Aufwendungen für doppelte Haushaltsführung und Heimfahrten bei einem ledigen Steuerpflichtigen (Arzt) als Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben.
Entscheidungstext
Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Bw, vom 8. September 2005 gegen den Bescheid des Finanzamtes Kitzbühel vom 5. August 2005 betreffend Einkommensteuer 2003 entschieden:
Der Berufung wird Folge gegeben. Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.
Die Bemessungsgrundlage und die Höhe der Abgabe sind dem angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil dieses Bescheidspruches.
Die Fälligkeit des mit dieser Entscheidung festgesetzten Mehrbetrages der Abgaben ist aus der Buchungsmitteilung zu ersehen.
Entscheidungsgründe
Der unverheiratete Berufungswerber ist seit August 1993 Arzt in seinem Wohnort K in Tirol. Er erzielte im Berufungsjahr Einkünfte aus selbständiger und aus nichtselbständiger Arbeit. Beginnend mit 20. Jänner 2003 war er in einem befristeten Dienstverhältnis am "Allgemeinen öffentlichen Krankenhaus der Barmherzigen Brüder" in Linz tätig, um seine turnusmäßige Ausbildung zum Facharzt für Innere Medizin abzuschließen. Das Dienstverhältnis endete am 30.9.2003. Für die Dauer dieser Tätigkeit mietete er eine Wohnung in P in der Nähe von Linz. In der Einkommensteuererklärung für 2003 macht er "Zweitwohnsitzkosten und Familienheimfahrten" in nachstehender Höhe teils als Werbungskosten, teils als Betriebsausgaben geltend:
Zweitwohnsitzkosten: | |
Miete, Gas | 5.002,26 |
Einrichtung (GWG), AfA für Schrank, Liege | 948,28 |
Familienheimfahrten: | |
217,6 km x 2 x 11 x 0,356 € | 1.704,25 |
Mit dem am 5.8.2005 ausgefertigten Bescheid betreffend Einkommensteuer für 2003 ließ das Finanzamt diese Kosten nur anteilig für die ersten 6 Monate zum Abzug zu. Das Finanzamt begründete dies mit dem Hinweis auf die Kennzahl 346 der Lohnsteuerrichtlinien 2002, wonach die Kosten für die beruflich veranlasste Begründung eines zweiten Haushaltes am Beschäftigungsort nur vorübergehend steuermindernd zu berücksichtigen seien.
In der fristgerecht eingebrachten Berufung wurde sinngemäß eingewendet, die Tätigkeit am Krankenhaus in Linz habe nur der turnusmäßigen Facharztausbildung gedient und sei von vornherein zeitlich befristet gewesen. Nach Erreichen des Ausbildungszieles habe das Dienstverhältnis am 30.9.2003 geendet. Die Berücksichtigung der Kosten für nur sechs Monate sei "willkürlich".
Nach einer abweisenden Berufungsvorentscheidung beantragte der Abgabepflichtige unter Hinweis auf sein bisheriges Vorbringen die Vorlage der Berufung an die Abgabenbehörde zweiter Instanz.
Über die Berufung wurde erwogen:
Gemäß § 16 Abs. 1 EStG 1988 sind Werbungskosten Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen. Sie sind bei der Einkunftsart abzuziehen, bei der sie erwachsen sind. Weder bei den einzelnen Einkunftsarten noch vom Gesamtbetrag der Einkünfte dürfen gemäß § 20 Abs. 1 Z 1 EStG 1988 die für den Haushalt des Steuerpflichtigen aufgewendeten Beträge abgezogen werden.
Wenn einem Steuerpflichtigen zwangsläufig Mehraufwendungen dadurch erwachsen, dass er neben seinem Hauptwohnsitz am Beschäftigungsort eine zweite Wohnmöglichkeit benötigt, weil ihm weder eine Wohnsitzverlegung noch eine tägliche Rückkehr an den Ort des eigenen Hausstandes zugemutet werden kann, so sind die Mehraufwendungen grundsätzlich steuerlich abzugsfähig. Bei ledigen Arbeitnehmern mit eigenem Hausstand können "für eine gewisse Übergangszeit" Fahrtkosten und Aufwendungen für ein möbliertes Zimmer am neuen Beschäftigungsort steuerlich berücksichtigt werden. Dies jedenfalls bei bloß vorübergehender auswärtiger Beschäftigung, nicht aber bei mangelnder Umzugsbereitschaft. Die Frage, ob bzw. ab wann dem Steuerpflichtigen die Verlegung des Wohnsitzes zumutbar ist, kann nicht schematisch vom Ablauf eines bestimmten Zeitraumes abhängig gemacht werden. Vielmehr sind die Verhältnisse des Einzelfalles zu berücksichtigen (VwGH 3.3.1992, 88/14/0081 in ÖStZB 1992, 755 mwH). Dem entsprechend geht die Verwaltungspraxis bei allein stehenden Arbeitnehmern "im Allgemeinen" nach einem Zeitraum von 6 Monaten von der Zumutbarkeit der Wohnsitzverlegung aus (vgl. LStRL 2002 Rz 346). Nach dem vorstehend zitierten Erkenntnis VwGH 3.3.1992, 88/14/0081 kann die Wohnsitzverlegung aber auch für die Dauer von 4 bis 5 Jahren unzumutbar sein, wenn die Tätigkeit am anderen Ort einem Berufsabschluss dient und die Absicht besteht, den Beruf anschließend am bisherigen Wohnsitz auszuüben (strittig war die Abzugsfähigkeit von Aufwendungen für doppelte Haushaltsführung und Heimfahrten eines ledigen Berufsanwärters).
Das Dienstverhältnis mit dem Krankenhaus in Linz begann am 20. Jänner 2003. Es wurde zu Ausbildungszwecken eingegangen. Bereits zu Beginn des Dienstverhältnisses war absehbar, dass es noch im Jahr 2003 enden werde. Dies ergibt sich aus dem vorgelegten "Ärztedienstvertrag", der auszugsweise lautet:
"Das Beschäftigungsverhältnis ist befristet und umfasst nur jene Zeiträume der ärztlichen Ausbildung, die nach den Einrichtungen unseres Konventhospitals absolviert werden können, längstens bis zum Vorliegen der Voraussetzungen zur Erlangung des Jus practicandi als Arzt für Allgemeinmedizin bzw. bei Turnusärzten in Ausbildung zum Facharzt bis zum Vorliegen der Voraussetzungen für die Facharztanerkennung. ... Das Beschäftigungsverhältnis ist befristet auf die Dauer der Absolvierung der in der ärztlichen Ausbildungsordnung vorgeschriebenen Ausbildungszeiten in folgenden Teilgebieten: Innere Medizin."
Unter diesen Voraussetzungen war sowohl die tägliche Heimfahrt (die einfache Strecke vom Beschäftigungsort Linz zum Wohnsitz in Tirol gibt der Berufungswerber mit 176 km an) als auch eine Verlegung des Wohnsitzes unzumutbar. Dies nicht nur - wie im angefochtenen Bescheid bereits ausgeführt - während der ersten sechs Monate, sondern für die gesamte Dauer des Dienstverhältnisses (von Jänner bis September 2003).
Mit dem angefochtenen Bescheid wurden auch Maut- und Parkgebühren im Betrag von 30 € nicht zum Abzug zugelassen, weil diese Aufwendungen bereits im Wege des Kilometergeldes berücksichtigt seien. Diese Änderung blieb unbestritten. Gegenüber den erklärten Werten war daher folgende Änderung vorzunehmen:
Einkünfte aus selbständiger Arbeit lt. Erklärung | 12.869,44 |
zzgl. anteilige Maut/Parkgebühren (18,98% von 30 €) | 5,69 |
Einkünfte aus selbständiger Arbeit lt. BE | 12.875,13 |
Werbungskosten: | |
"Fahrtspesen" lt. Erklärung | 938,69 |
abzgl. anteilige Maut/Parkgebühren (81,02% von 30 €) | -24,31 |
"Fahrtspesen" lt. Berufungsentscheidung | 914,38 |
Die "Werbungskosten, die der Arbeitgeber nicht berücksichtigen konnte" errechnen sich dadurch mit 7.786,13 € (bisher: 7.810,44 €).
Es war daher wie im Spruch ausgeführt zu entscheiden.
Anlage: 1 Berechnungsblatt
Innsbruck, am 13. Jänner 2006
Zusatzinformationen | |
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Materie: | Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen: | § 16 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Schlagworte: | Doppelte Haushaltsführung, Heimfahrten |