UFS RV/3215-W/02

UFSRV/3215-W/025.5.2004

Für eine Grunderwerbsteuerbefreiung muss der überwiegende Anteil der Grundstücke der Flurbereinigung dienen

 

Entscheidungstext

 

Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Bw., vertreten durch Dr. Werner Schoderböck, gegen den Bescheid des Finanzamtes für Gebühren und Verkehrsteuern, Wien betreffend Grunderwerbsteuer entschieden:

 

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Rechtsbelehrung

Gegen diese Entscheidung ist gemäß § 291 der Bundesabgabenordnung (BAO) ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig. Es steht Ihnen jedoch das Recht zu, innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung dieser Entscheidung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder den Verfassungsgerichtshof zu erheben. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt oder einem Wirtschaftsprüfer unterschrieben sein.

Gemäß § 292 BAO steht der Amtspartei (§ 276 Abs. 7 BAO) das Recht zu, gegen diese Entscheidung innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung (Kenntnisnahme) Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben.

Entscheidungsgründe

Mit Kaufvertrag vom 11. Juni 2001 erwarb der Berufungswerber (Bw.) von Herrn J. H. die Liegenschaft EZ 19, KG B. mit den Grundstücken Nr. 326 landwirtschaftlich genutzt mit dem Ausmaß von 7143 m2 und Nr. 981 ebenfalls landwirtschaftlich genutzt im Ausmaß von 5715 m2 um einen Kaufpreis von insgesamt S 320.000,00.

Für diesen Erwerbsvorgang begehrte der Bw. die Befreiung von der Grunderwerbsteuer gemäß § 3 Abs. 1 Z. 4 GrEStG 1987.

Mit Bescheid vom 3. Dezember 2001 bestätigte die Niederösterreichische Agrarbezirksbehörde unter dem Akten Zeichen S 19126, dass der Kauf bezüglich des Grundstückes 981 gemäß § 42 des Flurverfassungs-Landesgesetzes 1975 (FLG) LGBl. 6650, zur Durchführung der Flurbereinigung erforderlich ist.

Auf Grund der Tatsache, dass das Grundstück Nr. 326 ein flächenmäßig größeres Ausmaß aufweist als das Grundstück 981 und der Erwerb des größeren Grundstückes keiner Flurbereinigungsmaßnahme dient, setzte das Finanzamt unter Hinweis, dass dem überwiegenden Anteil keine Befreiung nach § 3 Abs. 1 Z. 4 GrEStG 1987 zukommt, die Grunderwerbsteuer für den gesamten Rechtsvorgang mit dem angefochtenen Bescheid fest.

Im Berufungsverfahren wird beantragt, die Vorschreibung der Grunderwerbsteuer zur Gänze aufzuheben, da der Erwerb hinsichtlich des Grundstückes Nr. 981 landwirtschaftlich genutzt von der Grunderwerbsteuer befreit ist.

Über die Berufung wurde erwogen:

Gemäß § 3 Abs. 1 Z. 4 GrEStG ist der Erwerb eines Grundstückes im Wege eines Zusammenlegungsverfahrens im Sinne des I. Hauptstückes, I. Abschnitt, und im Wege eines Flurbereinigungsverfahrens im Sinne des II. Hauptstückes des Flurverfassungs-Grundsatzgesetzes 1951, BGBl. Nr. 103, in der jeweils geltenden Fassung von der Besteuerung ausgenommen.

Zu versteuern oder von der Steuer auszunehmen ist nach dem Gesetz ein bestimmter Erwerbsvorgang als solcher (§ 1, § 3 GrEStG), welcher seinerseits ein bestimmtes Grundstück (§ 2 GrEStG) betrifft. So kann Gegenstand eines Erwerbsvorganges ein einzelnes Grundstück oder auch eine Mehrheit von Grundstücken sein. Die Beurteilung, ob in diesen Fällen ein einheitlicher Erwerbsvorgang oder eine Mehrheit von Vorgängen anzunehmen ist, richtet sich nach § 2 Abs. 3 1. Satz GrEStG. Nach dieser Bestimmung werden mehrere Grundstücke als ein Grundstück behandelt, wenn sie zu einer wirtschaftlichen Einheit gehören und Gegenstand eines einheitlichen Rechtsvorganges sind. Was als wirtschaftliche Einheit zu gelten hat, bestimmen die Lagefinanzämter in einem auch für die Finanzämter für Gebühren und Verkehrsteuern bindenden Bewertungsverfahren. Maßgebend ist der Einheitswert zum letzten dem Erwerb vorangehenden Feststellungszeitpunkt.

Im Berufungsfall haben die Parteien in der Kaufvertragsurkunde vom 11. Juni 2001 die Vereinbarung getroffen, zwei Grundstücke zu veräußern bzw. zu erwerben. Diese Grundstücke gehörten unter dem Aktenzeichen 4-1-1019 des Finanzamtes Korneuburg zu einer wirtschaftlichen Einheit. Die vom zuständigen Lagefinanzamt getroffene Feststellung war somit auch für Zwecke der Grunderwerbsteuer bindend (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. Jänner 1990, 89/16/0062).

Laut Bescheid der Niederösterreichischen Agrarbezirksbehörde war jedoch nur der Erwerb des flächenmäßig kleineren Grundstückes Nr. 981 zur Durchführung der Flurbereinigung erforderlich, nicht aber das flächenmäßig größere Grundstück Nr. 326.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes darf ein sich auf mehrere Grundstücke beziehender Erwerbsvorgang, die zu einer wirtschaftlichen Einheit gehören, nicht in einen steuerbefreiten und einen steuerpflichtigen Teil zerlegt werden. Es ist lediglich zu prüfen, ob der Rechtsvorgang als Ganzes gesehen, den gesetzlichen Voraussetzungen einer Steuerbefreiung nach § 3 Abs. 1 Z. 4 GrEStG 1987 entspricht.

In seinem Erkenntnis vom 20. Februar 1992 90/16/0170 hat der Verwaltungsgerichtshof dazu ausgeführt:

"§ 1 Abs. 1 GrEStG unterwirft die dort genannten Rechtsvorgänge der Grunderwerbsteuer, ohne eine Teilung des Rechtsvorganges in einen steuerpflichtigen und einen steuerbefreiten Teil vorzunehmen. Die Grunderwerbsteuer ist eine Verkehrsteuer, die an einen bestimmten Verkehrsvorgang, im vorliegenden Fall an den Erwerb des Eigentums an einem Grundstück, anknüpft. Die Gestaltung dieses Rechtsvorganges ist den vertragsschließenden Parteien selbst überlassen. Daraus folgt, dass der von den vertragsschließenden Parteien einheitlich vereinbarte Rechtsvorgang nicht für Zwecke der Besteuerung aufgespalten werden kann. Es ist lediglich zu prüfen, ob der Rechtsvorgang, als Ganzes gesehen, den gesetzlichen Voraussetzungen für die Steuerbefreiung nach "§ 4 Grunderwerbsteuergesetz 1955" entspricht (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 29. September 1977, Zl. 1652/74, Slg. Nr. 5167/F). Daher hat der Verwaltungsgerichtshof in einem Beschwerdefall, in dem sich ein Rechtsvorgang auf mehrere Grundstücke bezog, die zu einer wirtschaftlichen Einheit gehörten, auch in dem Erkenntnis vom 23. Juni 1983, Zl. 3023/80, ÖStZB 13/1984, S. 243, dargetan, dass im Falle der Verwirklichung des begünstigten Zweckes nur auf einzelnen Flächenteilen IN EINHEITLICHER BEURTEILUNG DES GANZEN ERWERBSVORGANGES zu untersuchen ist, ob der begünstigte Zweck insgesamt, d.h. bezogen auf den gesamten Flächenerwerb, verwirklicht wurde oder nicht."

Obwohl im Flurbereinigungsverfahren die Teilung des Erwerbsvorganges in einen als Flurbereinigungsmaßnahme anerkannten und einen als solchen nicht anerkannten Teil zulässig ist (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 13. Juni 1989, 89/07/0019), konnte im Hinblick auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, die im Bereich der Grunderwerbsteuer keine Trennung eines einheitlich vereinbarten Rechtsvorganges vorsieht, dennoch nichts gewonnen werden, da der überwiegende Teil des Grunderwerbes keine Flurbereinigungsmaßnahme darstellt.

Eine Grunderwerbsteuerbefreiung gemäß § 3 Abs. 1 Z. 4 GrEStG konnte demnach nicht gewährt werden.

Die Berufung war somit als unbegründet abzuweisen.

Wien, 5. Mai 2004

 

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht

betroffene Normen:

§ 3 Abs. 1 Z 4 GrEStG 1987, Grunderwerbsteuergesetz 1987, BGBl. Nr. 309/1987

Schlagworte:

Flurbereinigungsmaßnahme, überwiegender Teil, wirtschaftliche Einheit, einheitlicher Erwerbsvorgang

Verweise:

VwGH 20.02.1992, 90/16/0170

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