UFS RD/0077-W/05

UFSRD/0077-W/0524.2.2006

Ergänzender Schriftsatz kein selbständiges, gesondertes devolvierbares Anbringen

 

Entscheidungstext

 

Bescheid

Der unabhängige Finanzsenat hat über den Devolutionsantrag der EK, wegen Verletzung der Entscheidungspflicht des Finanzamtes Wien 9/18/19 Klosterneuburg über die Umsatzsteuererklärung für das Jahr 2003 vom 27. April 2004 entschieden:

Der Devolutionsantrag wird zurückgewiesen.

Begründung

Mit Devolutionsantrag vom 10. Oktober 2005 rügt die Devolutionswerberin (Dw) die Verletzung der Entscheidungspflicht zu ihrer Umsatzsteuererklärung 2003 und legt dem Antrag eine Ablichtung der Umsatzsteuererklärung bei. Demnach wurde die säumige Umsatzsteuererklärung am 27. April 2004 unterfertigt und beim zuständigen Finanzamt persönlich eingebracht.

Mit Datum 21. April 2004 hat das Finanzamt den Umsatzsteuerbescheid für das Jahr 2003 erlassen und die Zustellung mit Rückschein RSa verfügt. Nach dem Rückschein hat die Dw den Umsatzsteuerbescheid für das Jahr 2003 vom 21. April 2004 am 23. April 2004 übernommen. Als die Dw die Umsatzsteuererklärung für das Jahr 2003 einreichte, war sie bereits im Besitz des Umsatzsteuerjahresbescheides für das Jahr 2003.

Mit Schriftsatz vom 26. April 2004, persönlich eingebracht beim Finanzamt am selben Tag, erhebt die Dw Berufung gegen den Umsatzsteuerbescheid für das Jahr 2003.

Eine Zusammenfassung der Ereignisse in chronologischer Reihenfolge ergibt folgendes Bild:

21. April 2004:

Erlassung des Umsatzsteuerbescheides 2003

23. April 2004:

Übernahme des Umsatzsteuerbescheides 2003

26. April 2004:

Erstellung und Einreichung der Berufung gegen den Umsatzsteuerbescheid 2003

27. April 2004:

Erstellung und Einreichung der Umsatzsteuererklärung 2003

Das Finanzamt berichtet, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliege, sondern Entscheidungspflicht zur Berufung bestehe, verweist aber gleichzeitig auf § 260 BAO.

Über den Devolutionsantrag wurde erwogen:

1. Rechtsgrundlagen: Gemäß § 311 Abs. 1 BAO sind die Abgabenbehörden verpflichtet, über Anbringen (§ 85) der Parteien ohne unnötigen Aufschub zu entscheiden.

Werden Bescheide der Abgabenbehörden erster Instanz der Partei nicht innerhalb von sechs Monaten nach Einlangen der Anbringen oder nach dem Eintritt der Verpflichtung zu ihrer amtswegigen Erlassung bekanntgegeben (§ 97), so kann gemäß § 311 Abs. 2 BAO jede Partei, der gegenüber der Bescheid zu ergehen hat, den Übergang der Zuständigkeit zur Entscheidung auf die Abgabenbehörde zweiter Instanz beantragen (Devolutionsantrag).

Gemäß § 85 Abs. 1 BAO sind Anbringen zur Geltendmachung von Rechten oder zur Erfüllung von Verpflichtungen (insbesondere Erklärungen, Anträge, Beantwortungen von Bedenkenvorhalten, Rechtsmittel) vorbehaltlich der Bestimmungen des Abs. 3 schriftlich einzureichen (Eingaben).

Über Berufungen gegen von Finanzämtern oder von Finanzlandesdirektionen erlassene Bescheide hat gemäß § 260 BAO der unabhängige Finanzsenat (§ 1 UFSG) als Abgabenbehörde zweiter Instanz durch Berufungssenate zu entscheiden, soweit nicht anderes bestimmt ist.

Gemäß § 27 Abs. 1 VwGG kann Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht (Säumnisbeschwerde) nach Art. 132 B-VG erst erhoben werden, wenn die oberste Behörde, die im Verwaltungsverfahren, sei es im Instanzenzug, sei es im Wege eines Antrages auf Übergang der Entscheidungspflicht ... angerufen werden konnte, von einer Partei angerufen worden ist und nicht binnen sechs Monaten, wenn aber das das einzelne Gebiet der Verwaltung regelnde Gesetz für den Übergang der Entscheidungspflicht eine kürzere oder längere Frist vorsieht, nicht binnen dieser in der Sache entschieden hat. Die Frist läuft von dem Tag, an dem der Antrag auf Sachentscheidung bei der Stelle eingelangt ist, bei der er einzubringen war.

2. Rechtliche Beurteilung: Anbringen dienen der Geltendmachung von Rechten oder erfolgen in Erfüllung von Pflichten. Die Einreichung einer Abgabenerklärung löst grundsätzlich bei der Abgabenbehörde die Pflicht zur Erlassung eines Abgabenbescheides aus; hier: die Einreichung der Umsatzsteuererklärung für das Jahr 2003 löste grundsätzlich die Pflicht zur Erlassung des Umsatzsteuerbescheides für das Jahr 2003 aus. Grundsätzlich deshalb, weil es stets auch Ausnahmen gibt, wie hier folgende: Die Einreichung der Umsatzsteuererklärung für das Jahr 2003 konnte gegenständlich die Verpflichtung zur Erlassung des Umsatzsteuerbescheides für das Jahr 2003 nicht initiieren, weil dieser bereits ergangen war. Gleichwohl verleiht die Dw mit der Umsatzsteuererklärung für das Jahr 2003 ihrem Parteiwillen Ausdruck und von Bedeutung ist, dass die Umsatzsteuererklärung für das Jahr 2003 innerhalb offener Rechtsmittelfrist eingebracht wurde. Grundsätzlich wäre der Parteiwille zu klären, doch erhellt sich dieser, weil vor Einreichung der Umsatzsteuererklärung für das Jahr 2003 gegen den Bescheid Berufung erhoben wurde.

Die am 27. April 2004 eingereichte Umsatzsteuererklärung für das Jahr 2003 ist als ein die gegen den Umsatzsteuerbescheid für das Jahr 2003 erhobene Berufung ergänzender Schriftsatz anzusehen. Anbringen lediglich ergänzende Schriftsätze lösen keine separate Entscheidungspflicht aus.

Die Entscheidungspflicht besteht daher zur Berufung gegen den Umsatzsteuerbescheid für das Jahr 2003 vom 26. April 2004 in der Fassung des ergänzenden Schriftsatzes vom 27. April 2004. Eine Verletzung der Entscheidungspflicht könnte die Dw daher zur unerledigten Berufung vom 26. April 2004 in der Fassung des ergänzenden Schriftsatzes vom 27. April 2004 rügen.

Die Verletzung der Entscheidungspflicht zur gegen den Umsatzsteuerbescheid 2003 erhobenen Berufung hat die Dw bereits mit Devolutionsantrag vom 10. November 2004 gerügt und jenen Devolutionsantrag hat der unabhängige Finanzsenat unter Hinweis auf §§ 260 BAO iVm § 27 VwGG mit Bescheid vom 22.2.2005, RV/1818-W/04 mwN, zurückgewiesen.

Die Dw hat mit gegenständlichem Devolutionsverfahren im Ergebnis sohin die Verletzung der Entscheidungspflicht zu einem Anbringen gerügt, zu dem bereits mit dem Bescheid RV/1818-W/04 abgesprochen wurde. Gegenständliches Devolutionsverfahren behandelt daher dieselbe Rechtssache wie die unter der Zahl RV/1818-W/04 bereits abschließend entschiedene. Der Devolutionsantrag erweist sich infolge bereits entschiedener Sache als unzulässig.

Nach dem Wortlaut ihres Devolutionsantrages vom 10. Oktober 2005 hat die Dw weiters die Verletzung der Entscheidungspflicht zur Umsatzsteuererklärung für das Jahr 2003 beim unabhängigen Finanzsenat und mit Säumnisbeschwerde vom 10. November 2005, VwGH-Zahl 2005/13/0156, die Verletzung der Entscheidungspflicht zur gegen den Umsatzsteuerbescheid für das Jahr 2003 erhobenen Berufung vom 26. April 2004 gerügt.

Wien, am 24. Februar 2006

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht

betroffene Normen:

§ 311 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 260 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 243 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 27 VwGG, Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985, BGBl. Nr. 10/1985
§ 85 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 303 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961

Schlagworte:

Verletzung der Entscheidungspflicht, Devolution, Säumnis, Anbringen, Berufung, Rechtsschutz, Beschwerde, Zuständigkeit

Verweise:

VwGH 13.10.1993, 91/13/0058
VwGH 29.05.1996, 92/13/0301

Stichworte