UFS RV/0378-F/07

UFSRV/0378-F/0728.7.2008

Zurückweisung Vorlageantrag mangels wirksam ergangener Berufungsvorentscheidung

 

Entscheidungstext

Bescheid

Der Unabhängige Finanzsenat hat über den Vorlageantrag der Bw , Adresse, gegen den Bescheid des Finanzamtes Feldkirch betreffend Abweisung des Antrages auf Vergabe einer Steuernummer sowie des Antrages auf Vergabe einer Umsatzsteuer-Identifikationsnummer entschieden:

Der Vorlageantrag wird gemäß § 289 Abs. 1 iVm. § 273 Abs. 1 der Bundesabgabenordnung (BAO), BGBl Nr. 1961/194 idgF, als unzulässig zurückgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid vom 23. Mai 2007 hat das Finanzamt die Anträge der Berufungswerberin (ab 1.1.2007 aufgrund der Anpassung an das UGB eine Kommanditgesellschaft) auf Vergabe einer Steuernummer und einer Umsatzsteuer-Identifikationsnummer (UID-Nummer) als unbegründet abgewiesen.

Gesellschafter der Kommanditgesellschaft sind A (Komplementär) und seine minderjährigen (vgl. § 21 ABGB) Kinder (Kommanditisten).

Die Berufungswerberin (Bw) hat mit Schriftsatz vom 15. Juni 2007 fristgerecht gegen diesen Bescheid berufen.

Mit Berufungsvorentscheidung vom 1. August 2007 hat das Finanzamt die Berufung als unbegründet abgewiesen.

Daraufhin hat die Bw mit Schreiben vom 30. August 2007 fristgerecht den Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz (Vorlageantrag) gestellt.

Das Finanzamt hat die Berufungsvorentscheidung vom 23. Mai 2007, mit der über die Anträge auf Vergabe einer Steuernummer sowie auf Vergabe einer UID-Nummer abgesprochen wurde, an "A Komplementär der Bw , B, C und D (mj.) Kommanditisten der Bw" adressiert.

Gemäß § 97 Abs. 1 BAO werden Erledigungen dadurch wirksam, dass sie demjenigen bekanntgegeben werden, für den sie ihrem Inhalt nach bestimmt sind.

Die Wirksamkeit von Erledigungen (somit deren rechtliche Existenz) setzt grundsätzlich voraus, dass sie dem Adressaten bekannt gegeben werden. Ein Bescheid gehört erst mit der Erlassung dem Rechtsbestand an (vgl. Ritz, BAO3, § 97 Tz 1).

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes verlieren Personengesellschaften des Handelsrechts ihre Parteifähigkeit erst mit ihrer Vollbeendigung. Ihre Auflösung und die Löschung ihrer Firma im Firmenbuch beeinträchtigen ihre Parteifähigkeit so lange nicht, als ihre Rechtsverhältnisse zu Dritten - dazu zählen auch die Abgabengläubiger - noch nicht abgewickelt sind. In solchen Fällen sind die Bescheide nach wie vor an die Personengesellschaften zu richten (VwGH 29.3.2006, 2001/14/0091).

Daraus folgt, dass Bescheide, die für eine Personengesellschaft des Handelsrechts bestimmt sind, bis zur Vollbeendigung an die Personengesellschaft zu richten sind.

Ins Leere gehen allerdings an rechtlich (infolge Beendigung) nicht mehr existente Gesellschaften gerichtete Bescheide (vgl. Ritz, BAO3, § 97 Tz 2). Der Begriff der Beendigung ist ein zivilrechtlicher (vgl. Ritz, BAO3, § 19 Tz 14).

Das Finanzamt hat fallbezogen übersehen, dass seine Auffassung (vgl. Begründung zum Erstbescheid und zur Berufungsvorentscheidung), dass gegenständlich eine Mitunternehmerschaft (Gesellschaftsverhältnis) zwischen A und seinen minderjährigen Kindern steuerrechtlich nicht anerkannt werde, nicht zur (zivilrechtlichen) Beendigung der Kommanditgesellschaft führt. Der Bescheid wäre demnach nicht an die Gesellschafter der KG, sondern an die sowohl im Zeitpunkt der Erlassung des Erstbescheides als auch der Berufungsvorentscheidung im Firmenbuch eingetragene Personengesellschaft, zu Handen des gegenüber der Behörde namhaft gemachten Zustellungsbevollmächtigten und Vertreters der KG (vgl. Fragebogen), A, zu adressieren gewesen. Mangels gesetzmäßiger Bezeichnung des Adressaten im Bescheidspruch, zu dem auch das Adressfeld gehört, wurde gegenständlich kein individueller Verwaltungsakt gesetzt (vgl. VwGH 29.3.2006, 2001/14/0091 mit Verweis auf den Beschluss des VwGH vom 31. Juli 2002, 97/13/0127).

Zu der vom Finanzamt gewählten Adressierung der Berufungsvorentscheidung u.a. an die minderjährigen Kinder (Kommanditisten der KG) ist ergänzend festzustellen, dass (unmündige) Minderjährige grundsätzlich nicht partei- bzw. prozessfähig sind, und daher deren Rechte und Pflichten von ihrem gesetzlichen Vertreter wahrzunehmen sind (vgl. Ritz, BAO3, § 80 Tz 3).

Der Vorlageantrag (= Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz gemäß § 276 Abs. 2 BAO) setzt unabdingbar eine wirksame Berufungsvorentscheidung voraus (vgl. Ritz, BAO3, § 276 Tz 26). Mangels wirksamen Ergehens der Berufungsvorentscheidung vom 1. August 2007 war daher der von der Bw gestellte Vorlageantrag gem. § 289 Abs. 1 iVm. § 273 Abs. 1 BAO (schon aus diesem Grund) als unzulässig zurückzuweisen.

Da nach Ansicht der Referentin bereits der Erstbescheid vom 23. Mai 2007 in der dargestellten Weise (unzutreffend) adressiert wurde und damit ebenso wie die Berufungsvorentscheidung nicht wirksam ergangen ist, wäre die (infolge nicht wirksamen Ergehens der Berufungsvorentscheidung) unerledigte Berufung gegen einen nicht im Rechtsbestand befindlichen Bescheid vom Finanzamt gem. § 273 Abs. 1 BAO als unzulässig zurückzuweisen. Die Anträge auf Erteilung einer Steuernummer sowie einer UID-Nummer wären damit wiederum als unerledigt zu betrachten.

Zur Frage, ob seitens des Finanzamt (neuerlich) bescheidmäßig über die Anträge zu entscheiden sein wird, wird darauf hingewiesen, dass sich laut VwGH (Beschluss vom 8.2.2007, 2006/15/0363) ein Recht auf Zuteilung einer Steuernummer aus Bestimmungen des materiellen Steuerrechts nicht ergibt. Während Art. 28 Abs. 1 in einem Anhang zum UStG zusammengefassten Binnenmarktregelung (BMR) das Finanzamt verpflichte, Unternehmern im Sinne des § 2 UStG 1994, die im Inland Lieferungen oder sonstige Leistungen erbringen, für die das Recht auf Vorsteuerabzug bestehe, eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer zu erteilen, fehlt laut VwGH eine vergleichbare Bestimmung in Ansehung der Erteilung einer Steuernummer. Steuernummern dienen laut VwGH der Administrierung der Abgabenerhebung (vgl. §§ 84 Abs. 5, 94 Z 5 lit. b und 109a Abs. 1 Z 1 EStG1988) und sind nicht Tatbestandselemente einer Norm, die für den Steuerpflichtigen eine belastende oder begünstigende steuerliche Behandlung festlegt (vgl. Beschluss des VwGH vom 8.2.2007, 2006/15/0363, mit dem die Beschwerde gegen die Abweisung eines Antrages auf Vergabe einer Steuernummer zurückgewiesen wurde). Der VwGH ist dem Unabhängigen Finanzsenat, Außenstelle Linz, als belangter Behörde (RV/1017-L/05) offensichtlich nicht darin gefolgt, dass über den Antrag des Beschwerdeführers ein Bescheid (§ 92 BAO) zu erlassen wäre.

Daraus folgt nach Ansicht der Referentin des Unabhängigen Finanzsenates, dass zwar aus den vom VwGH angeführten Gründen über einen Antrag auf Erteilung einer UID-Nummer bescheidmäßig abzusprechen ist, auch wenn die Erteilung nach der geltenden Rechtslage (Art 28 BMR idF 2. Abgabenänderungsgesetz 2002, BGBl. 132/2002) bei Vorliegen der Voraussetzungen (mit Ausnahme der in Art. 28 Abs. 1 BMR idgF angeführten Fälle, die eine Kommanditgesellschaft aber nicht betreffen) amtswegig zu erfolgen hat. Aus der Zurückweisung der Beschwerde gegen die Abweisung des Antrages auf Vergabe einer Steuernummer durch den VwGH im Zusammenhalt mit der diesbezüglichen Begründung folgt, dass die Abgabenbehörde über einen solchen Antrag nicht bescheidmäßig abzusprechen hat. Eine gegen einen dennoch erlassenen Bescheid erhobene Berufung bzw. ein gegen eine (auch wirksam) erlassene Berufungsvorentscheidung eingebrachter Vorlageantrag ist sohin als unzulässig zurückzuweisen.

Dies ergibt sich nach Ansicht des Unabhängigen Finanzsenates bereits aus dem ersten Halbsatz des § 85 Abs. 1 BAO (Anbringen zur Geltendmachung von Rechten) iVm. § 311 Abs. 1 BAO, der wiederum auf § 85 BAO verweist. Eine Entscheidungspflicht besteht (neben Anbringen zur Erfüllung von Verpflichtungen) nur hinsichtlich Anbringen zur Geltendmachung von Rechten. Da aber laut VwGH kein Recht auf Erteilung einer Steuernummer besteht, handelt es sich bei dem Antrag der Bw um kein Anbringen iSd. § 85 Abs. 1 BAO, über das gemäß § 311 Abs. 1 BAO zu entscheiden wäre.

Daraus folgt, dass, selbst wenn die gegenständliche Berufungsvorentscheidung betreffend Abweisung des Antrages auf Vergabe einer Steuernummer wirksam ergangen wäre, der dagegen eingebrachte Vorlageantrag vom Unabhängigen Finanzsenat zurückzuweisen gewesen wäre. Lediglich über den im Fragebogen gestellten Antrag auf Erteilung einer UID-Nummer wäre meritorisch (§ 289 Abs. 2 BAO idgF) zu entscheiden gewesen.

Feldkirch, am 28. Juli 2008

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht

betroffene Normen:

§ 273 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 289 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 97 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 276 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961

Schlagworte:

Steuernummer, UID-Nummer, Vergabe, Adressat, Berufungsvorentscheidung, Personengesellschaft

Verweise:

Ritz, BAO, 3. Auflage, § 97 Tz 1 (kein Link)
VwGH 29.03.2006, 2001/14/0091
Ritz, BAO, 3. Auflage, § 19 Tz 14 (kein Link)
Ritz, BAO, 3. Auflage, § 80 Tz 3 (kein Link)
Ritz, BAO, 3. Auflage, § 276 Tz 26 (kein Link)
VwGH 08.02.2007, 2006/15/0363

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