigneten Stückelung in diese zurückgegeben und dann das auf dem Tisch verbleibende Geld sortiert, gestapelt und gezählt. Dazu benötige ein normaler Mensch keine Hilfsmittel. Die Summe werde aufgezeichnet. Die Behauptung des Prüfers, diese Art der Ermittlung der Tageslosung ohne weitere Dokumentation bzw. der Führung eines Kassabuches sei unzulänglich, werde bestritten. Ein vorgelegtes VwGH-Erkenntnis, demzufolge eben nach den Ausführungen des Prüfers ein Anfangs- und Endbestand und anderes mehr aufgezeichnet werden müsse, dürfte eine Entscheidung sein, die über den Einzelfall hinaus keine Bedeutung haben sollte, stehe diese auch im Widerspruch zu Bestimmungen über die Gewinnermittlungsart. Es sei auch nicht erforderlich, dass der Bw. pro aufgestelltem Gerät, also zB "Ballwurfwagen" oder "Schießwagen" getrennte Aufzeichnungen führen müsse. Ein derartiges Erfordernis könne aus der Judikatur hinsichtlich der Einnahmenaufzeichnung nicht abgeleitet werden. Unter ertragsteuerlichen Gesichtspunkten werde dafür keine Notwendigkeit gesehen. Ferner werde festgestellt, dass der Bw. keine unerklärlichen Geldbeträge im Jahr 2005 auf das Bankkonto einbezahlt habe. Der Zusammenhang und die Herkunft der Gelder würden auch bei Betrachtung der Buchhaltung klar erscheinen. Der Bw. zeichne auch seine Privatentnahmen auf und es seien diese auf einem so genannten "Geldverrechnungskonto" berücksichtigt. Auf diesem Geldverrechnungskonto verblieben somit am Jahresende die aus dem Betrieb nicht entnommenen Gelder, die natürlich bei einem Einnahmen-Ausgaben-Rechner nicht von einem Jahr auf das andere vorgetragen werden würden. Der Bw. habe keine Bankschulden und habe auch dem Prüfer einen höheren Bestand an Bargeld auf dessen Verlangen vorzeigen können. Es werde daher die Zurücknahme aller Zuschätzungen begehrt.

In seiner Stellungnahme zur Berufung führte der Prüfer am 3. Jänner 2008 an, dass der Bw. entgegen der Ansicht des steuerlichen Vertreters sehr wohl ein Kassabuch zu führen gehabt hätte, da er die Losungsermittlung durch einen Kassasturz durchführe. Der Gesetzgeber habe hiefür genaue und detaillierte Vorschriften geschaffen. So führe bspw. der VwGH in seinem Erkenntnis vom 21.5.1997, 96/14/0086 Folgendes aus: "Der Einnahmen-Ausgaben-Rechner benötige nämlich dann ein (vollständiges) Kassabuch, wenn er die Betriebseinnahmen eines Tages nicht einzeln erfasse, sondern durch Kassasturz bzw. durch Rückrechnung aus End- und Anfangsbestand ermittle. Diesfalls habe er ebenfalls täglich den End- und Anfangsbestand, die Barausgänge und die nicht erfolgswirksamen Bareingänge zu erfassen." Im vorliegenden Fall würden sich die Grundaufzeichnungen auf ein Blatt Papier beschränken, auf welchem die Tageslosung inkl. USt vermerkt sei. Weitere Aufzeichnungen seien lt. Aussage von Herrn Z. nicht vorhanden, bzw. seien nicht geführt worden. Eine Überprüfbarkeit seitens der Finanzverwaltung sei damit nicht gegeben. Es seien daher gem. § 131 BAO in Verbindung mit § 184 BAO die Besteuerungsgrundlagen zu schätzen gewesen. In diesem Fall seien die Mängel mit einem 10%-igen Sicherheitszuschlag gewürdigt worden. Wie durch den steuerlichen Vertreter in den Beilagen dargestellt wurde, seien auf dem Geldverrechnungskonto in den Jahren 2000 - 2004 Gelder in Höhe von insgesamt 53.177,86 € ausgewiesen worden. Am 31. März 2005 seien 10.000 € und am 01. April 2005 ebenfalls 10.000 € auf das betriebliche Bankkonto in bar eingezahlt worden. In den Monaten vor diesen Bareinlagen seien Umsätze in dieser Größenordnung nicht erzielt worden. Ein Nachweis, wo sich die einbezahlten Beträge befanden, sei nicht erbracht worden. In der Berufung werde behauptet, dass diese Beträge aus Umsätzen der Vorjahre stammen würden. Es widerspreche den Erfahrungen des wirtschaftlichen Lebens, dass Geldbeträge dieser Größenordnung über Jahre hinweg unverzinst, bar aufbewahrt werden würden. Die Herkunft des Geldes bleibe daher nach Ansicht des Prüfers ungeklärt.

Mit Eingabe vom 5. Februar 2008 replizierte der steuerliche Vertreter, dass das Erkenntnis des VwGH 96/14/0086 auf den gegenständlichen Fall nicht anzuwenden sei. In der Begründung sei unter Punkt 1 "Schätzungsberechtigung" einmal angeführt, dass in diesem Verfahren Losungen in gerundeten Beträgen aufgezeichnet worden seien, was für sich unbestritten die Festsetzung eines Sicherheitszuschlages rechtfertige. Bei einem Schausteller, der etwa ein Kettenkarussell oder eine Schaukel betreibe und der nur Einnahmen von 5 S oder 10 S habe, gebe es Losungen nur mit einer 50%-igen Wahrscheinlichkeit mit Null vor der letzten Dezimalstelle, weil die Tageslosung nur ein Vielfaches von fünf sein könne. In den Ausführungen des VwGH über die Schätzungsberechtigung werde ausdrücklich darauf verwiesen, dass in diesem Fall Einnahmen und Entnahmen aus einer Brieftasche erfolgt wären, weshalb aus dem Kassasturz ohne Zurechnung der Ausgaben die Tageslosung nicht ermittelt werden könne. Unbestritten seien die Einnahmen dem Kassenendbestand abzüglich Wechselgeld zuzurechnen und so die Tageslosung zu ermitteln. Dies treffe auf den gegenständlichen Fall ebenfalls nicht zu. Die jeweiligen Kassiere bei den Vergnügungsgeräten tätigen keine Ausgaben, weshalb nach dem sprichwörtlichen Kassasturz lediglich zuerst der fixe Kassenanfangsbestand (Wechselgeld) weggezählt und in die Brieftasche zurückgegeben werden müsse und das restliche Geld sei die Tageslosung. Dafür benötige ein normaler Mensch keine Hilfsaufzeichnungen. Es finde sich in der Literatur kein Hinweis darüber, dass ein Einnahmen-Ausgaben-Rechner zur Führung eines vollständigen Kassabuches verpflichtet sei. Es widerspreche auch nicht der Lebenserfahrung, dass Personen, die keinerlei Bankschulden haben, größere Geldbeträge zu Hause aufbewahren würden, wenngleich dieser Kreis in den letzten Jahren immer kleiner werden würde. Deshalb habe auch der Bw. dem Prüfer nach dessen Aufforderung eine größere Summe an Bargeld gezeigt. Einen Nachweis, dass in den Jahren zuvor namhafte Geldüberschüsse nach Berücksichtigung von Privatentnahmen erzielt worden seien, sei durch vorgelegte Kontoblätter bewiesen worden.

Die Berufung wurde am 9. April 2008 dem Unabhängigen Finanzsenat zur Entscheidung vorgelegt.

Für den Unabhängigen Finanzsenat ist folgender Sachverhalt maßgeblich: Der Bw. betreibt Fahrgeschäfte mit einem Autodrom, einem Tagada und einem Kettenkarussell. Zusätzlich besitzt er noch drei Wägen, die als "Schießstand" bzw. als "Ballwurfstand" und zur Vermietung verwendet werden. Die Geldtaschen der Kassiere (Bedienungspersonal) an den jeweiligen Vergnügungsgeräten werden nach Betriebsende eingesammelt, die Geldtaschen entleert, ein Wechselgeld in die Geldtaschen zurückgeben. Das auf dem Tisch verbleibende Geld wird sortiert, gestapelt und gezählt. Diese Summe wird dann unter Angabe von Datum und Standplatz auf einzelnen Zetteln aufgezeichnet. Ausgaben werden nur aus der Hauptkassa beglichen. Weitergehende Aufzeichnungen gibt es lt. Auskunft des Bw. nicht.

Über die Berufung wurde erwogen:

Strittig ist, ob im berufungsgegenständlichen Fall eine mangelhafte Kassabuchführung vorhanden ist bzw. Grundaufzeichnungsmängel vorliegen, die die Verhängung eines Sicherheitszuschlages rechtfertigen, oder nicht.

Der Bw. führt selbst aus, dass er die Tageslosungen durch Kassasturz ermittle. Die Kassiere an den Vergnügungsgeräten tätigen keine Ausgaben. Nach dem Entleeren des Inhaltes werde der Kassenanfangsbestand (Wechselgeld) wieder in die Geldtaschen zurückgegeben. Das auf dem Tisch befindliche Geld sei sodann die Tageslosung und werde auf einem Zettel unter Angabe von Datum und Standplatz aufgezeichnet. Wiederholt führte der steuerliche Vertreter aus, dass der Einnahmen-Ausgaben-Rechner keine nach aufgestelltem Gerät getrennten Aufzeichnungen führen müsse und auch die Führung eines vollständigen Kassabuches nicht erforderlich sei. Das vom Prüfer ins Treffen geführte VwGH-Erkenntnis vom 21.5.1997, 96/14/0086 habe nach Ansicht des Bw. keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung.

Auch bei der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG sind Aufzeichnungen iSd § 126 BAO zu führen. Die Nichtbeachtung der Formvorschriften des § 131 BAO führt zum Wegfall der Rechtsvermutung einer ordnungsmäßigen Führung nach § 163 BAO, ein Umstand der die Abgabenbehörde zur Schätzung berechtigt.

Der Unabhängige Finanzsenat vertritt die Ansicht, dass im streitgegenständlichen Fall nicht von einer lückenlosen und nachvollziehbaren Einnahmenerfassung ausgegangen werden kann. Die vom Bw. geführten Aufzeichnungen reichen nicht aus, um die Tageseinnahmen ausgehend vom Kassaendbestand durch Rückrechnung zu ermitteln. Dies wäre nur dann möglich gewesen, wenn auch der jeweilige Anfangsbestand, sämtliche Einnahmen und Ausgaben eines Tages sowie die Entnahmen und Einlagen festgehalten worden wären.

Entgegen der Auffassung des steuerlichen Vertreters kommt dem Erkenntnis des VwGH vom 21.5.1997, 96/14/0086 über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zu. Die Schätzungsberechtigung hat der VwGH schon unabhängig vor den "Rundungen" bejaht. Immer dann, wenn Steuerpflichtige die Betriebseinnahmen eines Tages nicht einzeln erfassen, sondern durch "Kassasturz" ermitteln, benötigen sie ein vollständiges Kassabuch mit Bestandsfeststellung. Diese Judikatur ist mittlerweile gängige Verwaltungspraxis (vgl. Ritz, BAO-Kommentar³, § 131, Tz 13 und UFSW vom 31. Mai 2005, RV/0203-W/05 mwN).

Eine solche Kassabuchführung wäre nach Ansicht des Unabhängigen Finanzsenates nur dann entbehrlich gewesen, wenn der Bw. die Bareinnahmen täglich in geeigneter Weise festgehalten hätte. Im Wege einer solchen "Grundlagensicherung" hätten die Losungen der eingesetzten Vergnügungsgeräte separat erfasst werden müssen.

Auf Grund der vorgelegten Aufzeichnungen war eine Prüfung der Richtigkeit und Vollständigkeit der Aufzeichnungsinhalte nicht möglich. Schon im Hinblick auf die fehlende Überprüfbarkeit der Betriebseinnahmen war die Abgabenbehörde zur Schätzung berechtigt. Der Unabhängige Finanzsenat teilt somit die Meinung der Außenprüfung, dass aus der resultierenden Unsicherheit über die vollständige Erfassung der Einnahmen durch die Verhängung eines Sicherheitszuschlages iSd § 184 BAO Rechnung zu tragen war. Geht doch diese Schätzungsmethode davon aus, dass es bei mangelhaften Aufzeichnungen wahrscheinlich ist, dass nicht alle Vorgänge erfasst wurden. Gegen die Höhe des Sicherheitszuschlages (10 %) wurden explizit keine Einwendungen erhoben.

Der Unabhängige Finanzsenat zweifelt an der sachlichen Richtigkeit der Aufzeichnungen aber auch noch aus einem anderen Grund: Der Bw. behauptet, dass sich die Grundaufzeichnungen auf ein Blatt Papier beschränken würden, auf welchem die aufsummierte Tageslosung vermerkt ist. Für das Zählen der Tageslosung würden keinerlei weitere Hilfsmittel benötigt. Diese Behauptungen widersprechen aus folgenden Gründen den täglichen Erfahrungen im Wirtschaftsleben und dem allgemeinen unternehmerischen Erfahrungsgut: Normalerweise verfügt ein Unternehmer über vorgelagerte Aufzeichnungen, die es ihm ermöglichen, sich einen Überblick über den Betrieb zu verschaffen. Im Fall eines Schaustellers würde dies bedeuten, dass er über Aufzeichnungen verfügt, welche Vergnügungsgeschäfte rentabel sind und welche weniger Ertrag abwerfen. Einnahmenaufzeichnungen von den einzelnen Geräten sind weiters zur Kontrolle des Bedienungspersonals eine übliche unternehmerische Maßnahme und werden auch für die Planung von Ersatzinvestitionen herangezogen. Entgegen der Auffassung des steuerlichen Vertreters sind auch beim Zählen und Stapeln von Hunderten von Münzen Hilfsaufzeichnungen zur Aufsummierung der Tageslosung üblich (bspw. __ Stk. 2 € Münzen, __ Stk. 1 € Münzen, usw.).

In Ausübung der freien Beweiswürdigung iSd § 167 Abs. 2 BAO gelangt der Unabhängige Finanzsenat zur Ansicht, dass der Abgaben- und Rechtsmittelbehörde nicht alle verfügbaren Grundaufzeichnungen vorgelegt wurden.

Das Nichtvorlegen von Grundaufzeichnungen ist in jedem Fall geeignet, die sachliche Richtigkeit und Vollständigkeit der Aufzeichnungen in Zweifel zu ziehen. Auch aus diesem Grunde war die Abgabenbehörde erster Instanz zur Schätzung der Besteuerungsgrundlagen berechtigt und verpflichtet und hat daher den Sicherheitszuschlag zu Recht verhängt.

Es war spruchgemäß zu entscheiden.

Linz, am 20. Juli 2009

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht

betroffene Normen:

§ 184 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 131 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961

Verweise:

VwGH, 96/14/0086
UFS, RV/0203-W/05

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