UFS RV/2114-W/06

UFSRV/2114-W/0616.11.2006

schuldhafte Pflichtverletzung, Nichtanerkennung von Vorsteuern, Uneinbringlichkeit im Zeitpunkt der Haftungsinanspruchnahme

 

Beachte:
VwGH-Beschwerde zur Zl. 2007/15/0005 eingebracht. Mit Erk. v. 29.3.2007 als unbegründet abgewiesen.

Entscheidungstext

Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des I.D., (Bw.) vertreten durch Dr. Frank Bock, Rechtsanwalt, 1050 Wien, Spengergasse 1/3, vom 31. Oktober 2001 gegen den Haftungsbescheid des Finanzamtes Mistelbach an der Zaya vom 11. Oktober 2001 gemäß § 9 iVm § 80 BAO entschieden:

Der Berufung wird teilweise stattgegeben und die Haftung auf folgende Beträge eingeschränkt:

Umsatzsteuer 2-12/2000 € 19.802,55 Umsatzsteuer 1-6/2001 € 2.865,41

SZ 1 € 472,88

Im Übrigen wird die Berufung als unbegründet abgewiesen.

Entscheidungsgründe

Das Finanzamt Mistelbach hat am 11. Oktober 2001 einen Haftungsbescheid erlassen und den Bw. für folgende Abgabenschuldigkeiten der I.GesmbH zur Haftung herangezogen:

Umsatzsteuer 2-12/2000 S 272.489,46, Umsatzsteuer 1-6/2001 S 161.795,00 und SZ 1 S 6.507,00.

Dagegen richtet sich die Berufung vom 31. Oktober 2001, in der ausgeführt wird, dass der Rückstand aus nicht anerkannten Vorsteuern wegen Formalfehler der Rechnungen bestehe. Die Bescheide nach der Betriebsprüfung seien noch nicht in Rechtskraft erwachsen. Es liege keine schuldhafte Pflichtverletzung vor, da die Adressen der Geschäftspartner im Berufungsverfahren mittels Vorlage von Mietverträgen nachgewiesen werden könnten.

Mit Berufungsvorentscheidung vom 29. Mai 2006 wurde die Berufung abgewiesen und die Abweisung damit begründet, dass für 2 Rechnungen der Vorsteuerabzug nicht vorgenommen werden konnte, da die Firmen an der angegebenen Adresse nicht aufgefunden werden konnten. In der Unkenntnis der Grundlagen des Umsatzsteuergesetzes liege eine schuldhafte Pflichtverletzung.

Am 17. Juli 2006 wurde ein Antrag auf Vorlage der Berufung an die Abgabenbehörde zweiter Instanz eingebracht.

Über die Berufung wurde erwogen:

Gemäß § 80 Abs. 1 BAO haben die zur Vertretung juristischer Personen Berufenen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen und insbesondere dafür Sorge zu tragen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.

Gemäß § 9 Abs. 1 BAO haften die in § 80 Abs. 1 BAO erwähnten Personen neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für diese Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der Ihnen auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden konnten.

Nach § 9 Abs.1 BAO liegt demnach eine Ausfallshaftung dar, wobei Zeitpunkt für die Prüfung der Uneinbringlichkeit der Abgabenschuldigkeiten der Zeitpunkt der Erlassung des Haftungsbescheides ist. Die Uneinbringlichkeit liegt vor, wenn Vollstreckungsmaßnahmen erfolglos waren oder voraussichtlich erfolglos wären (Ritz, Kommentar zu BAO/2, Tz 5 f zu § 9 BAO),

Nach der Aktenlage ist die Gesellschaft seit Herbst 2001 nicht mehr tätig, die Außenstände können beim Primärschuldner daher nicht mehr eingebracht werden.

Parallel zum Haftungsbescheid wurde ein Sicherstellungsauftrag erlassen und in der Folge beim Bw. auch Pfändungen durchgeführt und einlangende Beträge auf Verwahrung verbucht, daher haften laut Rückstandsaufgliederung vom 14. November 2006 nur noch folgende Beträge aus: Umsatzsteuer 2000 € 19.802,55 und Umsatzsteuer 2001 € 1.960,75.

Unbestritten fungierte der Bw. ab 10. 9. 1996 bis 21. 12. 2002 als handelsrechtlicher Geschäftsführer, daher oblag ihm generell die Obsorge für die Erfüllung der abgabenrechtlichen Verpflichtungen der I.GesmbH im Zeitraum seiner handelsrechtlichen Geschäftsführung.

Zur Frage einer schuldhaften Pflichtverletzung und der dadurch bewirkten Uneinbringlichkeit der verbleibenden Abgabenschuldigkeiten ist auszuführen:

Geht einem Haftungsbescheid ein Abgabenbescheid voraus, so ist die Behörde daran gebunden und hat sich in der Entscheidung zur Heranziehung zur Haftung an den Abgabenbescheid zu halten (VwGH 17.10. 2001, 2001/13/0127).

Im Berufungsverfahren gegen den Haftungsbescheid können daher, wenn Bescheide über den Abgabenanspruch ergangen sind, Einwendungen gegen die Richtigkeit der Abgabenfestsetzung nicht mit Erfolg erhoben werden (VwGH 19.6.2002, 2002/15/0018).

Es wäre dem Bw. daher lediglich nach § 248 BAO innerhalb der für die Einbringung der Berufung gegen den Haftungsbescheid offen stehenden Frist zugestanden auch gegen Bescheide über den Abgabenanspruch zu berufen.

Gemäß § 1298 ABGB obliegt dem, der vorgibt, dass er an der Erfüllung seiner gesetzlichen Verpflichtungen ohne sein Verschulden verhindert war, der Beweis.

Daraus ist abzuleiten, dass der wirksam bestellte Vertreter einer juristischen Person, der die Abgaben der juristischen Person nicht entrichtet hat, für diese Abgaben haftet, wenn sie bei der juristischen Person nicht eingebracht werden können und er nicht beweist, dass die Abgaben ohne sein Verschulden nicht entrichtet werden konnten.

Entsprechend der ständigen Rechtssprechung des Verwaltungsgerichtshofes (z.B. Erkenntnis vom 19. November 1998, 97/15/0115) ist es im Fall der Uneinbringlichkeit der Abgabenschuldigkeiten bei der Gesellschaft Sache des Geschäftsführers darzutun, weshalb er nicht Sorge getragen hat, dass die Gesellschaft die anfallenden Abgaben rechtzeitig entrichtet hat, widrigenfalls die Abgabenbehörde eine schuldhafte Pflichtverletzung annehmen darf. In der Regel wird nämlich nur der Geschäftsführer jenen ausreichenden Einblick in die Gebarung der GesmbH haben, der ihm entsprechende Behauptungen und Nachweise ermöglicht.

Das Rechtsmittelverfahren gegen die Betriebsprüfungsbescheide wurde mit Berufungsentscheidung zu RV/3249-W/02 des Unabhängigen Finanzsenates vom 24. Oktober 2005 abgeschlossen, wobei die Berufung für das Jahr 2000 als unbegründet abgewiesen wurde und für das Jahr 2001 eine teilweise Stattgabe erzielt werden konnte.

Demnach wurde die Geltendmachung von Vorsteuern aus Rechnungen der Subunternehmer H.GesmbH und B.GesmbH untersagt, da die beiden Firmen an den auf den Rechnungen angeführten Adressen unbekannt waren. Die jeweiligen Hausverwaltungen hatten nach den im Zuge der Prüfung abgehaltenen Erhebungen keine Kenntnis von der Existenz dieser Baufirmen.

Gemäß § 21 Abs. 1 UStG hat der Unternehmer spätestens am 15. Tag des auf den Kalendermonat zweit folgenden Kalendermonats eine Voranmeldung einzureichen und eine sich ergebende Vorauszahlung zu entrichten, was in den gegenständlichen Jahren demnach nicht in der richtigen Höhe erfolgt ist, woraus sich die Haftung des Bw. ergibt.

Nur schuldhafte Verletzungen abgabenrechtlicher Pflichten berechtigen zur Haftungsinanspruchnahme. Eine bestimmte Schuldform ist nicht gefordert, auch leichte Fahrlässigkeit genügt (z.B. VwGH 31.10.2000, 95/15/0137).

Der Bw. hätte sich demnach vor Geltendmachung der Vorsteuern davon überzeugen müssen, dass er es mit einem ordnungsgemäßen Unternehmer zu tun habe, da er dies unterlassen hat, ist ihm diese Unterlassung als schuldhafte Pflichtverletzung anzulasten.

Gemäß der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (z.B. 17.5.2004, 2003/17/0134) spricht bei schuldhafter Pflichtverletzung die Vermutung für die Verursachung der Uneinbringlichkeit der Abgaben.

Die Berufung war spruchgemäß zu entscheiden.

Wien, am 16. November 2006

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht

betroffene Normen:

§ 9 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 80 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961

Schlagworte:

schuldhafte Pflichtverletzung, Nichtanerkennung von Vorsteuern, Uneinbringlichkeit im Zeitpunkt der Haftungsinanspruchnahme

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