UFS RV/0004-I/08

UFSRV/0004-I/088.7.2009

Unterliegt der Verzicht auf Verzinsung einer Entnahmeverbindlichkeit (unbare Entnahme) der Gesellschaftsteuerpflicht gemäß § 2 Z 4 lit. c KVG ?

 

Entscheidungstext

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der X.GmbH, Adresse, vertreten durch StB.R, vom 27. November 2007 gegen den Bescheid des Finanzamtes Innsbruck vom 23. Oktober 2007 betreffend Gesellschaftsteuer entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

 

Entscheidungsgründe

Der von der Firma X.GmbH&CoKG als Einbringende und von der Firma X.GmbH als übernehmende Körperschaft am 7. Juli 2004 errichtete notarielle Einbringungsvertrag hatte auszugsweise folgenden Inhalt:

"II. Gegenstand der Sacheinlage, rückbezogene Vermögensveränderungen

Gegenstand der Sacheinlage bildet das gesamte Unternehmen (= gesamter Betrieb) der Firma X.GmbH&CoKG laut der erstellten Einbringungsbilanz mit steuerlichen Buchwerten und der erstellten Einbringungsbilanz mit handelsrechtlichen Buchwerten, Beilage 1), je zum 30.11.2003. Hinsichtlich des Umfanges des zu übertragenden Gewerbebetriebes wird festgehalten, dass: a) vom KAPITAL der zu übertragenden Personengesellschaft Beträge von gesamt € 1.156.587,44 unbar entnommen und hiefür in der Einbringungsbilanz ein entsprechender Passivposten gem. § 16 Abs. 5 Ziffer 2) UmgrStG eingestellt wurde. Diese unbaren Entnahmen entfallen auf jene Kommanditisten, die in der diesem Vertrag als BEILAGE 2) beigehefteten "Aufgliederung der unbaren Entnahmen" angeführt sind. Hinsichtlich dieser unbaren Entnahmen wird vorläufig keine Verzinsung festgelegt; b) keine sonstigen rückbezogenen Vermögensveränderungen im Sinne des § 16 Abs. 5 UmgrStG seitens der Parteien festgelegt wurden;

III. Einbringung, Zweck

Die Firma X.GmbH&CoKG bringt nunmehr ihr gesamtes Unternehmen laut Einbringungsbilanz zum 30.11.2003 in die Firma X.GmbH ein und erklärt die übernehmende Gesellschaft, diese Vermögenswerte samt allen Bestandteilen sowie samt allen Rechten und Verbindlichkeiten zur Fortführung dieses Unternehmens in ihr Eigentum zu übernehmen. Die Einbringung erfolgt ausschließlich gegen Gewährung von neuen Geschäftsanteilen an der übernehmenden Firma X.GmbH. Die gegenständliche Einbringung und die gleichzeitig erfolgende Kapitalerhöhung bei der übernehmenden Körperschaft zur Gewährung von neuen Anteilen erfolgen ausschließlich zum Zweck der Fortführung des seit mehr als fünf Jahren bestehenden Unternehmensbetriebes der X.GmbH&CoKG.

Als Ergebnis einer bei der X.GmbH durchgeführten Außenprüfung wurden unter Tz. 9 des Prüfungsberichtes ("Unbare Entnahme- freiwillige Leistung gem. § 2 Ziff 4 c KVG") folgende Prüfungsfeststellungen festgehalten:

"Da die unbare Entnahme im Zuge der Einbringung der X.GmbH&CoKG in die X.GmbH unverzinst in der Gesellschaft belassen wurden, liegt in der Höhe der Zinsersparnis eine Leistung gem. § 2 Ziff. 4 lit. c KVG, freiwillige Leistung eines Gesellschafters welche geeignet ist den Wert der Gesellschaftsrechte zu erhöhen (Überlassung von Gegenständen zu einer den Wert nicht erreichenden Gegenleistung) vor. Die Steuer beträgt gem. § 8 KVG iVm § 7 Ziff. 2 KVG 1 % von der Höhe der Leistung. Hinsichtlich der Stellungnahme der Partei vom 11.10.2007 wird verwiesen aus Seite 3 des Einbringungsvertrages vom 07.07.2004, Punkt II a):" Hinsichtlich dieser unbaren Entnahmen wird vorläufig keine Verzinsung festgelegt." Es gilt auch hier im Grunde das unter Tz 8 festgestellte: Durch das Vorhandensein zweier Rechtsvorgänge- Einbringung (mit unbarer Entnahme) und darauf unmittelbar folgender Zurverfügungstellung des betreffenden Betrages durch die jeweiligen Gesellschafter liegt sehr wohl ein Kredit vor, für welchen auch ein Zinsanspruch (im Fremdvergleich) gegeben sein sollte. Die Vereinbarung einer vorläufigen Nichtverzinsung betrifft ohnedies den Einbringungsvertrag an sich, ist ".....vorläufig...." und wird trotz der Schriftlichkeit auf freiwilliger Basis erfolgt sein (den Erfahrungen des täglichen Lebens zufolge kann bei einem Rechtsvorgang der vorliegenden Größenordnung wohl von einer überwiegend freiwilligen Übereinstimmung ausgegangen werden).

Bemessung:

Kapital

Laufzeit

effekt.Jahre Prüfungszeitr.

Faktor

Endwert 5,50 %

Zinsersparnis

Steuer

913.457,79

15,00

3,00

1,17

1.072.618,68

159.160,89

1.591,61

243.129,65

2,00

2,00

1,11

270.610,59

27.480,94

274,81

      

1.866,42"

Das Finanzamt folgte den Prüfungsfeststellungen und setzte mit Gesellschaftsteuerbescheid für den Rechtsvorgang Unbare Entnahme- freiwillige Leistung gem. § 2 Ziff. 4c KVG gegenüber der X.GmbH (im Folgenden: Bw) gemäß § 8 KVG 1 % vom Wert der Leistung in Höhe von 186.641,83 € die Gesellschaftsteuer mit 1.866,42 € fest. Als Begründung wurde auf Tz 9 des Betriebsprüfungsberichtes verwiesen.

Die gegen diesen Gesellschaftsteuerbescheid erhobene gegenständliche Berufung bestreitet die Rechtsmäßigkeit der Vorschreibung dem Grunde nach im Wesentlichen mit der Begründung, da- wie in der Berufung gegen die Kreditvertragsgebühr dargelegt- kein Kredit vorliege, bestehe kein Zinsanspruch der Gesellschafter. Wenn kein Anspruch bestehe, könne auf diesen auch nicht verzichtet werden. Die Unverzinslichkeit der unbaren Entnahme sei Teil des gesamten Einbringungsvertrages und in die Bewertung der gewährten Anteile eingeflossen. Es könne daher in dieser Vereinbarung keine steuerpflichtige freiwillige Leistung der Gesellschafter gesehen werden. Ohne vorherige Erlassung einer Berufungsvorentscheidung legte das Finanzamt dieses Rechtsmittel der Abgabenbehörde zweiter Instanz zur Entscheidung vor.

Über die Berufung wurde erwogen:

Gemäß § 2 Z. 4 lit c KVG unterliegen der Gesellschaftsteuer die Überlassung von Gegenständen an die Gesellschaft zu einer den Wert nicht erreichenden Gegenleistung.

An Sachverhalt liegt dem vorliegenden Berufungsfall zugrunde, dass laut Einbringungsvertrag vom Kapital der zu übertragenden Personengesellschaft Beträge von gesamt 1.156.587,44 € unbar iSd § 16 Abs. 5 Z 2 UmgrStG entnommen wurden und hinsichtlich dieser unbaren Entnahmen darin vorläufig keine Verzinsung festgelegt war. Nach einem von der Außenprüfung festgestellten "Rückzahlungsplan unbare Entnahmen.xls." waren von der übernehmenden Kapitalgesellschaft diese unbaren Entnahmen an die Gesellschafter über einen mehrjährigen Zeitraum (bis längstens im Wirtschaftsjahr 2017/18) in Raten rückzuzahlen. Streit besteht ausschließlich darüber, ob im vertraglich festgelegten Verzicht auf die Verzinsung dieser Entnahmeverbindlichkeit dem Grunde nach ein gesellschaftssteuerpflichtiger Vorgang im Sinn des § 2 Z 4 lit c KVG liegt, während die betragsmäßige Richtigkeit der vom Finanzamt ermittelten Bemessungsgrundlage als solche unstrittig blieb.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 18.11.1993, 93/16/0104, VwGH 16.12.1993, 92/16/0065) unterliegt der durch den Zinsverzicht eines Gesellschafters bewirkte Vermögensvorteil für die Kapitalgesellschaft der Gesellschaftsteuer nach § 2 Z 4 lit. c KVG. Diese Rechtsprechung bezieht sich zwar nur auf Forderungen der Gesellschafter, die zivilrechtlich in die Form einen Darlehens gekleidet sind. Aus dem weit gefassten Steuertatbestand des § 2 Z 4 lit. c KVG ergibt sich jedoch, dass auch bei Gesellschafterforderungen anderen Ursprungs ein Zinsverzicht Gesellschaftsteuerpflicht auslöst. Für den Leistungsbegriff der Gesellschaftsteuer ist es nämlich ohne Bedeutung, unter welchem Rechtstitel die Gesellschafterleistung erbracht wird. Entscheidend für die Gesellschaftsteuerpflicht ist lediglich, ob die Zurverfügungstellung von Kapital an die Kapitalgesellschaft im Gesellschaftsverhältnis begründet ist, was für den Zinsverzicht der Fall ist. An dieser Gesellschaftsteuerpflicht ändert auch der Umstand nichts, dass die Einbringenden im Zeitpunkt des Zinsverzichts unter Umständen noch gar nicht Gesellschafter der übernehmenden Körperschaft sind. An sich wäre zwar die im Leistungszeitpunkt bestehende Gesellschafterstellung Voraussetzung für eine Gesellschaftsteuerpflicht nach § 2 Z 4 lit. c KVG, im Fall einer ausgewiesenen Entnahmeverbindlichkeit wegen unbarer Entnahmen ist eine Gesellschaftsteuerpflicht aber dadurch gerechtfertig, dass die Einbringenden durch den in untrennbarer Verknüpfung mit dem Zinsverzicht stehenden Einbringungsvorgang die Gesellschafterstellung erwerben. Alternativ könnte der Zinsverzicht auch als Gegenleistung des Einbringenden für den Erwerb der Gesellschaftsrechte an der übernehmenden Körperschaft angesehen werden. Diesfalls wäre der Zinsverzicht schon nach § 2 Z 1 KVG gesellschaftsteuerpflichtig, ohne dass hiefür Gesellschafterstellung im Zeitpunkt des Entstehens der Steuerschuld erforderlich wäre (siehe Dr. Claus Staringer, Umgründungsbedingte Entnahmen, Punkt V. Entnahmeverbindlichkeit und Gesellschaftsteuer, ÖStZ 1997, Seite 204f und Wundsam-Zöchling-Huber-Khun, Umgründungssteuergesetz, Kommentar, 3. Auflage, Rz 99 zu § 16 UmgrStG).

Unter Hinweis auf diese Literaturstellen, auf die im Übrigen die Berufung selbst verweist und damit die darin getroffenen Aussagen als sachlich unwidersprochen geblieben anzusehen sind, ergibt sich in freier Beweiswürdigung die unbedenkliche Schlussfolgerung, dass in der im Einbringungsvertrag ausdrücklich festgelegten Nichtverzinsung der über einen mehrjährigen Zeitraum hinweg bestehenden Entnahmeverbindlichkeit die Gesellschafter dieses unbar entnommene Kapital zur unentgeltlichen Nutzung der Kapitalgesellschaft zur Verfügung gestellt haben und diese unverzinsliche Zurverfügungsstellung von Kapital unzweifelhaft im Gesellschaftsverhältnis begründet war. Darin ist die Verwirklichung des gesellschaftsteuerpflichtigen Tatbestandes nach § 2 Z 4 lit c KVG zu sehen. Der Nutzung dieses unbar entnommenen Kapitals steht wegen dessen vereinbarter Unverzinsbarkeit keine Gegenleistung gegenüber. Daran vermag auch der Einwand "Die Unverzinslichkeit der unbaren Entnahme ist Teil des gesamten Einbringungsvertrages und in der Bewertung der gewährten Anteile eingeflossen" nichts ändern, denn diesem Vorbringen steht entgegen, dass durch diese unbaren Entnahmen das Einbringungsvermögen verändert wurde und auf diesem dadurch entstandenen Verhältnis die übertragende Personengesellschaft bzw. durchgeschleust die Kommanditisten die neuen Stammeinlagen an der übernehmenden Körperschaft als Gegenleistung erhalten haben (siehe in diesem Zusammenhang Punkt VI. des Einbringungsvertrages, Gegenleistung, Gewährung von neuen Anteilsrechten). Sollte aber (dagegen spricht allerdings wie dargelegt die Vertragslage) dieses obzitierte Vorbringen so verstanden werden, dass der Zinsverzicht als Teil der Gegenleistung der Einbringenden für den Erwerb der Gesellschaftsanteile an der übernehmenden Körperschaft anzusehen ist, dann wäre diesfalls der Zinsverzicht schon nach § 2 Z 1 KVG gesellschaftsteuerpflichtig (siehe nochmals Dr. Claus Staringer, Umgründungsbedingte Entnahmen, Punkt V. Entnahmeverbindlichkeit und Gesellschaftsteuer, ÖStZ 1997, Seite 205). Das Finanzamt hat daher zu Recht mit dem streitgegenständlichen Bescheid für diesen Rechtsvorgang von dem unstrittig gebliebenen Wert der Leistung in Höhe von 186.641,83 € Gesellschaftsteuer mit 1.866,42 € festgesetzt. Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

Innsbruck, am 8. Juli 2009

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht

betroffene Normen:

§ 2 Z 4 lit. c KVG, Kapitalverkehrsteuergesetz, dRGBl. I S 1058/1934
§ 16 Abs. 5 Z 2 UmgrStG, Umgründungssteuergesetz, BGBl. Nr. 699/1991

Schlagworte:

unbare Entnahme, Entnahmeverbindlichkeit, Einbringung gemäß Art. III UmgrStG, Zinsverzicht

Verweise:

Dr. Klaus Staringer, Umgründungsbedingte Entnahmen, Punkt V, Entnahmeverbindlichkeit und Gesellschaftsteuer, ÖStZ 1997 Seite 204f

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