UFS RV/1237-L/08

UFSRV/1237-L/0825.11.2008

Versagung des Freibetrages für investierte Gewinne bei Inanspruchnahme der Basispauschalierung ist sachgerecht und daher verfassungskonform - keine Kumulierung der Steuerbegünstigungen.

 

Beachte:
VwGH-Beschwerde zur Zl. 2008/15/0333 eingebracht. Mit Erk. v. 4.3.2009 als unbegründet abgewiesen.

Entscheidungstext

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Berufungswerbers, vom 27. Oktober 2008 gegen den Bescheid des Finanzamtes Gmunden Vöcklabruck vom 21. Oktober 2008 betreffend Einkommensteuer 2007 entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Entscheidungsgründe

Der Berufungswerber (in der Folge kurz Bw.) ist geschäftsführender Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft, an der er zu mehr als 25% beteiligt ist, und ermittelte in der über Finanzonline elektronisch abgegebenen Einkommensteuererklärung für das streitgegenständliche Veranlagungsjahr 2007 seine Einkünfte aus selbständiger Arbeit nach dem USt-Bruttosystem unter Beanspruchung der Basispauschalierung gemäß § 17 Abs. 1 EStG 1988 im Wesentlichen wie folgt:

Betriebseinnahmen

 

42.000,00 €

Basispauschalierung 6% der Betriebseinnahmen

- 2.520,00 €

 

Sozialversicherungsbeiträge

- 9.425,52 €

 

Gesamtbetrag

 

- 11.945,52 €

Einkünfte aus selbständiger Arbeit

 

30.054,48 €

Außerdem machte der Bw. außergewöhnliche Belastungen für Krankheitskosten in Höhe von 88,10 € sowie für Katastrophenschäden in Höhe von 799,00 € geltend.

Mit Bescheid vom 21. Oktober 2008 veranlagte das Finanzamt den Bw. mit Einkünften aus selbständiger Arbeit in Höhe von 30.054,48 € und lediglich Berücksichtigung der geltend gemachten außergewöhnlichen Belastung für Katastrophenschäden zur Einkommensteuer für das Jahr 2007 und begründete dies damit, dass der bei den anderen außergewöhnlichen Belastungen abzuziehende Selbstbehalt von 2.237,90 € nicht überstiegen sei.

Mit Schriftsatz vom 27. Oktober 2008 erhob der Abgabepflichtige Berufung gegen den am 24. Oktober 2008 zugestellten Einkommensteuerbescheid 2007, machte den Freibetrag für investierte Gewinne gemäß § 10 EStG 1988 geltend und begründete dies sinngemäß wie folgt:

Im bekämpften Einkommensteuerbescheid 2007 seien die Einkünfte aus selbständiger Arbeit erklärungsgemäß unter Anwendung der Basispauschalierung gemäß § 17 Abs. 1 EStG (6% Ausgabenpauschale, höchstens 13.200,00 €) ermittelt worden. Zwecks erstmaliger Beantragung des Freibetrages für investierte Gewinne werde dagegen mit folgender Begründung Berufung erhoben:

Entgegen der Rechtsauffassung des Unabhängigen Finanzsenates (UFS) müsse die Geltendmachung des Freibetrages für investierte Gewinne sehr wohl auch neben der Anwendung von Pauschalierungen möglich sein. Mit der Behauptung, Betriebsausgabenpauschalierungen erfassten auch Investitionsbegünstigungen und Steuersubventionen in Form fiktiver Betriebsausgaben (§ 10, § 4 Abs. 4 Z 4, 4a und 4b EStG), bewege sich der UFS im Kreis. Er setze somit eine Antwort voraus, ohne sich der Frage zu stellen, ob Pauschalierungen nicht nur darauf abzielen, tatsächliche Aufwendungen bzw. Ausgaben zu erfassen.

Wortlaut, Systematik und Sinn eines Freibetrages für investierte Gewinne nach § 10 EStG 1988 ließen die Qualität einer Investitionsbegünstigung erkennen: Freibeträge für investierte Gewinne sollten Investitionen in bestimmte Sach- oder Finanzanlagen unter Einhaltung einer Mindestbehaltefrist von vier Jahren auslösen. Eine Abgeltung durch eine Pauschalierung von Betriebsausgaben sei mit diesem Gesetzeszweck nicht zu vereinbaren. Eine Erstreckung von Betriebsausgabenpauschalierungen auf Freibeträge für investierte Gewinne würde den vom Gesetz angestrebten Investitionsanreiz vernichten und eine Kontrolle der Mindestbehaltefrist unmöglich machen.

Das Sachlichkeitsgebot (Art. 7 B-VG) zwinge zur Erfassung der tatsächlichen Aufwendungen/Ausgaben auch im Fall von Pauschalierungen. Durchschnittsbetrachtungen und Typisierungen seien zulässig. Das Ziel, den tatsächlichen Verhältnissen möglichst nahe zu kommen, gelte für jede Pauschalierung von Betriebsausgaben. Einer solchen lebensnahen Pauschalierung entziehe sich der Freibetrag für investierte Gewinne: Die Wahl der Steuerpflichtigen hänge insbesondere von der ertragsteuerlichen Gesamtsituation (und nicht nur vom nach § 4 Abs. 3 EStG ermittelten Gewinn), der Finanzlage und dem Investitionsverhalten ab. Eine Pauschalierung zerstöre außerdem den vom Gesetz gewollten Investitionsanreiz eines Freibetrages für investierte Gewinne. Es wäre somit systematisch inkonsistent und sachwidrig (Art. 7 B-VG), die Zielsetzung eines Investitionsanreizes eines Freibetrages für investierte Gewinne durch eine Einbeziehung in eine Pauschalierung von Betriebsausgaben zu zerstören.

Ein Freibetrag für investierte Gewinne sei somit auch im Fall einer Pauschalierung von Betriebsausgaben zulässig. Es sei sinnwidrig und sachlich (Art. 7 B-VG) nicht zu rechtfertigen, Steuerpflichtige aufgrund einer Betriebsausgabenpauschalierung von der Investitionsbegünstigung eines Freibetrages für investierte Gewinne auszuschließen. Das Ziel eines Freibetrages für investierte Gewinne, Investitionen in bestimmte Sach- oder Finanzanlagen mit einer vierjährigen Mindestbehaltefrist auszulösen (§ 10 EStG 1988), dürfe durch Pauschalierungen von Betriebsausgaben nicht durchkreuzt werden.

Aus der der Berufung angeschlossenen berichtigten Einkommensteuererklärung und deren Beilage geht sinngemäß folgende Ermittlung der Einkünfte aus selbständiger Arbeit durch Berücksichtigung des beantragten Freibetrages für investierte Gewinne hervor:

Betriebseinnahmen (GF-Bezüge GmbH 1-12/2007)

 

42.000,00 €

Basispauschalierung 6% der Betriebseinnahmen

- 2.520,00 €

 

Sozialversicherungsbeiträge

- 9.425,52 €

 
  

- 11.945,52 €

Gewinn

 

30.054,48 €

Freibetrag für investierte Gewinne (max. 10%)

 

- 2.542,05 €-

Einkünfte aus selbständiger Arbeit

 

27.512,43 €

Im angeschlossenen Verzeichnis der Wertpapiere gemäß § 10 Abs. 7 Z 2 EStG weist der Bw. die Anschaffung des "Raiff-§14-Rent Fonds-Vorsorge Kup.20" am 28.12.2007 in Höhe von 2.542,05 € aus.

Über die Berufung wurde erwogen:

Der Freibetrag für investierte Gewinne wird im § 10 Einkommensteuergesetz, BGBl. Nr. 400/1988 idF BGBl. I Nr. 99/2007 wie folgt geregelt:

§ 10. (1) Natürliche Personen, die den Gewinn eines Betriebes gemäß § 4 Abs. 3 ermitteln, können bei der Anschaffung oder Herstellung von abnutzbaren körperlichen Anlagegütern oder von Wertpapieren gemäß § 14 Abs. 7 Z 4 einen Freibetrag für investierte Gewinne bis zu 10 % des Gewinnes, ausgenommen Übergangsgewinne (§ 4 Abs. 10) und Veräußerungsgewinne (§ 24), höchstens jedoch 100 000 Euro gewinnmindernd geltend machen. Der Höchstbetrag von 100 000 Euro steht jedem Steuerpflichtigen im Kalenderjahr nur einmal zu. Der Freibetrag für investierte Gewinne kann nur im Jahr der Anschaffung oder Herstellung der Wirtschaftsgüter geltend gemacht werden und ist mit den Anschaffungs- oder Herstellungskosten begrenzt. Die Absetzung für Abnutzung (§§ 7 und 8) wird dadurch nicht berührt.

(2) Bei Gesellschaften, ...

(3) Der Freibetrag für investierte Gewinne kann nur zu Lasten des Gewinnes jenes Betriebes geltend gemacht werden, in dem 1. im Falle der Anschaffung oder Herstellung abnutzbarer Anlagegüter diese

a) eine betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer von mindestens vier Jahren haben und

b) in einer Betriebsstätte im Inland oder im übrigen EU/EWR-Raum verwendet werden, die der Erzielung von Einkünften im Sinne von § 2 Abs. 3 Z 1 bis 3 dient. Dabei gelten Wirtschaftsgüter, die auf Grund einer entgeltlichen Überlassung überwiegend außerhalb des EU/EWR-Raumes eingesetzt werden, nicht als in einer Betriebsstätte im EU/EWR-Raum verwendet.

2. im Falle der Anschaffung von Wertpapieren gemäß § 14 Abs. 7 Z 4 diese dem Anlagevermögen ab dem Anschaffungszeitpunkt mindestens vier Jahre gewidmet werden, vorbehaltlich Abs. 5 Z 2.

(4) Für folgende Wirtschaftsgüter kann ein Freibetrag für investierte Gewinne nicht gewinnmindernd geltend gemacht werden:

- Gebäude und Herstellungsaufwendungen eines Mieters oder sonstigen Nutzungsberechtigten auf ein Gebäude.

- Personen- und Kombinationskraftfahrzeuge, ausgenommen Fahrschulkraftfahrzeuge sowie Kraftfahrzeuge, die zu mindestens 80 % der gewerblichen Personenbeförderung dienen.

- Luftfahrzeuge.

- Geringwertige Wirtschaftgüter, die gemäß § 13 abgesetzt werden.

- Gebrauchte Wirtschaftsgüter.

- Wirtschaftsgüter, die von einem Unternehmen erworben werden, das unter beherrschendem Einfluss des Steuerpflichtigen steht.

- Wirtschaftsgüter, für die der Forschungsfreibetrag gemäß § 4 Abs. 4 Z 4 oder Z 4b oder die Forschungsprämie gemäß § 108c in Anspruch genommen wurde.

(5) Scheiden Wirtschaftsgüter, für die der Freibetrag für investierte Gewinne geltend gemacht worden ist, vor Ablauf der Frist von vier Jahren aus dem Betriebsvermögen aus oder werden in eine Betriebsstätte außerhalb des EU/EWR-Raumes verbracht, gilt Folgendes: ...

(6) Im Falle der Übertragung eines Betriebes ist ...

(7) Voraussetzungen für die Geltendmachung des Freibetrages für investierte Gewinne sind:

1. Der Freibetrag für investierte Gewinne wird in der Steuererklärung an der dafür vorgesehenen Stelle getrennt hinsichtlich körperlicher Wirtschaftsgüter und Wertpapiere ausgewiesen. Eine Berichtigung einer unrichtigen oder unterlassenen Eintragung ist bis zum Eintritt der Rechtskraft des betreffenden Einkommensteuer oder Feststellungsbescheides (§ 188 der Bundesabgabenordnung) möglich.

2. Der Freibetrag für investierte Gewinne wird im Anlageverzeichnis (§ 7 Abs. 3) bei den jeweiligen Wirtschaftsgütern ausgewiesen. Wertpapiere gemäß § 14 Abs. 7 Z 4, für die ein Freibetrag in Anspruch genommen wird, sind in ein gesondertes Verzeichnis aufzunehmen, das der Abgabenbehörde auf Verlangen vorzulegen ist.

Im gegenständlichen Fall ist allein die Rechtsfrage strittig, ob der vom Bw. geltend gemachte Freibetrag für investierte Gewinne von dem von ihm im Rahmen der Basispauschalierung ermittelten Gewinn abgezogen werden kann, was das Finanzamt verneint.

Die so genannte Basispauschalierung wird in den Absätzen 1 bis 4 des mit der Überschrift "Durchschnittssätze" versehenen § 17 EStG 1988 idF BGBl. I Nr. 100/2006 wie folgt geregelt:

§ 17. (1) Bei den Einkünften aus einer Tätigkeit im Sinne des § 22 oder des § 23 können die Betriebsausgaben im Rahmen der Gewinnermittlung gemäß § 4 Abs. 3 mit einem Durchschnittssatz ermittelt werden. Der Durchschnittssatz beträgt

- bei freiberuflichen oder gewerblichen Einkünften aus einer kaufmännischen oder technischen Beratung, einer Tätigkeit im Sinne des § 22 Z 2 sowie aus einer schriftstellerischen, vortragenden, wissenschaftlichen, unterrichtenden oder erzieherischen Tätigkeit 6%, höchstens jedoch 13 200 €,

- sonst 12%, höchstens jedoch 26 400 €,

der Umsätze im Sinne des § 125 Abs. 1 der Bundesabgabenordnung.

Daneben dürfen nur folgende Ausgaben als Betriebsausgaben abgesetzt werden: Ausgaben für den Eingang an Waren, Rohstoffen, Halberzeugnissen, Hilfsstoffen und Zutaten, die nach ihrer Art und ihrem betrieblichen Zweck in ein Wareneingangsbuch (§ 128 BAO) einzutragen sind oder einzutragen wären, sowie Ausgaben für Löhne (einschließlich Lohnnebenkosten) und für Fremdlöhne, soweit diese unmittelbar in Leistungen eingehen, die den Betriebsgegenstand des Unternehmens bilden, weiters Beiträge im Sinne des § 4 Abs. 4 Z 1.

§ 4 Abs. 3 vorletzter Satz ist anzuwenden.

(2) Die Anwendung des Durchschnittssatzes gemäß Abs. 1 setzt voraus, dass

1. keine Buchführungspflicht besteht und auch nicht freiwillig Bücher geführt werden, die eine Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 ermöglichen,

2. die Umsätze im Sinne des § 125 Abs. 1 der Bundesabgabenordnung des vorangegangenen Wirtschaftsjahres nicht mehr als 220 000 Euro betragen,

3. aus der Steuererklärung hervorgeht, dass der Steuerpflichtige von der Pauschalierung Gebrauch macht.

(3) Geht der Steuerpflichtige von der Ermittlung der Betriebsausgaben mittels des Durchschnittssatzes gemäß Abs. 1 auf die Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 oder im Rahmen der Gewinnermittlung gemäß § 4 Abs. 3 auf die Geltendmachung der Betriebsausgaben nach den allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften über, so ist eine erneute Ermittlung der Betriebsausgaben mittels des Durchschnittssatzes gemäß Abs. 1 frühestens nach Ablauf von fünf Wirtschaftsjahren zulässig.

Aus dem ersten Satz des eben zitierten § 17 Abs. 1 EStG 1988 ergibt sich zweifelsfrei, dass der Gesetzgeber die Basispauschalierung ausdrücklich als Möglichkeit der "Gewinnermittlung gemäß § 4 Abs. 3" mit Pauschalierung der Betriebsausgaben anbietet. Demnach kommt die Gewährung des Freibetrages für investierte Gewinne nach dem Wortlaut des oben zitierten § 10 EStG 1988 in Betracht. Diese Begünstigung für Einnahmen-Ausgaben-Rechner soll der Stärkung der kleinen und mittleren Unternehmen durch Freistellung von 10% des Gewinnes (gedeckelt mit 100.000,00 €) dienen.

Der vorletzte Satz des oben zitierten § 17 Abs. 1 EStG 1988 lässt neben dem Betriebsausgabenpauschale von 12 bzw. 6 % nur die Absetzung der dort taxativ aufgezählten Ausgaben als Betriebsausgaben zu ("Daneben dürfen nur folgende Ausgaben als Betriebsausgaben abgesetzt werden: ..."). Der Freibetrag für investierte Gewinne stellt zweifellos keine Ausgabe für Löhne, Fremdlöhne oder Sozialversicherungsbeiträge dar. Der vom Bw. im gegenständlichen Fall für den Kauf des Wertpapiers aufgewendete Betrag ist auch keine "Ausgabe für den Eingang an Waren, ..., die nach ihrer Art und ihrem betrieblichen Zweck in ein Wareneingangsbuch (§ 128 BAO) einzutragen wären. Im Wareneingangsbuch nach § 128 BAO ist nämlich nur der Erwerb zur Weiterveräußerung bestimmter Waren zu erfassen. Der Freibetrag für investierte Gewinne kann jedoch nur für den Erwerb (Herstellung) von Anlagevermögen geltend gemacht werden.

Für die Lösung der gegenständlichen Rechtsfrage ist demnach entscheidend, ob der nach § 10 EStG 1988 von der Einkommensteuer freigestellte Freibetrag für investierte Gewinne als (sonstige) Betriebsausgabe iSd § 17 Abs. 1 EStG 1988 anzusehen ist.

§ 4 Abs. 1, 3 und 4 EStG 1988 enthalten zur Gewinnermittlung folgende Aussagen: (1) Gewinn ist der durch doppelte Buchführung zu ermittelnde Unterschiedsbetrag zwischen dem Betriebsvermögen am Schluss des Wirtschaftsjahres und dem Betriebsvermögen am Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahres. ...

(3) Der Überschuss der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben darf dann als Gewinn angesetzt werden, wenn keine gesetzliche Verpflichtung zur Buchführung besteht und Bücher auch nicht freiwillig geführt werden. ...

(4) Betriebsausgaben sind die Aufwendungen oder Ausgaben, die durch den Betrieb veranlasst sind. Betriebsausgaben sind jedenfalls:

...

4. Ein Forschungsfreibetrag in Höhe von 25% für Aufwendungen (Ausgaben) zur Forschung und experimentellen Entwicklung, ...

...

8. und 10. Ein Bildungsfreibetrag von höchstens 20% der Aufwendungen, ...

Im Zuge der Gewinnermittlung durch Einnahmen-Ausgaben-Rechnung nach § 4 Abs. 3 EStG 1988 werden demnach nicht nur tatsächliche Ausgaben als Betriebsausgaben gewinnmindernd abgesetzt, sondern auch durch den Gesetzgeber als steuerliche Begünstigung zuerkannte Freibeträge (Bildungsfreibetrag, Forschungsfreibetrag, Lehrlingsfreibetrag gemäß § 124b Z 31 EStG 1988). Diese rein rechnerischen Größen und als "fiktive Betriebsausgaben" bezeichneten Beträge stellen zweifellos ebenfalls Betriebsausgaben iSd § 4 Abs. 3 EStG 1988 und folglich auch des § 17 Abs. 1 EStG 1988 dar. Die Qualifikation des zuletzt genannten Lehrlingsfreibetrages nach § 124b Z 31 EStG 1988 als fiktive Betriebsausgabe hat jüngst der Verwaltungsgerichtshof bestätigt (VwGH 27.02.2008, 2004/13/0157).

Dem möglichen Argument, der Freibetrag für investierte Gewinne könne schon deshalb keine fiktive Betriebsausgabe sein, weil das Gesetz ihn nicht als Betriebsausgabe definiere, ist entgegen zu halten, dass § 4 Abs. 4 EStG 1988 auf Grund der Formulierung "Betriebsausgaben sind jedenfalls...." lediglich eine demonstrative und keine taxative Aufzählung der Betriebsausgaben enthält.

Es bleibt daher die Frage übrig, ob auch der Freibetrag für investierte Gewinne eine derartige fiktive Betriebsausgabe darstellt. Die oben genannten Freibeträge für Forschung und Bildung vermitteln zusätzliche fiktive Betriebsausgaben, die rechnerisch durch Anwendung eines Prozentsatzes auf tatsächliche Aufwendungen ermittelt werden. Der oben erwähnte Lehrlingsfreibetrag war hingegen mit 1.460,00 € betraglich fixiert.

Die Begünstigungsbestimmung des § 10 EStG 1988 spricht im ersten Absatz (vgl. Abs. 4) hingegen von der Möglichkeit ("können") "...einen Freibetrag für investierte Gewinne bis zu 10% des Gewinnes, ...gewinnmindernd geltend machen." bzw. im dritten Absatz "Der Freibetrag für investierte Gewinne kann nur zu Lasten des Gewinnes jenes Betriebes geltend gemacht werden, ...". Aus diesen Formulierungen ergibt sich, dass zunächst der vorläufige Gewinn durch Einnahmen-Ausgaben-Rechnung zu ermitteln ist. Von diesem Zwischenwert können über Antrag dann noch maximal 10% abgezogen werden. Nach Ansicht der Berufungsbehörde stellt diese letzte Abzugspost funktionell ebenfalls eine fiktive Betriebsausgabe dar. Diese Rechtsauffassung teilen auch Zorn (in Hofstätter-Reichel, § 10 Tz 2), nach dessen eindeutiger Formulierung "Dieser FBiG stellt eine fiktive Betriebsausgabe dar, die zusätzlich gewinnmindernd berücksichtigt wird." und Heinrich, in Doralt/Heinrich, EStG, §10 Tz 16: "Aufwandseitige Freibeträge, die zum Zwecke der Investitionsförderung gewährt werden, stellen Betriebsausgaben dar ..." (vgl. VwGH 27.02.2008, 2004/13/0157).

Damit erweist sich die vom Bw. vertretene Rechtsansicht, der Freibetrag für investierte Gewinne sei nur eine Investitionsbegünstigung und keine Betriebsausgabe, als verfehlt und das Begehren des Bw. als unberechtigt.

Dass bei Inanspruchnahme der Basispauschalierung nach § 17 Abs. 1 EStG 1988 kein Freibetrag für investierte Gewinn gemäß § 10 EStG 1988 zusteht, wird auch überwiegend von der Fachliteratur vertreten (Jakom/Kanduth-Kristen EStG § 10 Rz 8, Zorn, aaO. § 10 Tz 3; Heinrich, aaO, §10 Tz 14, Atzmüller in, SWK 2006, S 864).

Nach Ansicht der Berufungsbehörde ist auch aus der Textierung des § 17 Abs. 1 EStG 1988 die Absicht des Gesetzgebers erkennbar, neben den pauschalierten Betriebsausgaben nur die dort taxativ aufgezählten Ausgaben als Gewinn mindernde Posten zuzulassen (vgl. VwGH 22.02.2007, 2002/14/0019). Das Betriebsausgabenpauschale in Höhe von 12% bzw. 6% der Umsätze nach § 17 Abs. 1 EStG 1988 übersteigt meist die Erfahrungswerte und wirkt dann wie eine undifferenzierte Steuerbegünstigung (Doralt, aaO, §17 Tz 5).

Der Bw. argumentiert mit dem Sinn der Bestimmung des § 10 EStG, verkennt bzw. übersieht dabei jedoch die oben dargestellten Grenzen der Basispauschalierung nach § 17 EStG 1988. Dem Argument des Bw., die Erstreckung der Betriebsausgabenpauschalierungen auf Freibeträge für investierte Gewinne würde den vom Gesetz angestrebten Investitionsanreiz vernichten und eine Kontrolle der Mindestbehaltefrist unmöglich machen, wird entgegnet:

Diese Behauptung trifft nicht auf alle Betriebsausgabenpauschalierungen, sondern nur auf jene zu, die neben dem Betriebsausgabenpauschale nur einen Katalog taxativ aufgezählter Betriebsausgaben zulassen. So ist z.B. entsprechend der anderen Konzeption der Freibetrag für investierte Gewinne bei Beanspruchung der Handelsvertreterpauschalierung nach BGBl. II 95/2000 zulässig. Eine Investition in körperliche Wirtschaftsgüter, deren Anschaffung die Realwirtschaft fördern würde, liegt auch im Falle des Bw. nicht vor, der die von der Berufsgruppe der Gesellschafter-Geschäftsführer regelmäßig gewählte Variante der Anschaffung von Wertpapieren gewählt hat. Die Kontrolle einer Mindestbehaltefrist erübrigt sich im gegenständlichen Fall durch die Unvereinbarkeit des Freibetrages für investierte Gewinne mit der vom Bw. freiwillig gewählten Basispauschalierung. Letzterer Umstand führt nach Ansicht der Berufungsbehörde auch dazu, dass die Versagung des Freibetrages für investierte Gewinne hier sachlich gerechtfertigt und entgegen der Rechtsansicht des Bw. sehr wohl mit dem von ihm ins Treffen geführten Gleichheitssatz (Art. 7 B-VG) im Einklang steht:

Vertritt der Gewinnermittler nach § 4 Abs. 3 EStG 1988 die Auffassung, dass eine Gewinnermittlung durch Basispauschalierung nach § 17 EStG 1988 gesamthaft für ihn günstiger ist, hat er die Wahlmöglichkeit, zu dieser oben dargestellten Sonderform der Einnahmen-Ausgaben-Rechnung überzugehen. Macht ein Steuerpflichtiger von einem derartigen Wahlrecht Gebrauch, muss er dann auch Nachteile in Kauf nehmen, die mit diesem System verbunden sind. Zu diesen Nachteilen gehört die Unmöglichkeit zusätzlicher Betriebsausgaben neben den taxativ aufgezählten und der Betriebsausgabenpauschale des § 17 EStG 1988. Ein derartiger Nachteil ist bei einer Gesamtschau in Ansehung der Vorteile der Basispauschalierung verfassungsrechtlich unbedenklich (vgl. das Erkenntnis des VfGH 03.03.1987, G 170/86, betreffend den Ausschluss des Einnahmen-Ausgaben-Rechners nach § 4 Abs. 3 EStG vom Verlustabzug, da er ja freiwillig den Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich ermitteln könnte).

Der Bw. hätte bei (normaler) Ermittlung seines Gewinnes nach § 4 Abs. 3 EStG 1988 (Verzicht auf die Basispauschalierung) den Freibetrag für investierte Gewinne lukrieren können. Die vom Bw. angestrebte kumulative Beanspruchung beider Begünstigungen - Basispauschalierung und Freibetrag für investierte Gewinne - scheint mit dem das Einkommensteuerrecht beherrschenden Grundsatz der Berücksichtigung der persönlichen Leistungsfähigkeit (vgl. Doralt/Ruppe, Grundriss des österreichischen Steuerrechts, Band I, 9. Auflage, S 17 Rz 22) auch nicht mehr vereinbar.

Aus all diesen Gründen konnte der Berufung kein Erfolg beschieden sein.

Linz, am 25. November 2008

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht

betroffene Normen:

§ 10 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 17 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988

Schlagworte:

Freibetrag für investierte Gewinne, Basispauschalierung, fiktive Betriebsausgabe, Sachlichkeitsgebot, verfassungskonform

Stichworte