UFS RV/0255-W/06

UFSRV/0255-W/061.6.2006

Bemessungsgrundlage für die Bestandvertragsgebühr.

 

Beachte:
VwGH-Beschwerde zur Zl. 2006/16/0111 eingebracht (Amtsbeschwerde). Mit Erk. v. 25.10.2006 wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben. Fortgesetztes Verfahren mit BE zur Zl. RV/2706-W/06 erledigt.

Entscheidungstext

Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der G, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. W, gegen den Bescheid des Finanzamtes A vom 27. Oktober 2005, St.Nr. x, betreffend Rechtsgebühr, entschieden:

Der Berufung wird Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert wie folgt:

Die Gebühr gemäß § 33 TP 5 Abs. 1 Z 1 GebG 1957 wird festgesetzt mit Euro 414,34.

(1% der Bemessungsgrundlage von Euro 41.434,2)

Entscheidungsgründe

Am 2. Juni 2003 hat die Berufungswerberin (Bw), G., vertreten durch A.., mit der Firma M einen Mietvertrag abgeschlossen.

Der Mietvertrag enthält unter Anderem folgende Bestimmungen:

Punkt XI. 3.:

"Nach Beendigung des Mietverhältnisses übergibt der Mieter das Kellerabteil geräumt, die Bestandseinheit neu ausgemalt weiß, Böden ordnungsgemäß gereinigt , die Einrichtungsgegenstände ordnungsgemäß gereinigt, geräumt von seinen Fahrnissen und besenrein.".....

Punkt XX.

".... Der Mieter verpflichtet sich daher, einen Wärmeenergiebezugsvertrag direkt mit der Firma Fernwärme Wien GmbH abzuschließen und für die Dauer des Mietverhältnisses bis zur rechtmäßigen Rückstellung des Mietobjektes aufrecht zu erhalten. Er haftet der Vermieterin für Schäden, insbesondere auch an der Substanz des Hauses, die daraus entstehen, dass ein derartiger Energiebezugsvertrag nicht besteht. "

Im Zuge einer Außenprüfung gemäß § 147 BAO erfolgten vom Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern Wien Beanstandungen und wurde die Gebühr mit dem spruchgegenständlichen Bescheid gemäß § 201 BAO festgesetzt, wobei sowohl die Verpflichtung die Bestandseinheit neu weiß auszumalen, als auch die Verpflichtung einen Wärmeenergiebezugsvertrag abzuschließen, bewertet und der Bemessungsgrundlage hinzugerechnet wurden.

Fristgerecht wurde Berufung eingebracht. Die Bw. bringt im Wesentlichen vor, weder die vom Mieter übernommene Verpflichtung zum Abschluss eines Fernwärmevertrages noch die Ausmalarbeiten stellten einen gebührenrechtlich relevanten Tatbestand dar.

Dies deshalb, weil der Mieter in seiner Disposition frei bleibe das Bestandsobjekt auszumalen bzw. einen solchen Wärmebezugsvertrag überhaupt abzuschließen. Wenn auf Wunsch des Mieters keine Heizung erforderlich sei, so bestehe kein Grund und keine Verpflichtung einen Wärmebezugsvertrag abzuschließen. Im Übrigen sei ein solcher Vertrag auf ein gesondertes Rechtsgeschäft, nämlich die Beauftragung eines Wärmelieferanten durch den Mieter zurückzuführen.

Die Ausmalarbeiten dienten lediglich der gesetzlich normierten Zustandserhaltung und seien weder eine Leistung des Mieters "die zum Gebrauch erforderlich" sei noch "eine Verbesserung des Bestandgegenstandes".

Mit Berufungsvorentscheidung vom 22. Dezember 2005 wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen.

Der Vorlageantrag enthält keine ergänzende Berufungsbegründung.

Über die Berufung wurde erwogen:

Gemäß § 33 TP 5 Abs. 1 Z 1 GebG 1957 (GebG) beträgt die Gebühr für Bestandverträge (§§ 1090 ff ABGB) und sonstige Verträge, wodurch jemand den Gerbrauch einer unverbrauchbaren Sache auf eine gewisse Zeit und gegen einen bestimmten Preis erhält, nach dem Wert im Allgemeinen 1 v.H..

1. Ausmalarbeiten

Als Bestandzins sind alle jene Leistungen anzusehen, die der Bestandnehmer für die Nutzung des Bestandobjektes aufwendet oder künftig aufwenden muss, wobei als Nebenleistungen alle jene zusätzlichen Leistungen anzusehen sind, zu deren Gewährung ohne ausdrückliche Vereinbarung nach den allgemeinen Rechtsvorschriften keine Verpflichtung besteht (VwGH 24.3.1994, 92/16/0129).

Zur Bemessungsgrundlage zählt auch die Übernahme von Verpflichtungen, die der Sicherung, der Erhaltung der Bestandsache oder der Erleichterung der Ausübung des bestimmungsmäßigen Gebrauches dieser Sache dienen (vgl. etwa VwGH 21.3.2002, 99/16/0160).

§ 1096 Abs. 1 ABGB regelt die wechselseitigen Rechte in Hinsicht auf Überlassung, Erhaltung und Benützung der Bestandsache:

"Vermieter und Verpächter sind verpflichtet, das Bestandstück auf eigene Kosten in brauchbarem Stande zu übergeben und zu erhalten und die Bestandinhaber in dem bedungenen Gebrauche oder Genusse nicht zu stören. Ist das Bestandstück bei der Übergabe derart mangelhaft oder wird es während der Bestandzeit ohne Schuld des Bestandnehmers derart mangelhaft, daß es zu dem bedungenen Gebrauche nicht taugt, so ist der Bestandnehmer für die Dauer und in dem Maße der Unbrauchbarkeit von der Entrichtung des Zinses befreit. Auf diese Befreiung kann bei der Miete unbeweglicher Sachen im voraus nicht verzichtet werden."

Zur Erhaltung des Bestandobjektes und der dazugehörigen Teile ist der Bestandgeber insoweit verpflichtet, als dies für den bedungenen Gebrauch erforderlich ist. An der Instandhaltungsverpflichtung des Vermieters ändert auch die Bestimmung des § 1109 ABGB über die Rückstellung des Objektes im Übernahmezustand nichts, weil diese Norm im Zusammenhang mit § 1096 Abs. 1 zu lesen ist (vgl. Schwimann, Praxiskommentar zum ABGB, 3. Auflage):

"Nach geendigtem Bestandvertrage muß der Bestandnehmer die Sache dem etwa errichteten Inventarium gemäß oder doch in dem Zustand, in welchem er sie übernommen hat, gepachtete Grundstücke aber mit Rücksicht auf die Jahreszeit, in welcher der Pacht geendigt worden ist, in gewöhnlicher wirtschaftlicher Kultur zurückstellen. Weder ein Zurückbehaltungsrecht oder die Einwendung der Kompensation noch selbst des früheren Eigentumsrechtes kann ihn vor der Zurückstellung schützen."

Grundsätzlich ist die Sache also in dem Zustand, in welchem sie übernommen wurde, zurückzustellen.

Wie der Verwaltungsgerichtshof ausgeführt hat, sind als Nebenleistungen alle jene zusätzlichen Leistungen anzusehen, zu deren Gewährung ohne ausdrückliche Vereinbarung nach den allgemeinen Rechtsvorschriften keine Verpflichtung besteht (VwGH 24.3.1994, 92/16/0129).

Es wäre jetzt im Sinne des § 1109 ABGB zu prüfen, in welchem Zustand der Mieter die Bestandseinheit übernommen hat. Ob er demgemäß in Ausführung der Wiederherstellung des Übernahmezustandes § 1109 ABGB zufolge auszumalen hätte und ob dementsprechend im Vertrag eine abweichende Regelung getroffen wurde.

Dessen ungeachtet ist jedoch der Argumentation der Bw zu folgen, wonach diese Ausmalarbeiten keine Übernahme von Verpflichtungen darstellen, die der Sicherung, der Erhaltung der Bestandsache oder der Erleichterung der Ausübung des bestimmungsgemäßen Gebrauches dieser Sache dienen, sondern vielmehr der Zustandserhaltung im vorgenannten Sinne.

Es handelt sich hie bei um keine gebührenrechtlich relevante Nebenleistung.

2. Wärmeenergiebezugsvertrag

Der Begriff des "Wertes" ist im Gesetz selbst nicht definiert, jedoch hat der VwGH in ständiger Judikatur die Auffassung vertreten, dass zum "Wert" alle jene Leistungen zählen, zu deren Erbringung sich der Bestandnehmer verpflichtet, um in den Genuss des Gebrauchsrechtes an der Bestandsache zu gelangen (vgl. VwGH, 22.6.1987, 86/15/0138, Wolf-Dieter Arnold, Rechtsgebühren, 7. Auflage, zu §33 TP5).

Zur Bemessungsgrundlage zählt auch die Übernahme von Verpflichtungen, die der Sicherung, der Erhaltung der Bestandsache oder der Erleichterung der Ausübung des bestimmungsmäßigen Gebrauches dieser Sache dienen (vgl. etwa VwGH 21.3.2002, 99/16/0160).

Immer aber ist zu fragen, wie weit eine Leistung "für" die Überlassung des Gebrauches vorliegt. Eine dem Vermieter gegenüber eingegangene Verpflichtung (zusätzlich) in einen (anderen) gegenseitigen Vertrag einzutreten oder einen Vertrag mit einem Dritten abzuschließen, zählen nur unter ganz bestimmten Voraussetzungen zum "Wert". (Arnold s.o. unter Hinweis auf §26 Rz 16a).

Arnold schreibt zu §26 GebG: "Insbesondere muss aus der Bemessungsgrundlage das ausscheiden, was nicht (in zivilrechtlicher Sicht) Entgelt für das konkrete gebührenpflichtige Rechtsgeschäft ist, sondern Entgelt (Gegenleistung) für ein anderes (fallweise gar nicht gebührenpflichtiges) Rechtsgeschäft."

Beheizungskosten gehören dann zur Bemessungsgrundlage, wenn sich die Vermieterin zur Beheizung des Mietgegenstandes verpflichtet, weil sie dadurch dem Mieter die Ausübung des Gebrauches der Bestandsache erleichtert (VwGH 27.6.1960, Slg. 2262/F).

Hat der Bestandnehmer etwa der Wohnungsgesellschaft die Beheizungs- und Warmwasserkosten zu ersetzen und ist die Gesellschaft daher zur Beheizung des Mietobjektes und zum Wärmen von Wasser verpflichtet, so erleichtert sie dadurch die Ausübung des bestimmungsgemäßen Gebrauches der Wohnung. Die Beheizungs- und Warmwasserkosten sind daher - ungeachtet des Umstandes, dass ihnen werkvertragliche Elemente zu Grunde liegen - ebenfalls Teil des Entgeltes und daher auch Teil der Gebührenbemessungsgrundlage (vgl. Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern, Band I, Stempel und Rechtsgebühren, zu § 33 TP 5 GebG 1957 samt darin zitierter Judikatur).

Die Beistellung einer Sammelheizung für die gemieteten Räume durch den Vermieter bildet beispielsweise einen Teil der Leistungen aus einem Bestandvertrag. Die von den Mietern zu entrichtenden Beiträge zu den Kosten der Sammelheizung, gehören also zur Bemessungsgrundlage der Mietvertragsgebühr (VwGH 1043/69, 9.9.1970 samt darin zitierter Vorjudikatur).

Dagegen gehört die allgemeine Verpflichtung des Mieters, einen Wärmeenergiebezugsvertrag direkt mit der F abzuschließen und für die Dauer des Mietverhältnisses aufrecht zu erhalten nicht mehr zu den Leistungen aus dem Mietvertrage. Für diese Verpflichtung kann daher kein Entgelt angesetzt und in die Bemessungsgrundlage der Mietvertragsgebühr einbezogen werden.

Ein offensichtliches Naheverhältnis der Vermieterin zur Firma "F " wurde vom Finanzamt weder argumentiert noch behauptet.

Es ergibt sich sohin folgende Bemessungsgrundlage laut Niederschrift über die Schlussbesprechung vom 14. Oktober 2005 unter Außerachtlassung des Zuschlages für Fernwärme und der Ausmalarbeiten:

Gesamtmietzins pro Monat

Euro 1.150,95

x 36 =

Euro 41.434,2

x 1% =

Euro 414,34

Dem Berufungsbegehren war somit zu entsprechen.

Wien, am 1. Juni 2006

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht

betroffene Normen:

§ 33 TP 5 Abs. 1 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957

Schlagworte:

Wärmeenergiebezugsvertrag, Ausmalarbeiten

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