UFS RV/0212-G/08

UFSRV/0212-G/089.12.2008

Vergütung von Erdgasabgabe bei KWK-Anlage

 

Beachte:
VfGH-Beschwerde zur Zl. B 344/09 eingebracht. Behandlung der Beschwerde mit Beschluss vom 21.9.2009 abgelehnt.VwGH-Beschwerde zur Zl. 2009/17/0049 eingebracht. Mit Erk. v. 25.9.2012 wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben. Fortgesetztes Verfahren mit BE zur Zl. RV/0750-G/12 erledigt.

Entscheidungstext

Der Unabhängige Finanzsenat hat durch die Vorsitzende Dr. Ursula Leopold und die weiteren Mitglieder Dr. Michael Rauscher, Mag. Heinz Zavecz und Dr. Wolfgang Bartosch im Beisein der Schriftführerin Dagmar Brus über die Berufung der Bw, vertreten durch LBG Wirtschaftstreuhand- und Beratungsgesellschaft m.b.H., 8020 Graz, Niesenbergergasse 37, vom 2. April 2008 gegen die Bescheide des Finanzamtes Graz-Stadt vom 25. Jänner 2008 betreffend Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich Vergütung von Erdgasabgabe für 1-12/2002, 1-12/2003, 1-12/2004 und 1-12/2005 sowie Festsetzung der Vergütung von Erdgasabgabe für 1-12/2002, 1-12/2003, 1-12/2004 und 1-12/2005 nach zuvor durchgeführter mündlicher Verhandlung entschieden:

Die Berufung betreffend Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich Vergütung von Erdgasabgabe für 1-12/2002, 1-12/2003, 1-12/2004 und 1-12/2005 wird als unbegründet abgewiesen.

Der Berufung betreffend Festsetzung der Vergütung von Erdgasabgabe für 1-12/2002, 1-12/2003, 1-12/2004 und 1-12/2005 teilweise Folge gegeben.

Die Vergütung von Erdgasabgabe für 1-12/2002 wird mit 1,269.052,15 EUR festgesetzt.

Die Vergütung von Erdgasabgabe für 1-12/2003 wird mit 1,406.011,33 EUR festgesetzt.

Die Vergütung von Erdgasabgabe für 1-12/2004 wird mit 2,097.433,08 EUR festgesetzt.

Die Vergütung von Erdgasabgabe für 1-12/2005 wird mit 1,912.290,38 EUR festgesetzt.

Die Fälligkeit des mit dieser Entscheidung festgesetzten Mehrbetrages der Abgaben ist aus der Buchungsmitteilung zu ersehen.

Entscheidungsgründe

Die Bw betreibt eine erdgasbefeuerte Gasturbine mit Wärmetauscher (in der Folge: Anlage). Dabei wird eine Turbine mit Erdgas versorgt und erzeugt Strom. Den Strom liefert die Bw an die Firma S-AG. Die durch den Verbrennungsprozess entstehende Abwärme wird über einen Abhitzekessel in den Wärmetauscher geleitet und steht als (Liefer-)Wärme zur Verfügung. Die Bw hat im Jahr 1995 mit der S1-GmbH (nunmehr M) einen Wärmeliefervertrag abgeschlossen, mit dem sie sich ab 1. Oktober 1996 auf unbestimmte Dauer zur Wärmeversorgung der am Standort des Kraftwerks befindlichen Abnehmeranlagen (Firmengelände) verpflichtet hat. Desweiteren hat die Bw im Dezember 1995 mit der Firma S-AG einen Wärmebezugsvertrag abgeschlossen, worin sie sich verpflichtet hat, dieser die Überschusswärme aus dem Gasturbinenprozess - nach Versorgung der oben genannten Abnehmeranlagen - zur Gänze zur Verfügung zu stellen. Auf Grund eines Wärmeliefervertrages verpflichtete sich die Bw in der Folge mit Wirksamkeit ab 1. Jänner 2001 gegenüber der Firma S2-GmbH (nunmehr S3-GmbH), einer Tochtergesellschaft der Firma S-AG, zur Lieferung der gesamten von den oben genannten Abnehmeranlagen nicht verwerteten Wärmemengen.

Die Bw beantragte in den Streitjahren für jenes Erdgas, welches der Gasturbine zugeführt wurde, monatlich volle Vergütung. Das Finanzamt setzte die Vergütungsbeträge laufend mit (Monats-)Bescheiden fest.

Im Zuge einer Außenprüfung vertrat das Finanzamt die Rechtsansicht, dass die Vergütung soweit auf die (Liefer-)Wärme entfallend zu versagen sei. Im BP-Bericht führt das Finanzamt ua. aus, die Bw habe eine Förderung für Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) erhalten. Diese setze eine "wärmeorientierte Führung" des Unternehmens voraus. Die Fördervoraussetzung für KWK-Energie sei gemäß § 12 Ökostromgesetz die Erzeugung von elektrischer Energie, die unmittelbar und effizienzmaximiert als Koppelprodukt bei der Erzeugung von Fernwärme hergestellt werde. Und hierfür werde wiederum vorausgesetzt, dass eine Einsparung des Primärenergieträgers im Vergleich zur getrennten Strom- und Wärmeerzeugung erzielt werde. Die Fördervoraussetzungen implizierten die "Erzeugung" von Wärme und nicht einfach die Verwertung eines Abfallprodukts (Tz 7). Mit den hier angefochtenen Bescheiden vom 25. Jänner 2008 setzte das Finanzamt deshalb im wiederaufgenommenen Verfahren die Vergütung von Erdgasabgabe wie folgt fest (Beträge in Euro):

Abgabenzeiträume

Vergütungsbetrag

Abgabennachforderung

1-12/2002

831.111,27

1,124.444,65

1-12/2003

895.104,62

1,211.023,90

1-12/2004

1,346.546,22

1,821.797,82

1-12/2005

1,242.986,28

1,681.687,32

Das Finanzamt verweist zur Begründung auf Tz 10 des BP-Berichts, woraus hervor geht:

Kalenderjahr

2002

2003

2004

2005

Erzeugte Wärme in kWh

213,409.960,00

218,557.972,00

221,316.320,00

211,329.750,00

Erzeugter Strom in kWH

149,605.600,00

169,207.851,00

167,125.516,00

153,322.522,00

Einsatzmenge in m3

44,552.641,00

48,358.757,00

48,025.144,00

44,347.703,00

Der durchschnittliche Anteil (2002 bis 2005) von erzeugtem Strom betrage für den Prüfungszeitraum 42,5%. Die Rückvergütung von Erdgasabgabe könne somit nur im Ausmaß von 42,5% der insgesamt entrichteten Erdgasabgabe erfolgen (Tz 10). Die Aufteilung des Gaseinsatzes erfolge deshalb entsprechend dem Verhältnis der tatsächlich erzeugten Menge an Wärme zur tatsächlich erzeugten Menge an Strom, weil eine eindeutige Zuordnung des Gaseinsatzes zu Wärme und Strom über die Inputmenge nicht möglich sei. Die Verhältniszahlen seien sehr konstant (Schwankungen im Promillebereich innerhalb von acht Jahren) und entsprächen annähernd den von der Bw genannten Wirkungsgraden (Tz 7).

Die Wiederaufnahme der Vergütungsverfahren begründet das Finanzamt im Wesentlichen wie folgt:

Im Zuge der Betriebsprüfung führt - aus der isolierten Betrachtung jedes einzelnen Jahres - die Tatsache, dass seitens des geprüften Unternehmens eine Vergütung der Erdgasabgabe auch für jenen Teil geltend gemacht wurde, welcher sich tatsächlich jedoch auf den nicht begünstigten Erdgaseinsatz zur Wärmeerzeugung bezieht, zur Wiederaufnahme gem. § 303 Abs. 4 BAO.

Wie in Tz 10 des Betriebsprüfungsberichtes vom 7. November 2007 angeführt, kann eine Rückvergütung der Erdgasabgabe gem. § Z 1 EnAbgVergG nur insoweit erfolgen, soweit das Erdgas zur Erzeugung von elektrischer Energie eingesetzt wird.

[...]

Aufgrund dieser neuen Tatsachen ist dem Prinzip der Rechtsrichtigkeit der Vorrang gegenüber dem Prinzip der Rechtsbeständigkeit einzuräumen, um eine Gleichmäßigkeit der Besteuerung gewährleisten zu können.

Dagegen wendet sich die Bw mit Schreiben ihres steuerlichen Vertreters vom 2. April 2008 nach Fristverlängerung mittels Berufung und beantragt die Aufhebung der Wiederaufnahmebescheide und die Festsetzung der Erdgasabgabevergütung "wie bisher" in Höhe von 10,154.702,08 €.

Gegen die Wiederaufnahme des Verfahrens wendet die Bw im Wesentlichen ein, das Finanzamt habe am 13. März 2000 eine Nachschau betreffend die Erdgasabgabenvergütung für den Zeitraum 10/1996 bis 10/1999 vorgenommen. Ziel der Nachschau sei die Kontrolle der Berechnungsmethode für die "Erdgasabgabenrefundierung" gewesen. Im Zuge der Nachschau sei eine Besichtigung der Anlage erfolgt, die Berechnungsmethode sei anhand des Expertengutachtens erläutert und auch eine Kopie ausgehändigt worden. Die Prüfungsfeststellung habe dahin gehend gelautet, dass keine Änderung der bisher erklärten Bemessungsgrundlagen vorzunehmen seien. Die unterschiedliche rechtliche Beurteilung durch das Nachschauorgan einerseits und die Prüfer der nachfolgenden Außenprüfung stelle keinen Wiederaufnahmegrund dar (Seite 6 bis 7 des Berufungsschreibens). Weiters sei die Bescheidbegründung mangelhaft, weil in Tz 7ff des BP-Berichtes nur auf Tz 10 des BP-Berichtes verwiesen werde. Im BP-Bericht werde in Tz 7ff lediglich die Berechnungsmethode dargestellt. Es fehle eine ausreichende Begründung für die Ermessensentscheidung (Seite 6 bis 7 des Berufungsschreibens).

Gegen die Abgabenfestsetzung wendet die Bw gleich lautend wie in der Berufung betreffend die Jahre 1999 bis 2001 (siehe RV/0834-G/07) ein, die Anlage diene grundsätzlich zur Erzeugung von Strom, welcher in das 110-kV-Netz der Firma Steirische Wasserkraft- und Elektrizitäts - Aktiengesellschaft - STEG eingespeist werde. Anstatt die bei der Stromerzeugung entstehende Abwärme über den Kamin zu emittieren, werde diese aus wirtschaftlichen Überlegungen über einen Abhitzekessel nutzbar gemacht, wobei die Wärme einerseits der Firma M und andererseits für das Fernwärmenetz der Firma S3-GmbH entgeltlich zur Verfügung gestellt werde. Grundsätzlich könne die Anlage auch ohne Nutzung der Abwärme betrieben werden. Der Erdgaseinsatz für die Stromerzeugung sei bei dieser Anlage - im Gegensatz zu einer kombinierten Gas- und Dampfturbinenanlage - unabhängig davon, ob die Abwärme über den Abhitzekessel genutzt werde (wie im Berufungsfall durch Wärmelieferung an die Firma M und an die Firma S3-GmbH) oder ungenutzt in den Kamin emittiert werde. Im Jahr 1998 habe sie ein Gutachten über die Erdgasabgabe für den Betrieb ihrer Anlage an Univ. Prof. Paul Gilli in Auftrag gegeben. Das Ergebnis dieses Gutachtens sei gewesen, dass keine gekoppelte Erzeugung von Strom und Wärme vorliege, sondern eine unabhängige in dem Sinne, dass der Stromerzeugungsprozess von der Nutzung oder Nichtnutzung seiner Abwärme nicht beeinflusst werde. Der Anteil des Brennstoffes (Erdgas), der auf die elektrische Energie entfalle, sei hier somit nachweislich 100% (Seite 3 bis 4 des Berufungsschreibens, ebenso Seite 14 des Berufungsschreibens). Energetisch und anlagentechnisch sei die Abwärmenutzung vollkommen getrennt von der Erzeugung elektrischer Energie. Es könne also nicht davon gesprochen werden, dass ein Teil des eingesetzten Erdgases zur Erzeugung von Wärme und nur ein Teil zur Erzeugung von elektrischer Energie eingesetzt und verwendet werde. Vielmehr sei es technisch erforderlich, das gesamte eingesetzte Erdgas zum Betrieb der Gasturbine einzusetzen, um die jeweilige Menge elektrischer Energie zu generieren. Wärme stelle in diesem Prozess lediglich ein Begleitprodukt dar. Solche Begleitprodukte entstünden bei nahezu allen Produktionsvorgängen. Anlagentechnisch handle es sich hiebei um eine bloße Abwärmenutzung (Seite 14 des Berufungsschreibens). Das Finanzamt habe zur Berechnung des Anteils der rückvergüteten Erdgasabgabe eine andere Methode herangezogen, ohne diese von ihr gewählte Methode im BP-Bericht zu begründen (Seite 5 des Berufungsschreibens). Das Finanzamt sei bei der Ermittlung der abgabenfreien bzw. der zu besteuernden Erdgasmenge von den produzierten Energiemengen (Output) unter Berücksichtigung der Abgasverluste ausgegangen. Das so ermittelte Verhältnis zwischen Stromoutput und Wärmeoutput zum Gesamtoutput sei sodann im gleichen Verhältnis auf den Erdgasinput umgelegt worden. Die Schlussfolgerung des Finanzamtes daraus sei, dass 42% des bezogenen Erdgases zur Stromerzeugung diene und damit abgabenfrei sei. Die restlichen 58% seien demnach abgabepflichtig. Diese Berechnungsmethode entspreche nicht den gesetzlichen Vorgaben und keiner im Durchführungserlass zum Elektrizitätsabgabegesetz, zum Erdgasabgabegesetz und zum Energieabgabenvergütungsgesetz (in der Folge: Durchführungserlass) genannten Methode (Seite 8 bis 12 des Berufungsschreibens, ebenso Seite 14 des Berufungsschreibens). Nach dem Durchführungserlass würden bei gekoppelter Erzeugung von Strom und Wärme zwei Berechnungsmethoden unterschieden: die exakte Zuordnung und die Pauschalregelung. Sie selbst erbringe jedoch im Sinne des Durchführungserlasses unter Hinweis auf das Gutachten von Univ. Prof. Paul Gilli den exakten Nachweis für die Zuordnung des Erdgasanteiles, der auf die Erzeugung elektrischer Energie entfalle. Dieser Anteil entspreche 100% des eingesetzten Erdgases, womit nachgewiesen werde, dass es sich nicht um eine gekoppelte Erzeugung von Strom und Wärme mit Stromeinbuße handle (Seite 16 des Berufungsschreibens). Bei Anwendung der Berechnungsmethode laut Durchführungserlass und unter Berücksichtigung des tatsächlich gemessenen Wirkungsgrades komme man zum Ergebnis, dass sich der errechnete abgabenfreie Erdgaseinsatz für elektrische Energie dem tatsächlichen Erdgaseinsatz decke. Dies bedeute, dass auch hier der Nachweis erbracht werde, dass 100% des eingesetzten Erdgases für die Stromerzeugung verwendet würden und daher von der Erdgasabgabe befreit seien (Seite 18 des Berufungsschreibens). Die Vorgangsweise des Finanzamtes verstoße auch gegen den Gleichheitsgrundsatz, weil Anlagen, bei denen der Anteil des Erdgases, der auf die Erzeugung elektrischer Energie entfalle, nicht gemessen werde, ohne jegliche Begründung gegenüber der von ihr betriebenen Anlage begünstigt wären (Seite 19 des Berufungsschreibens). Es sei sachlich ungerechtfertigt, den Energieträger, der zur Produktion des Stroms verwendet werde (Erdgas), einerseits durch die Elektrizitätsabgabe und andererseits durch andere Energieabgaben steuerlich doppelt zu belasten (Seite 19 des Berufungsschreibens). Dass es sich bei der Wärme nur um ein Abfallprodukt handle, zeige sich deutlich in der unterschiedlichen Wertigkeit einer Kilowattstunde von elektrischer Energie und Wärme. Werde nun ein Großteil des eingesetzten Erdgases den produzierten Kilowattstunde an Wärme zugerechnet, komme es zu einer wertmäßig zu geringen Entlastung des Stroms. Dies zeige sich auch darin, dass der ökonomische Wert der erzeugten elektrischen Energie in den Jahren 1999 bis 2001 zwischen 60% und 70% der Gesamterlöse der Anlage darstellten (Seite 19 des Berufungsschreibens). Schließlich sei die Aufteilung des Finanzamtes auch hinsichtlich des verwendeten Zahlenmaterials unrichtig. Eine Zuordnung des Erdgasinputs zu den Ausgangsprodukten Strom und Wärme nach Durchschnittswerten sei - wenn sich die Verhältniszahlen für jedes Jahr konkret und vor allem einfach feststellen ließen - gesetzlich nicht gedeckt und sachlich nicht gerechtfertigt (Seite 21 des Berufungsschreibens). Zusätzlich zu dem bereits in der Berufung betreffend die Jahre 1999 bis 2001 getätigten Vorbringen bringt die Bw vor, entgegen der im BP-Bericht geäußerten Ansicht des Finanzamtes, das Produkt Wärme besitze den gleichen Stellenwert wie das Produkt Strom, entspreche der heutige technische Wissensstand den allgemein bekannten thermodynamischen und physikalischen Erkenntnissen, dass die Wertigkeit einzelner Energieformen verschieden zu beurteilen sei. Hierfür gebe es den exakten begriff der Exergie. Der Exergiegehalt von Wärme sei immer kleiner 100%. Demgegenüber bestehe elektrische Energie zu 100% aus Exergie. Das bedeute, das elektrische Energie grundsätzlich zu 100% in andere Energieformen (zB Wärme) umwandelbar sei, Wärme hingegen nur zu einem Bruchteil in elektrische Energie (Seite 22 des Berufungsschreibens). Die von ihr gewählte Methode der Zuordnung des Brennstoffeinsatzes auf die Produkte Strom und Wärme sei schlüssig und eindeutig dokumentiert. Diese Methode entspreche weiters dem CEN/CENELEC Workshop Agreement CWA 45547:2004 "Manual for determination of Combined Heat and Power (CHP)". Außerdem finde diese Berechnungsmethode Anwendung in der österreichischen Norm ÖNORM EN 15316-4-5 (2007-10-01) - Heizungsanlagen in Gebäuden - Verfahren zur Berechnung der Energieanforderungen und Nutzungsgrade der Anlagen - Teil 4-5: Wärmeerzeugungssysteme, Leistungsfähigkeit und Effizienz von Fernwärme- und großvolumigen Systemen. Diese europäische Norm sei mit 1. Oktober 2007 zur nationalen Norm erklärt worden und dokumentiere somit den Stand der Technik. Etwaige entgegenstehende nationale Normen hätten bis Jänner 2008 zurückgezogen werden müssen. Diese Norm gelte explizit auch für Wärmelieferungen aus KWK-Anlagen. Ihre Anlage sei eine KWK-Anlage im Sinne der EU KWK-Richtlinie 2004/8/EG Anhang 1 Lit. d. In dieser Norm würden für die Produkte Strom und Wärme unterschiedliche Primärenergiefaktoren definiert, wodurch klar gestellt werde, dass diese unterschiedlichen Energieformen durch einen unterschiedlichen Primärenergieeinsatz (= Brennstoffeinsatz) gekennzeichnet seien. Auf Seite 14 der gegenständlichen Norm werde die Ermittlung des Primärenergiefaktors für Wärme aus KWK-Anlagen in ein Fernwärmesystem behandelt. Hierbei sei das Maß für die Zuordnung der Primärenergie auf das Produkt Wärme die Stromeinbuße in der KWK-Anlage. Der Wärmeerzeugung in KWK-Anlagen werde somit der zur Egalisierung der Stromeinbuße notwendige zusätzliche Brennstoffeinsatz zugeordnet. Daraus ergebe sich schlüssig, dass der Wärme aus KWK-Anlagen ohne Stromeinbuße keine Primärenergie (= Brennstoffeinsatz) zugeordnet werde.

Das Finanzamt legte die Berufung dem unabhängigen Finanzsenat ohne Weiteres im April 2008 zur Entscheidung vor.

Die Bw hat die Durchführung einer mündlichen Verhandlung und die Entscheidung über die Berufung durch den gesamten Berufungssenat beantragt.

Mit Schreiben vom 29. September 2008 hielt der Unabhängige Finanzsenat der Bw eine schätzungsweise Aufteilung der Vergütungsbeträge nach dem sog. Linzer Modell vor. Nach dieser Berechnungsmethode erfolgt die Aufteilung des Vergütungsbetrages nach dem gewichteten Strom- und Wärme-Output der Anlage. Dazu wird der (rechnerische) Erdgaseinsatz für die Stromerzeugung (Rückrechnung des tatsächlichen Stromoutputs unter Anwendung des gemessenen elektrischen Wirkungsgrades der Anlage) einem (rechnerischen) Erdgaseinsatz (Rückrechnung des tatsächlichen Wärmeoutputs unter Anwendung eines geschätzten Wärmewirkungsgrads von 0,8) gegenübergestellt.

In der am 12. November 2008 abgehaltenen mündlichen Berufungsverhandlung erläuterte der technische Sachverständige der Bw das Linzer Modell und führte zur Bewertung dieses Verfahrens aus, dass die Brennstoffzuordnung aus dem Vergleich der Brennstoffeinsätze bei einer ungekoppelten Erzeugung von Strom und Wärme erfolge. Somit würden die spezifischen physikalischen Eigenschaften und energetischen Vorteile der KWK nicht berücksichtigt. Die Brennstoffzuordnung für die Wärmeerzeugung erfolge auf Basis nicht real existierender Anlagen. In einer KWK-Anlage erfolge die Wärmelieferung nicht direkt aus einem Kessel, der mit Brennstoff befeuert werde, sondern immer erst nach oder in einer Wärmekraftmaschine, in der die Erzeugung elektrischer Energie erfolge. In der Berechnung nach dem "Linzer Modell" werde die real existierende, physikalische Situation nicht wiedergegeben. Das manifestiere sich auch darin, dass der errechnete, hypothetische Brennstoffeinsatz größer sei, als der tatsächliche Brennstoffeinsatz in der betrachteten KWK-Anlage. Die Brennstoffzuordnung nach dem "Linzer Modell" sei in keiner offiziellen österreichischen oder europäischen Norm dokumentiert. Die Vertreterin des Finanzamtes brachte vor, dass nach dem Gutachten der TUA das "Linzer Modell" nicht aussagekräftig sei. Weiters wies sie auf die KWK-Förderung hin, wonach die Bw. Förderungen von drei bis vier Millionen Euro für drei Jahre bekommen habe. Voraussetzung für die Ökostromförderung sei die Erzeugung von Wärme. Der Bereichsleiter Konzernrechnungswesen der Bw wies noch einmal auf die unterschiedliche Wertigkeit von Strom und Wärme hin. Der Geschäftsführer der Bw wies darauf hin, dass nach dem Ökostromgesetz nicht der Strom das Abfallprodukt sei, sondern die Stromerzeugung gefördert werde, wenn gleichzeitig auch Wärme gekoppelt erzeugt werde. Der technische Sachverständige der Bw führte zur Aufstellung "Betriebsdaten Gasturbinen- und Kesselanlage CMST Kraftwerk Thondorf" vom 7. November 2008 aus, für die Berechnung des Ausmaßes der Erstattung sei der tatsächlich gemessene elektrische Wirkungsgrad heranzuziehen. Bei Rückrechnung des Outputs sei daher eine volle Erstattung der Abgabe vorzunehmen. Über Nachfrage des Referenten, ob die produzierten Wärmemengen aus dem Verbrennungsprozess des eingesetzten Erdgases entstanden seien, bestätigte der Sachverständige, dass die Verbrennung des Erdgases innerhalb der Gasturbine bei der Stromerzeugung erfolge und dadurch Wärme entstanden sei. Der Bereichsleiter Konzernrechnungswesen gab abschließend zu Protokoll, dass bei jedem thermischen Stromerzeugungsprozess Wärme entstehe.

In der am 9. Dezember 2008 fortgesetzten mündlichen Verhandlung trug der steuerliche Vertreter der Bw den Inhalt seiner Stellungnahme vom 5. Dezember 2008 vor. Darin werden die wesentlichen Aspekte der Berufungsentscheidung des Unabhängigen Finanzsenats vom 24. November 2008, RV/1032-L/05, erläutert, so ua., dass sich der Vergütungsbetrag über den tatsächlichen (elektrischen) Wirkungsgrad direkt ergebe und es aus dem Gesetz nicht herauszulesen sei, dass der Wärmeoutput in die Berechnung mit einzubeziehen sei. Zuordnungsmethoden, die die tatsächlichen Prozesse der Energieumwandlung nicht berücksichtigten, seien abzulehnen. Eine Rückrechnung unter Zugrundelegung des Wärmeoutputs werde als nicht den gesetzlichen Vorgaben entsprechend bewertet. Die (vom Unabhängigen Finanzsenat für die Berufungsentscheidung gewählte) "Methode des tatsächlichen Wirkungsgrades" sei "strukturell ident" mit der Methode gemäß Durchführungserlass und ident mit der Methode gemäß CEN/CENELEC. Im Übrigen verwiesen die Parteienvertreter auf ihr bisheriges Vorbringen. Der Vertreter des Finanzamtes brachte abschließend vor, dass die von der Prüferin gewählte Lösungsmethode zur Aufteilung der Vergütung eine der denkmöglichen Methoden sei. Der steuerliche Vertreter brachte abschließend vor, dass sämtliche Argumente ausführlich dargelegt worden seien. Eine andere Aufteilung als die nach dem elektrischen Wirkungsgrad würde eine große Belastung der Endkunden nach sich ziehen. Österreichweit werde diese Berechnungsmethode angewendet und sei vom UFS Linz mehrfach bestätigt worden.

Über die Berufung wurde erwogen:

Zur Wiederaufnahme des Verfahrens:

Eine Wiederaufnahme des Verfahrens von Amts wegen ist unter den Voraussetzungen des Abs. 1 lit. a und c und in allen Fällen zulässig, in denen Tatsachen oder Beweismittel neu hervorkommen, die im Verfahren nicht geltend gemacht worden sind, und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte (§ 303 Abs. 4 BAO).

Soll eine amtswegige Wiederaufnahme des Verfahrens iSd § 303 Abs 4 BAO auf Grund einer abgabenbehördlichen Prüfung zulässig sein, dann muss aktenmäßig erkennbar sein, dass dem Finanzamt nachträglich Tatumstände zugänglich gemacht wurden, von denen es nicht schon zuvor Kenntnis gehabt hat. Eine nachträglich anders geartete rechtliche Beurteilung oder Würdigung des schon bekannt gewesenen Sachverhalts allein rechtfertigt einen behördlichen Eingriff in die Rechtskraft nicht (VwGH 16.11.2006, 2006/14/0014).

Maßgeblich für die Wiederaufnahme ist allein der Umstand, ob nach Abschluss des Verfahrens neue Tatsachen oder Beweismittel hervorgekommen sind; ob die Abgabenbehörde mehr oder minder weit reichende Erhebungen im abgeschlossenen Verfahren durchgeführt hat bzw. ob sie sich mit einer unzureichenden Vorhaltsbeantwortung zufrieden gegeben hat, ist für die Beurteilung, ob ein Wiederaufnahmegrund vorliegt, deswegen nicht wesentlich, weil selbst ein Verschulden der Behörde am Unterbleiben der Feststellung der maßgeblichen Tatsachen und Beweismittel im Erstverfahren eine Wiederaufnahme des Verfahrens nicht ausschließt (VwGH 26.7.2000, 95/14/0094).

Vor diesem rechtlichen Hintergrund zeigt die Bw mit ihrem Vorbringen, dem Finanzamt seien zum Zeitpunkt der Außenprüfung die näheren Umstände zur Energieabgabenvergütung durch die zuvor durchgeführte Nachschau bereits bekannt gewesen, keine Rechtswidrigkeit der Wiederaufnahmebescheide auf. Entscheidend ist nämlich der Wissenstand der Abgabenbehörde zum Zeitpunkt des Abschlusses des Verfahrens, das ist im Berufungsfall der Zeitpunkt der Erlassung der einzelnen Vergütungsbescheide. Kommen nachträglich - also nach diesem Zeitpunkt - neue Tatsachen hervor, so berechtigen sie das Finanzamt jederzeit zur Wiederaufnahme des Verfahrens, und zwar auch dann, wenn es zwischenzeitig auf Grundlage eines inzwischen vollständig bekannten Sachverhaltes von der Rechtmäßigkeit eines Bescheides ausgegangen ist. und deshalb vorerst keine weiteren Veranlassungen getroffen hat.

Was den Vorwurf der mangelhaften Begründung der Verfahrenswiederaufnahme betrifft, so ist dem entgegenzuhalten, dass bei der Begründung der Verfahrenswiederaufnahme nicht von einer überspitzten Förmlichkeit auszugehen ist, sondern es ausreicht , wenn die Umstände bei verständiger Würdigung aus dem Gesamtzusammenhang der Niederschrift über die Schlussbesprechung und des Berichts über das Ergebnis der Außenprüfung erkennbar sind (VwGH 5.5.1992, 92/14/0006). Bei verständiger Würdigung der Tz 10 des BP-Berichts ist ohne weiteres erkennbar, dass die dort genannten von der Bw dem Finanzamt bekannt gegebenen produzierten Wärme- und Strommengen sowie die dazu eingesetzte Erdgasmenge jene Tatsachen darstellen, die im Prüfungsverfahren neu hervor gekommen sind und die Kenntnis dieser Umstände die Abgabenneufestsetzung herbeigeführt hat.

Wie das Finanzamt zu Recht ausgeführt hat, ist zum Zwecke der Gleichmäßigkeit der Besteuerung dem Prinzip der Rechtsrichtigkeit der Vorrang gegenüber dem Prinzip der Rechtsbeständigkeit einzuräumen, sofern nicht Billigkeitsgründe dagegen sprechen. Solche Billigkeitsgründe kann der Unabhängige Finanzsenat im Berufungsfall nicht erkennen und wurden auch von der Bw nicht vorgebracht. Auf Grund der Höhe der Abgabennachforderungen war eine Wiederaufnahme der Verfahren zur Abgabenneufestsetzung zweckmäßig.

Die Berufung war daher diesbezüglich als unbegründet abzuweisen.

Zur Abgabenfestsetzung:

Der Erdgasabgabe unterliegen die Lieferung von Erdgas im Steuergebiet, ausgenommen Erdgasunternehmen im Sinne des § 6 Z 13 des Gaswirtschaftsgesetzes (GWG) und an sonstige Wiederverkäufer, soweit das Erdgas zur Weiterlieferung bestimmt ist und der Verbrauch von Erdgas durch Erdgasunternehmen sowie der Verbrauch von selbst hergestelltem oder in das Steuergebiet verbrachtem Erdgas im Steuergebiet (§ 1 Abs. 1 Erdgasabgabegesetz).

Die Steuerbefreiung erfolgt im Wege einer Vergütung ua an denjenigen, der das Erdgas verwendet für Erdgas, soweit es zur Erzeugung von elektrischer Energie verwendet wird (§ 3 Abs. 2 Z 2 Erdgasabgabegesetz).

Den Energieabgaben unterliegt einerseits die Lieferung von Energieträgern (Strom, Erdgas, Kohle) im Steuergebiet, ausgenommen eine solche an Wiederverkäufer zum Zweck der Weiterlieferung; andererseits der Verbrauch dieser Energieträger durch Erzeuger oder Händler (Eigenverbrauch). Im Ergebnis sind somit die Lieferungen an private Haushalte und an die Energie verbrauchende Wirtschaft belastet (vgl. Doralt/Ruppe, Steuerrecht II5 (2006) [Tz 306].

Die Befreiungsbestimmung des § 3 Abs. 2 Z 2 ErdgasAbgG verfolgt den Zweck, durch die Vergütung von Erdgasabgabe auf Erdgas, das zur Erzeugung elektrischer Energie verwendet wird, eine steuerliche Doppelbelastung mit Energieabgaben (Erdgasabgabe und Elektrizitätsabgabe) zu vermeiden.

Bei gänzlicher Abgabenentlastung des Erdgases bliebe die (Liefer-)Wärme letztlich abgabenfrei (also insoweit keine Doppelbelastung, wie die von der Bw behauptet wird), was nicht dem Zweck der Energieabgabengesetze (Belastung von privaten Haushalten und der Energie verbrauchenden Wirtschaft mit Energieabgaben) entspricht. In diesem Sinne kann der Befreiungsbestimmung des § 3 Abs. 2 Z 2 ErdgasAbgG nicht unterstellt werden, sie wolle bei der Anlage der Bw, deren Zweckbestimmung es ist, (Liefer-)Strom und (Liefer-)Wärme zu erzeugen, den gesamten Erdgaseinsatz von der Erdgasabgabe befreien.

Mit der Wortfolge "soweit es zur Erzeugung von elektrischer Energie verwendet wird" stellt der Gesetzgeber unzweifelhaft auf den Verwendungszweck (arg. "zur Erzeugung von") und das Ausmaß der Verwendung von Erdgas (arg. "soweit") ab. Wie die Umwandlung von Erdgas zu Strom und Wärme technisch zustande kommt, kann dabei - schon im Sinne einer steuerlichen Gleichbehandlung von Gasturbinen mit einem Abhitzekessel und kombinierten Gas- und Dampfturbinenanlagen - nicht von Bedeutung sein. Eine bloß auf einen Teil (auf die Gasturbine) reduzierte Betrachtung der Anlage ist dabei nicht zulässig. Insofern kann die Bw mit ihrem Vorbringen, rein technisch gesehen sei der Erdgaseinsatz für die Stromerzeugung bei ihrer Gasturbinenanlage davon unabhängig, ob die Abwärme wirtschaftlich über den Abhitzekessel genutzt werde oder nicht, nichts für ihren Rechtsstandpunkt gewinnen, zumal auch die Zweckbestimmung der Anlage die Erzeugung von Wärme und (deswegen gefördertem) Strom ist. Die Bw erhält nämlich eine Förderung nach dem Ökostrom-Gesetz zum Ausgleich für jene Stromeinbußen, die sie durch die gekoppelte Wärmeerzeugung erleidet. Insofern kann nicht davon gesprochen werden, dass es sich bei der Wärme um ein "Abfallprodukt" handelt, zumal die Produktionsleistung der Anlage in den Monaten außerhalb Heizperiode sowohl für Strom als auch für Wärme maßgeblich herabgesetzt ist.

Das Gutachten von Univ. Prof. Paul Gilli, das die Anlage der Bw und deren Betrieb technisch und physikalisch umfassend beschreibt, vermag mit seinen kurz gehaltenen rechtlichen Ausführungen zur Erdgasabgabevergütung (vorletzter und letzter Absatz auf Seite 21 des Gutachtens) den Weg zu einer anderen Rechtsansicht nicht zu weisen .

Es ist daher der Rechtsansicht des Finanzamtes beizupflichten, dass die Erdgasabgabe nur teilweise vergütungsfähig ist. Über die Berechnung des Aufteilung der Erdgasabgabe in einen vergütungsfähigen und in einen nicht vergütungsfähigen Teil (Aufteilungsbeträge) bestehen zwischen der Bw und dem Finanzamt maßgebliche Auffassungsunterschiede. Das Finanzamt hat die Aufteilung nach dem Verhältnis der von der Anlage produzierten Strom- und Wärmemengen vorgenommen ("Reine Output-Methode"). Die Bw will Vergütung für jene Erdgasmenge, die sich durch Rückrechnung des von der Anlage produzierten Strommenge anhand der tatsächlich gemessenen elektrischen Wirkungsgrade ergibt ("Methode des tatsächlichen Wirkungsgrades").

Die vom Finanzamt gewählte "Reine Output-Methode" erweist sich insofern als nicht sachgerecht, als sie die unterschiedliche energetischen Wertigkeiten von Strom und von Wärme unberücksichtigt lässt (eine Kilowattstunde Strom hat eine weitaus höhere energetische Wertigkeit als eine Kilowattstunde Wärme).

Bei der Berechnung des Vergütungsbetrages nach der von der Bw angestrebten "Methode des tatsächlichen Wirkungsgrades" entspricht die auf die Erzeugung von Strom entfallende (rechnerische) Erdgasmenge weitestgehend dem gesamten tatsächlichen Erdgaseinsatz der Anlage, was eine fast vollständige Vergütung zur Folge hat. Damit erweist sich diese Berechnungsmethode als nicht sachgerecht, weil dies auf eine fast vollständige Abgabenfreiheit des auch zur Wärmeerzeugung verwendeten Erdgases hinausläuft; die (Liefer-)Wärme bliebe, obwohl durch die Verbrennung des Erdgases in beträchtlichen Mengen (mit-)produziert, fast vollständig mit Energieabgaben unbelastet; dies entspricht - wie bereits oben ausgeführt - nicht dem Zweck der Energieabgabengesetze, private Haushalte und die Energie verbrauchende Wirtschaft mit Energieabgaben zu belasten.

Weder die Bw noch das Finanzamt haben von ihren gewünschten Aufteilungsmethoden abweichende Vorschläge zur sachgerechten Aufteilung gemacht. Es war daher Aufgabe des erkennenden Senates, eine schätzungsweise Aufteilung auf Strom und auf Wärme sachgerecht vorzunehmen. Mangels einer anderen, erkennbar sachgerechteren Methode hat sich der Unabhängige Finanzsenat für das sog. "Linzer Modell" entschieden. Wie bereits im Sachverhalt ausgeführt, erfolgt die Aufteilung nach dieser Berechnungsmethode nach dem gewichteten Strom- und Wärme-Output der Anlage. Dazu wird der (rechnerische) Erdgaseinsatz für die Stromerzeugung (Rückrechnung des tatsächlichen Stromoutputs unter Anwendung des gemessenen elektrischen Wirkungsgrades der Anlage) einem (rechnerischen) Erdgaseinsatz (Rückrechnung des tatsächlichen Wärmeoutputs unter Anwendung eines geschätzten Wärmewirkungsgrads von 0,8) gegenübergestellt. Dadurch wird indirekt der tatsächliche Strom- und Wärme-Output der Anlage zum Zecke der Aufteilung der Erdgasabgabe in einen vergütungsfähigen und einen nicht vergütungsfähigen Teil gewichtet. Damit wird - im Gegensatz zur "Reinen Output-Methode" des Finanzamtes - die höhere energetische Wertigkeit von Strom im Vergleich zur Wärme berücksichtigt. Auch berücksichtigt diese Berechnungsmethode - im Gegensatz zur "Methode des tatsächlichen Wirkungsgrades" der Bw -, dass durch den Erdgaseinsatz nicht nur Strom, sondern auch beträchtliche Wärmemengen erzeugt wurden.

Was die Kritik der Parteien an der schätzungsweisen Aufteilung des Vergütungsbetrages nach dem sog. "Linzer Modell" betrifft, so wird damit keine Unschlüssigkeit der Berechnungsmethode aufgezeigt. Durch den Einsatz eines Brennstoffes (Erdgas) entstehen im Berufungsfall zwei Produkte (Strom, Wärme). Entscheidend für das Ausmaß der Vergütung ist das Verhältnis, in welchem das Erdgas im Verbrennungsprozess auf Strom und auf Wärme entfällt. Wie dieses Verhältnis im Berufungsfall ist, wurde von der Bw im Verfahren nicht dargetan. Durch die Berechnungsmethode nach dem sog. "Linzer Modell" werden die von der Anlage produzierten Strom- und Wärmemengen indirekt durch Gegenüberstellung eines (unter Zugrundelegung von Wirkungsgraden errechneten) rechnerischen Erdgaseinsatzes gewichtet und ins Verhältnis gesetzt. Demgemäß ist es auch unsinnig, den rechnerischen Erdgaseinsatz für Strom und für Wärme (reine Rechengrößen für die Verhältnisrechnung) zu addieren oder von einer "Brennstoffzuordnung für die Wärmeerzeugung auf Basis nicht real existierender Anlagen" zu sprechen. Im Übrigen wäre es an den Parteien gelegen gewesen, Vorschläge für eine andere sachgerechte Aufteilung zu bringen. Die Parteien haben jedoch im gesamten Verfahren an ihren jeweiligen Methoden zur Ermittlung des vergütungsfähigen Teils der Erdgasabgabe festgehalten. Besonders die Bw hat auf "ihrer" Berechnungsmethode beharrt, weil diese eine fast vollständige Vergütung von Erdgasabgabe zur Folge hätte.

Dass die Aufteilung nach dem sog. "Linzer Modell" weder durch nationales Recht noch durch EU-Recht "dokumentiert" ist, ist für sich ohne Bedeutung, weil es nur darauf ankommt, ob es sich dabei um die sachgerechteste Lösung zur Aufteilung der Vergütung von Erdgasabgabe handelt. An Erlassregelungen ist der Unabhängige Finanzsenat nicht gebunden.

Der Berufung war daher nur teilweise Folge zu geben und die angefochtenen Bescheide auf Basis der von der Bw in der Stellungnahme vom 11. November 2008 bekannt gegebenen Mengenangaben und elektrischen Wirkungsgrade sowie unter Zugrundelegung der für die Bw (im Vergleich zu der vom Finanzamt gewählten Aufteilung) günstigeren Aufteilung nach dem sog. Linzer Modell abzuändern.

Beilagen: 4 Berechnungsblätter

Graz, am 9.12.2008

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht

betroffene Normen:

§ 303 Abs. 4 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 3 Abs. 2 Z 2 Erdgasabgabegesetz, BGBl. Nr. 201/1996

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