Zwangsstrafe bei irrtümlicher Nichtbefolgung einer Aufforderung
Entscheidungstext
Der Unabhängige Finanzsenat hat durch den Vorsitzenden Hofrat Mag. Alfred Peschl und die weiteren Mitglieder Dr. Wolfgang Six, Mag. Michael Schiller und Gottfried Haselmayer im Beisein der Schriftführerin Karin Nowotny über die Berufung des A, Adresse1, vertreten durch V, vom 29. Oktober 2007 gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 1/23 vom 27. September 2007 betreffend Festsetzung einer Zwangsstrafe nach der am 28. April 2009 in 1030 Wien, Vordere Zollamtsstraße 7, durchgeführten mündlichen Berufungsverhandlung entschieden:
Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.
Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.
Entscheidungsgründe
Mit Erklärung vom 8. Mai 2007 wurde von A , die B-GmbH errichtet und am x.x. 2007 im Firmenbuch eingetragen. Als Geschäftsführer der Gesellschaft wurde A , und als Geschäftsanschrift Adresse2 eingetragen.
Mit Schreiben vom 1. Juni 2007 wurde vom Finanzamt Wien 1/23 ein Fragebogen an die B-GmbH versendet, mit der Aufforderung innerhalb eines Monates diesen mit den erforderlichen Unterlagen (Unterschriftenprobeblatt, Gesellschaftsvertrag und Eröffnungsbilanz) an das Finanzamt zu retournieren.
Die Unterlagen langten innerhalb der gesetzten Frist nicht beim Finanzamt ein.
Mit Schreiben vom 25. Juli 2007 erging die Aufforderung die einzubringenden Unterlagen zur steuerlichen Erfassung nämlich Fragebogen, Unterschriftenprobeblatt, Gesellschaftsvertrag und Eröffnungsbilanz bis 15. August 2007 nachzureichen. Für den Fall, dass dem Ersuchen nicht Folge geleistet werde, wurde eine Zwangsstrafe in Höhe von € 300 angedroht. Diese Aufforderung wurde dem Geschäftsführer am 26. Juli 2007 zugestellt.
Da die Unterlagen in der Folge wiederum nicht einlangten, setzte das Finanzamt mit Bescheid vom 27. September 2007 die angedrohte Zwangsstrafe in Höhe von € 300 fest und forderte den Geschäftsführer unter Androhung einer weiteren Zwangsstrafe in Höhe von € 500 auf, die Unterlagen bis 29. Oktober 2007 vorzulegen. Dieser Bescheid wurde dem Geschäftsführer am 28. September 2007 zugestellt.
Die verlangten Unterlagen langten daraufhin am 2. November 2007 beim Finanzamt ein.
Gegen die Festsetzung der Zwangstrafe in Höhe von € 300 hob der Geschäftsführer am 29. Oktober 2007 Berufung und beantragte, ausnahmsweise von einer Zwangsstrafe abzusehen und den Bescheid aufzuheben. Aufgrund eines Missverständnisses sei der Geschäftsführer davon ausgegangen, dass der Steuerberater Vertreter1 die Unterlagen anlässlich der Gesellschaftsgründung beim Finanzamt einreichen werde. Aufgrund einer Änderung der Betriebsorganisation, sei jedoch Vertreter2 mit der steuerlichen Vertretung beauftragt worden. Leider habe man übersehen, diesem den Fragebogen zu übermitteln.
Keinesfalls habe man die Handlung unterlassen wollen. Der Geschäftsführer sei der Auffassung gewesen, dass der Steuerberater den Fragebogen überreichen werde. Es sei lediglich ein Irrtum vorgelegen. Die Zwangsstrafe bezwecke nicht ein in der Vergangenheit begangenes Unrecht zu ahnden, sondern ein bestimmtes künftiges Verhalten (Tun, Dulden, Unterlassen) herbeizuführen. In der Zwischenzeit sei der Fragebogen anlässlich der Gesellschaftsgründung samt Beilagen eingereicht worden.
Mit Berufungsvorentscheidung vom 2. November 2007 wies das Finanzamt die Berufung als unbegründet ab. Da trotz Aufforderung der Finanzbehörde der Geschäftsführer seinen abgabenrechtlichen Verpflichtungen nicht nachgekommen sei und auch ein Verschulden des Vertreters dem Verschulden des Vertretenen gleichzusetzen sei, sei die Berufung im Hinblick auf das vom Finanzamt durchgeführte Verfahren zur Erlangung der Unterlagen, abzuweisen gewesen.
Der Berufungswerber beantragte die Vorlage der Berufung zur Entscheidung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz, die Entscheidung durch den gesamten Berufungssenat und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung.
In der Berufungsvorentscheidung sei der Sachverhalt aktenwidrig angenommen worden, indem von einem Verschulden des steuerlichen Vertreters ausgegangen werde. Tatsächlich habe es sich um ein reines Missverständnis gehandelt, bei dem der Geschäftsführer davon ausgegangen sei, dass der ursprünglich dafür vorgesehene Steuerberater Vertreter1 die Einreichung der Unterlagen anlässlich der Gesellschaftsgründung beim Finanzamt vornehmen werde. Aufgrund einer Änderung der Betriebsorganisation sei jedoch Vertreter2 mit der steuerlichen Vertretung beauftragt worden. Leider habe man übersehen, diesem den Fragebogen mit der Aufforderung zu übermitteln.
Keinesfalls habe man die Handlung unterlassen wollen. Der Geschäftsführer sei der Auffassung gewesen, dass der Steuerberater den Fragebogen einreichen würde. Es läge daher lediglich ein (entschuldbarer) Irrtum vor.
Gleich nach Bemerken des Irrtums habe Vertreter2 den Fragebogen anlässlich der Gesellschaftsgründung samt Beilagen eingereicht.
In der am 28. April 2009 abgehaltenen mündlichen Berufungsverhandlung wurde das bisherige Vorbringen vom Vertreter des Berufungswerbers nochmals erläutert.
Über die Berufung wurde erwogen:
Gemäß § 120 Abs. 1 BAO haben die Abgabepflichtigen ihrem zuständigen Finanzamt alle Umstände anzuzeigen, die hinsichtlich einer Abgabe vom Einkommen, Vermögen, Ertrag oder Umsatz die persönliche Abgabepflicht begründen, ändern oder beendigen.
Diese Anzeigen sind nach § 121 BAO binnen einem Monat, gerechnet vom Eintritt des anmeldepflichtigen Ereignisses zu erstatten.
Gemäß § 114 Abs. 1 BAO haben die Abgabenbehörden darauf zu achten, dass alle Abgabepflichtigen nach den Abgabenvorschriften erfasst und gleichmäßig behandelt werden, sowie darüber zu wachen, das Abgabeneinnahmen nicht zu Unrecht verkürzt werden. Sie haben alles, was für die Bemessung der Abgaben wichtig ist, sorgfältig zu erheben und die Nachrichten darüber zu sammeln, fortlaufend zu ergänzen und auszutauschen.
Zur Erfüllung der im § 114 BAO bezeichneten Aufgaben ist die Abgabenbehörde nach § 143 Abs. 1 BAO berechtigt, Auskunft über alle für die Erhebung von Abgaben maßgebenden Tatsachen zu verlangen
Nach § 111 Abs. 1 BAO sind die Abgabenbehörden berechtigt, die Befolgung ihrer auf Grund gesetzlicher Befugnisse getroffenen Anordnungen zur Erbringung von Leistungen, die sich wegen ihrer Beschaffenheit durch einen Dritten nicht bewerkstelligen lassen, durch Verhängung einer Zwangsstrafe zu erzwingen.
Bevor eine Zwangstrafe festgesetzt wird, muss nach Abs. 2 leg.cit. der Verpflichtete unter Androhung der Zwangstrafe mit Setzung einer angemessenen Frist zur Erbringung der von ihm verlangten Leistung aufgefordert werden. Die Aufforderung und die Androhung müssen schriftlich erfolgen, außer wenn Gefahr in Verzug ist. Gemäß Abs. 3 leg.cit. darf die einzelne Zwangsstrafe den Betrag von 2.200 Euro nicht übersteigen.
Gemäß § 80 Abs. 1 BAO haben die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen und die gesetzlichen Vertreter natürlicher Personen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen, und sind befugt, die diesen zustehenden Rechte wahrzunehmen.
Gegenständlich hat das Finanzamt aufgrund der Gründung der B-GmbH mit Schreiben vom 1. Juni 2007 gemäß seiner Verpflichtung nach § 114 Abs. 1 BAO um die Vorlage der für die steuerliche Beurteilung maßgeblichen Unterlagen binnen einem Monat ersucht.
Da diese Unterlagen trotz Erinnerung und Androhung einer Zwangstrafe am 25. Juli 2007 bis zur gesetzten Frist am 15. August 2007 nicht vorgelegt wurden hat das Finanzamt die Zwangstrafe am 27. September 2007 festgesetzt und unter Androhung einer weiteren Zwangstrafe die Vorlage der Unterlagen bis 29. Oktober verlangt.
Nach dieser neuerlichen Aufforderung unter Androhung einer Zwangsstrafe wurden die verlangten Unterlagen vorgelegt.
Die Festsetzung einer Zwangsstrafe sowie die Höhe der Zwangsstrafe liegen im Ermessen des Finanzamtes. Die berufungsgegenständliche Festsetzung einer Zwangsstrafe zur Durchsetzung des Anspruches auf Vorlage der für die abgabenrechtliche Beurteilung erforderlichen Unterlagen erscheint gegenständlich im Hinblick auf die zuvor nicht befolgten Aufforderungen als zweckmäßig, um die Vorlage zu erreichen und hat, wie dem oben geschilderten zeitlichen Geschehnisablauf zu entnehmen ist, tatsächlich auch zur Vorlage der Unterlagen geführt. Die Höhe der Zwangsstrafe, nämlich € 300,00 war gegenständlich im Hinblick auf die geforderte Leistung und das mögliche Höchstausmaß von € 2.200 der Höhe nach nicht unangemessen, betrug der festgesetzte Betrag doch lediglich knapp 14 % des höchstmöglichen Ausmaßes. Darüber hinaus wurde mit der Festsetzung der Zwangsstrafe trotzt Ablauf der gesetzten Frist am 15. August 2007 bis 27. September 2007 zugewartet, sodass dem Berufungswerber insgesamt von der ersten Aufforderung an jedenfalls ausreichend Zeit zur Erfüllung der ihm aufgetragenen Verpflichtung zur Verfügung stand.
Die Festsetzung einer Zwangsstrafe ist keine Strafe im Sinne des Strafrechtes, sondern eine Maßnahme zur Erzwingung einer aufgetragenen abgabenrechtlichen Verpflichtung. Soweit innerorganisatorische Gründe für die Nichterfüllung der aufgetragenen Verpflichtung vorgebracht werden und sich danach Steuerberater und Geschäftsführer aufeinander verlassen haben, so ist dazu auszuführen, dass die Zwangsstrafe keine Reaktion auf ein schuldhaftes Verhalten im Sinne einer strafrechtlichen Verantwortlichkeit ist, sondern eine Maßnahme um den Verpflichteten anzuhalten, seinen abgabenrechtlichen Verpflichtungen nachzukommen.
Die Zweckmäßigkeit der Festsetzung der Zwangsstrafe ergibt sich gegenständlich auch daraus, dass erst nach Verhängung der Zwangsstrafe gegenüber dem Geschäftsführer die "innerorganisatorischen" Zuständigkeiten für die B-GmbH auf Seite des Berufungswerbers geklärt und die geforderten Unterlagen dann übermittelt wurden.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Wien, am 27. Mai 2009
Zusatzinformationen | |
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Materie: | Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen: | § 111 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |