UFS RV/0263-G/05

UFSRV/0263-G/0519.10.2005

Be- und Entlüftungsanlage in einem Gasthausgebäude und Investitionszuwachsprämie

 

Entscheidungstext

Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Bw., vertreten durch Köstenbauer Wirtschaftstreuhand KEG, 8230 Hartberg, Stefan-Seedoch-Allee 14, vom 10. Dezember 2004 gegen den Bescheid des Finanzamtes Oststeiermark vom 8. November 2004 betreffend Investitionszuwachsprämie gemäß § 108e EStG 1988 für das Jahr 2003 nach der am 6. Oktober 2005 in 8018 Graz, Conrad von Hötzendorf-Straße 14-18, durchgeführten Berufungsverhandlung entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Entscheidungsgründe

Strittig ist, ob für eine Be- und Entlüftungsanlage in einem Gasthaus (Herstellungskosten der Anlage: 35.890,00 €) eine Investitionszuwachsprämie gemäß § 108e EStG 1988 zusteht.

Laut Niederschrift über die Nachschau gemäß § 144 BAO vom 3. November 2004 handelt es sich im vorliegenden Fall um eine Anlage zur Be- und Entlüftung des Gastzimmers, des Saales und des Fernsehraumes.

Im angefochtenen Bescheid vom 8. November 2004 vertrat das Finanzamt die Auffassung, dass es sich bei dieser Anlage um einen - nicht prämienbegünstigten - Gebäudebestandteil handle.

Dagegen brachte der Berufungswerber (Bw.) in der Berufung vom 10. Dezember 2004 bzw. Berufungsergänzung vom 31. Jänner 2005 vor, dass im vorliegenden Fall die Bezirkshauptmannschaft X als zuständige Gewerbehörde die Errichtung einer Be- und Entlüftungsanlage für das Gastzimmer, den Saal und den Fernsehraum vorgeschrieben habe. Nur die Erfüllung einer derartigen Auflage ermögliche überhaupt die Erlangung einer positiven gewerberechtlichen Genehmigung. Es komme dieser Einrichtung also die Aufgabe der Verwirklichung des spezifischen Zweckes eines Gasthaus- und Pensionsbetriebes zu und handle sich daher hiebei nicht um eine Gebäudeausstattung, wie sie vielfach auch in Geschäfts-, Büro- und Wohngebäuden moderner Bauart anzutreffen sei. Die Erfüllung dieser gewerberechtlichen Auflage zeige, dass die berufungsgegenständliche Anlage typischerweise einem ganz bestimmten Betrieb diene und eigengesetzlichen Zwecken (eben jenen des Gasthaus- und Pensionsbetriebes) unterworfen sei. Dies zeige sich vor allem aber auch darin, dass die Belüftungsanlage auf die betriebsspezifischen Zwecke eines Gasthaus- und Pensionsbetriebes abgestimmt worden sei und dem von der Gewerbehörde geforderten Zu- und Abluftvolumenstrom für diesen Betriebszweck entspreche. Die Belüftungsanlage gehöre zur (fortgeführten) Betriebsanlage "Gasthaus- und Pensionsbetrieb", weil sie die spezifische Einrichtung für einen Gasthaus- und Pensionsbetrieb darstelle. Der VwGH verstehe in seiner jüngsten Rechtsprechung (VwGH 31.8.2000, 97/16/0225) unter sonstigen Vorrichtungen, die zu einer Betriebsanlage gehören, ganz generell alle jene Vorrichtungen, die von Menschenhand geschaffen wurden und, ohne Gebäude zu sein, dem Betrieb eines Gewerbes dienen. Er nehme daher auch normales Zugehör eines normalen Hotelbetriebes von der GrESt aus. Zusammenfassend werde festgehalten, dass die Erfüllung aller gewerberechtlichen Auflagen die Voraussetzung für den Betrieb eines Gasthaus- und Pensionsbetriebes bilde. Diese gewerberechtlichen Auflagen würden typischerweise für ganz bestimmte Betriebe, eben im gegenständlichen Fall für einen Gasthaus- und Pensionsbetrieb, vorgeschrieben, sodass die berufungsgegenständliche Belüftungsanlage sehr wohl der Verwirklichung des spezifischen Betriebszweckes diene und daher als Betriebsvorrichtung einzustufen sei.

In der (abweisenden) Berufungsvorentscheidung vom 16. März 2005 ging das Finanzamt davon aus, dass die Beurteilung, ob eine Investition ein Gebäude oder einen Bestandteil eines Gebäudes darstelle, ausschließlich nach den für das Einkommensteuerrecht maßgebenden Kriterien zu erfolgen habe. Auf die bewertungsrechtliche Sicht komme es dabei nicht an. Für die Beurteilung, ob ein mit dem Gebäude verbundenes Wirtschaftsgut selbständig bewertbar oder als unselbständiger Teil des Gebäudes anzusehen ist, sei auf die Judikatur abzustellen. Der VwGH hätte aber in zahlreichen Erkenntnissen dargelegt, dass ua. Gas- und Wasserleitungen, Elektroinstallationen, sanitäre Anlagen wie Klosettanlagen, Waschtische, Badewannen, Duschen, weiters Aufzugsanlagen, aber auch Zentralheizungsanlagen als Gebäudeteile und nicht als selbständig bewertbare und abschreibbare Wirtschaftsgüter anzusehen seien. Konsequenterweise müsste daher aber auch die berufungsgegenständliche Anlage als - nicht prämienbegünstigter - Gebäudebestandteil angesehen werden. Darüber hinaus könne im Ausbau einer die Betriebsräumlichkeiten klimatisierenden Be- und Entlüftungsanlage (schon einmal abgesehen von der eher zu verneinenden leichten Trennbarkeit vom Gebäude) keine wirtschaftlich sinnvolle Maßnahme gesehen werden, sei doch eine derartige Anlage auf die speziellen Bedürfnisse und auch die Dimension dieser Räumlichkeiten abgestellt, wie auch aus dem Bescheid der Bezirkshauptmannschaft X vom 18. Mai 2004 hervorgehe. Wenn der Bw. behaupte, die Be- und Entlüftungsanlage sei auf Grund einer Auflage der Bezirkshauptmannschaft X eingebaut worden, so sei dies dem vorgelegten Bescheid aber nicht zu entnehmen. Die diesbezüglichen wesentlichen Passagen befänden sich nämlich unter der Rubrik "Betriebsbeschreibung". Darüber hinaus wäre aber auch im Falle einer Auflagenerfüllung die berufungsgegenständliche Anlage mit Wärmerückgewinnung und Frischluftvorwärmung nicht zwingend als selbständig bewertbares Wirtschaftsgut anzusehen, andernfalls dies zB auch für den Einbau von Toiletteanlagen etc. zu gelten hätte. Da es entscheidend darauf ankomme, ob die Be- und Entlüftungsanlage leicht und wirtschaftlich sinnvoll von der Hauptsubstanz getrennt werden könne, sei - wie oben ausgeführt - die berufungsgegenständliche Be- und Entlüfungsanlage und Klimaanlage als Gebäudebestandteil anzusehen.

Dagegen brachte der Bw. den Vorlageantrag vom 18. April 2005 ein.

In einer Stellungnahme des Finanzamtes vom 1. August 2005 wurde klarstellend festgehalten, dass die berufungsgegenständliche Anlage aus dem im Obergeschoß (Dachraum) aufgestellten Lüftungszentralgerät (Foto 1) und den beiden in die einzelnen Räume führenden Be- und Entlüftungskanälen (Fotos 2-3) bestehe. Weiters würden zwei weitere Lüftungskanäle für Zu- und Abluft (Foto 4) vom Zentralgerät ins Freie führen. Überdies bestehe auch eine Verbindung zur Heizungsanlage (Foto 4a), weil die Lüftungsanlage mit einer Wärmerückgewinnung und einer Frischluftvorwärmung (Pumpen-Warmwasser-Nachheizregister bzw. Wärmetauscher) ausgestattet sei. Insgesamt würden mit der berufungsgegenständlichen Anlage nur drei Räume, nämlich das Gastzimmer (Fotos 5-8), der Fernsehraum (Foto 9) und der Saal (Fotos 10-11) versorgt, wobei in den Räumlichkeiten die Lüftungskanäle jeweils in die Decke integriert seien. Die Verbindung mit dem Gebäude sei zumindest in diesem Bereich derart eng, dass ein Verbringen der Anlage an einen anderen Ort ohne wesentliche Beeinträchtigung der Substanz unmöglich erscheine. Für das Finanzamt sei nicht erkennbar, dass die Gewerbebehörde die Errichtung einer Belüftungsanlage vorgeschrieben hätte (laut Bw. hätte die Behörde nur unter dieser Auflage eine gewerberechtliche Genehmigung erteilt). Bei den drei mit Belüftung ausgestatteten Räumen handle es sich nicht um einen Neubau. Sie seien vielmehr nur Teil eines vom Bw. seit Jahren bereits betriebenen Gasthauses, wofür es schon bisher eine Betriebsbewilligung gegeben habe (der gegenständliche Gastgewerbebetrieb sei bereits mit Bescheiden der Bezirkshauptmannschaft X vom 8. März 1985 und 17. März 1994 gewerbebehördlich genehmigt worden). Mit den im Jahr 2004 im Gebäudeinneren durchgeführten Baumaßnahmen sei im Gastzimmer eine Trennwand zwischen Schankraum und Küche abgetragen und durch eine neue Zwischenmauer ersetzt worden. Der weitaus größere Teil der Umbauarbeiten hänge jedoch mit der Errichtung der Belüftungsanlage selbst zusammen. Allein die Mauerdurchbrüche und die Gestaltung der Deckenkonstruktionen in den einzelnen Räumen zur Aufnahme der Lüftungsschächte würden einen massiven Bauaufwand verursachen. Insoweit dürfe es sich auch um nach der Gewerbeordnung bewilligungspflichtige Baumaßnahmen handeln. Nach Ansicht des Finanzamtes sei die berufungsgegenständliche Belüftungseinrichtung - ebenso wie zB eine Heizungsanlage - auf den jeweiligen Betrieb abgestimmt, was die Leistung der Anlage betreffe. So gesehen diene sie einem bestimmten Betrieb. Daraus abzuleiten, die Anlage sei auf die betriebsspezifische Nutzung in einem Gasthaus- und Pensionsbetrieb abgestimmt, scheine jedoch verfehlt. Derartige Anlagen könnten unabhängig von der Betriebsart je nach Anforderung in den verschiedensten Gebäuden eingebaut werden.

In einer an den unabhängigen Finanzsenat gerichteten ergänzenden Mitteilung vom 8. August 2005 wies das Finanzamt darauf hin, dass es BFH-Judikatur gäbe, wonach auch Klimaanlagen als Gebäudebestandteile anzusehen seien (BFH BStBl 1971, 455; 1974, 132). Eine "Spezialheizung", wie zB eine Lacktrocknungsanlage, liege im gegenständlichen Fall jedenfalls nicht vor, vielmehr handle es sich hier um eine "normale", wenn auch betrieblich verwendete, Klimaanlage.

Im Zuge der mündlichen Berufungsverhandlung vom 6. Oktober 2005 brachte der steuerliche Vertreter des Bw. vor, dass sich im Bescheid der Bezirkshauptmannschaft X vom 18. Mai 2004 deshalb keine die berufungsgegenständliche Anlage betreffenden Auflagen befänden, weil diese Anlage in der Einreichung des Bw. ohnedies bereits in der vorgeschriebenen Form vorgesehen gewesen sei.

Der Vertreter des Finanzamtes stellte dagegen fest, dass die berufungsgegenständliche Anlage jedenfalls als Gebäudebestandteil anzusehen sei, denn sie sei relativ fix mit dem Gebäude verbunden ("relativ" in dem Sinne, wie zB auch eine Zentralheizungsanlage mit einem Gebäude verbunden sei), das Zentralgerät stehe am Dach, die versorgten Räume befänden sich darunter, und es seien deshalb auch Mauerdurchbrüche erforderlich gewesen. Die Anlage sei offenbar speziell auf die Räumlichkeiten des Bw. hin dimensioniert, weshalb sie nach Meinung des Finanzamtes auch nicht wirtschaftlich sinnvoll verwertbar (Ausbau, Verkauf) sei. Ob die Anlage auf Grund der Gesetzeslage oder auf Grund von Auflagen seitens der Bezirkshauptmannschaft X vorgeschrieben gewesen sei, sage nach Meinung des Finanzamtes nichts darüber aus, ob es sich hier um einen Gebäudebestandteil handle oder nicht.

Der steuerliche Vertreter wies darauf hin, dass nach herrschender Rechtsauffassung auch Kabelkanäle, welche an der Wand befestigt seien und auch durch die Wand gingen, als selbständig zu bewertende Wirtschaftsgüter angesehen würden. Im Falle einer Veräußerung des Betriebes würde für die berufungsgegenständliche Anlage sehr wohl ein gesondertes Entgelt im Rahmen des Gesamtkaufpreises angesetzt werden. Auch wäre diese Anlage - auf Grund ihres relativ hohen Wertes - im Falle einer Betriebsaufgabe sehr wohl im gebrauchten Zustand zu verkaufen.

Der Vertreter des Finanzamtes stellte außer Streit, dass für den Fall einer Gasthausveräußerung die berufungsgegenständliche Anlage den Wert erhöhe, argumentierte jedoch dahingehend, dass der Ausbau, die Versetzung bzw. der Wiedereinbau dieser Anlage im laufenden Gasthausbetrieb wirtschaftlich jedenfalls sinnlos wäre.

Im Zuge der mündlichen Berufungsverhandlung legte der steuerliche Vertreter außerdem noch eine schriftliche Stellungnahme des Bw. vom 5. Oktober 2005 vor. Darin wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass im vorliegenden Fall die Lüftungskanäle (Zu- und Abluft) von der Decke frei (mit Stahldrähten) abgehängt und mit Gipskartonplatten (vergleichbar einer Holzdecke oder Wandvertäfelung) verkleidet seien. Die gesamte Lüftungsanlage könne daher ohne Verletzung ihrer Substanz an einen anderen Ort versetzt werden. Im Falle der Veräußerung würde dafür auch ein besonderes Entgelt angesetzt werden. Laut Judikatur (VwGH 3.11.1967, 931/67; 5.6.1961, 85/61, betreffend Betonsilo; 13.9.1978, 2520/77, betreffend Kegelbahn) könne die Unbeweglichkeit eines Fundamentes nicht dazu führen, dass ein nach der Verkehrsauffassung bewegliches Wirtschaftsgut als unbeweglich bzw. als unselbständiger Teil des Gebäudes anzusehen sei. Trotz der Verbindung mit einem Gebäude könne zB auch eine Großrechenanlage oder auch eine Autowaschanlage - selbst bei hohen Verlegungs- bzw. Transportkosten - nach der Verkehrsauffassung nicht als unbewegliches Wirtschaftsgut bzw. Gebäudeteil betrachtet werden. Hier handle es sich nach der Verkehrsauffassung vielmehr um bewegliche "Maschinen". Somit sei also auch die berufungsgegenständliche Be- und Entlüftungsanlage nicht als unselbständiger Gebäudeteil anzusehen, sondern als ein mit dem Gebäude verbundenes selbständig bewertbares Wirtschaftsgut, vergleichbar mit Einbaumöbeln, Holzdecken und Wandvertäfelungen, die der Raumeinrichtung dienen (VwGH 1.3.1983, 82/14/0156), Kegelbahnen, Autowaschanlagen, Großrechenanlagen und maschinellen Anlagen in einem Betonsilo. Die berufungsgegenständliche Anlage sei aber außerdem auch in Erfüllung gesetzlicher Verpflichtungen (ArbeitnehmerInnenschutzgesetze) und Verpflichtungen durch Verordnung (Arbeitsstättenverordnung) ergangen und gehöre daher zur "fortgeführten" Betriebsanlage "Gasthaus- und Pensionsbetrieb", weil sie die betriebsspezifische Einrichtung für einen Gasthaus- und Pensionsbetrieb darstelle. Die berufungsgegenständliche Be- und Entlüftungsanlage stelle somit ein selbständig bewertbares Wirtschaftsgut ("Betriebsvorrichtung") einzustufen, weshalb die Anspruchsvoraussetzungen für die Investitionszuwachsprämie im vorliegenden Fall erfüllt seien.

Über die Berufung wurde erwogen:

Gemäß § 108e Abs. 1 EStG 1988 kann für den Investitionszuwachs bei prämienbegünstigten Wirtschaftsgütern eine Investitionszuwachsprämie von 10% geltend gemacht werden. Voraussetzung ist, dass die Aufwendungen für die Anschaffung oder Herstellung im Wege der Absetzung für Abnutzung (§§ 7 und 8) abgesetzt werden.

Gemäß § 108e Abs. 2 EStG 1988 sind prämienbegünstigte Wirtschaftsgüter ungebrauchte körperliche Wirtschaftsgüter des abnutzbaren Anlagevermögens.

Gemäß § 108e Abs. 2 EStG 1988 zählen nicht zu den prämienbegünstigten Wirtschaftsgütern ua. Gebäude.

Zur Beantwortung der Frage, ob etwas Gebäude, Teil eines Gebäudes oder selbständiges (selbständig bewertbares) Wirtschaftsgut ist, hat die Rechtsprechung eine Reihe von Abgrenzungskriterien entwickelt (vgl. Zorn in: Hofstätter/Reichel, Die Einkommensteuer (EStG 1988) - Kommentar, § 108e Tz 4, und die dort zitierte Judikatur und Literatur).

Als Gebäude gilt demnach ein Bauwerk, das durch räumliche Umfriedung Menschen und Sachen Schutz gegen äußere Einflüsse gewährt, den Eintritt von Menschen gestattet, mit dem Boden fest verbunden und von einiger Beständigkeit ist (VwGH 21.12.1956, 1391/94). Die Beurteilung, ob ein Gebäude vorliegt bzw. ob eine Investition ein Gebäude oder einen Bestandteil desselben betrifft oder aber ein nicht als Gebäude anzusehendes Wirtschaftsgut, hat ausschließlich nach dem Maßstab der Verkehrsanschauung zu erfolgen, wobei es auf die bewertungsrechtliche Sicht in diesem Zusammenhang also nicht ankommt. Ist ein Wirtschaftsgut mit einem Gebäude derart verbunden, dass es nicht ohne Verletzung seiner Substanz an einen anderen Ort versetzt werden kann, ist es grundsätzlich als Teil des Gebäudes und als unbeweglich anzusehen; damit teilt es steuerrechtlich das Schicksal der Gesamtanlage. Ist eine Anlage auf Grund ihrer Bauart (wegen ihrer bloß geringen, jederzeit leicht aufhebbaren Verbindung mit dem Gebäude) nach der Verkehrsauffassung als selbständiges Wirtschaftsgut anzusehen, ist sie in der Regel als beweglich, somit nicht als Gebäude zu behandeln (VwGH 13.4.1962, 1639/60; VwGH 11.6.1965, 316/65). Bewegliche Wirtschaftsgüter im o.a. Sinne sind daher jedenfalls keine Gebäude (VwGH 23.10.1990, 89/14/0118). Bei unbeweglichen Wirtschaftsgütern im o.a. Sinne ist weiter zu untersuchen, ob - nach der Verkehrsauffassung - Gebäudecharakter vorliegt.

Allerdings spielt nach herrschender Rechtsauffassung bei typischen Gebäuden bzw. Gebäudeteilen die rein technische "Beweglichkeit" und Versetzbarkeit an einen anderen Ort nur eine untergeordnete Rolle. Selbst wenn eine Verlegung ohne Wertminderung und ohne erhebliche Kosten möglich wäre, ist daher zB eine eingebaute Etagenheizung nach der Verkehrsauffassung ein typischer Teil des Gebäudes und deshalb als unbeweglich und nicht selbständig bewertbar anzusehen (VwGH 11.6.1965, 316/65; Grabner, ÖStZ 1983, 143ff).

In diesem Sinne wurde weiters zB auch schon entschieden, dass

zum Gebäude gehören.

Der unabhängige Finanzsenat ist unter Bedachtnahme auf die o.a. herrschende Rechtsauffassung zur Ansicht gelangt, dass auch die berufungsgegenständliche Be- und Entlüftungsanlage als Teil des Gebäudes und daher als nicht prämienbegünstigtes Wirtschaftsgut im Sinne des § 108e EStG 1988 anzusehen ist, und zwar auf Grund folgender Überlegungen:

Zunächst einmal spricht schon die Verkehrsanschauung eindeutig für die Richtigkeit dieser Ansicht. Nach der Verkehrsanschauung werden nämlich Be- und Entlüftungsanlagen wie im vorliegenden Fall (siehe Fotos 1-11) eindeutig als typische Gebäudeteile betrachtet. Der Sonderfall einer - nicht unter den einkommensteuerlichen Gebäudebegriff fallenden - "Betriebsanlage", "Betriebsvorrichtung" oder "Maschine" liegt hier ja offenbar nicht vor, dient doch die berufungsgegenständliche Anlage als Ganzes gesehen (eine isolierte Betrachtung einzelner Anlagenteile ist hier nicht anzustellen) keineswegs unmittelbar dem im Gebäude ausgeübten Betriebszweck ("Gasthaus- und Pensionsbetrieb") - der Betrieb des Bw. wird nicht mittels der Be- und Entlüftungsanlage betrieben -, sondern bloß der Nutzung des Gebäudes bzw. dazu, den Aufenthalt von Menschen im Gebäude angenehmer zu gestalten (BFH BStBl 1974, 135). Außerdem werden Be- und Entlüftungsanlagen in Gebäuden aller Art eingebaut, um den Aufenthalt von Menschen dort angenehmer bzw. überhaupt erst möglich zu machen. Sie ersetzen letztlich lediglich eine natürliche Belüftung der Räumlichkeiten, sind also - entgegen der Auffassung der Bw. - keineswegs "gaststättenspezifisch".

Die seitens des Bw. in diesem Zusammenhang angestellten bewertungsrechtlichen bzw. grunderwerbsteuerlichen Überlegungen spielen hier - wie oben bereits erwähnt - keine Rolle.

Für die Beurteilung der berufungsgegenständlichen Anlage als Gebäudeteil spricht aber auch deren laut o.a. Anlagenbeschreibung des Finanzamtes tatsächlich offenbar sehr wohl sehr enge Verbindung mit dem Gebäude (Integrierung der zT verbauten, zT freiliegenden Anlagenteile in das Gebäude; Verrohrungen durch das Mauerwerk; Vollverkleidung der Lüftungsrohre in den zu be- und entlüftenden Räumlichkeiten; spezielle Anlagendimensionierung im Hinblick auf die konkret zu be- und entlüftenden Räumlichkeiten). Der Vertreter des Finanzamtes hat in der mündlichen Berufungsverhandlung vom 6. Oktober 2005 auch zutreffend darauf hingewiesen, dass der Grad dieser Verbindung dem im Falle einer Zentralheizungsanlage durchaus entspricht. Es widerspricht daher jeder Erfahrung anzunehmen, dass eine derartige Be- und Entlüftungsanlage als Ganzes gesehen (eine isolierte Betrachtung einzelner Anlagenteile ist auch in diesem Zusammenhang nicht anzustellen) ohne Verletzung der Substanz an einen anderen Ort gebracht werden könnte. Klarzustellen ist in diesem Zusammenhang auch, dass sich die laut Bw. "frei (mit Stahldrähten) abgehängten" Lüftungsrohre tatsächlich unter (!) der Decke befinden (siehe Fotos 5-11).

Sollte allerdings bezüglich der berufungsgegenständlichen Anlage ein Aus- und an einem anderen Ort ein Wiedereinbau erfolgen, so könnte eine solche Maßnahme nach Lage der Dinge (Integrierung der zT verbauten, zT freiliegenden Anlagenteile in das Gebäude; Verrohrungen durch das Mauerwerk; Vollverkleidung der Lüftungsrohre in den zu be- und entlüftenden Räumlichkeiten; spezielle Anlagendimensionierung im Hinblick auf die konkret zu be- und entlüftenden Räumlichkeiten) aber nicht mehr als bloße Verlegung der bisher bestehenden, sondern nur als Errichtung einer neuen Anlage unter Verwendung von Teilen der alten Anlage verstanden werden (VwGH 20.5.1970, 248/69).

Eine Vergleichbarkeit mit den vom Bw. erwähnten Betonsilos, automatischen Kegelbahnen, Großrechenanlagen, Autowaschanlagen und bloßen Kabelkanälen erscheint im vorliegenden Fall nicht gegeben, handelt es sich doch bei der berufungsgegenständlichen Be- und Entlüftungsanlage nach der Verkehrsanschauung - im Gegensatz zu den vorerwähnten Wirtschaftsgütern - offenbar um einen typischen Gebäudebestandteil.

Im Übrigen wäre aber selbst im hypothetischen Fall der bloß geringen, jederzeit leicht aufhebbaren Verbindung der berufungsgegenständlichen Anlage mit dem Gebäude der Berufung noch kein Erfolg beschieden, denn bei typischen Gebäudeteilen wie im vorliegenden Fall spielt die Frage der rein technischen "Beweglichkeit" und Versetzbarkeit an einen anderen Ort ohnedies nur eine untergeordnete Rolle (nochmals: VwGH 11.6.1965, 316/65; Grabner, ÖStZ 1983, 143ff).

Weiters widerspricht es - nach dem oben zur Verbindung der Anlage mit dem Gebäude und zur speziellen Dimensionierung der Anlage im Hinblick auf die konkret zu be- und entlüftenden Räumlichkeiten Gesagten - auch jeder wirtschaftlichen Erfahrung anzunehmen, dass eine derartige Be- und Entlüftungsanlage ohne erhebliche Werteinbuße an einen anderen Ort gebracht werden könnte. Nicht unerwähnt bleiben soll in diesem Zusammenhang außerdem die vom Finanzamt zutreffend aufgezeigte, seitens des Bw. letztlich unwiderlegt gebliebene offenbare wirtschaftliche Sinnlosigkeit derartiger Ausbau- bzw. Versetzungsmaßnahmen infolge fehlender wirtschaftlich sinnvoller Verwertungsmöglichkeiten in Bezug auf gebrauchte Be- und Entlüftungsanlagen wie im vorliegenden Fall.

Dazu kommt auch noch, dass die o.a. Rechtsprechung, wonach zB auch Gas- und Wasserleitungen, Elektroinstallationen, sanitäre Anlagen wie Klosettanlagen, Waschtische, Badewannen, Duschen, weiters Aufzugsanlagen, aber auch Zentralheizungsanlagen und Etagenheizungen, Be- und Entlüftungsanlagen als Gebäudeteile anzusehen sind, die Richtigkeit der Ansicht des unabhängigen Finanzsenates bestätigt. Es wäre auch überhaupt nicht einzusehen, wieso die berufungsgegenständliche Be- und Entlüftungsanlage einkommensteuerlich anders beurteilt werden sollte als zB eine (typische) Zentralheizungs- oder Etagenheizungsanlage. Laut Stellungnahme des Finanzamtes vom 1. August 2005 besteht im vorliegenden Fall außerdem sogar auch noch eine technische Verbindung der berufungsgegenständlichen Anlage mit der Heizungsanlage (Wärmerückgewinnung, Frischluftvorwärmung).

Dem Hinweis des Bw. auf die seitens der Bezirkshauptmannschaft X (angeblich) erteilten "gewerberechtlichen Auflagen" ist zu entgegnen, dass aus den vorgelegten Unterlagen solche Auflagen keineswegs ersichtlich sind (vgl. die diesbezüglichen Ausführungen in der Berufungsvorentscheidung vom 16. März 2005 Seite 3, wonach sich die im Bescheid der Bezirkshauptmannschaft X vom 18. Mai 2004 enthaltenen die berufungsgegenständliche Anlage betreffenden wesentlichen Passagen lediglich unter dem Punkt "Betriebsbeschreibung" befinden, und die Stellungnahme des Finanzamtes vom 1. August 2005, wonach es eine gewerbebehördliche Genehmigung für den Betrieb des Bw. ja auch schon bisher gegeben hat). In der mündlichen Berufungsverhandlung vom 6. Oktober 2005 hat der steuerliche Vertreter des Bw. das Fehlen dieser Auflagen dann aber auch ausdrücklich eingeräumt.

Aber selbst wenn im vorliegenden Fall diesbezügliche gewerbehördliche Auflagen existiert hätten, so könnte diesen - entsprechend den o.a. maßgeblichen Abgrenzungskriterien - dennoch keine Relevanz für die Beantwortung der hier allein entscheidenden Frage, ob die berufungsgegenständliche Be- und Entlüftungsanlage als (typischer) Gebäudebestandteil anzusehen ist oder nicht, beigemessen werden - andernfalls man ja wohl auch zB gewerbehördlich vorgeschriebenen Sanitäranlagen Betriebsanlagencharakter beimessen müsste (vgl. Berufungsvorentscheidung vom 16. März 2005 Seite 3). Es ist nach dem oben Gesagten leicht einzusehen, dass dieses Ergebnis nicht richtig wäre.

Das zu den gewerbebehördlichen Auflagen oben Gesagte gilt sinngemäß natürlich auch für die vom Bw. weiters behaupteten diversen gesetzlichen Verpflichtungen bzw. Verpflichtungen durch Verordnung ("ArbeitnehmerInnenschutzgesetze", "Arbeitsstättenverordnung", Gewerberecht).

Der Vergleich des Bw. mit Einbaumöbeln, Holzdecken und Wandvertäfelungen erscheint aus dem Grund nicht zielführend, weil es sich dabei - im Gegensatz zur berufungsgegenständlichen Be- und Entlüftungsanlage - ja um Gegenstände der Raumeinrichtung handelt (VwGH 1.3.1983, 82/14/0156).

Ausgehend von den o.a. eindeutigen Ergebnissen kann schließlich auch der vom Bw. aufgeworfenen hypothetischen Frage, ob für eine derartige Be- und Entlüftungsanlage im Rahmen eines Kaufpreises ein besonderes Entgelt anzusetzen wäre, keine Relevanz mehr beigemessen werden. Nach den wirtschaftlichen Erfahrungen würde im Fall einer Veräußerung des Gebäudes diese Anlage aber lediglich einen höheren Gesamtkaufpreis für das Gebäude ergeben, nicht jedoch die Ansetzung eines besonderen Entgeltes hiefür.

Somit teilt die berufungsgegenständliche Anlage als Gebäudeteil steuerrechtlich das Schicksal des Gebäudes (VwGH 11.6.1965, 316/65).

Es war daher wie im Spruch ersichtlich zu entscheiden.

Graz, am 19. Oktober 2005

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht

betroffene Normen:

§ 108e Abs. 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988

Schlagworte:

Investitionszuwachsprämie, Belüftungsanlage, Entlüftungsanlage, Gebäude, Gebäudeteil, Gebäudebestandteil, Gasthaus, Gasthausbetrieb, Pensionsbetrieb

Verweise:

Zorn in: Hofstätter/Reichel, Die Einkommensteuer (EStG 1988) - Kommentar, § 108e Tz 4

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