UFS RV/0246-L/05

UFSRV/0246-L/0526.7.2005

Betriebsübertragung; Unmittelbarkeit des Grundstückserwerbes

 

Entscheidungstext

Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Bw., vertreten durch Wildmoser/Koch & Partner Rechtsanwälte GmbH, 4020 Linz, Schillerstraße 1, vom 28. März 2005 gegen den Bescheid des Finanzamtes Freistadt Rohrbach Urfahr, vertreten durch HR Gottfried Buchroithner, vom 18. Februar 2005 betreffend Grunderwerbsteuer entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Entscheidungsgründe

Am 27. Jänner 2003 wurde dem Finanzamt die Erklärung der (Teil-) Betriebsübertragung (§ 5a iVm. § 4 Neugründungs-Förderungsgesetz) vorgelegt. Weiters wurde ein Kaufvertrag vom 16. Jänner 2003, abgeschlossen zwischen Herrn Wilhelm O. und der Fa. SH. GmbH vorgelegt. Daraus geht hervor, dass Herr Wilhelm O. an die Fa. SH. GmbH dessen Liegenschaften Einlagezahl 355 und 635, beide Grundbuch U. zu einem Kaufpreis in Höhe von 499.990,98 € inklusive Umsatzsteuer veräußert. Dem Finanzamt wurde auch der Kaufvertrag vom 16. Jänner 2003, abgeschlossen zwischen der Firma ST.GmbH, Herrn Wilhelm O. als Verkäufer einerseits und der Fa. SH. GmbH als Käuferin andererseits vorgelegt. Gegenstand des Kaufvertrages waren die in Listen bezeichnete Betriebs- und Geschäftsausstattung, Maschinen, Fahrzeuge, Vorräte und Halbfertigwaren sowie der Firmenwert. Der Gesamtkaufpreis hat 601.004,33 € betragen. Weiters hat Herr Wilhelm O. der Fa. SH. GmbH die in einer Liste bezeichneten Maschinen zu einem Kaufpreis von 19.621,67 € verkauft.

Über das Vermögen der Fa. SH. GmbH wurde mit Beschluss des Landesgerichtes Linz vom 10. Februar 2005, AZ. 12 S 13/05g das Konkursverfahren eröffnet.

Mit dem angefochtenen Bescheid setzte das Finanzamt die Grunderwerbsteuer mit 17.499,68 € fest und forderte vom Berufungswerber den noch offenen Betrag von 2.625,00 € nach. In der Begründung wurde auf das Insolvenzverfahren bei der Erwerberin der Liegenschaften hingewiesen.

In der dagegen eingebrachten Berufung vom 18. März 2005 wurde nach Schilderung des Sachverhaltes vorgebracht, dass der Unternehmenskaufvertrag und die Veräußerung der Liegenschaften zwar in zwei Urkunden erfolgt seien, jedoch die Erwerbsvorgänge inhaltlich als eine Einheit zu betrachten wären. Da es sich um betriebsnotwendige Liegenschaften handle, stehe der Grundstückserwerb in unmittelbarem Zusammenhang mit der Betriebsübergabe, weswegen die Begünstigung des § 5a NeuFöG anzuwenden sei.

Der Berufungswerber wurde mit Schreiben vom 29. Juni 2005 ersucht, glaubhaft zu machen, dass die Liegenschaften EZ 355, Grundbuch U. und EZ 635 Grundbuch U. unmittelbar vor der Veräußerung durch Herrn Wilhelm O. an die Fa. SH. GmbH mit Kaufvertrag vom 16. Jänner 2003 Teil des Betriebsvermögens der Fa. ST.GmbH (FN 80835 a) waren. Dazu wurde um Vorlage des Jahresabschlusses der ST.GmbH zu jenem Bilanzstichtag ersucht, der unmittelbar vor der Betriebsübertragung gelegen ist.

Dem Ersuchen ist der Bw. mit Stellungnahme vom 5. Juli 2005 nachgekommen. Darin wurde ausgeführt, dass sich die Liegenschaften EZ 355 und EZ 635 Grundbuch U. weder zivilrechtlich im Eigentum noch im Betriebsvermögen der ST.GmbH befunden hätten. Die Liegenschaften und Betriebsgebäude seien gegen Miete von Herrn O. zur Verfügung gestellt worden. Die betriebliche Tätigkeit wäre ohne die Liegenschaften nicht möglich gewesen. Der entsprechende Aufwand sei in der Gewinn- und Verlustrechnung der Gesellschaft ausgewiesen gewesen.

Über die Berufung wurde erwogen:

§ 5a des Neugründungs-Förderungsgesetzes idF der hier anzuwendenden BGBl. I 2002/68 und BGBl I 2002/132 lautet:

"(1) Eine Betriebsübertragung liegt vor, wenn 1. bloß ein Wechsel in der Person des die Betriebsführung beherrschenden Betriebsinhabers in Bezug auf einen bereits vorhandenen Betrieb (Teilbetrieb) durch eine entgeltliche oder unentgeltliche Übertragung des Betriebes (Teilbetrieb) erfolgt (§ 2 Z 4) und 2. die die Betriebsführung innerhalb von zwei Jahren nach der Übertragung beherrschende Person (Betriebsinhaber) sich bisher nicht in vergleichbarer Art beherrschend betrieblich betätigt hat. (2) Für Betriebsübertragungen gilt Folgendes: 1. Die Bestimmungen des § 1 Z 1, 3 und 5 sowie der §§ 3, 4 und 7 sind sinngemäß anzuwenden. 2. Die Grunderwerbsteuer von steuerbaren Vorgängen, die mit einer Betriebsübertragung im Sinne des Abs. 1 in unmittelbarem Zusammenhang stehen, wird nicht erhoben, soweit der für die Steuerberechnung maßgebende Wert 75 000 Euro nicht übersteigt. 3. Der Eintritt der Wirkungen der Z 2 sowie des § 1 Z 1, 3 und 5 entfällt nachträglich (rückwirkend), wenn die Betriebsinhabervoraussetzung im Sinne des § 5a Abs. 1 Z 2 nicht erfüllt wird oder der Betriebsinhaber innerhalb von fünf Jahren nach der Übergabe den übernommenen Betrieb oder wesentliche Grundlagen davon entgeltlich oder unentgeltlich überträgt, betriebsfremden Zwecken zuführt oder wenn der Betrieb aufgegeben wird. Der Betriebsinhaber ist verpflichtet, diesen Umstand allen vom Wegfall der Wirkungen betroffenen Behörden unverzüglich mitzuteilen."

Aus den parlamentarischen Materialien zum Konjunkturbelebungsgesetz 2002 (977 d.B. XXI GP) geht hervor:

"Zu Art. 3 (Änderung des Neugründungs-Förderungsgesetzes):

Der Begriff der Betriebsübertragung ist weit gefasst und umschließt sowohl die entgeltliche sowie unentgeltliche Übertragung von Einzelunternehmen als auch von Anteilen an Personengesellschaften und Kapitalgesellschaften. Voraussetzung ist jeweils, dass die die Betriebsführung beherrschende Person wechselt. Eine weitere Voraussetzung besteht darin, dass es sich bei Übernehmer des Betriebes um einen "Jungunternehmer" handeln muss, der bisher nicht vergleichbar (also betriebsbeherrschend innerhalb der Branche) tätig gewesen sein darf. Die entsprechenden Auslegungen lassen sich aus der zum bisher bestehenden Gesetz erlassenen Verordnung (BGBl. II Nr. 278/1999) sowie Erlassaussagen gewinnen.

Für den Bereich der Betriebsübertragung lediglich die verkehrssteuerlichen Begünstigungen übernommen, wie sie schon bisher (und auch weiterhin) für Neugründungen gegolten haben (gelten werden). Die für Neugründungen - bisher und weiterhin - vorgesehenen Befreiungen von Lohnnebenkosten und Kammerumlagen sollen für Betriebsübertragungen nicht gelten. Bei den verkehrssteuerlichen Begünstigungen kommt es auf dem Gebiet der Grunderwerbsteuer zu einer teilweisen Ausweitung. Grunderwerbsteuerpflichtige Vorgänge (entgeltliche Betriebsübertragungen, gemischte Schenkungen, Anteilsvereinigungen, Einbringungen) werden von der Grunderwerbsteuer befreit, wenn der anzusetzende Wert des Grundstücks (Gegenleistung, einfacher oder mehrfacher Einheitswert) den Betrag von 75 000 Euro nicht übersteigt. Voraussetzung ist allerdings, dass der Vorgang unmittelbar mit der Betriebsübertragung im Zusammenhang stehen muss. Der Zuerwerb eines Grundstücks lediglich aus Anlass der Betriebsübertragung fällt damit nicht unter die Befreiung."

Die Begünstigungsbestimmung des § 5a Abs. 2 Z 2 NeuFöG gilt nur, wenn die Grunderwerbsteuer von steuerbaren Vorgängen unmittelbar mit einer Betriebsübergabe in Zusammenhang steht. Zum so genannten Unmittelbarkeitserfordernis gibt es (laut Arnold, SWK 2003/23-24, S 599) eine große Zahl von Verwaltungsgerichtshoferkenntnissen zu einschlägig textierten (anderen) Befreiungsbestimmungen. So hätte der VwGH z. B. in seinem Erk. 14. 10. 1971, Slg. 4289 F, zum § 35 Abs. 1 WFG 1968 zum Ausdruck gebracht, "unmittelbar veranlasst" durch das WFG 1968 seien "solche Handlungen, für die das Gesetz das letzte, den Rechtsvorgang unmittelbar auslösende Glied in der ablaufenden Kausalkette bildet"; als unmittelbar veranlasst könnten "nicht solche Rechtsvorgänge angesehen werden, für die das [Wohnbauförderungs]Gesetz [1968] nur den tieferen Beweggrund oder die weiter zurückliegende Ursache" bilde. Diese enge Auslegung des Unmittelbarkeitserfordernisses hat zur Folge, dass die Befreiungsbestimmung des § 5a Abs. 2 Z 2 NeuFöG nur dann greift, wenn die Betriebsübertragung iSd. § 5a Abs. 1 NeuFöG auch zumindest teilweise einen steuerbaren Vorgang iSd. Grunderwerbsteuergesetzes darstellt. Dies setzt jedoch voraus, dass die übertragenen Grundstücke im Betriebsvermögen des übertragenen Betriebes bereits vorhanden gewesen sein müssen (vgl. Urnik, SWK 2003/2, S 64; Arnold, SWK 2003/23-24, S 599). Die Ermittlungen des Unabhängigen Finanzsenates haben aber ergeben, dass die Liegenschaften, für deren Erwerb der Fa. SH. GmbH die Grunderwerbsteuer vorgeschrieben wurde, nicht im Betriebsvermögen der Fa. ST.GmbH gewesen sind, sondern von Herrn O. zuerst an die ST.GmbH vermietet und dann an die SH. GmbH veräußert wurden. Somit fehlt die vom Gesetz geforderte Unmittelbarkeit. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass Herr O. zu 99 % an der Fa. ST.GmbH beteiligt war, handelt es sich trotzdem um zwei verschiedene Rechtspersönlichkeiten. Auch die Frage der Notwendigkeit der Grundstücke für den Betrieb der SH. GmbH ist kein Kriterium für die Anwendbarkeit der Begünstigungsbestimmung. Die Fa. ST.GmbH war bloße Bestandnehmerin der Liegenschaften des Herrn O. und war somit auch nicht wirtschaftliche Eigentümerin der Liegenschaften. Die Liegenschaften waren nicht dem Betrieb zuzurechnen, zumal bloße Nutzungsrechte an Wirtschaftsgütern noch keine Zugehörigkeit zum Betriebsvermögen begründen (vgl. Stoll, BAO-Kommentar, 293). Lediglich wenn dem Nutzungsberechtigten eine besondere, bloßen (gewöhnlichen, üblichen) Nutzungsverhältnissen gegenüber atypische eigentümerähnliche Stellung zukommt, ist der Nutzungsberechtigte als wirtschaftlicher Eigentümer anzusehen (vgl. Stoll, aaO). Eine derartige besondere Stellung der Fa. ST.GmbH als Nutzungsberechtigte der Liegenschaften wurde im gegenständlichen Verfahren nicht behauptet, sodass nicht von einem wirtschaftlichen Eigentum der Fa. ST.GmbH an den Liegenschaften ausgegangen werden kann. Der Umstand, dass die Liegenschaften nicht Teil des Betriebsvermögens der Fa. ST.GmbH waren, spricht auch gegen die Annahme wirtschaftlichen Eigentums. Demnach konnte die Fa. ST.GmbH als bloße Bestandnehmerin der Liegenschaften des Herrn O. auch kein wirtschaftliches Eigentum an die Fa. SH. GmbH übertragen. Damit stand die Veräußerung der Liegenschaften durch Herrn O. an die SH. GmbH zwar mittelbar, nicht jedoch unmittelbar mit der Betriebsübertragung in Zusammenhang. Diese mittelbar mit der Betriebsübertragung in Zusammenhang stehenden grunderwerbsteuerbaren Vorgänge sind jedoch nicht von der Begünstigungsbestimmung des § 5a Abs. 2 Z 2 NeuFöG umfasst, sodass der angefochtene Bescheid zu Recht den Freibetrag von 75.000 € nicht berücksichtigt hat.

Linz, am 26. Juli 2005

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht

betroffene Normen:

§ 5a Abs. 2 Z 2 NeuFöG, Neugründungs-Förderungsgesetz, BGBl. I Nr. 106/1999

Schlagworte:

Unmittelbarkeit, Grundstück, Grunderwerbsteuer, Betriebsübertragung

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