UFS RV/1930-W/04

UFSRV/1930-W/0429.8.2006

Widerruf der Erklärung auf Verzicht auf die Steuerbefreiung für Kleinunternehmer gem. § 6 Abs. 3 UStG 1994.

 

Entscheidungstext

Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw., vertreten durch Mag. Clemens REINÖHL, Steuerberater, 1190 Wien, Obkircherg. 34, vom 15. Juni 2004 gegen die Bescheide des Finanzamtes Wien 21/22 vom 24. Mai 2004 betreffend Umsatzsteuer für die Jahre 2000 bis 2002 im Beisein der Schriftführerin Monika Holub nach der am 24. August 2006 in 1030 Wien, Vordere Zollamtsstraße 7, durchgeführten Berufungsverhandlung, entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Die angefochtenen Bescheide bleiben unverändert.

Entscheidungsgründe

 

Strittig ist, ob der ab dem Kalenderjahr 1994 abgegebene Verzicht auf die Steuerbefreiung für Kleinunternehmer gem. § 6 Abs. 3 UStG 1994, rechtswirksam für die Streitjahre 2000 bis 2002 von der Berufungswerberin (Bw.) widerrufen wurde.

Die Bw. bezog in den Streitjahren neben ihren Pensionseinkünften auch Einkünfte aus der Verpachtung einer Boutique.

Ab dem Kalenderjahr 1994 verzichtete sie schriftlich auf die Steuerbefreiung für Kleinunternehmer gem. § 6 Abs. 3 UStG 1994 und versteuerte ihre Umsätze bis einschließlich 1999 nach den allgemeinen Bestimmungen des UStG 1994.

In den Jahren 2000 bis 2002 erklärte sie ihre Pachteinnahmen als steuerfreie Umsätze gem. § 6 Abs. 1 Z 27 UStG 1994 (Kleinunternehmer).

Das Finanzamt setzte die Umsatzsteuer für die Jahre 2000 und 2001 zunächst erklärungsgemäß fest, berichtigte diese Bescheide gem. § 293b BAO im Zuge der Veranlagung für das Jahr 2002, da keine schriftliche Widerrufserklärung zur Regelbesteuerung vorlag.

Konkret wurden vom Finanzamt aus den erklärten Pachteinnahmen die 20 %ige Umsatzsteuer wie folgt herausgerechnet:

 

2000

2001

2002

Pachteinnahmen lt. Erkl.

58.330,00 S

58.560,00 S

4.254,00 €

20 % USt

9.721,67 S

9.760,00 S

709,00 €

Pachteinnahmen netto lt. Finanzamt (Bescheide v. 15.6.2004)

48.608,33 S

48.800,00 S

3.545,00 €

Die Bw. erhob gegen die o.a. Bescheide Berufung und begündet diese im Wesentlichen folgendermaßen:

Das Finanzamt wies die Berufung mittels Berufungsvorentscheidung vom 25. Oktober 2004 als unbegründet ab und begründet dies wie folgt:

Die Bw. stellte daraufhin gegen die o.a. Bescheide einen Vorlageantrag an die Abgabenbehörde zweiter Instanz.

Im Zuge der mündlichen Verhandlung, zu der nur die Vertreter des Finanzamtes erschienen, wurde nochmals festgehalten, dass es seitens der Bw. keinen rechtswirksamen Widerruf der Erklärung gem. § 6 Abs. 3 UStG 1994 für die o.a. Streitjahre gegeben habe.

 

Über die Berufung wurde nach mündlicher Verhandlung erwogen:

 

1. Berichtigung gem. § 293b BAO für die Jahre 2000 und 2001:

Nach § 293b BAO kann die Abgabenbehörde auf Antrag einer Partei oder von Amts wegen einen Bescheid insoweit berichtigen, als eine Rechtswidrigkeit auf der Übernahme offensichtlicher Unrichtigkeiten aus Abgabenerklärungen beruht. Nach der VwGH-Rechtsprechung (16.12.2003, 2003/15/0110 und 22.4.2004, 2004/15/0043) setzt diese Bestimmung voraus, dass die Abgabenbehörde den Inhalt einer Abgabenerklärung übernimmt, wobei diesem Inhalt eine offensichtliche Unrichtigkeit zu Grunde liegt. Dies wird dann zu bejahen sein, wenn die Abgabenbehörde bei ordnungsgemäßer Prüfung der Abgabenerklärung die Unrichtigkeit hätte erkennen müssen, ohne ein weiteres Ermittlungsverfahren durchzuführen. Besteht behördlicherseits bei entsprechender Prüfung von vornherein die Gewissheit, dass die in der Abgabenerklärung vertretene Rechtsauffassung unrichtig ist, so liegt aus der Sicht der Abgabenbehörde eine offensichtliche Unrichtigkeit vor. Die Bw. hat unbestrittenermaßen eine Verzichtserklärung gem. § 6 Abs. 3 UStG 1994 abgegeben (siehe Formular U12 mit Eingangsstempel vom 23. Mai 1996). Obwohl kein rechtswirksamer Widerruf erfolgte, hat das Finanzamt die Pachteinnahmen als steuerfreie Umsätze gem. § 6 Abs. 1 Z 27 UStG 1994 festgesetzt (siehe Bescheide vom 4. Juni 2002). Damit hat aber das Finanzamt den Inhalt einer Abgabenerklärung übernommen, deren Inhalt jedoch eine offensichtliche Unrichtigkeit zu Grunde liegt.

Aus diesem Grunde war daher vom Finanzamt zu Recht eine Berichtigung gem. § 293b BAO dieser o.a. Bescheide vorzunehmen.

Da sich auch sonst keinerlei Hinweise im Akt, wie z.B. Aktenvermerke etc. finden, wonach im gegenständlichen Fall anders vorzugehen wäre, muss davon ausgegangen werden, dass das Finanzamt bei nicht sofortiger Eingabe sondern vorangehender Überprüfung der Erklärung festgestellt hätte, dass kein Widerruf der Verzichtserklärung vorliegt und somit Steuerpflicht besteht.

2. Widerruf der Verzichtserklärung gem. § 6 Abs. 3 UStG:

Gem. § 6 Abs. 3 UStG 1994 kann der Unternehmer, dessen Umsätze nach § 6 Abs. 1 Z 27 UStG 1994 befreit sind, bis zur Rechtskraft des Bescheides gegenüber dem Finanzamt schriftlich erklären, dass er auf die Anwendung des § 6 Abs. 1 Z 27 verzichtet. Die Erklärung bindet den Unternehmer mindestens für fünf Kalenderjahre. Sie kann nur mit Wirkung vom Beginn eines Kalenderjahres an widerrufen werden. Der Widerruf ist spätestens bis zum Ablauf des ersten Kalendermonates nach Beginn dieses Kalenderjahres zu erklären.

Hinsichtlich der geforderten Schriftlichkeit des Widerrufs führt z.B. Ruppe (Kommentar zum UStG 1994, 3. Auflage, Tz. 483 zu § 6) aus, dass der Widerruf als contrarius actus denselben Regeln wie die Verzichtserklärung unterliege und somit schriftlich der zuständigen Abgabenbehörde gegenüber zu erklären sei. Dass die Bw. im Frühjahr 1998 persönlich im Finanzamt erklärte, "dass sie die Umsatzsteuerbefreiung für Kleinunternehmer in Anspruch nehmen möchte" und ihr vom damaligen Finanzbeamten erklärt wurde, "dass sie dies ab dem Jahre 2000 machen könne", kann als Absichtserklärung gesehen werden, keinesfalls ersetzt dies aber eine rechtswirksame schriftliche Erklärung.

Wie bereits oben ausgeführt, unterliegt der Widerruf als contrarius actus denselben Regeln wie die Verzichtserklärung und ist somit ebenfalls schriftlich der zuständigen Abgabenbehörde gegenüber zu erklären.

Bereits § 85 Abs. 1 BAO führt aus, dass Anbringen zur Geltendmachung von Rechten oder zur Erfüllung von Verpflichtungen (insbesondere Erklärungen, Anträge, Beantwortungen von Bedenkenvorhalten, Rechtsmittel) vorbehaltlich der Bestimmungen des Abs. 3 schriftlich einzureichen sind.

Die persönliche Vorsprache und die o.a. dargelegten Absichten der Bw. stellen jedenfalls keinen Ausnahmetatbestand im Sinne des § 85 Abs. 3 BAO dar, wonach auch mündliche Anbringen Rechtswirkungen entfalten können.

Ergänzend wird festgehalten, dass die Bw. in den Streitjahren steuerlich vertreten war und auch die Abgabe der Erklärung gem. § 6 Abs. 3 UStG 1994 durch ihren steuerlichen Vertreter erfolgte, sodass davon auszugehen ist, dass die Bw. Kenntnis von den steuerlichen Auswirkungen der Nichtabgabe einer schriftlichen Widerrufserklärung hatte. Da somit der vom Gesetz geforderte Widerruf der Verzichtserklärung nicht in der geforderten Form für die Jahre 2000 bis 2002 vorlag, war spruchgemäß zu entscheiden.

Wien, am 29. August 2006

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht

betroffene Normen:

§ 293b BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 6 Abs. 3 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994
§ 85 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961

Schlagworte:

Widerruf, Regelbesteuerung, Kleinunternehmer, Berichtigung gem. § 293b BAO

Verweise:

VwGH 16.12.2003, 2003/15/0110
VwGH 22.04.2004, 2004/15/0043

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