UFS RV/2265-W/05

UFSRV/2265-W/0514.1.2009

1. Keine Vertreterpauschale bei nicht ausschließlicher Vertretertätigkeit,2. Tagesgeld bei eintägigen Reisen

 

Entscheidungstext

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des A., geb. XX.XX.XXXX, B. whft., vom 23. Juni 2005 gegen den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2004 des Finanzamtes Lilienfeld St. Pölten vom 24. Mai 2005 (Arbeitnehmerveranlagung) entschieden:

Spruch:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Entscheidungsgründe

Der Berufungswerber (in der Folge Bw. genannt) erhob gegen den oben bezeichneten Einkommensteuerbescheid 2004 form- und fristgerecht Berufung, weil er vergessen habe Werbungskosten bei der Arbeitnehmerveranlagung geltend zu machen. Um nach der Kündigung ehest wieder eine Arbeitsstelle zu bekommen, habe er mehrere Vorstellungsgespräche geführt. Insgesamt habe er dafür rund 1500 km mit seinem Pkw zurückgelegt. Diese Fahrtkosten und durch die Arbeitsplatzsuche verursachten Telefonkosten von pauschal 50,-- € seien als vorbereitende Werbungskosten in Abzug zu bringen.

Seit September 2004 sei er dann bei der Fa. C. in D. beschäftigt gewesen und habe Außendienst verrichtet. Er beantrage ab diesem Zeitpunkt die anteilsmäßige Berücksichtigung des Vertreterpauschales.

Mit Vorhalt vom 19.7.2005 verlangte das Finanzamt vom Bw. eine Aufstellung und einen Nachweis über die geführten Vorstellungsgespräche (Einladungen zum Gespräch, Namen der Firmen, Datum, Kilometer) sowie eine genau Beschreibung seiner beruflichen Tätigkeit.

Der Bw. ließ den Vorhalt unbeantwortet und kam dem Ergänzungs- und Nachweisverlangen des Finanzamtes im Sinne des § 138 BAO nicht nach.

Daraufhin richtete das Finanzamt ein Auskunftsverlangen an den Arbeitgeber des Bw. und forderte diesen auf, die Außendiensttätigkeit des Bw. in Detail darzulegen (Welche Außendiensttätigkeit wird konkret ausgeübt? Welchen Anteil der Gesamtarbeitszeit nimmt der Außendienst ein?). Vom Arbeitgeber wurde die schriftliche Auskunft erteilt, dass die Tätigkeit des Bw. erstens in der Wartung, Überprüfung von Feuerlöschern und Wandhydranten beim Kunden bestehe und zweitens Kundenbetreuung, Akquisition und Verkauf umfasse. Der überwiegende Teil seiner Tätigkeit werde im Außendienst verrichtet.

Mit Berufungsvorentscheidung vom 25.08.2005 wurde der Berufung keine Folge gegeben. Begründend führte das Finanzamt aus, dass gemäß § 17 Abs. 6 EStG 1988 i.V.m. § 1 Z. 9 der Verordnung über Durchschnittssätze für Werbungskosten (BGBl 382/2001) das so genannte Vertreterpauschale nur jenen Arbeitnehmern zustehe, die ausschließlich eine Vertretertätigkeit ausüben. Vertreter im Sinne der Verordnung seien Personen, die im Außendienst zum Zwecke der Anbahnung und des Abschlusses von Geschäften und in diesem Zusammenhang zur Kundenbetreuung tätig sind. Da vorrangige Aufgabe des Bw. die Wartung und Überprüfung von Feuerlöschern und Wasserhydranten sei, werde von ihm keine ausschließliche Vertretertätigkeit ausgeübt. Somit seien die Vorraussetzung für die Anerkennung eines Vertreterpauschales nicht erfüllt.

Mit Schriftsatz vom 23.9.2005 stellte der Bw. fristgerecht einen Vorlageantrag zur Entscheidung über die Berufung durch den Unabhängigen Finanzsenat. Mit der BVE habe das Finanzamt nur über das Vertreterpauschale ablehnend abgesprochen nicht aber über den zweiten Streitpunkt betreffend die vorbereitenden Werbungskosten durch Vorstellungsgespräche entschieden. Es ersuche, das diese Fahrtkosten von € 590,-- sowie die € 50,-- Telefonspesen - wie in seiner Berufung dargestellt - berücksichtigt werden.

An Stelle des Vertreterpauschales beantrage er nur Differenzwerbungskosten gemäß § 16 Abs. 9 EStG anzusetzen, für den Verpflegungsmehraufwand in Höhe von € 1.610,40, welcher ihm durch die Außendiensttätigkeit erwachsen ist. Von seinem Arbeitgeber habe er überhaupt keine Diäten erhalten. Eine Aufstellung über seine beruflichen Reise legte er bei.

Mit weiteren Vorhalt vom 18.10.2005 forderte das Finanzamt den Bw. nochmals auf, die durch die behaupteten Vorstellungsgespräche entstandenen Fahrtkosten (Kilometergeld € 590,-- und Telefonkosten € 50,--) im Einzelnen aufzuschlüsseln und zu belegen. Weiters solle der Bw. eine Aufstellung und Berechnung vorlegen, aus der der erklärte Verpflegungsmehraufwand von € 1.690,40 nachvollzogen werden könne.

Mit Schreiben vom 22.11.2005 teilte der Bw. mit, dass Kilometergeld betreffe 4 Fahrten von seiner Wohnung in B nach D. mit einer einfachen Fahrtstrecke von ca. 130 km und 3 Fahrten nach Wien zur Firma Crisu mit einer einfachen Fahrtstrecke von ca. 85 km. Die Telefonkosten habe er geschätzt (Telefonate mit AMS und diversen Firmen). Eine Aufstellung über die durchgeführten Reisen sei bereits vorgelegt worden. Darin ist der Beginn und das Ende der Reise angeführt, sodass die Abgabenbehörde für jede einzelne Reise die Reisezeit und somit seinen Anspruch auf Verpflegungsmehraufwand selbst ermitteln könne. Das Ergebnis sei eine "Gesamtreisezeit von 732 Stunden, sodass bei dem Stundensatz von € 2,2 gem. § 26 Z 4 EStG 1988 sich der erklärte Verpflegungsmehraufwand von € 1.610,40 ergebe.

Über die Berufung wurde erwogen:

 

1. Vertreterpauschale

Zur Ermittlung von Werbungskosten können vom Bundesminister für Finanzen durch Verordnung Durchschnittssätze für Werbungskosten für bestimmte Gruppen von Steuerpflichtigen nach den jeweiligen Erfahrungen der Praxis festgelegt werden (§ 17 Abs. 6 EStG 1988).

Die Verordnung des Bundesministers für Finanzen über die Aufstellung von Durchschnittssätzen für Werbungskosten von Angehörigen bestimmter Berufsgruppen, BGBl Nr. 382/2001 lautet:

"§ 1. Für nachstehend genannte Gruppen von Steuerpflichtigen werden nach den jeweiligen Erfahrungen der Praxis anstelle des Werbungskostenpauschbetrages gemäß § 16 Abs. 3 EStG 1988 folgende Werbungskosten auf die Dauer des aufrechten Dienstverhältnisses festgelegt: ...

9. Vertreter 5 % der Bemessungsgrundlage, höchstens 2.190 Euro jährlich.

Der Arbeitnehmer muss ausschließlich Vertretertätigkeit ausüben. Zur Vertretertätigkeit gehört sowohl die Tätigkeit im Außendienst als auch die für konkrete Aufträge erforderliche Tätigkeit im Innendienst. Von der Gesamtarbeitszeit muss dabei mehr als die Hälfte im Außendienst verbracht werden."

Der Begriff des Vertreters sowie die "ausschließliche Vertretertätigkeit" ergeben sich weder aus dem Einkommensteuergesetz noch aus der bzw. den dazu ergangenen Verordnungen. Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 09. 11. 1983, 82/13/0146 unter Hinweis auf seine Vorerkenntnisse vom 10. 03. 1981, 14/2885/80 und 14/2994/80 dargelegt, dass der Beruf eines Vertreters im Sinne der "genannten Verordnung" einen weit gezogenen Kreis von Berufstätigen umfasst. Es fallen darunter nicht nur Personen, die im Namen und für Rechnung ihres Arbeitgebers ausschließlich und ständig mit dem Abschluss vieler und ihrer wirtschaftlichen Gewichtung nach als "klein" zu bezeichnender Geschäfte befasst sind, sondern auch Personen, denen der Verkauf besonders teurer und ihrer Beschaffenheit nach nur für einen kleinen Personenkreis in Betracht kommender Maschinen, Anlagen und Geräte obliegt. Im gleichen Sinne hat auch die Lehre (vgl. Hofstätter/Reichl, Kommentar zu § 17 EStG 1972, Tz 5, Punkt 13) die Auffassung vertreten, dass als Vertreter gemäß der gegenständlichen Verordnungen Personen anzusehen sind, die regelmäßig im Außendienst zwecks Abschlüssen von Geschäften und Kundenbetreuung tätig sind, wobei es jedoch nicht erforderlich ist, dass sie ausschließlich mit dem auswärtigen Kundenbesuch befasst sind (siehe VwGH 09. 11. 1983, 82/13/0146).

Zum Verständnis und als Auslegungshilfe ist es unbedingt erforderlich darauf hinzuweisen, dass mit der vorangegangen Pauschalierungsverordnung für Werbungskosten, BGBl. Nr. 6/1982 eine Einschränkung vorgenommen wurde. In der geänderten Verordnung (BGBl Nr. 6/1982) wurde normiert, dass zur Vertretertätigkeit sowohl die Tätigkeit im Außendienst (Reisetätigkeit) als auch die für die Auswertung konkreter Aufträge erforderliche Zeit im Innendienst gehört. Beide Tätigkeiten zusammen müssen die Gesamtarbeitszeit eines Vertreters ausfüllen, wobei von dieser Gesamtarbeitszeit mehr als die Hälfte im Außendienst erbracht werden muss. Zu dieser durch die Verordnung BGBl Nr. 6/1982 geänderten Rechtslage stellte der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 28. 11. 1984, 83/13/0034 fest, dass nicht jede im Bereich des Verkaufs ausgeübte Tätigkeit als Vertretertätigkeit bezeichnet werden kann. Dies gilt insbesondere für wahrgenommene innerorganisatorische Aufgaben im Rahmen des Verkaufsgeschehens, sowie für eine Mitwirkung bei der Einstellung, Schulung und bei Überwachung der im Verkauf tätigen Mitarbeiter. Diese Rechtslage nach Änderung der Verordnung BGBl. Nr. 6/1982 in Bezug auf die "Vertretertätigkeit", die sowohl eine Außen- als auch eine Innendiensttätigkeit normiert, aber eine überwiegende "Vertretertätigkeit" im Außendienst fordert, ist nach Ansicht des Unabhängigen Finanzsenates auch auf die nunmehr in Geltung stehende Verordnung BGBl. Nr. 382/2001 anwendbar. Nach dieser im Streitjahr geltenden Verordnung wird gefordert, dass der den pauschalen Abzug der Aufwendungen begehrende Steuerpflichtige eine ausschließliche Vertretertätigkeit bestehend aus Außen- und Innendienst verrichten muss. Die Innendiensttätigkeit darf nur die zur Bearbeitung der konkreten Aufträge erforderliche Zeit umfassen und weniger als 50% der Gesamtarbeitszeit betragen. Die ausschließliche Vertretertätigkeit muss überwiegend im Außendienst ausgeübt werden. Eine andere Außendiensttätigkeit deren vorrangiges Ziel nicht die Herbeiführung von Geschäftsabschlüssen ist, zählt nicht als Vertretertätigkeit. Als Beispiele werden in der Lehre eine Kontroll- oder Inkassotätigkeit angeführt (siehe Hofstätter/Reichl, Die Einkommensteuer, Kommentar, § 17 Abs. 6, Tz 6).

Durch Befragung des Arbeitgebers ist es als erwiesen anzusehen, dass der Bw. vorrangig nicht mit der Herbeiführung von Geschäftsabschlüssen befasst war, sondern die Wartung und Überprüfung von Feuerlöschern und Wasserhydranten beim Kunden zu seinen Aufgaben gehört.

Vom Finanzamt wurde daher zu Recht, keine Vertreterpauschale gewährt und der Bw. hat in seinem Vorlageantrag dagegen auch keinen Einwand vorgebracht.

2. Vorstellungskosten

Gemäß § 138 Abs. 1 BAO haben die Abgabenpflichtigen auf Verlangen der Abgabenbehörde in Erfüllung ihrer Offenlegungspflicht (§ 119) zur Beseitigung von Zweifel den Inhalt ihrer Anbringen zu erläutern und zu ergänzen sowie dessen Richtigkeit zu beweisen. Kann ihren ein Beweis nach den Umständen nicht zugemutet werden, so genügt die Glaubhaftmachung.

Es liegt in der Sphäre des Bw. im Einzelnen substantiiert darzulegen und nachzuweisen, welche Kosten ihm durch Bewerbungsgespräche entstanden sind. Das Beweisverlangen wurde vom Finanzamt zu Recht an gerichtet. Er ist diesem nicht nachgekommen. Sein Vorbringen geht über die bloße Behauptungsebene nicht hinaus und ist zudem widersprüchlich und unglaubwürdig.

In einem Schriftsatz erklärt er Fahrtkosten von € 590,--, in der Berufung gibt er eine Fahrtstrecke von 1500 km an und in der Vorhaltsantwort vom 22.11.05 benennt er Fahrtstrecken mit einer Gesamtwegstrecke von 1.550 km. Das Kilometergeld hierfür beträgt somit € 551,80. Es entspricht auch nicht der allgemeinen Lebenserfahrung, dass ein Unternehmen im Rahmen einer Bewerbung drei- oder vielmal angefahren wird.

Nachdem der Bw. seiner Mitwirkungsverpflichtung nicht nachgekommen ist und das tatsächliche Vorliegen der von ihm behaupteten vorbereitenden Werbungskosten weder nachgewiesen noch glaubhaft gemacht hat, war seinem Begehren keine Folge zu geben.

3. Verpflegungsmehraufwand

Auch hier trifft den Bw. die Verpflichtung für jede einzelne Reise den Verpflegungsmehraufwand in einer für die Abgabenbehörde mit vertretbarem Aufwand nachvollziehbaren Weise darzutun. Durch die Behauptung eines Verpflegungsmehraufwandes von insgesamt € 1.640,40 unter Beilage von sieben Seiten Reiseaufzeichnungen aus denen dieser Diätenanspruch errechnet werde könne, kommt der Bw. seiner Nachweisverpflichtung gemäß § 138 BAO nicht nach. Es liegt eben in der Sphäre des Steuerpflichtigen seinen Anspruch auf Verpflegungsaufwand zu beweisen und dies schließt auch eine betragsmäßig nachvollziehbare Darlegung mit ein. Ansonsten könnten stets die gesamten betrieblichen oder beruflichen Unterlagen (beispielsweise im Karton oder im Einkaufswagen voller Ordner) unaufbereitet der Abgabenbehörde vorgelegt werden, mit dem Hinweis, dass sie durch Studium und Aufarbeitung dieser Unterlagen die behaupteten Betriebsausgaben oder Werbungskosten ermitteln könne.

Da Betriebsausgaben und Werbungskosten - soweit es in der Sphäre des Steuerpflichtigen liegt - nachzuweisen oder soweit dies unzumutbar ist glaubhaft zu machen sind, genügt eine bloße Behauptung nicht. Der Bw. hat mit seinem Vorbringen diese Behauptungsebene nicht verlassen.

Das Begehren des Bw. auf Verpflegungsmehraufwand war aber auch deshalb ohne Aussicht auf Erfolg, weil die Reisen zum größten Teil innerhalb eines Zielgebietes (St. Pölten, Krems und angrenzende Bezirke) erfolgt sind und die Dauer eines durchschnittlichen Arbeitstages nicht überschritten haben. Der Bw. konnte daher - in typisierender Betrachtungsweise - durch die örtliche Kenntnis der günstigsten Verpflegungsmöglichkeiten sowie der Möglichkeit einer entsprechenden zeitlichen Lagerung von Mahlzeiten (Frühstück und Abendessen im eigenen Haushalt) und durch die ergänzende Mitnahme von Lebensmitteln (z.B. gesunder Apfel) einen Verpflegungsmehraufwand gänzlich vermeiden.

Beilage: 1 Berechnungsblatt

Wien, am 14. Jänner 2009

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht

betroffene Normen:

§ 17 Abs. 6 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 1 Z 9 Durchschnittssätze für Werbungskosten - Angehörige bestimmter Berufsgruppen, BGBl. II Nr. 382/2001
§ 16 Abs. 1 Z 9 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988

Schlagworte:

Außendienst, Vertreterpauschale, Diäten, Fahrtkosten, Bewerbungskosten, vorbereitende Werbungskosten, Differenzwerbungskosten, Tagesgeld, Verpflegungsmehraufwand, Kilometergeld

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