Schätzung Glaserei
Entscheidungstext
Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Bw., vertreten durch ROYAL Wirtschaftsprüfung und Steuerberatung GmbH, gegen den/die Bescheid/e des Finanzamtes Wien 21/22 betreffend Umsatz-, Einkommen- und Gewerbesteuerbescheide für die Jahre 1991 bis 1993, sowie betreffend Vorauszahlungen an Einkommensteuer für 1995 und Folgejahre entschieden:
Der Berufung wird Folge gegeben.
Die angefochtenen Bescheide werden abgeändert.
Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der Abgaben sind dem Ende der folgenden Entscheidungsgründe sowie den als Beilage angeschlossenen Berechnungsblättern zu entnehmen und bilden einen Bestandteil dieses Bescheidspruches.
Rechtsbelehrung
Gegen diese Entscheidung ist gemäß § 291 der Bundesabgabenordnung (BAO) ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig. Es steht Ihnen jedoch das Recht zu, innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung dieser Entscheidung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder den Verfassungsgerichtshof zu erheben. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt oder einem Wirtschaftsprüfer unterschrieben sein.
Gemäß § 292 BAO steht der Amtspartei (§ 276 Abs. 7 BAO) das Recht zu, gegen diese Entscheidung innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung (Kenntnisnahme) Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben.
Entscheidungsgründe
Der Bw erzielte Einkünfte aus Gewerbebetrieb aus einer Glaserei. Im Zuge einer Betriebsprüfung betreffend den Zeitraum 1991 bis 1993 wurden ua folgende Feststellungen getroffen:
Die Registrierkassenstreifen seien nicht aufbewahrt worden. Eine kalkulatorische Verprobung hätte eine kalkulatorischen Differenz von im Jahr 1991 ATS 197.160,00, im Jahr 1992 ATS 172.030,00 und im Jahr 1993 ATS 130.798,00 ergeben. Weiters wurde von der Betriebsprüfung festgestellt, dass die Ehegattin des Bw gemeinsam mit der Tochter und dem Schwiegersohn im Jahr 1992 ein Einfamilienhaus um den Gesamtkaufpreis von ATS 2.000.000,00 erworben hätte. Zur Finanzierung des Kaufpreises sei vom Bw und seiner Gattin ein Bankkredit iHv ATS 2.000.000,00 aufgenommen worden. Die monatlichen Rückzahlungen hätten ATS 20.360,00 betragen. Die Herkunft der Mittel für die Finanzierung der "monatlichen Annuitäten" sei ungeklärt. Die Angaben des Bw, wonach seine Tochter monatlich ATS 10.000,00 anteilige Kreditrückzahlung überweise, seien nicht glaubhaft. Die Kontoauszüge betreffend die in den Vermögensteuererklärungen angeführten Sparbücher und Bankkonten, sowie das Konto auf das angeblich die Kreditrückzahlungen eingegangen seien, seien nicht zur Einsichtnahme vorgelegt worden. Aus diesen Gründen seien dem erklärten Umsatz und Gewinn 1991 ATS 200.000,00, 1992 ATS 170.000,00 und 1993 ATS 130.000,00 zuzuschätzen.
Gegen die auf Grundlage der Feststellungen Betriebsprüfung vom Finanzamt erlassenen Umsatz-, Einkommen- und Gewerbesteuerbescheide des Finanzamtes erhob der Bw hinsichtlich der oa angeführten Feststellungen Berufung. Diese begründete er im Wesentlichen wie folgt:
Die in Ansatz gebrachten Leistungserlöse laut Erklärung seien nicht aus der Gewinn- und Verlustrechnung direkt zu entnehmen, d.h. sie seien in der Buchhaltung nicht gesondert und getrennt von den Materialerlösen verbucht, sondern könnten nur im Wege einer indirekten Berechnung nur kalkulatorisch und näherungsweise ermittelt werden. Das Problem bestünde darin, dass der Bw nicht zwei getrennte Leistungen erbracht hätte - eine Dienstleistung nach Stundensätzen und eine Weiterverrechnung des beigestellten Materials, sondern eine einheitliche Werkleistung.
Bei der retrograden Ermittlung der Leistungserlöse durch die BP seien nun ausgehend von den Gesamterlösen und den noch nicht verrechneten Leistungen, die Handelswarenerlöse in Abzug gebracht worden. Dabei seien die gesamten Ladenerlöse als Handelswarenerlöse behandelt worden. Dies entspreche nicht den Tatsachen. Vielmehr sei richtig, dass als Ladenerlöse alle jene Geschäftsfälle verbucht worden seien, die bar im Laden über die Registrierkasse erfasst wurden. Dies seien zu einem kleinen Teil Handelswarenerlöse und zum größten Teil kleinere Werkleistungserlöse gewesen, die sofort bar im Laden bezahlt worden seien. Aus diesem Grund sei bei der Kalkulation ausgehend vom Handelswareneinsatz der durchschnittliche Rohaufschlag hinzuzurechnen, und lediglich dieser Erlös von den Gesamterlösen in Abzug zu bringen.
Ebenso seien seitens der BP die Erlöse aus weiterverrechneten Fremdleistungen (Schleifen und Mattierungen) mit einem Rohaufschlag von 20% kalkuliert worden. Die Verrechnung des eingesetzten Materials sei mit einem unterschiedlichem Rohaufschlag kalkuliert worden.
Für | 1991: 14% |
1992: 30% | |
1993: 17% |
Diese Aufschläge würden nicht den tatsächlichen Verhältnissen entsprechen. Im Bericht zur BP fehle auch jegliche Erklärung zur Annahme derart unterschiedlicher Rohaufschläge in den Jahren des Prüfungszeitraumes. Im branchenüblichen Vergleich müsse für die Verrechnung von Materialeinsatz und Fremdleistungen von einem durchschnittlichen Rohaufschlag von 15% ausgegangen werden.
Die Zuschätzung zu Gewinn und Umsatz werde auch von der BP in der Prüfungsfeststellung der Tz 14 dadurch gerechtfertigt, dass die Registrierkassastreifen nicht aufbewahrt worden seien. Der durch diese Kassa getroffene Belegkreis betreffe die Barerlöse des Ladens, und berühre den Belegkreis der Ausgangsfakturen und deren Bezahlung in keiner Weise. Eine Zuschätzung, die die Gesamterlöse als Berechnungsgrundlage miteinbeziehe, sei durch diesen formellen Mangel, der lediglich ein Umsatzvolumen von ca. öS 200.000,00 betreffe, nicht zu rechtfertigen.
Eine kalkulatorische Verprobung der Leistungserlöse führe zu folgenden Ergebnissen:
Ermittlung der Leistungserlöse lt Erkl. und Gegenüberstellung mit Ansatz lt BP
1991 | 1992 | 1993 | |
Gesamterl lt Erkl. | 3.181.088,35 | 3.832.992,63 | 3.482.447,75 |
+/-n n verrb Leistg | 69.100,00 | -126.400,00 | 16.500,00 |
-HW-Erlöse: RA 40% | -42.531,42 | -43.109,04 | -65.191,97 |
- Erl Mat. und FL | -1.573.717,79 | -1.954.413,24 | -1.619.354,51 |
Leistungserl lt Erkl | 1.633.939,14 | 1.709.070,35 | 1.814.401,27 |
- kalk LE lt BP | -1.637.640,00 | -1.640.728,00 | -1.852.800,00 |
Kalk Differenz | -3.700,86 | 68.342,35 | -38.398,73 |
Wareneing lt G&V | 1.334.739,62 | 1.499.693,12 | 1.610.318,44 |
Fremdleist lt G&V | 87.707,91 | 115.871,65 | 0,00 |
- HW-Einkauf lt G&V | -30.379,58 | -30.792,17 | -46.565,69 |
+/- Bestandsverändg | -23.617,70 | 114.717,17 | -155.618,39 |
Einsatz Erl Mat/FL | 1.368.450,25 | 1.699.489,77 | 1.408.134,36 |
+ RA 15% - Erlöse | 1.573.717,79 | 1.954.413,24 | 1.619.354,51 |
In der Stellungnahme zur Berufung führt der Betriebsprüfer aus, dass die kalkulatorische Verprobung unter Mitwirkung der steuerlichen Vertreterin des Bw erfolgt sei. Die Gründe für die Zuschätzung seien das Nichtaufbewahren der Registrierkassastreifen, die ungeklärte Mittelherkunft der mtl. Annuitäten im Zusammenhang mit dem Kauf eines Einfamilienhauses und das Nichtaufklären der Kalkulationsdifferenz. Es sei in der Berufungsschrift erstmals behauptet worden, dass als Ladenerlöse alle jene Geschäftsfälle verbucht worden seien, die bar im Laden über die Registrierkassa erfasst worden seien, also sowohl Handelswarenerlöse wie auch Leistungserlöse. Aufzeichnungen, die eine eindeutige Zuordnung der Ladenerlöse zu den Handelswarenerlösen bzw. zu den Werkleistungserlösen ermöglichen würden, seien nicht vorgelegt worden. Bei einer Verringerung der Zuschätzung seien aus Sicht des Betriebsprüfers die Lebenshaltungskosten nicht mehr gedeckt, die Berufung sei daher abzuweisen.
In der Gegenäußerung zur Stellungnahme der Betriebsprüfung legte der Bw eine Bestätigung der Bank über monatliche Überweisungen iHv. ATS 10.000,00 von der Tochter des Bw auf ein Konto mit dem Verwendungszweck "Kreditrückzahlung", sowie eine Kopie entsprechender Kontoauszüge vor. Ergänzend brachte der Bw vor:
1. Der von der Registrierkasse betroffene Belegkreis umfasse lediglich die im Ladengeschäft getätigten Handelswaren- und kleinere Werkleistungserlöse im Gesamtausmaß von ca. öS 200.000,00 pro Jahr. Das Fehlen der Kassastreifen sei materiell gesehen ein nicht so wesentlicher Mangel, dass die materielle Richtigkeit der gesamten Erlösaufzeichnungen (jährlich ca. öS 3,2 Mio. bis 3,8 Mio.) in Zweifel gezogen werden könnten, und Zuschätzungen von 70% bis 100% der betroffenen Erlöse rechtfertigen würden. Eine Differenzierung sei von der BP nicht vorgenommen.
2. Im letzten Absatz der Stellungnahme werde angeführt, dass in der Berufungsschrift erstmalig vorgebracht worden sei, dass die Ladenerlöse sich sowohl aus Handelswarenerlösen als auch aus Werkleistungserlösen zusammensetzen würden. Anbetracht der Ladenumsatze von ca. öS 200.000,00 stelle der von der BP festgestellte Handelswareneinsatz von öS 30.000,00 bis öS 40.000,00 keinen angemessenen Wareneinsatz dar. Der Aufschlag auf die Waren würde sagenhafte 400% bis 500% betragen. Der tatsächliche kalkulatorische Aufschlag betrage 40%. Es entspreche auch der allgemeinen Lebenserfahrung, dass in einer Glaserei selbstverständlich kleinere Zuschnitte erledigt würden oder selbst erstellte und vorbereitete Werkleistungen verkauft würden. Eine Trennung der Ladenerlöse in Handelswaren und eigene Werkleistungen erscheine anbetracht des geringen Umsatzes (15.000,00 bis 20.000,00 Nettoumsatz pro Monat!!) weder betriebswirtschaftlich noch steuerrechtlich geboten.
Auf die umfangreichen im Detail gemachten Aussagen zur Nachkalkulation der BP, nehme die Stellungnahme der BP keinen Bezug.
Für die unterschiedlichen Aufschläge auf das eingesetzte Material werde keine Begründung vorgebracht. Die Außerachtlassung der erbrachten Leistungen im Bereich der Ladenumsätze für die Nachkalkulation werde nicht näher erläutert oder erklärt. Die einzelne Anmerkung zum Thema der Nachkalkulation, nämlich die, dass in der Berufung keine Aufklärung gefunden werden konnte, könne nicht nachvollzogen werden.
Die von der BP gemachten Zuschätzungen könnten, wie in der Berufung ausgeführt wurde, sachlich nicht nachvollzogen werden. Die Berechnungen der BP seien diesbezüglich fehlerhaft und würden auf einer unvollständigen Erfassung der Sachverhalte beruhen. Auch in der Stellungnahme durch die BP, werde keine Richtigstellung oder Neuberechnung vorgebracht. Die Mängel wären offensichtlich.
Es würden somit die Feststellungen der BP hinsichtlich der Finanzierung des Liegenschaftsankaufes verbleiben. Im einzelnen werde dazu wie folgt Stellung genommen:
Der dargestellte Sachverhalt über die Anschaffung der Privatliegenschaft, sowie betreffend die Tochter und den Schwiegersohn als Miteigentümer, sei zutreffend. Zur Anschaffung sei zur einfacheren bankmäßigen Abwicklung nur ein Kredit aufgenommen worden. Die monatlichen Annuitäten sollten soweit geteilt werden, dass von der Tochter ein Dauerauftrag auf Ihrem Konto eingerichtet worden sei, von dem monatlich öS 10.000,00 auf das Konto der Gattin des Bw einbezahlt worden seien. Von dort seien die monatliche Annuität von öS 20.320,00 abgebucht worden. Dies sei anlässlich der BP bereits zu Protokoll gegeben worden.
Die Berufung wurde ohne Erlassung einer Berufungsvorentscheidung der Abgabenbehörde zweiter Instanz vorgelegt. Von dieser wurde das Finanzamt mit Vorhalt vom 28.4.2004 aufgefordert, auf die vom Bw in diversen Schriftsätzen vorgebrachten Argumente einzugehen und insbesondere die in den einzelnen Berufungsjahren vorgenommenen unterschiedlichen Rohaufschläge für Material zu erläutern, darzulegen, aus welchen Gründen die im Berufungsschreiben dargestellte kalkulatorische Verprobung der Leistungserlöse nicht richtig sei, darzulegen, wie eine kalkulatorische Trennung der Handelswarenerlöse bzw. Werkleistungserlöse aus Sicht des Finanzamtes vorzunehmen sei und darzulegen aus welchen Gründen die Angaben des Bw, wonach seine Tochter monatlich ATS 10.000,00 an anteiliger Kreditrückzahlung überwiesen hätte, nicht glaubhaft seien.
In der Vorhaltsbeantwortung führte der Betriebsprüfer aus: - die rechnerische Ermittlung der Rohaufschläge sei im Arbeitsbogen dargestellt. Unterschiedliche Rohaufschläge seien nicht vorgenommen worden, diese hätten sich vielmehr durch die Subtraktion der kalkulatorischen Leistungserlöse von den Gesamterlösen ergeben. Ursache für die sich durch Rückrechnung ergebenden unterschiedlichen Rohaufschläge könnten z.B. unrichtige Inventuren sein; - die Registrierkassastreifen seien nicht aufbewahrt worden. Der Steuerberaterin seien die kalkulatorische Verprobung und die Unterdeckung der Lebenshaltungskosten zur Stellungnahme übermittelt worden. Während der Betriebsprüfung sei seitens der Steuerberaterin keine Verprobung mit konkreten Ziffern vorgelegt worden; - die kalkulatorische Trennung der Handelswarenerlöse bzw. Werkleistungserlöse sei unter Zugrundelegung der von der Steuerberaterin vorgelegten Ausgangsrechnungen erfolgt. - die abverlangten Kontoauszüge seien nicht lückenlos vorgelegt worden. Aus der Bankbestätigung sei nicht hervorgegangen, von welchem Konto und an welchen Tagen jeweils ATS 10.000,00 überwiesen worden seien. Laut Aktenlage sei die Tochter des Bw nicht in der Lage gewesen, eine Kreditrate iHv ATS 10.000,00 zu bezahlen. Auf die Niederschrift im Arbeitsbogen werde verwiesen. Aus dem Betriebsprüfungsbericht ginge hervor, dass ohne Hinzuschätzung die Lebenshaltungskosten nicht gedeckt seien.
In der am 25. Oktober 2006 vor dem unabhängigen Finanzsenat abgehaltenen Berufungsverhandlung brachte der steuerliche Vertreter des Bw (die steuerliche Vertretung wurde gewechselt) ergänzend vor, dass die Regitstrierkassenstreifen nicht nicht aufbewahrt worden seien. Es wäre vielmehr eine Registrierkassa verwendet worden, die keinen Registrierkassastreifen gehabt hätte. Erst nach der Betriebsprüfung sei eine Registrierkassa mit Kassastreifen angeschafft worden. Das Vorbringen des Betriebsprüfers, betreffend eventuell unrichtiger Inventuren, sei während der Betriebsprüfung nie Thema gewesen. Die von der Tochter des Bw erfolgten monatlichen Überweisungen iHv ATS 10.000,00 stammten von der Tochter gemeinsam mit deren Ehemann. Der in das Betriebsprüfungsverfahren nicht involviert gewesene Vertreter der Amtspartei bezog sich in der Berufungsverhandlung demgemäß lediglich auf die Aktenlage, die ihm vom Vorhalt des UFS vom 28.4.2004 überblicksartig bekannt sei. Ergänzend vermerkte er, dass eine Datenbankabfrage ergeben habe, dass die Tochter des Bw im Berufungszeitraum über keine Einkünfte verfügt habe. Die Möglichkeit der Akteneinsicht in die eigenen Finanzamtsakten, die vollständig beim UFS vorgelegt waren, wurde vom Vertreter der Amtspartei nicht wahrgenommen.
Über die Berufung wurde erwogen:
Auszugehen ist von nachstehendem Sachverhalt:
Der Bw erzielte Einkünfte aus Gewerbebetrieb (Glaserei). Diese Einkünfte setzten sich zum Teil aus im Ladengeschäft getätigten Handelswaren- und kleineren Werkleistungserlösen (idR Bargeschäfte) und zum anderen Teil aus Leistungserlösen (die eigentlichen Werkleistungen des Glasereibetriebes) zusammen.
Die Kassaberichte, Buchungsjournale und Saldenlisten der Berufungsjahre wiesen keine formellen Mängel auf.
Der Bw hat im Prüfungszeitraum 1991 bis 1993 für die Barverkäufe im Geschäftslokal (Ladenerlöse) eine Registrierkassa verwendet. Die Registrierkassastreifen wurden nicht aufbewahrt. Über die Registrierkassa wurden - nur - sämtliche im Geschäftslokal getätigten Geschäftsvorgänge abgerechnet.
Im Prüfungszeitraum machten die Ladenerlöse (die Handelswaren waren va Bilderrahmen, Passepartouts, Tiffanygläser und -vasen...) ein Umsatzvolumen von insgesamt etwa ATS 200.000,-- aus. Die Gesamterlöse betrugen im selben Zeitraum zwischen ca ATS 3 Mio. und ATS 3,5 Mio., d.h. die Ladenerlöse machten in etwa 6% der Gesamterlöse aus.
Die von der Betriebsprüfung ermittelten Kalkulationsdifferenzen betrugen im Jahr 1991 ATS 197.160,00, im Jahr 1992 ATS 172.030,00 und im Jahr 1993 ATS 130.798,00. Diese Kalkulationsdifferenzen machen jeweils in etwa 5% der Gesamterlöse aus. Die der Kalkulation zu Grunde gelegten Annahmen insbes. der unproduktiven Zeiten (z.B. Meister 70%, Gesellen 20%) wurden nicht begründet. Eine Änderung z.B. dieser unproduktiven Zeiten um z.B. 10% auf 30% bei den Gesellen führt zu nur unwesentlichen Kalkulationsdifferenzen (nur 1991 positiven, 1992 und 1993 negativen). Von der steuerlichen Vertreterin war eine laut Prüfer "unbegründete" Erhöhung auf 35% beantragt worden (ABBP Seite 95 hinten), die bereits zu negativen Kalkulationsdifferenzen geführt hätte. Diesem Antrag wurde seitens der Betriebsprüfung nicht entsprochen. Die von der steuerlichen Vertreterin beantragte Erhöhung der unproduktiven "Meisterzeiten" wurde demgegenüber vorgenommen. Eine Begründung dafür ist aus den Finanzamtsakten ebenso wenig ersichtlich wie eine Begründung für die gewählte differenzierte Vorgangsweise. Auch im Berufungsverfahren wurden die Kalkulationsgrundlagen - trotz Vorhalt - nicht näher begründet.
Die Ehegattin des Bw hat gemeinsam mit Tochter und Schwiegersohn im Jahr 1992 ein Einfamilienhaus um den Gesamtkaufpreis von ATS 2.000.000,00 erworben. Zur Finanzierung des Kaufpreises wurde vom Bw und seiner Gattin ein Bankkredit iHv ATS 2.000.000,00 aufgenommen. Die monatlichen Rückzahlungen haben ATS 20.360,00 betragen. Zur einfacheren und günstigeren bankmäßigen Abwicklung wurde gemeinsam nur ein Kredit aufgenommen. Die monatlichen Annuitäten wurden soweit geteilt, dass von der Tochter ein Dauerauftrag auf Ihrem Konto eingerichtet wurde, von dem monatlich öS 10.000,00 auf das Konto der Gattin des Bw einbezahlt wurden. Von diesem Konto der Gattin des Bw. wurde auch die monatliche Annuität von öS 20.320,00 abgebucht. Eine Unterdeckung der Lebenshaltungskosten liegt nicht vor.
Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus:
Die Kassaberichte, Buchungsjournale und Saldenlisten wurden von der Betriebsprüfung ohne Beanstandungen eingesehen (ABBP Seite 15).
Das Fehlen der Registrierkassaststreifen ergibt sich aus den diesbezüglichen unwidersprochenen Feststellungen der Betriebsprüfung. Der Darstellung in der mündlichen Verhandlung vom steuerlichen Vertreter des Bw, dass eine Registrierkassa ohne Registrierkassastreifen verwendet worden sei, wurde nicht gefolgt. Es wurde davon ausgegangen, dass dieses Vorbringen schon anlässlich der Betriebsprüfung, bei der das Fehlen der Kassastreifen festgestellt und moniert wurde, erstattet worden wäre und nicht erstmals im Zuge des Berufungsverfahrens Jahre später.
Die Art der Handelswaren (Bilderrahmen, Passepartouts ...) wurde vom Betriebsprüfer beim Lokalaugenschein festgestellt (ABBP Seite 17).
Die der Kalkulation der Betriebsprüfung zu Grunde liegenden Annahmen konnten nicht nachvollzogen werden, eine Begründung für diese liegt nicht vor. Insbesondere wurde nicht aufgeklärt, warum gerade 20% an unproduktiver Zeit für die Gesellen angenommen wurde und nicht ein anderer Prozentsatz. Wie oben dargestellt, hätte eine Erhöhung des Anteils auf 30% schon zu keinen relevanten Kalkulationsdifferenzen geführt. Wieso z.B. nicht der von der steuerlichen Vertreterin des Bw im Zuge der BP beantragte - ebenso unbegründete - Prozentsatz von 35% gewählt wurde, ist nicht ersichtlich.
Die Feststellungen bezüglich des Erwerbes des Hauses ergaben sich aus den vom Bw vorgelegten Unterlagen (Kaufvertrag, Bankbestätigung, Kontoauszüge...). Das diesbezügliche Vorbringen, zur einfacheren und günstigeren Abwicklung nur einen gemeinsamen Kredit aufgenommen zu haben, ist in diesem Zusammenhang als absolut glaubwürdig einzustufen.
Rechtlich folgt daraus:
Gemäß § 132 BAO sind Bücher und Aufzeichnungen sowie die zu den Büchern und Aufzeichnungen gehörigen Belege, sowie Geschäftspapiere und sonstige Unterlagen soweit diese für die Abgabenerhebung von Bedeutung sind, sieben Jahre aufzubewahren. Zu den Büchern und Aufzeichnungen gehörige Belege sind Schriftstücke, die die wesentlichen Merkmale von Geschäftsfällen enthalten und als Grundlage für die Eintragung dienen. Dazu gehören auch Registrierkassastreifen. Bei einer ordnungsgemäßen Kassabuchführung müssen allerdings nach der Judikatur des VwGH (z.B. VwGH 7.10.2003, 2001/15/0025; 11.12.2003, 2000/14/0113) Grundaufzeichnungen wie Paragons, Registrierkassenkontrollstreifen usw. nicht geführt werden. Es gibt keinerlei Anhaltspunkte oder Feststellungen über eine nicht ordnungsgemäße Kassabuchführung. Das Nichtaufbewahren der Registrierkassastreifen führt jedenfalls auch nicht dazu, das Ergebnis der Bücher bzw. Aufzeichnungen insgesamt als nicht mehr glaubwürdig erscheinen zu lassen. Das Nichtaufbewahren der Registrierkassastreifen stellt daher für sich allein keinen formellen Mangel der Buchführung dar.
Die von der Betriebsprüfung durchgeführte Kalkulation erscheint beliebig und kann nicht nachvollzogen werden. Sie wird daher auch der Berufungsentscheidung nicht zu Grunde gelegt. Aber selbst wenn diese Kalkulation als begründet heranzuziehen wäre, könnte sie einen materiellen Mangel, der eine Schätzungsberechtigung begründen würde nicht tragen. Die Richtigkeit ordnungsmäßig geführter Bücher und Aufzeichnungen ist im Allgemeinen nur dann in Zweifel zu ziehen, wenn beim Umsatz das Ergebnis der Aufschreibungen zu mehr als 10% von der auf allgemeinen Erfahrungssätzen aufgebauten Kalkulation abweicht. Die Abweichungen im gegenständlichen Fall betragen jeweils in etwa 5%, also nicht einmal annähernd 10%.
Eine Unterdeckung der Lebenshaltungskosten liegt nach Ansicht des UFS auch nicht vor (siehe oben). Die Kreditraten für den Hauskauf wurden unzweifelhaft zur Hälfte von Tochter und Schwiegersohn des Bw getragen.
Sonstige formelle oder materielle Mängel wurden weder von der Betriebsprüfung noch im Berufungsverfahren festgestellt.
§ 184 BAO bestimmt :
Abs 1 Soweit die Abgabenbehörde die Grundlagen für die Abgabenerhebung nicht ermitteln oder berechnen kann, hat sie diese zu schätzen. Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind.
Abs 2 Zu schätzen ist insbesondere dann, wenn der Abgabepflichtige über seine Angaben keine ausreichenden Aufklärungen zu geben vermag oder weitere Auskunft über Umstände verweigert, die für die Ermittlung der Grundlagen (Abs 1) wesentlich sind.
Abs 3 Zu schätzen ist ferner, wenn der Abgabepflichtige Bücher oder Aufzeichnungen, die er nach den Abgabenvorschriften zu führen hat, nicht vorlegt oder wenn die Bücher oder Aufzeichnungen sachlich unrichtig sind oder solche formelle Mängel aufweisen, die geeignet sind, die sachliche Richtigkeit der Bücher oder Aufzeichnungen in Zweifel zu ziehen.
Im vorliegenden Fall konnte keine Schätzungsberechtigung iS § 184 BAO festgestellt werden. Der Berufung war daher vollinhaltlich stattzugeben.
Die Gewerbesteuerrückstellung wird angepasst.
Für die Berechnung der Vorauszahlungen war die im Einkommensteuerbescheid 1993 ausgewiesene Abgabenschuld gem § 45 Abs 1 EStG um 9% zu erhöhen.
Die Einkünfte aus Gewerbebetrieb ermitteln sich wie folgt (in ATS):
1991 | 1992 | 1993 | |
Einkünfte aus Gw lt. BP | 295.130,00 | 443.633,00 | 276.512,00 |
abzüglich Zuschätzung | - 200 000,00 | -170.000,00 | - 130.000,00 |
zuzügl. USt Änderung lt. BP | + 56.909,00 | + 47.760,00 | +38.366,00 |
abzügl. USt Änderung lt. BE | - 16.909,00 | - 13.760,00 | - 12.366,00 |
zuzügl. Gw Rückstellung lt. BP | + 25.939,00 | + 29.750,00 | + 21.669,00 |
abzügl. Gw Rückstellung lt. BE | - 175,00 | - 27.820,00 | - 5.360,00 |
Einkünfte aus Gw lt. BE = Gewerbeertrag lt BE | 160.894,00 | 309.563,00 | 188.821,00 |
Die Gewerbesteuer wird festgesetzt mit:
1991: (173,00 ATS); EURO 12,60.
1992: (27.820,00 ATS); EURO 2.021,76.
1993: (5.360,00 ATS); EURO 389,53.
Berechnung in ATS:
1991 | 1992 | 1993 | |
Steuermessbetrag nach dem Gewerbeertrag | 54,00 | 8.974,00 | 1.729,00 |
Hebesatz | 320% | 310% | 310% |
Gewerbesteuer | 173,00 | 27.820,00 | 5.360,00 |
Die Vorauszahlungen an Einkommensteuer für 1995 und Folgejahre werden festgesetzt mit (34.676,00 ATS) 2.520 EURO.
Die Umsatzsteuer für das Jahr 1991 wird festgesetzt mit: (247.832,00 ATS) 18.011,00 EURO.
Berechnung in ATS:
Gesamtbetrag der Entgelte lt. BP | 3.531.398,62 | |
abzüglich Zuschätzung (BP-Bericht Tz 22) | -200.000,00 | |
Gesamtbetrag der Entgelte lt. BE | 3.331.398,62 | |
davon zu versteuern mit 20% | 3.155.641,04 | 631.128,20 |
davon zu versteuern mit 32% | 157.757,58 | 56.242,43 |
Abziehbare Vorsteuer | - 439.538,61 |
Die Umsatzsteuer für das Jahr 1992 wird festgesetzt mit: (343.011,00 ATS) 24.928,00 EURO
Berechnung in ATS:
Gesamtbetrag der Entgelte lt. BP | 4.033.175,69 | |
abzüglich Zuschätzung (BP-Bericht Tz 22) | - 170.000,00 | |
Gesamtbetrag der Entgelte lt. BE | 3.863.175,69 | |
davon zu versteuern mit 20% | 3.820.175,69 | 764.035,14 |
davon zu versteuern mit 32% | 43.000,00 | 13.760,00 |
Abziehbare Vorsteuer | - 434.784,63 |
Die Umsatzsteuer für das Jahr 1993 wird festgesetzt mit: (329.582,00 ATS) 23.952,00 EURO
Berechnung in ATS:
Gesamtbetrag der Entgelte lt. BP | 3.649.932,75 | |
abzüglich Zuschätzung (BP-Bericht Tz 22) | - 130.000,00 | |
Gesamtbetrag der Entgelte lt. BE | 3.519.932,75 | |
davon zu versteuern mit 20% | 3.476.932,75 | 695.386,55 |
davon zu versteuern mit 32% | 43.000,00 | 13.760,00 |
Abziehbare Vorsteuer | - 379.564,23 |
Beilage: 6 Berechnungsblätter
Wien, 30. März 2007
Zusatzinformationen | |
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Materie: | Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen: | § 184 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Schlagworte: | Schätzung, Glaserei, Lebenshaltungskosten |