UFS RV/0001-I/07

UFSRV/0001-I/077.11.2007

Die aus Deutschland zugeflossenen Renten waren für Zwecke des in Österreich vorzunehmenden Progressionsvorbehaltes in voller Höhe zu berücksichtigen, und nicht in einen steuerpflichtigen Ertragsanteil und einen steuerfreien Kapitalanteil aufzuteilen.

 

Entscheidungstext

Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Bw, vertreten durch Stb, vom 15. Oktober 1998 gegen den Bescheid des Finanzamtes vom 11. September 1998 betreffend Einkommensteuer 1997 entschieden:

Der Berufung wird teilweise Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Bemessungsgrundlage und die Höhe der Abgabe sind den als Beilage angeschlossenen Berechnungsblättern zu entnehmen und bilden einen Bestandteil dieses Bescheidspruches.

Entscheidungsgründe

Der Abgabepflichtige ist am 1. März 1997 nach Österreich zugezogen und seither in Österreich ansässig. Er bezog im Jahr 1997 eine Rente in Österreich von der Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten. Daneben bezog er zwei Renten aus Deutschland (Leistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung und eine Rente der Versorgungsanstalt der deutschen Bundespost) von zusammen 45.083 DM.

Im Einkommensteuerbescheid für 1997 ging das Finanzamt von einer ganzjährig bestehenden unbeschränkten Steuerpflicht aus und berücksichtigte die deutschen Rentenbezüge für Zwecke des Progressionsvorbehaltes.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung wurde eingewendet, die in Deutschland ausbezahlten Renten seien in Deutschland nur mit ihrem Ertragsanteil steuerpflichtig. Auch in Österreich seien daher die deutschen Renten zur Berechnung der Progression nur mit ihrem Ertragsanteil heranzuziehen. Der Ertragsanteil sei im Einkommensteuerbescheid des Finanzamtes München II mit 6.756 DM und mit 5.415 DM ausgewiesen.

Mit Berufungsentscheidung vom 1.8.2005 (GZ RV/0263-I/04) gab der Unabhängige Finanzsenat der Berufung insofern Folge, als nur die während der Zeit der unbeschränkten Steuerpflicht, somit vom 1. März bis zum 31. Dezember bezogenen deutschen Renten für Zwecke des Progressionsvorbehaltes berücksichtigt wurden. Die in der Berufung begehrte Aufteilung der deutschen Rentenbezüge in einen steuerfreien Tilgungsanteil und einen steuerpflichtigen Ertragsanteil nahm die Behörde nicht vor.

Die an den Verwaltungsgerichtshof erhobene Beschwerde wendet sich gegen die Berechnung des Progressionsvorbehaltes. Mit Erkenntnis vom 14. Dezember 2006, Zl. 2005/14/0099, hob der Verwaltungsgerichtshof den bekämpften Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes auf. Der Gerichtshof führte u.a. aus, Pensionen aus einer ausländischen gesetzlichen Sozialversicherung seien dann Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, wenn sie einer inländischen gesetzlichen Sozialversicherung entsprechen. Das Gesetz sehe nicht vor, dass derartige Pensionseinkünfte nur mit einem bestimmten Anteil zu erfassen wären. Eine ausländische gesetzliche Sozialversicherung entspreche nur dann einer inländischen gesetzlichen Sozialversicherung, wenn zumindest grundsätzlich eine Pflichtversicherung mit Pflichtbeiträgen vorliegen. Dieses Tatbestandsmerkmal sei im Auslegungswege weiter einzuschränken:

Der Regelung des § 25 Abs 1 Z 3 lit a EStG 1988 betreffend die nur quotenmäßige Erfassung von Höherversicherungspensionen und dem durch § 18 Abs 3 Z 2 lit a EStG 1988 ohne Begrenzung eingeräumten Abzug von Beiträgen für eine freiwillige Weiterversicherung in der gesetzlichen Pensionsversicherung liege die Wertungsentscheidung des Gesetzgebers zu Grunde, dass Sozialversicherungspensionen, die auf nur beschränkt abzugsfähige Beiträge zurückgehen, nicht zur Gänze steuerpflichtiges Einkommen darstellen sollen. Dieser Wertungsentscheidung widerspreche § 25 Abs. 1 Z 3 lit c EStG 1988 dann nicht, wenn der Bestimmung die Bedeutung beigemessen werde, dass nur solche Pensionen aus einer ausländischen Sozialversicherung erfasst werden, die auf Pflichtbeiträge zurückzuführen sind. Beiträge zu einer ausländischen Pflichtversicherung seien nämlich gemäß § 16 Abs. 1 Z 4 EStG 1988 als Werbungskosten abzugsfähig. Bei auf freiwillige Beiträge zurückzuführende Pensionen stelle die Besteuerung nach § 29 Z 1 dritter Satz EStG 1988 sicher, dass ein Steuerpflichtiger im Rahmen des Pensionsbezuges nicht den Rückfluss jener Beträge als Einkommen zu versteuern habe, die er ohne Möglichkeit auf entsprechende einkommensmindernde Berücksichtigung in die Pensionversicherung eingezahlt habe. Aus diesem Grund halte der VwGH die Ansicht, Pensionseinkünfte auf Grund freiwillig entrichteter Beiträge zu einer ausländischen Sozialversicherung würden vom Tatbestand des § 25 Abs. 1 Z 3 lit c EStG 1988 nicht erfasst, für zutreffend.

Von der belangten Behörde seien daher die bisher unterlassenen Erhebungen darüber anzustellen, ob im gegenständlichen Fall das im § 25 Abs. 1 Z 3 lit c EStG 1988 geforderte Entsprechen einer inländischen gesetzlichen Sozialversicherung gegeben ist. Diese Beurteilung erfordere Feststellungen in der Richtung, ob die geleisteten ausländischen Versicherungsbeiträge ihrer Art nach auf Grund der in den Streitjahren geltenden Rechtslage in voller Höhe einkommensmindernd berücksichtigt werden könnten (§ 16 Abs. 1 Z 4 lit f EStG). Es komme jedoch nicht darauf an, ob die Beiträge in den Jahren der Beitragszahlung tatsächlich einkommensmindernd zu berücksichtigen waren oder berücksichtigt worden sind.

Über die Berufung wurde erwogen:

Die gesetzliche Rentenversicherung (GRV) in Deutschland hat ihre Grundlage im Sozialgesetzbuch (SGB). Sie ist Bestandteil des gegliederten Sozialversicherungssystems zur Alterssicherung der abhängig Beschäftigten, die im Wesentlichen durch deren Zwangsteilnahme im Umlageverfahren finanziert wird. Wer arbeitet bezahlt die Renten der aus dem Arbeitsleben Ausgeschiedenen und erwirbt damit einen Anspruch auf seine eigene Rente (Generationenvertrag).

Der Abgabepflichtige erhält als ehemaliger Angestellter der Deutschen Post AG eine Rente von der Versorgungsanstalt der Deutschen Bundespost (VAP) und weiters eine Rente aus der gesetzlichen Sozialversicherung.

Die Versorgungsanstalt der Deutschen Post ist eine rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts. Sie wurde am 1.1.1926 gegründet und hat den Zweck, ihren Versicherten und deren Hinterbliebenen eine zusätzliche Alters- und Hinterbliebenenversorgung zu gewähren. In Beantwortung eines Auskunftersuchens teilte die VAP mit, es handle sich um eine betriebliche Sozialeinrichtung gemäß § 26 Bundesanstalt-Postgesetz. Die zu gewährenden Leistungen würden auf Grund der Satzung der VAP berechnet und gezahlt. Auf die Frage, ob die hier zu beurteilenden Zahlungen aus einer Pflichtversicherung oder aus freiwilligen Beiträgen resultieren, teilte die VAP mit, es handle sich um eine Pflichtversicherung.

Hinsichtlich der Leistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung teilte die Deutsche Rentenversicherung Bund mit:

"Der oben genannte Versicherte (Anm des UFS.: der Berufungswerber) hat mit Bescheid vom ... eine Bewilligung der Regelaltersrente nach § 25 Abs. 5 AVG / § 35 SGB VI erhalten.

Diese Leistung beruht auf Grund der Zahlung von Pflichtbeiträgen zum deutschen Rentensystem."

Wer in Deutschland Altersrente zum 65. Lebensjahr (Regelaltersgrenze oder gesetzliches Renteneintrittsalter) beantragt, erhält eine Regelaltersrente. Sie ist vor allem an die im Laufe des Lebens einbezahlten Beiträge gebunden. Die Berechnung der Rentenhöhe ist im Sozialgesetzbuch geregelt.

Die angeführten Renten gehen daher auf Beitragszahlungen zu ausländischen Plichtversicherungen zurück, die einer inländischen gesetzlichen Sozialversicherung entsprechen. Die seinerzeit vom Abgabepflichtigen bezahlten Beiträge zu den beiden Versicherungen könnten ihrer Art nach auf Grund der im Streitjahr geltenden Rechtslage in voller Höhe als Werbungskosten berücksichtigt werden (vgl. § 16 Abs. 1 Z 4 lit f EStG 1988). Die im Berufungsjahr zugeflossenen Renteneinkünfte sind als solche im Sinne des § 25 Abs 1 Z 3 lit c EStG 1988 zu beurteilen.

Nach den Ausführungen im aufhebenden Erkenntnis des VwGH bedeutet dies, dass die Rentenzahlungen bei der Berechnung des Progressionsvorbehaltes zu berücksichtigen sind. Eine Aufteilung in einen Ertrags- und einen Kapitalanteil ist nicht vorzunehmen.

Hinsichtlich der Bedenken, die der Abgabepflichtige unter dem Blickwinkel der Verletzung von Gemeinschaftsrecht geäußert hat, wird auf die Ausführungen im aufhebenden VwGH-Erkenntnis verwiesen.

Zusammenfassend ergibt sich, dass die im aufgehobenen Bescheid (Berufungsentscheidung vom 1. August 2005, RV/0263-I/04) erfolgte Berechnung des Einkommens und der darauf entfallenden Abgabe nicht zu ändern ist. Die dort dargestellte Ermittlung des Einkommens und Steuerberechnung wurde daher in den angeschlossenen Berechnungsblättern (in Euro und in Schilling) unverändert übernommen.

Es war daher wie im Spruch ausgeführt zu entscheiden.

Beilage: 1 Berechnungsblatt

Innsbruck, am 7. November 2007

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht

betroffene Normen:

§ 25 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 29 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
Art. 10 DBA D (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Bundesrepublik Deutschland (Einkommen und Vermögen), BGBl. Nr. 221/1955
Art. 15 DBA D (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Bundesrepublik Deutschland (Einkommen und Vermögen), BGBl. Nr. 221/1955

Schlagworte:

Progressionsvorbehalt, Rente, Ertragsanteil, Kapitalanteil, Doppelbesteuerung

Stichworte