UFS RV/0156-K/06

UFSRV/0156-K/0631.8.2007

Säumniszuschlag

 

Entscheidungstext

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der S.A., S., vertreten durch B., S., vom 12. April 2006 gegen den Bescheid des Finanzamtes S.V. vom 10. März 2006 betreffend Säumniszuschlag - Steuer entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen. Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Entscheidungsgründe

Das Finanzamt setzte mit Bescheid vom 10. März 2006 einen ersten Säumniszuschlag in Höhe von € 770,03 fest, weil die Bw., welche beschränkt steuerpflichtig ist, die Einkommensteuer für Dezember 2005 nicht bis zum Fälligkeitstag, den 16. Jänner 2006, entrichtet hat. Die Abgabe wurde verspätet am 16. Feber 2006 mittels Überweisung entrichtet.

In der Berufung wendet die Bw. ein, bislang immer sämtliche Zahlungen fristgerecht entrichtet zu haben. Im Zuge der Umstellung des Zahlungsverkehrssystems und der örtlichen Verlegung der kaufmännischen Verwaltung sei trotz erhöhter Sorgfalt die termingerechte Entrichtung durch den Sachbearbeiter schuldlos übersehen worden. Daher liege kein grobes Verschulden vor.

Es wurde beantragt, den aushaftenden Säumniszuschlag mit "Null" festzusetzen und der Berufung vollinhaltlich statt zu geben. Nachdem das Finanzamt die Berufung mit Berufungsvorentscheidung als unbegründet abgewiesen hat, beantragte die Bw. die Vorlage der Berufung an den Unabhängigen Finanzsenat.

Über die Berufung wurde erwogen:

Wird eine Abgabe, ausgenommen Nebengebühren (§ 3 Abs. 2 lit. d), nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet, so sind nach Maßgabe des § 217 BAO Säumniszuschläge zu entrichten. Der erste Säumniszuschlag beträgt 2 % des nicht zeitgerecht entrichteten Abgabenbetrages (§ 217 Abs. 2 BAO).

Der Säumniszuschlag ist eine objektive Säumnisfolge und ein "Druckmittel" zur rechtzeitigen Erfüllung der Abgabenentrichtungspflicht. Sein Zweck liegt darin, die pünktliche Tilgung von Abgabenschulden sicherzustellen (Ritz, BAO³, § 217 Tz 2 mit Judikaturnachweisen).

Im Rahmen des Verfahrens betreffend Festsetzung eines Säumniszuschlages ist daher nicht zu prüfen, ob abgabenrechtliche Erklärungspflichten eingehalten wurden, sondern ob Abgabenschulden zeitgerecht oder verspätet entrichtet worden sind. Tatsache ist, dass die Zahlung einen Monat verspätet mittels Überweisung erfolgt ist.

Gemäß § 4 Abs. 1 BAO entsteht der Abgabenanspruch, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den das Gesetz die Abgabepflicht knüpft. Diese Grundsatzregel gilt auch für Säumniszuschläge (Ritz, BAO³, § 4 Tz 6 mit Hinweis auf Stoll, BAO, 2319). Tatbestand ist dabei die Gesamtheit der in den materiellen Rechtsnormen enthaltenen abstrakten Voraussetzungen, bei deren konkretem Vorliegen (Tatbestandsverwirklichung) bestimmte Rechtsfolgen (Abgabenschuld und Abgabenanspruch) eintreten. Ist ein gesetzlicher Tatbestand verwirklicht, so entsteht der Abgabenanspruch unabhängig vom Willen und der subjektiven Meinung des Abgabenschuldners und der Abgabenbehörde. Soweit Abgabenbescheide über entstandene Abgabenansprüche absprechen (somit die Abgabe der Höhe nach festsetzen), sind sie deklarativ; konstitutiv wäre eine Abgabenfestsetzung, soweit sie über einen entstandenen Abgabenanspruch hinausgeht (Ritz, BAO³, § 4 Tz 7 und 8 mwN).

Die tatbestandsmäßigen Voraussetzungen, die erfüllt sein müssen, damit der Abgabenanspruch hinsichtlich eines Säumniszuschlages entsteht, sind in § 217 BAO geregelt. Primäre Voraussetzung gemäß Abs. 1 dieser Bestimmung ist, dass die dem Säumniszuschlag zugrunde liegende Abgabe nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet wird. Erfolgt keine Entrichtung zum Fälligkeitstag, ist der Säumniszuschlag grundsätzlich verwirkt. Eine erst später durch Bescheid zuerkannte Zahlungsfrist vermag am bereits entstandenen Abgabenanspruch betreffend Säumniszuschlag nichts mehr zu ändern.

Im vorliegenden Fall ist der Abgabenanspruch hinsichtlich des Säumniszuschlages in Höhe von € 770,03 bereits dadurch entstanden, dass die Einkommensteuer 12/2005 in Höhe von € 38.501,33 nicht bis zum Fälligkeitstag (16.1.2006) entrichtet wurde.

Gemäß § 217 Abs. 7 BAO sind auf Antrag des Abgabepflichtigen Säumniszuschläge insoweit herabzusetzen bzw. nicht festzusetzen, als ihn an der Säumnis kein grobes Verschulden trifft, insbesondere insoweit bei nach Abgabenvorschriften selbst zu berechnenden Abgaben kein grobes Verschulden an der Unrichtigkeit der Selbstberechnung vorliegt.

Der Antrag gemäß § 217 Abs. 7 BAO kann auch in einer Berufung gegen den Säumniszuschlagsbescheid gestellt werden (vgl. Ritz, SWK 2001, S 343) und ist diesfalls in der Berufungsentscheidung zu berücksichtigen. Für die Beurteilung von Anbringen kommt es dabei nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (Judikaturnachweise bei Ritz, BAO³, § 85 Tz 1) nicht auf die Bezeichnung von Schriftsätzen und die zufälligen verbalen Formen an, sondern auf den Inhalt, das erkennbare oder zu erschließende Ziel des Parteienschrittes. Ist aus dem Vorbringen des Berufungswerbers zu erschließen, dass ihn seiner Ansicht nach aus den von ihm ins Treffen geführten Gründen an der Säumnis kein (grobes) Verschulden treffe, ist in der Berufungsentscheidung das Vorliegen der Voraussetzungen des § 217 Abs. 7 BAO zu prüfen (UFS 8.10.2004, RV/0647-L/04 mwN).

In der Berufung führte die Bw. aus, es liege ein Versehen im Zusammenhang mit der Verlegung der Kanzlei und Umstellung des Zahlungsverkehrssystems vor, zu dem es trotz erhöhter Sorgfaltspflicht gekommen sei.

Wenn die Bw. meint, es liege ein Kanzleiversehen vor, wird ihr entgegnet, dass Sie gerade im Falle der Umstellung des Zahlungsverkehrssystems dazu verhalten gewesen wäre, auf die Einhaltung der Zahlungsfristen und Fälligkeiten ganz besonderes Augenmerk zu legen und deren Einhaltung zeitnah genau zu überprüfen. Bei genauer Überprüfung der Fristen wäre es für die Bw. leicht festzustellen gewesen, dass ein Zahlungstermin ungenützt verstrichen ist. Auch durch eine Überprüfung das Abgabenkontos bzw. des internen Zahlungslaufes hätte die Bw. durchaus zeitnah erkennen können, dass Zahlungen nicht erfolgt waren.

In diesem Zusammenhang muss darauf hingewiesen werden, dass die Herabsetzung bzw. Nichtfestsetzung eines Säumniszuschlages gemäß § 217 Abs. 7 BAO bei fehlendem grobem Verschulden an der Säumnis eine Begünstigung darstellt. Bei Begünstigungstatbeständen tritt die Amtswegigkeit der Sachverhaltsermittlung gegenüber der Offenlegungspflicht des Begünstigungswerbers in den Hintergrund. Der eine Begünstigung Inanspruchnehmende hat also selbst einwandfrei und unter Ausschluss jeden Zweifels das Vorliegen all jener Umstände darzulegen, auf die die abgabenrechtliche Begünstigung gestützt werden kann (UFS 4.11.2004, RV/0390-L/04; UFS 3.5.2007, RV/0793-L/04; vgl. auch VwGH 22.4.2004, 2003/15/0112 zu § 212 BAO).

Der Verwaltungsgerichtshof hat schon wiederholt ausgesprochen, dass die Büroorganisation sehr sorgfältig organisiert sein muss. Dazu gehören insbesondere die genaue Vormerkung von Fristen und unbedingt die Vorsorge durch entsprechende Kontrollen, dass Unzulänglichkeiten zufolge menschlichen Versagens auszuschließen sind. Das Fehlen solcher entsprechender Kontrollmaßnahmen in der Büroorganisation sei als ein über den minderen Grad des Versehens hinausgehendes Verschulden anzusehen (VwGH 26.6.1996, 95/16/0307 mwN).

Im vorliegenden Fall gelangt der Referent beim Unabhängigen Finanzsenat zur Auffassung, dass die Bw. mittels einfacher Kontrollmaßnahmen feststellen hätte können, ob die Zahlungsfristen gegenüber der Abgabenbehörde eingehalten wurden. Die unmittelbare und zeitnahe Überprüfung des Abgabenkontos und interner Belege hätte dazu geführt, dass die Nichtentrichtung der Vorauszahlung durch die Bw. und deren mit der Durchführung der Zahlungen beauftragten Gesellschaft nicht einen Monat lang verborgen geblieben wäre. Diese Überprüfung wäre auch zumutbar gewesen.

Es ist daher ein über den minderen Grad des Versehens hinausgehendes Verschulden anzulasten, weil keine entsprechenden Kontrollmechanismen im Zuge der Umstellung des Zahlungsverkehrssystems eingerichtet wurden, die es verhindert und ausgeschlossen hätten, dass die Nichtentrichtung einen Monat lang unerkannt geblieben ist.

Insgesamt gesehen brachte die Berufungswerberin nach Ansicht des Referenten keine ausreichend berücksichtigungswürdigen Gründe vor, die eine Herabsetzung bzw. Nichtfestsetzung der gegenständlichen Säumniszuschläge gemäß § 217 Abs. 7 BAO rechtfertigen könnten.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

Klagenfurt, am 31. August 2007

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht

betroffene Normen:

§ 217 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 217 Abs. 7 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961

Schlagworte:

Säumniszuschlag, grobes Verschulden

Verweise:

VwGH 26.06.1996, 95/16/0307

Stichworte