UFS RV/0249-I/05

UFSRV/0249-I/0527.9.2006

Berücksichtigung des großen Pendlerpauschales bei überwiegender Zumutbarkeit der Benutzung eines Massenbeförderungsmittels

 

Entscheidungstext

 

Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Bw, vom 2. Dezember 2004 gegen die Bescheide des Finanzamtes Innsbruck vom 3. November 2004 betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2002 und 2003 entschieden:

Der Berufung gegen den Bescheid betreffend Einkommensteuer 2002 wird teilweise Folge gegeben. Der angefochtene Bescheid wird abgeändert. Hinsichtlich der Bemessungsgrundlage und der darauf entfallenden Einkommensteuer für das Jahr 2002 wird auf die Berufungsvorentscheidung verwiesen, die insoweit einen Spruchbestandteil dieser Entscheidung bildet.

Die Berufung gegen den Bescheid betreffend Einkommensteuer 2003 wird als unbegründet abgewiesen. Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Entscheidungsgründe

In den Anträgen auf Arbeitnehmerveranlagung für die Jahre 2002 und 2003 beantragte der Abgabepflichtige neben anderer Werbungskosten unter anderem auch die Berücksichtigung des großen Pendlerpauschales.

In den Einkommensteuerbescheiden für die betreffenden Jahre (Ausfertigungsdatum jeweils 3. November 2004) wurde abweichend von der Erklärung das kleine Pendlerpauschale in Höhe von 384 € gewährt und begründend ausgeführt, dass die beantragten Werbungskosten gemäß § 20 EStG zu den nichtabzugsfähigen Kosten der privaten Lebensführung zählen würden.

Gegen diese Bescheide erhob der Abgabepflichtige jeweils mit Schreiben vom 29. November 2004 Berufung, stellte darin neuerlich den Antrag das große Pendlerpauschale zu gewähren und führte begründend aus, dass sein Dienstort mehr als 20 Kilometer von seinem Wohnort entfernt liege und es ihm an mehr als der Hälfte seiner Arbeitstage nicht möglich sei, ein öffentliches Verkehrmittel in Anspruch zu nehmen.

Sein Dienst bei den Frühdiensten am Dienstort B beginne um 5.45 Uhr, der früheste Zug fahre um 5.14 Uhr in A ab und komme um 5.38 Uhr am Bahnhof am Dienstort an. Weiters ende sein Dienst bei den Spätdiensten um 23.15 Uhr, wobei der letzte Bus um 22.59 Uhr von der Haltestelle am Arbeitsort zum Bahnhof abfahre und der letzte Zug um 23.31 Uhr vom Bahnhof zum Wohnort abfahre.

Mit Vorhalt vom 14. Jänner 2005 ersuchte das Finanzamt den Abgabepflichtigen, die Dienstpläne für die Jahre 2002 und 2003, aus denen jeweils Dienstbeginn und Dienstende hervorgehen sowie die Fahrpläne der IVB und der ÖBB für dieselben Jahre zur Einsichtnahme vorzulegen.

Nach Vorlage der angeforderten Unterlagen durch den Abgabepflichtigen und Einsichtnahme in diese durch das Finanzamt, wurde in der teilweise stattgebenden Berufungsvorentscheidung vom 13. April 2004 betreffend die Berufung gegen den Einkommensteuerbescheid 2002 für den Monat April das große Pendlerpauschale gewährt während für die übrigen elf Monate des Jahres 2002 sowie für das gesamte Jahr 2003 das Berufungsbegehren zur Gänze abgewiesen.

In den Bescheidbegründungen wurde darauf verwiesen, dass die Voraussetzung für die Berücksichtigung des großen Pendlerpauschales, nämlich dass der Arbeitnehmer die Fahrtstrecke zwischen Wohnung und Arbeitsstätte im Lohnzahlungszeitraum überwiegend zurücklege (wobei Überwiegen dann gegeben sei, wenn derartige Fahrten im Lohnzahlungszeitraum an mehr als zehn Tagen anfallen), vom 1. Jänner 2002 bis 31. März 2002 sowie vom 1. Mai 2002 bis 31. Dezember 2002, bzw für das Jahr 2003 zur Gänze nicht vorgelegen sei.

Mit Schreiben vom 12. Mai 2005 stellte der Abgabepflichtige den Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz und führte darin begründend aus, dass die Anzahl seiner Arbeitstage bei Vollbeschäftigung rund 12 bis 13 Dienste pro Monat betragen würden und es ihm an mehr als der Hälfte seiner Arbeitstage nicht möglich sei, ein öffentliches Verkehrsmittel zu benutzen. Zudem wurde darauf verwiesen, dass in der Erklärung zur Berücksichtigung des Pendler-Pauschales (L 34) unter Punkt 2 angeführt sei, "wenn die Benützung von öffentlichen Verkehrsmitteln an mehr als der Hälfte Ihrer Arbeitstage auf der überwiegenden Strecke für Sie nicht möglich oder zumutbar ist".

Über die Berufung wurde erwogen:

Vorweg ist im streitgegenständlichen Fall zu berücksichtigen, dass die Fahrtstrecke des Berufungswerbers zwischen Wohnung und Arbeitstätte ca. 22 Kilometer beträgt.

Gemäß § 16 Abs. 1 EStG 1988 sind Werbungskosten die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen. Nach § 16 Abs. 1 Z 6 erster Satz EStG 1988 zählen zu den Werbungskosten auch die Ausgaben des Steuerpflichtigen für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte.

Gemäß § 16 Abs.1 Z. 6 lit.a EStG 1988 sind diese Ausgaben bei einer einfachen Fahrtstrecke zwischen Wohnung und Arbeitsstätte bis 20 km grundsätzlich durch den Verkehrsabsetzbetrag (§ 33 Abs. 5 EStG 1988) abgegolten.

Beträgt die einfache Fahrtstrecke zwischen Wohnung und Arbeitsstätte, die der Arbeitnehmer im Lohnzahlungszeitraum überwiegend zurücklegt, mehr als 20 km und ist die Benützung eines Massenbeförderungsmittels zumutbar, dann sind bei einer Fahrtstrecke zwischen 20 bis 40 Kilometer zusätzlich ein Betrag in Höhe von 384 € als Pauschbetrag zu berücksichtigen (vgl. die Bestimmung des § 16 Abs 1 Z 6 lit b EStG 1988).

Ist dem Arbeitnehmer im Lohnzahlungszeitraum überwiegend die Benützung eines Massenbeförderungsmittels zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zumindest hinsichtlich der halben Fahrtstrecke nicht zumutbar, dann werden bei einer einfachen Fahrtstrecke zwischen 20 und 40 Kilometer ein Pauschbetrag in Höhe von 840 € jährlich berücksichtigt (vgl. die Bestimmung des § 16 Abs 1 Z 6 lit c EStG 1988).

Werbungskosten in Form des Pendlerpauschales gemäß § 16 Abs. 1 Z 6 EStG 1988 stehen sohin zusätzlich nur dann zu, wenn

In zeitlicher Hinsicht müssen die entsprechenden Verhältnisse sowohl für die Berücksichtigung des kleinen als auch des großen Pendlerpauschales im Lohnzahlungszeitraum überwiegend gegeben sein.

Mit dem Verkehrsabsetzbetrag und den Pauschbeträgen nach § 16 Abs.1 Z. 6 lit.b und lit c. EStG 1988 sind alle Ausgaben für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte abgegolten. Nochmals sei darauf hingewiesen, dass an die Berücksichtigung eines (Pendler)Pauschbetrages gemäß § 16 Abs.1 Z. 6 EStG 1988 die Voraussetzung geknüpft ist, dass die Fahrtstrecke zwischen Wohnung und Arbeitsstätte im Lohnzahlungszeitraum überwiegend zurückgelegt wird (kleines Pendlerpauschale) bzw. die Benützung eines Massenbeförderungsmittels zumindest hinsichtlich des halben Arbeitsweges im Lohnzahlungszeitraum überwiegend nicht möglich oder nicht zumutbar ist.

Für eine Auslegung des hier verwendeten Begriffes "Lohnzahlungszeitraum" ist nach Auffassung des unabhängigen Finanzsenates § 77 Abs.1 EStG 1988 heranzuziehen:

"Ist ein Arbeitnehmer bei einem Arbeitgeber im Kalendermonat durchgehend beschäftigt, ist der Lohnzahlungszeitraum der Kalendermonat. Beginnt oder endet die Beschäftigung während eines Kalendermonats, so ist der Lohnzahlungszeitraum der Kalendertag".

Das bedeutet für den vorliegenden Fall, dass das große Pendlerpauschale nur gewährt werden kann, wenn dem Berufungswerber die Benützung des Massenbeförderungsmittels zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zumindest hinsichtlich der halben Fahrtstrecke im Lohnzahlungszeitraum überwiegend nicht zumutbar ist.

Der Berufungswerber bekämpft die angefochtenen Bescheide ausschließlich mit der Begründung, dass hinsichtlich des Überwiegens auf die Anzahl der gesamten Arbeitstage seines konkreten Arbeitsverhältnisses abzustellen sei, während das Finanzamt die Auffassung vertritt, dass auf die Arbeitstage eines Kalendermonats (durchschnittlich 20 Arbeitstage) abzustellen sei und nicht auf die Anzahl der tatsächlichen Arbeitstage im Einzelfall.

Nach Auffassung des Unabhängigen Finanzsenates ist zu bedenken, dass sich die Pauschbeträge sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach grundsätzlich an durchschnittliche Fahrtbewegungen eines Arbeitnehmers zwischen Wohn- und Arbeitsort orientieren und Beschäftigungsverhältnisse im Regelfall 20 Arbeitstage pro Monate umfassen.

Daher schließt sich der Unabhängige Finanzsenat der Rechtsauffassung des Finanzamtes an, zumal zu berücksichtigen ist, dass dem Berufungswerber neben dem Verkehrsabsetzbetrag in Höhe von 291 € auch das kleine Pendlerpauschale in Höhe von 384 € auf Grund der gesetzlichen Bestimmungen gewährt wurde, da er die Fahrtstrecke zwischen Wohnung und Arbeitsstätte in den Lohnzahlungszeiträumen der berufungsgegenständlichen Jahre nach den Feststellungen des Finanzamtes überwiegend (d.h. an jeweils mehr als an zehn Tagen) zurücklegt hat.

Darüberhinaus ist der Auffassung des Berufungswerbers, wonach für die Berücksichtigung des großen Pendlerpauschales auf die Anzahl der Arbeitstage des konkreten Arbeitsverhältnisses abzustellen sei, weiters entgegenzuhalten, dass in einem solchen Fall bei einem Arbeitsverhältnis, welches beispielhaft 3 Arbeitstage pro Lohnzahlungszeitraum umfasst, wovon an zwei dieser drei Arbeitstage die Benützung eines öffentlichen Verkehrsmittels nicht zumutbar ist, bereits neben dem Verkehrsabsetzbetrag, das große Pendlerpauschale zu berücksichtigen wäre.

Sohin war spruchgemäß zu entscheiden.

Innsbruck, am 27. September 2006

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht

betroffene Normen:

§ 16 Abs. 1 Z 6 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988

Schlagworte:

Pendlerpauschale, Überwiegen, Zumutbarkeit

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