UFS RV/0289-I/04

UFSRV/0289-I/0411.3.2005

Investitionszuwachsprämie, Rechtzeitigkeit der Vorlage des Verzeichnisses

 

Entscheidungstext

Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Berufungswerberin, vertreten durch Steuerberatungskanzlei, vom 2. April 2004 gegen den Bescheid des Finanzamtes B, vertreten durch Finanzanwalt, vom 10. März 2004 betreffend Investitionszuwachsprämie gemäß § 108e EStG 1988 für das Jahr 2002 entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen. Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Rechtsbelehrung

Gegen diese Entscheidung ist gemäß § 291 der Bundesabgabenordnung (BAO) ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig. Es steht Ihnen jedoch das Recht zu, innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung dieser Entscheidung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder den Verfassungsgerichtshof zu erheben. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt oder einem Wirtschaftsprüfer unterschrieben sein.

Gemäß § 292 BAO steht der Amtspartei (§ 276 Abs. 7 BAO) das Recht zu, gegen diese Entscheidung innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung (Kenntnisnahme) Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben.

Entscheidungsgründe

Bei der Berufungswerberin handelt es sich um eine X-Gesellschaft, welche in A eine Druckerei betreibt. In Folge der mit Eingabe vom 28. Mai 2003 eingereichten Erklärung der Einkünfte von Personengesellschaften (Gemeinschaften) für das Jahr 2002 erließ das Finanzamt mit Ausfertigungsdatum 16. Juni 2003 einen Bescheid über die gemäß § 188 BAO festgestellten Einkünfte aus Gewerbebetrieb für das Jahr 2002.

Anlässlich einer im Schreiben vom 6. November 2003 von der Berufungswerberin begehrten Bilanzberichtigung für das Jahr 2002 reichte die Gesellschaft neben einer ua. berichtigten Erklärung der Einkünfte von Personengesellschaften (Gemeinschaften) für das Jahr 2002 erstmals die Erklärung zur Geltendmachung einer Investitionszuwachsprämie gemäß § 108 e EStG nach (sämtliche beim Finanzamt eingelangt am 7. November 2003), in welcher eine Investitionszuwachsprämie in Höhe von 2.225,24 € beantragt wurde. Die im Kalenderjahr 2002 erzielten Einkünfte aus Gewerbebetrieb wurden in Folge gemäß § 188 BAO - nach Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 303 Abs. 4 BAO - bescheidmäßig festgestellt (Ausfertigungsdatum 15. Dezember 2003). Nach einer zwischenzeitlich erfolgten Aufhebung des Abweisungsbescheides betreffend dem Antrag auf Geltendmachung einer Investitionszuwachsprämie 2002 setzte das Finanzamt mit Bescheid über die Festsetzung der Investitionsprämie 2002 die Investitionsprämie gemäß § 201 Abs. 1 BAO mit 0,00 € fest (Ausfertigungsdatum 10. März 2004). In der Begründung führte die Abgabenbehörde aus, die Geltendmachung der Investitionszuwachsprämie sei lediglich bis zur Zustellung der Erstbescheide über die einheitliche und gesonderte Gewinnfeststellung 2002 möglich. Der betreffende Bescheid sei am 19. Juni 2003 zugestellt worden, der Antrag auf Geltendmachung hingegen erst mit Abgabe der berichtigten Erklärungen, sohin erst am 4. November 2003, und somit verspätet gestellt worden. Die Investitionszuwachsprämie sei daher abweichend von der Geltendmachung gemäß § 201 Abs. 1 BAO bescheidmäßig mit 0,00 € festzusetzen gewesen.

Die gegen obigen Bescheid über die Festsetzung der Investitionszuwachsprämie 2002 fristgerecht erhobene Berufung vom 2. April 2004 begründete die Berufungswerberin damit, das Finanzamt habe in Folge der am 4. November 2003 eingereichten Bilanz samt geänderten Steuererklärungen das Verfahren gemäß § 303 Abs. 4 BAO wieder aufgenommen. In Anwendung des § 307 Abs. 3 BAO trete damit das Verfahren wieder in die Lage zurück, in der es sich vor seiner Wiederaufnahme befunden habe. Der Antrag auf Geltendmachung der Investitionszuwachsprämie sei somit am 4. November 2003 mittels vorgelegten Verzeichnis E 108e rechtzeitig eingebracht.

In der Begründung zur abweisenden Berufungsvorentscheidung vom 13. April 2004 gab die Abgabenbehörde an, der Antrag auf Geltendmachung einer Investitionszuwachsprämie 2002 sei mit Abgabe der berichtigten Erklärung, jedoch erst am 4. November 2003, und somit verspätet gestellt worden. Der Hinweis im Berufungsverfahren auf § 307 Abs. 3 BAO habe für die Berufungserledigung keine Bedeutung, da hier ein anderer Sachverhalt vorliegen würde.

Mit Schreiben vom 16. April 2004 beantragte die Berufungswerberin die Vorlage der Berufung an die Abgabenbehörde zweiter Instanz und führte ua. zusammengefasst ergänzend aus, das Verzeichnis (laut Formular E 108 e) gelte gemäß § 108 e Abs. 4 letzter Satz EStG als eigene Abgabenerklärung. Bei der Entscheidung über die Investitionszuwachsprämie handle es sich sohin um ein vom Veranlagungsverfahren abgekoppeltes eigenes Verfahren und muss daher nicht im Veranlagungsverfahren des betreffenden Jahres berücksichtigt werden. Das Gesetz sähe zwar eine Abgabe der Abgabenerklärung betreffend die Investitionszuwachsprämie mit der Jahreserklärung vor, enthalte jedoch keine Rechtsfolge bei keiner gleichzeitigen Abgabe. Eine verspätet abgegebene Abgabenerklärung sei zwar mit der Sanktion des Verspätungszuschlages gemäß § 135 BAO bedroht, eine Veranlagung habe trotzdem innerhalb des Bemessungszeitraumes zu erfolgen. Das Finanzamt habe daher auch über eine verspätet eingereichte Abgabenerklärung betreffend die Investitionszuwachsprämie sachlich zu entscheiden, zumal eine solche innerhalb der Bemessungsverjährung (fünf Jahre) noch geltend gemacht werden könne. Aus verfahrenstechnischen Gründen solle zwar gleichzeitig (bzw. binnen einer Frist von einem Monat) mit Einreichung der Abgabenerklärung ein Antrag auf Festsetzung gemäß § 201 Abs. 3 Z 1 BAO gestellt werden, ein Zurückweisungsbescheid wegen nicht fristgerechter Einreichung der Abgabenerklärung E 108e könne jedoch ansonsten nicht erlassen werden. Die Rechtsfolge laut RZ. 8229 EStR sei weder aus dem EStG noch aus der BAO herauszulesen und daher auch durch das Gesetz nicht gedeckt. Diese Rechtsauslegung sei eine exzessive (überschießende) Rechtsauslegung und somit gegen das dem Gleichheitssatz innewohnende Verhältnismäßigkeitsgebot verstoßend und verfassungswidrig. Eine solche Rechtsauslegung verletzte den Pflichtigen in seinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz (VfGH 12.12.2003, B 916/02).

Mit Schreiben vom 10. August 2004 zog die Berufungswerberin ihren Antrag auf Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung zurück.

Über die Berufung wurde erwogen:

Im vorliegenden Fall ist strittig, bis zu welchem Zeitpunkt die Investitionszuwachsprämie beantragt und das entsprechende Verzeichnis mit Rechtsanspruch auf Gutschrift eingereicht werden kann. Gemäß § 108 e Abs. 4 EStG in der Fassung BGBl I 2002/155 ist ein Verzeichnis der Investitionszuwachsprämie der Steuerklärung des betreffenden Jahres anzuschließen (§§ 42, 43 EStG). Das Verzeichnis hat die Ermittlung der Bemessungsgrundlage und die daraus ermittelte Investitionszuwachsprämie zu enthalten. Das Verzeichnis gilt als Abgabenerklärung.

Die zitierte Regelung wird von der Lehre - abgesehen von der unten näher behandelten Ansicht von Giesinger - einheitlich wie folgt ausgelegt. Hofstätter / Reichel (Die Einkommensteuer, Kommentar, Tz 7 zu § 108 e, 6, April 2004) halten zu dieser Frage fest: "Die Geltendmachung hat somit gleichzeitig mit der Einreichung der Steuererklärung beim Finanzamt zu erfolgen". Auch Doralt im Einkommensteuergesetz, Kommentar7, Tz 15 zu § 108 e, 6, 2002, kommentiert in diesem Sinne: "Dieses (Anmerkung des Referenten: Verzeichnis) ist der Steuererklärung des betreffenden Jahres anzuschließen." Und auch Thunshirn - Untiedt (SWK 3/2004, S 069) sind der (in SWK 6/2004, S 263, ergänzten) Überzeugung: "Die Investitionszuwachsprämie muss spätestens gemeinsam mit der Abgabe der Steuererklärung mit dem Formular (E 108e) unter Anschluss der Berechnungsgrundlagen beantragt werden."

Anderer Ansicht hingegen ist Giesinger in der SWK 10/2004, S 389, der - in Übereinstimmung mit der Ansicht der Berufungswerberin - die Auffassung vertritt, dass eine verspätete Abgabe des Verzeichnisses lediglich die Folge des § 135 BAO nach sich ziehe. Die Prämie könne aber jederzeit innerhalb der Bemessungsverjährung (binnen fünf Jahren) geltend gemacht werden, da eine andere Auslegung dieser Bestimmung im Gesetz keine Deckung finden würde.

Unter Abwägung obiger Rechtsmeinungen vertritt der Referent die Auffassung, dass sich aus der gesetzlichen Bestimmung eindeutig und klar ergibt, dass die Investitionszuwachsprämie spätestens gemeinsam mit der Abgabe der Steuererklärung mit dem Formular (E 108e) unter Anschluss der Berechnungsgrundlagen beantragt werden muss. Der Gesetzgeber koppelte nämlich offensichtlich das Verfahren betreffend Geltendmachung der Prämie, die nach dem Gesetzeswortlaut lediglich zu Lasten der veranlagten Einkommensteuer zu berücksichtigen ist, damit aber selbst weder Einkommensteuer noch eine Sonderform derselben darstellt, vom Veranlagungsverfahren und damit auch vom Einkommensteuerbescheid klar ab (vgl. § 108 e Abs. 5 erster Satz EStG 1988; Ritz, Bundesabgabenordnung, Handbuch, Seite 113), worauf auch die Berufungswerberin in ihrem Vorlageantrag vom 16. April 2004 zutreffend hingewiesen hat. Mit der zitierten Bestimmung befristete der Gesetzgeber allerdings auch explizit die Einreichung des Verzeichnisses des "betreffenden" Jahres mit dem Zeitpunkt der Einreichung der Steuererklärung. Nach Überzeugung des Referenten weist das Wort "betreffend" umkehrbar eindeutig auf die (erste) Steuererklärung des Jahres, in dem die Anschaffung (Investition) zu aktivieren war. Denn im Zeitpunkt der Einreichung dieser Erklärung kannte der Steuerpflichtige ja spätestens das Ausmaß seiner Investitionen.

Die Ausführungen der Berufungswerberin im Vorlageantrag vom 16. April 2004 sowie von Giesinger in der SWK 10/2004, S 389, können der Berufung hingegen zu keinem Erfolg verhelfen. Zutreffend ist zwar die Ansicht, dass das Verzeichnis als eigene Abgabenerklärung gilt. Dies hat aber unter anderem nur zur Folge, dass der Antragsteller gemäß § 133 Abs. 2 BAO die Erklärung unter Verwendung des amtlichen Vordrucks einreichen muss. Richtig ist ferner, dass nach der Antragstellung ein gesondertes Verfahren durchzuführen ist. Allerdings handelt es sich dabei nicht um ein allgemeines Veranlagungsverfahren, sondern entsprechend der lex spezialis (§ 108 e Abs. 4 und 5 BAO) um ein antrags- bzw. verzeichnisgebundenes, fristabhängiges Verfahren nach § 201 BAO. Die Berufungswerberin sowie Giesinger übersehen anders als die oben dargelegte herrschende Rechtsmeinung die in § 108 e Abs. 4 1. Satz BAO enthaltene eindeutige Befristung. Entgegen der Auffassung der Berufungswerberin hat damit eine verspätet eingereichte Abgabenerklärung betreffend die Investitionszuwachsprämie nach Ablauf der gesetzlich verankerten Befristung keine Zuerkennung der Investitionszuwachsprämie, sohin eine Festsetzung dieser mit 0,00 €, zur Rechtsfolge.

Zum Einwand der Berufungswerberin in ihrer Berufung vom 2. April 2004, das Verzeichnis E 108e sei in Folge der Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich der Feststellung der Einkünfte gemäß § 188 BAO für das Jahr 2002 auf Grund der Bestimmung des § 307 Abs. 3 BAO fristgerecht eingebracht worden, ist lediglich auf deren eigenen zutreffenden Ausführungen im Vorlageantrag vom 16. April 2004 zu verweisen. Die Berufungswerberin führt hierin selbst aus, dass das strittige Abgabenverfahren betreffend Investitionszuwachsprämie vom Veranlagungsverfahren betreffend Feststellung der Einkünfte gemäß § 188 BAO abgekoppelt und sohin losgelöst hiervon als eigenes Verfahren zu betrachten ist. Der Verfahrensgang hinsichtlich der Feststellung der Einkünfte gemäß § 188 BAO kann sohin keinerlei Einfluss auf das Verfahren betreffend Zuerkennung der Investitionszuwachsprämie nehmen, sodass die gegenständliche Wiederaufnahme gemäß § 303 BAO für das strittige Verfahren ohne Belang ist.

Im Hinblick auf den im Vorlageantrag vorgebrachten Einwand der Berufungswerberin, die obige Auslegung des Gesetzes sei exzessiv und verstoße somit gegen das dem Gleichheitsgrundsatz innewohnende Verhältnismäßigkeitsgebot, wird bemerkt, dass es dem Referenten nicht zusteht, die Verfassungsmäßigkeit einer gesetzlichen Bestimmung zu beurteilen. Der Referent ist an die bestehenden und ordnungsgemäß kundgemachten Gesetze gebunden.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Innsbruck, am 11. März 2005

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht

betroffene Normen:

§ 108e Abs. 4 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 201 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961

Schlagworte:

Investitionszuwachsprämie, Wiederaufnahme des Verfahrens, § 303 BAO, Verzeichnis, Vorlage verspätet

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