Investitionszuwachsprämie und Gebäudeteile (Fenster, Türen etc.)
Entscheidungstext
Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw, Wien, vertreten durch Hannes Folterbauer, Wirtschaftstreuhänder, Steuerberater, 1010 Wien, Spiegelgasse 21, vom 8. September 2005 gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 1/23 vom 11. August 2005 betreffend Investitionszuwachsprämie gemäß § 108e EStG 1988 für das Jahr 2003 entschieden:
Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.
Der angefochtene Bescheid wird wie in der Berufungsvorentscheidung vom 21. September 2005 abgeändert und die Investitionszuwachsprämie mit € 1.184,00 festgesetzt.
Entscheidungsgründe
Die Berufungswerberin (Bw), die in der Rechtsform einer Kommanditgesellschaft in einem angemieteten Gebäude eine Apotheke betreibt, beantragte für das Jahr 2003 die Berücksichtigung einer Investitionszuwachsprämie in Höhe von € 7.502,00. Die Bw ging dabei von Anschaffungskosten prämienbegünstigter Wirtschaftsgüter in Höhe von € 75.980,00 aus.
Eine Überprüfung durch das Finanzamt ergab, dass sich dieser Betrag von € 75.980,00 aus folgenden Teilbeträgen zusammensetzt:
- Rechnung vom 12. Oktober 2003: 4 Fensterelemente verzinkt und einbrenn-lackiert mit Isolierglas geliefert (€ 20.800,00)
- Rechnung vom 12. Oktober 2003: 10 Sessel bzw. Drehstühle (€ 12.800,00)
- Rechnung vom 12. November 2003: 1 Geschäftseingangstüre mit Öffnungsautomatik, Ausführung in Aluminium mit Isolierglas geliefert und eingebaut (€ 12.800,00)
- Rechnung vom 12. November 2003: Tischlerarbeiten - Kellerstiege mit Laminat belegt, Unterbau neu aufgerichtet, Instandsetzung und Sanierung von 5 Innentüren, teilweise mit neuer Einglasung mit Zier-Ätzglasscheiben, 20 qm Dekorspanplatte mit Verleistung für Fächer und Rückwandabdeckung, Maler- und Lasierungsarbeiten bei den Holzteilen, den Tüten und am Treppenabgang, Fertigung und Montage diverser Einbaukästen sowie Fensterinstandsetzungen und Neuanstriche inkl. Arbeitszeit und Material (€ 22.980,00)
- Rechnung vom 12. Dezember 2003: diverse Sanitär- und Heizungsinstallationen (€ 6.600,00)
Abweichend von der Erklärung setzte das Finanzamt mit dem angefochtenen Bescheid vom 11. August 2005 die Investitionszuwachsprämie lediglich mit € 3.482,00 fest. Begründend verwies es darauf, dass es sich bei Sanitär- und Heizungsinstallationen, Türen und Fenstern um nicht prämienbegünstigte Gebäudebestandteile handle. Die Anschaffungskosten prämienbegünstigter Wirtschaftsgüter seien deshalb auf € 35.780,00 zu vermindern (Anm.: Im Ergebnis wurden die beiden Rechnungen betreffend die 10 Sessel bzw. Drehstühle und die Tischlerarbeiten anerkannt).
In der Berufung vom 8. September 2005 brachte die Bw vor, dass Türen und Fenster keine fixen Gebäudebestandteile darstellen. Die beantragte Investitionsprämie sei daher in voller Höhe zu gewähren.
Mit Berufungsvorentscheidung vom 21. September 2005 wurde die Investitionszuwachsprämie nunmehr mit € 1.184,00 festgesetzt. In der Begründung heißt es, dass gemäß § 108e Abs. 2 EStG 1988 "Gebäude" als prämienbegünstigte Wirtschaftsgüter ausgeschlossen seien. Bei "Gebäudeinvestitionen" sei es unerheblich, ob diese dem Wirtschaftsgut "Gebäude" zuzurechnen oder als selbständiges Wirtschaftsgut anzusehen seien. Für Mieterinvestitionen stehe daher ebensowenig eine Investitionszuwachsprämie zu wie für Investitionen des Eigentümers in sein Gebäude. Zusätzlich zum angefochtenen Bescheid seien deshalb auch die "Tischlerarbeiten" laut Rechnung vom 12. November 2003 auszuscheiden. Die Investitionszuwachsprämie könne deshalb nur von den angeschafften Sesseln bzw. Drehstühlen laut Rechnung vom 12. Oktober 2003 in Höhe von € 12.800,00, abzüglich der durchschnittlichen Investitionen der Jahre 2000 bis 2002 in Höhe von € 960,00, demnach im Ausmaß von 10 % von € 11.840,00, zuerkannt werden.
Im Vorlageantrag vom 24. Oktober 2005 brachte die Bw vor, dass in der Rechnung vom 12. November 2003 betreffend "Tischlerarbeiten" überwiegend körperliche Wirtschaftsgüter enthalten seien: Türen, Einbaukästen, Regale etc. Dies bedeute, dass es nicht im Sinne des Gesetzgebers sein könne, dass die gesamte Rechnung nicht als Grundlage für die Berechnung der Investitionszuwachsprämie herangezogen werde. Es werde deshalb beantragt, die Investitonszuwachsprämie "im Sinne der Berufung vorzuschreiben".
Das Finanzamt legte diese Berufung dem unabhängigen Finanzsenat zur Entscheidung vor. Ein Vorhalt des unabhängigen Finanzsenates vom 3. Februar 2006, der im Wesentlichen die Rechnung vom 12. November 2003 ("Tischlerarbeiten") betraf, wurde von der Bw innerhalb der gewährten Frist von vier Wochen nicht beantwortet.
Über die Berufung wurde erwogen:
Gemäß § 108e Abs. 1 EStG 1988 kann für den Investitionszuwachs bei prämienbegünstigten Wirtschaftsgütern eine Investitionszuwachsprämie von 10 % geltend gemacht werden. Voraussetzung ist, dass die Aufwendungen für die Anschaffung oder Herstellung im Wege der Absetzung für Abnutzung (§§ 7 und 8) abgesetzt werden.
Nach Abs. 2 sind prämienbegünstigte Wirtschaftsgüter ungebrauchte körperliche Wirtschaftsgüter des abnutzbaren Anlagevermögens. Nicht zu den prämienbegünstigten Wirtschaftsgütern zählen neben anderen taxativ aufgezählten Wirtschaftsgütern auch Gebäude.
Zur Beantwortung der Frage, ob etwas Gebäude, Teil eines Gebäudes oder selbständiges (selbständig bewertbares) Wirtschaftsgut ist, hat die Rechtsprechung eine Reihe von Abgrenzungskriterien entwickelt (vgl. Zorn in: Hofstätter/Reichel, EStG 1988, § 108e, Tz 4, und die dort zitierte Judikatur und Literatur).
Dabei hat die Beurteilung, ob ein Gebäude vorliegt bzw. ob eine Investition ein Gebäude oder einen Bestandteil desselben betrifft oder aber ein nicht als Gebäude anzusehendes Wirtschaftsgut darstellt, ausschließlich nach dem Maßstab der Verkehrsanschauung zu erfolgen (laut VwGH 1.3.1983, 82/14/0156, die Auffassung einer Mehrheit urteilsfähiger - vernünftig denkender - persönlich unbeteiligter und verständiger Menschen). Auf die bewertungsrechtliche Sicht, aber auch auf die Vorschriften des bürgerlichen Rechts über die Abgrenzung beweglicher und unbeweglicher Sachen kommt es in diesem Zusammenhang nicht an. Ist ein Wirtschaftsgut mit einem Gebäude derart verbunden, dass es nicht ohne Verletzung seiner Substanz an einen anderen Ort versetzt werden kann, ist es grundsätzlich als Teil des Gebäudes und damit als unbeweglich anzusehen. Allerdings spielt bei typischen Gebäuden bzw. Gebäudeteilen die rein technische "Beweglichkeit" und Versetzbarkeit an einen anderen Ort nur eine untergeordnete Rolle. Selbst wenn eine Verlegung ohne Wertminderung und ohne erhebliche Kosten möglich wäre, ist daher zB eine eingebaute Etagenheizung nach der Verkehrsauffassung ein typischer Teil des Gebäudes und deshalb als unbeweglich und nicht selbständig bewertbar anzusehen (vgl. VwGH 11.6.1965, 316/65).
Im konkreten Fall hat die Bw, die wie schon dargelegt in einem angemieteten Gebäude eine Apotheke betreibt, im Jahre 2003 Investitionen getätigt, die unbestritten in einem gewissen Zusammenhang mit dem angemieteten Gebäude stehen. Diesbezüglich hat das Finanzamt schon in der Berufungsvorentscheidung zu Recht darauf hingewiesen, dass auch bei "Mieterinvestitionen" zu prüfen ist, ob es sich dabei um Aufwendungen auf ein Gebäude handelt (vgl. Atzmüller, Mieterinvestitionen: Gebäude oder doch nicht? - Eine Replik Investitionszuwachsprämie, SWK 2005, S 357).
Bei den gegenständlichen Aufwendungen handelt es sich zum einen um solche für Fenster (Rechnung vom 12. Oktober 2003: € 20.800,00), Geschäftseingangstür (Rechnung vom 12. November 2003: € 12.800,00) sowie diverse Sanitär- und Heizungsinstallationen (Rechnung vom 12. Dezember 2003: € 6.600,00).
Nach Ansicht des unabhängigen Finanzsenates ist es unbestreitbar, dass es sich dabei um Gebäudebestandteile handelt. Alle nach der Verkehrsauffassung typischen Gebäudeteile sind, auch wenn sie ohne Verletzung der Substanz und mit geringen Kosten aus der Verbindung mit dem Gebäude gelöst werden können, als nicht selbständig bewertbar anzusehen (vgl. Grabner, Die Abgrenzung von beweglichen und unbeweglichen Wirtschaftsgütern des § 8 EStG 1972 in der Rechtsprechung des VwGH, ÖStZ 1983, 143). So hat der VwGH etwa Fenster und Türen, ja sogar Türbeschläge als Teil des Gebäudes angesehen (vgl. VwGH 18.9.1964, 1226/63). Auch betreffend Sanitär- und Heizungsinstallationen hat der VwGH wiederholt ausgesprochen, dass es sich dabei um Gebäudebestandteile handelt (vgl. neben Grabner auch Quantschnigg/Schuch, ESt-Handbuch, § 8, Tz 8.2 und die dort wiedergegebene Judikatur).
Was zum anderen die Rechnung vom 12. November 2003 betreffend "Tischlerarbeiten" anbelangt, hat die Bw im Vorlageantrag vom 24. Oktober 2005 bemängelt, dass darin überwiegend körperliche Wirtschaftsgüter (nämlich Türen, Einbaukästen, Regale etc.) enthalten seien, weshalb es nicht im Sinne des Gesetzgebers sein könne, die gesamte Rechnung nicht als Grundlage für die Berechnung der Investitionszuwachsprämie heranzuziehen. Der unabhängige Finanzsenat hat diesbezüglich die Bw mit dem Schreiben vom 3. Februar 2006 darauf hingewiesen, dass in dieser Rechnung zu einem Großteil Positionen enthalten sind, die eindeutig nach der Rechtsprechung des VwGH als Gebäudeinvestitionen anzusehen sind (Kellerstiege mit Laminat belegt, Unterbau neu aufgerichtet, Instandsetzung und Sanierung von 5 Innentüren, Maler- und Lasierungsarbeiten bei den Holzteilen, den Türen und am Treppenabgang, Fensterinstandsetzungen und Neuanstriche). Lediglich in Bezug auf die in dieser Rechnung enthaltenen Positionen Einbaukästen bzw. Regale vertrat der unabhängige Finanzsenat in Anlehnung an die Rechtsprechung des VwGH (vgl. wiederum Quantschnigg/Schuch, ESt-Handbuch, § 8, Tz 8.3) die Ansicht, dass es sich dabei um keine Gebäudebestandteile handle, wobei aber die Bw darauf hingewiesen wurde, dass eine Voraussetzung für die Anerkennung als prämienbegünstigte Wirtschaftsgüter sei, dass die jeweiligen Anschaffungskosten nachgewiesen werden. Die Bw wurde deshalb in diesem Sinne um Vorlage einer neuen bzw. "berichtigten" Rechnung ersucht, aus der sich diese beiden Positionen betragsmäßig ergeben. Diesem Ersuchen ist die Bw nicht nachgekommen. Da es sich bei der Investitionszuwachsprämie um eine abgabenrechtliche Begünstigung handelt, bei der es Aufgabe der Partei ist, sämtliche Voraussetzungen einwandfrei nachzuweisen, können auch diese beiden (betragsmäßig sicherlich geringen) Aufwandspositionen nicht für die Berechnung der Investitionszuwachsprämie herangezogen werden.
Wie in der Berufungsvorentscheidung vom 21. September 2005 kann deshalb nur die Rechnung vom 12. Oktober 2003 betreffend die Anschaffung von 10 Sesseln bzw. Drehstühlen im Betrag von € 12.800,00 als Basis für die Investitionszuwachsprämie anerkannt werden.
Wien, am 22. März 2006
Zusatzinformationen | |
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Materie: | Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen: | § 108e Abs. 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Schlagworte: | Investitionszuwachsprämie, Gebäude, Fenster, Türen, Sanitär- und Heizungsinstallationen, Tischlerarbeiten |