UFS RV/0625-W/03

UFSRV/0625-W/0317.6.2004

1. Änderung gemäß § 295 Abs. 3 BAO eines Bescheides, welcher nicht mehr dem Rechtsbestand angehört ist unzulässig. 2. Entscheidung des VwGH rechtfertigt keine Wiederaufnahme wegen neu hervorgekommenen Tatsachen

 

Entscheidungstext

Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw., vertreten durch Stabila Wirtschaftstreuhand- und SteuerberatungsgesmbH., gegen die Bescheide des Finanzamtes Neunkirchen betreffend Wiederaufnahme des Verfahrens, Umsatzsteuer für das Jahr 1992 und Änderung des Umsatzsteuerbescheides vom 24. Juli 1996 gemäß § 295 Abs. 3 BAO entschieden:

Der Berufung betreffend Wiederaufnahme des Verfahrens wird Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird aufgehoben.

Weiters hat der unabhängige Finanzsenat beschlossen:

Die Berufung gegen den Bescheid gemäß § 295 Abs. 3 BAO und gegen den Umsatzsteuerbescheid 1992 wird als unzulässig zurückgewiesen.

 

Hinweis

Diese Berufungsentscheidung wirkt gegenüber allen Beteiligten, denen gemeinschaftliche Einkünfte zufließen (§§ 191 Abs. 3 lit. b BAO). Mit der Zustellung dieser Bescheidausfertigung an eine nach § 81 BAO vertretungsbefugte Person gilt die Zustellung an alle am Gegenstand der Feststellung Beteiligten als vollzogen (§ 101 Abs. 3 BAO).

Rechtsbelehrung

Gegen diese Entscheidung ist gemäß § 291 der Bundesabgabenordnung (BAO) ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig. Es steht Ihnen jedoch das Recht zu, innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung dieser Entscheidung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder den Verfassungsgerichtshof zu erheben. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt oder einem Wirtschaftsprüfer unterschrieben sein.

Gemäß § 292 BAO steht der Amtspartei (§ 276 Abs. 7 BAO) das Recht zu, gegen diese Entscheidung innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung (Kenntnisnahme) Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben.

Entscheidungsgründe

Die Ehegatten Kurt und Gertrude S. bilden eine Hausgemeinschaft (Bw.), welche Umsätze und Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielt. Des weiteren waren Kurt und Gertrude S. Komplementäre einer Kommanditgesellschaft, welche 1992 veräußert wurde.

Das zuständige Finanzamt schrieb nach einer Betriebsprüfung der Kurt und Gertrude S. KG u.a. für 1992 die Umsatzsteuer für eine Mietrechtsablöse iHv 8.860.000,00 S vor, die die Gesellschafter Kurt und Gertrude S. für die Aufgabe von Mietrechten erhielten, welche zum Sonderbetriebsvermögen bei der Kurt und Gertrude S. KG gehörten. Mit Berufungsentscheidung der Finanzlandesdirektion vom 21. Juni 1996, GZ. 16-95/3321/13, betreffend die Kommanditgesellschaft wurde diese Vorgangsweise bestätigt.

Die Veräußerung dieser - zivilrechtlich Kurt und Gertrude S. zuzurechnenden - Mietrechte hatten Kurt und Gertrude S. (die Bw.) aber bereits in der Umsatzsteuererklärung 1992 für die aus den beiden gebildeten Vermietungsgemeinschaft erfasst. Mit erklärungsgemäßem Umsatzsteuerbescheid für 1992 vom 11. Mai 1994 hatte das Finanzamt Neunkirchen die 8.860.000,00 S zum Steuersatz von 20% der Umsatzsteuer unterzogen, was einen Betrag von 1.772.000,00 S ergab.

Zur Rückgängigmachung der doppelten Umsatzbesteuerung der Mietrechtsablöse wurde auf Antrag der Vermietungsgemeinschaft daraufhin vom Finanzamt Neunkirchen mit Wiederaufnahmebescheid gemäß § 303 Abs. 1 lit c BAO vom 24. Juli 1996 und einem neuen Umsatzsteuersachbescheid die Umsatzsteuergutschrift für 1992 von 611.632,00 S um 1.772.000,00 S auf 2.383.632,00 S erhöht.

Die Kommanditgesellschaft erhob VwGH-Beschwerde gegen die o.a. Berufungsentscheidung vom 21. Juni 1996, die der VwGH mit Erk vom 25.9.2001, Zl 96/14/0109 großteils abwies und damit die ertragsteuerliche Zuordnung des Mietrechtes zum Sonderbetriebsvermögen bestätigte. Der Beschwerde hinsichtlich Umsatzsteuer 1992 gab der VwGH aber statt, weil umsatzsteuerlich Kurt und Gertrude S. die Leistung erbracht haben.

Das Finanzamt in Wien gab daraufhin mit Berufungsvorentscheidung vom 13. März 2002 der Berufung der Kurt und Gertrude S. KG gegen den Umsatzsteuerbescheid 1992 statt, wodurch dem Steuerkonto der Kommanditgesellschaft 128.776,26 € (=1.771.999,97 S) gutgeschrieben wurden.

Das Finanzamt Neunkirchen nahm mit Bescheid vom 27. März 2002 das Umsatzsteuerverfahren 1992 der Vermietungsgemeinschaft (der Bw.) gemäß § 303 Abs. 4 BAO wieder auf, mit einer standardisierten Begründung, wonach Tatsachen neu hervorgekommen seien. Zugleich wurde ein neuer Umsatzsteuersachbescheid für 1992 erlassen, der die Mietrechtsablöse versteuert und dem o.a. Umsatzsteuerbescheid vom 11. Mai 1994 entspricht, aber in Euro-Währung abgefasst ist.

In der Berufung der Vermietungsgemeinschaft gegen die Bescheide vom 27. März 2002 wird das Neuhervorkommen von Tatsachen bestritten und (Einhebungs-)Verjährung gemäß § 238 BAO eingewendet.

Nach einer Anweisung der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland erließ das Finanzamt folgende Bescheide:

Die Bw. brachten mit Schreiben vom 31. Jänner 2003 gegen

eine Berufung ein.

Die Bw. stellen zum "angefochtenen Bescheid" fest (womit offensichtlich alle drei Bescheide gemeint sind), dass dieser in zwei Ausfertigungen am 5. Dezember 2002 (Berechnungsblatt) und am 10. Dezember 2002 (mit schriftlicher Rechtsbegründung) zugestellt worden sei.

Die Berufung enthält eine Schilderung der Vorgeschichte unter besonderem Hinweis darauf , dass eine Zeit lang eine doppelte Umsatzsteuervorschreibung für die Mietrechtsablöse bestanden habe, wobei die Umsatzsteuerzahlung von der Vermietergemeinschaft geleistet worden sei. Der Kommanditgesellschaft sei hingegen die Zahlung gestundet worden. Es seien aber vom Finanzamt ein Säumniszuschlag und Stundungszinsen vorgeschrieben worden. Gegen diese Vorschreibung sei schließlich eine VwGH-Beschwerde eingebracht worden, da die Umsatzsteuer von der Vermietergemeinschaft bezahlt worden sei und eine weitere Umsatzsteuervorschreibung gegenüber der Kommanditgesellschaft nur unter Aufhebung der Vorschreibung an die Vermietergemeinschaft hätte erfolgen dürfen. Dieses Argument sei jedoch verworfen worden, da infolge der Verschiedenheit der beiden Steuerschuldner die beiden Verfahren miteinander nichts zu tun hätten.

Die angefochtene Entscheidung übersehe, dass es sich nicht um die Wiederaufnahme eines Verfahrens wegen der Kurt und Gertrude S. KG handelt, die nach Beendigung dieser Gesellschaft gegen die Mitbesitzer Kurt und Gertrude S. zu richten wäre. Nach der diesbezüglichen Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes sei eindeutig festgestellt, dass die Kommanditgesellschaft niemals die Schuldnerin der Umsatzsteuer aus dem gegenständlichen Geschäftsfall sein konnte. Die mittlerweilige Beendigung dieser Firma habe daher überhaupt nichts mit der nunmehrigen Bemessung der Umsatzsteuer gegen die Mitbesitzergemeinschaft Kurt und Gertrude S. zu tun.

Weiters werde nicht berücksichtigt, dass es zwei Verfahren gegen verschiedene Steuerschuldner gegeben habe, die während der Jahre 1994 bis 1996 auch nebeneinander geführt worden seien. Diesbezüglich sei aus der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom 28.5.2002 , Zl. 99/14/0314, zitiert: "Der Verwaltungsgerichtshof teilt auch die Ansicht der belangten Behörde, dass es sich bei der beim Finanzamt für den 4., 5. und 10. Bezirk in Wien steuerlich erfassten Beschwerdeführerin um eine andere Abgabenpflichtige als die beim Finanzamt Neunkirchen steuerlich erfasste Vermietungsgemeinschaft handelt. Dies ungeachtet des Umstandes, dass die diese Vermietungsgemeinschaft bindenden natürlichen Personen auch Gesellschafter der beschwerdeführenden KG sind".

Daraus ergebe sich zwingend, dass die Berufungserhebung im Umsatzsteuerverfahren der Kommanditgesellschaft auf das Verfahren gegen die Mitbesitzergemeinschaft keinen unmittelbaren Einfluss habe. Nach den im letzteren Verfahren gesetzten Verfahrensschritten, habe sowohl die Antragstellung auf Wiederaufnahme des Verfahrens als auch die Wiederaufnahmeentscheidung im Jahre 1996 stattgefunden, sodass diesbezüglich mit Ende des Jahres 2001 wiederum die Verjährung abgelaufen sei.

Weiters handle es sich auch bei der Wiederaufnahme vom 3. April 2002 gegen die Mitbesitzergemeinschaft Kurt und Gertrude S. um eine Wiederaufnahme gemäß § 303 Abs. 4 BAO. In diesem Verfahren sei rechtskräftig entschieden worden, dass dieser Wiederaufnahmegrund nicht vorliege. Mit den Fristen sei die seltsame Situation eingetreten, dass einerseits vor Rechtskraft der Berufungsvorentscheidung vom 2. Dezember 2002 ein Verfahren gleichen Inhalts eingeleitet wurde - dem steht die anhängige gleiche Rechtssache im Wege - und andererseits nach Rechtskraft (Ablauf der Rechtsmittelfrist gegen die Berufungsvorentscheidung) ein Verfahren anhängig sei, dem bereits eine andere rechtskräftige Einscheidung hinsichtlich des selben Gegenstandes entgegenstehe.

Es sei jedoch auch bei genauerer Überprüfung der übrigen zitierten Rechtsgrundlagen ersichtlich, dass die angefochtene Entscheidung rechtswidrig sei. Es müsste nämlich die Anwendbarkeit des § 295 Abs. 3 BAO gegeben sein, damit überhaupt gemäß § 209a BAO die Nichtanwendbarkeit der Verjährungsbestimmungen eintreten könne. § 295 Abs. 3 laute wie folgt: "Ein Bescheid ist auch ansonsten zu ändern oder aufzuheben, wenn der Spruch dieses Bescheides anders hätte lauten müssen oder dieser Bescheid nicht hätte ergehen dürfen, wäre bei seiner Erlassung ein anderer Bescheid bereits abgeändert, aufgehoben oder erlassen gewesen".

Prinzipiell sei laut Stoll, Kommentar zur BAO zu § 295, diese Bestimmung für Bescheide über das Verhältnis des Steuerpflichtigen zum Ausland, zwischen Freibetragsbescheiden und den dazugehörigen Lohnsteuerbescheid, auf das Verhältnis zwischen Einheitswertbescheiden und den darauf beruhenden abgeleiteten Bescheiden und schließlich zwischen Zurückweisungsbescheiden und den zugrunde liegenden aufgehobenen Sachbescheiden, gegen die ein Rechtsmittel gerichtet worden sei, gedacht.

Das in der Entscheidung zitierte Urteil des Verwaltungsgerichtshofes sei eine singuläre Entscheidung, die aus guten Gründen von Dr. Jürgen Reiner im Steuerrechtsteil der Zeitschrift "Recht der Wirtschaft" ablehnend besprochen worden sei.

Die Auslegung dieser Bestimmung müsse davon ausgehen, dass durch die Wahl der Worte "dürfen" und "müssen" zum Ausdruck gebracht werde, dass der Bescheid, der die Voraussetzung der Abänderung darstelle, eine unmittelbare Tatbestandswirkung für den abzuändernden Bescheid habe und dass durch gesetzliche Anordnung eine Berücksichtigung des Anlassbescheides im abzuändernden Verfahren geboten sei. Dies sei in allen oben zitierten Anwendungsfällen des § 295 Abs. 3 der Fall.

Wen die Umsatzsteuerpflicht bezüglich des gegenständlichen Geschäftes betreffe, sei eine Rechtsfrage, die jedes der beteiligten Finanzämter unabhängig für sich zu klären gehabt hatte. Dem Begriff nach könne die Umsatzsteuerpflicht nicht als Vorfrage von der Bemessung der Umsatzsteuer getrennt werden. Der Umsatzsteuerbescheid stelle sowohl die Verpflichtung zur Entrichtung als auch die Höhe der zu entrichtenden Umsatzsteuer fest. Es könne daher nicht ein Umsatzsteuerbescheid einen anderen Umsatzsteuerbescheid zur Vorfrage haben, hinsichtlich welcher die Entscheidung einer anderen Behörde abzuwarten wäre.

Dass die Umsatzsteuerpflicht der Kommanditgesellschaft letztlich verneint worden sei, sei noch kein zwingender Grund dafür, dass die Umsatzsteuerpflicht der Mitbesitzergemeinschaft gegeben sei, wie auch umgekehrt das Bestehen oder Nichtbestehen eines Umsatzsteuerbescheides gegen die Besitzergemeinschaft das Finanzamt für den 4., 5. und 10. Bezirk nicht daran gehindert habe, einen Umsatzsteuerbescheid gegen die Kommanditgesellschaft zu erlassen. Insofern ist wie im Verfahren, in dem das Vorliegen eines Wiederaufnahmegrundes verneint worden sei, durch die Aufhebung des Umsatzsteuerbescheides gegen die KG durch den Verwaltungsgerichtshof wiederum nur eine gegenüber dem Nullbescheid nach Wiederaufnahme gegen Kurt und Gertrude S. als Miteigentümergemeinschaft abweichende Rechtsmeinung zum Ausdruck gekommen und keine neue Tatsache eingetreten.

Ein enger Zusammenhang müsse auch nach dem Wortlaut des § 209a Abs. 2 BAO zwischen einem eingebrachten Rechtsmittel bzw. Antrag und der nach der Verjährung erfolgenden Abgabenfestsetzung bestehen. Die Bestimmung laute: "Hängt eine Abgabenfestsetzung unmittelbar oder mittelbar von der Erledigung einer Berufung oder eines in Abgabenvorschriften vorgesehenen Antrages (§ 85) ab, so steht der Abgabenfestsetzung der Eintritt der Verjährung nicht entgegen, wenn die Berufung oder der Antrag vor diesem Zeitpunkt oder wenn ein Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens rechtzeitig im Sinne des § 304 eingebracht wurde."

Der Sinn dieser Vorschrift bestehe darin, dass im Falle eines Rechtsmittels in der selben Abgabesache, das nicht vor Ablauf der Verjährungsfrist erledigt wird, die Verjährung nicht die Bestimmung der Abgabe selbst verhindere. Dabei sei die unmittelbare Abhängigkeit dann gegeben, wenn der Antrag bzw. das Rechtsmittel die Festsetzung der Abgabe selbst betreffe, die Mittelbarkeit ist dann anzunehmen, wenn der Antrag oder das Rechtsmittel einen Grundlagenbescheid (Feststellungsbescheid) betreffe, auf Grund dessen dann eine abgeleitete Abgabenfestsetzung erfolge. Davon, dass diese Bestimmung erweiternd dahingehend ausgelegt werde, dass bei Vorliegen eines "grundlagenbescheidähnlichen" Bescheides die Verjährungsbestimmungen nicht anzuwenden seien, sei in der Judikatur und auch in den Handbüchern zur BAO keine Rede.

Auch hier gehe es darum, dass prinzipiell in einem Verfahren, in welchem ein präjudizieller Bescheid abgewartet werden müsse, mit der Entscheidung zugewartet werden könne, bis der erste Bescheid rechtskräftig geworden sei. Auch hier gehe es um die Tatbestandswirkung, einer bindenden rechtlichen Festsetzung im Verfahren.

Dass diese im gegenständlichen Fall nicht eingetreten sei, ergebe sich schon daraus, dass die beiden Entscheidungen unabhängig voneinander durch zwei Finanzämter eingeleitet und betrieben worden seien. Mit anderen Worten sei die Entscheidung zwar davon abhängig, welche der beiden divergierenden Rechtsmeinungen tatsächlich richtig sei, nicht aber davon, ob für eine Entscheidung betreffend die Umsatzsteuerpflicht der Mitbesitzergemeinschaft ein Umsatzsteuerbescheid gegen die Kommanditgesellschaft vorliege oder nicht.

Abschließend beantragen die Berufungswerber daher die Aufhebung der angefochtenen Bescheide.

Über die Berufung wurde erwogen:

Nach der Aktenlage und den Angaben der Bw. steht folgender Sachverhalt fest:

Der Hausgemeinschaft Kurt und Gertrude S. wurde vom Finanzamt Neunkirchen Umsatzsteuer von 1,772.000,00 S für eine Mietrechtsablöse vorgeschrieben. Im Zuge einer Betriebsprüfung bei der Kurt und Gertrude S. KG durch ein Finanzamt in Wien erfolgte nochmals die Versteuerung dieser Mietrechtsablöse. Zur Rückgängigmachung der doppelten Besteuerung nahm das Finanzamt Neunkirchen am 24. Juli 1996 das Verfahren wieder auf und schrieb gleichzeitig mit einem neuen Umsatzsteuerbescheid den strittigen Steuerbetrag gut.

Auf Grund des Erkenntnisses des VwGH vom 25.9.2001, 96/14/0109, wurde in der Folge mit Berufungsvorentscheidung des Finanzamtes in Wien die Umsatzsteuervorschreibung hinsichtlich der Kurt und Gertrude S. KG wiederum um 1,772.000,00 S reduziert. Das Finanzamt Neunkirchen schrieb daraufhin nach Wiederaufnahme des Verfahrens der Vermietungsgemeinschaft Kurt und Gertrude S. den strittigen Umsatzsteuerbetrag (in Euro-Währung) vor.

Über eine Berufung der Hausgemeinschaft Kurt und Gertrude S. entschied das Finanzamt Neunkirchen mit folgenden Bescheiden vom 2. Dezember 2002:

Bescheid

Zustellung am

Berufungsvorentscheidung (Stattgabe) betreffend Wiederaufnahme des Umsatzsteuerverfahrens 1992

10. Dezember 2002

Zurückweisungsbescheid betreffend Umsatzsteuer 1992

10. Dezember 2002

Berufungsvorentscheidung (Stattgabe) betreffend den Umsatzsteuerbescheid 1992

5. Dezember 2002

 

Am 3. Dezember erließ das Finanzamt folgende Bescheide, welche mit gegenständlicher Berufung angefochten wurden:

Änderung des Umsatzsteuerbescheides 1992 vom 24. Juli 1996 gemäß § 295 Abs. 3 BAO

10. Dezember 2002

Wiederaufnahme der Umsatzsteuer 1992 gemäß § 303 Abs. 4 BAO und neuer Umsatzsteuerbescheid 1992

5. Dezember 2002

 

In rechtlicher Hinsicht ergibt sich folgendes:

Einleitend ist festzuhalten, dass es sich bei den angefochtenen Bescheiden entgegen der Ansicht der Bw. eindeutig um drei verschiedene Bescheide (mit unterschiedlichem Spruch) und nicht um mehrere Ausfertigungen eines Bescheides bzw. nicht um einen Bescheid mit gesonderter Begründung handelt. Für die Bedeutung einer Aussage im Spruch ist maßgebend, wie der Inhalt objektiv zu verstehen ist, und nicht, wie ihn die Behörde verstanden wissen wollte oder wie ihn der Empfänger verstand (VwGH 15.12.1992, 93/15/0243 und Ritz, BAO, § 92 Tz 6). Bei eindeutigem Spruch ist die Begründung auch nicht zur Ergänzung oder Abänderung des Spruches heranzuziehen (VwGH 23.1.1996, 95/05/0210 und Ritz, BAO § 92 Tz 7). Bei Zweifeln über den Bescheidcharakter ist die (im § 93 Abs. 2 BAO) geforderte Bezeichnung als "Bescheid" essentiell.

Der Bescheid gemäß § 295 Abs. 3 BAO betreffend die Änderung des Umsatzsteuerbescheides 1992 vom 24. Juli 1996 wurde am 10. Dezember zugestellt und damit gemäß § 97 Abs. 1 lit a BAO rechtlich existent. Zu diesem Zeitpunkt gehörte der Umsatzsteuerbescheid 1992 vom 24. Juli 1996 dem Rechtsbestand jedoch nicht mehr an. Dieser wurde nämlich durch den Umsatzsteuerbescheid 1992 vom 27. März 2002 außer Kraft gesetzt und dieser wiederum durch den Umsatzsteuerbescheid 1992 vom 2. Dezember 2002, zugestellt am 5. Dezember 2002.

Der Änderungsbescheid vom 3. Dezember 2002 geht daher ins Leere, weil er keine Wirkung entfalten kann.

Die Berufung gegen diesen Bescheid ist somit gemäß § 273 Abs. 1 lit a BAO als unzulässig zurückzuweisen.

 

Fest steht weiters, dass der Bescheid zur Wiederaufnahme der Umsatzsteuer 1992 vom 3. Dezember 2002 mit dem Tag der Zustellung, somit am 5. Dezember 2002, gemäß § 97 Abs. 1 lit a BAO wirksam wurde.

Mit Bescheid vom 3. Dezember 2002 wurde das Umsatzsteuerverfahren 1992 gemäß § 303 Abs. 4 BAO wegen Feststellungen einer abgabenbehördlichen Prüfung wieder aufgenommen. Da nach der Aktenlage keine abgabenbehördliche Prüfung bei der Hausgemeinschaft der Bw. stattgefunden hat und auch sonst keine neu hervorgekommenen Tatsachen ersichtlich sind, die eine Wiederaufnahme rechtfertigen würden, erfolgte die Wiederaufnahme nicht zu recht. Denn - wie schon in der Berufungsvorentscheidung vom 2. Dezember 2002 ausgeführt - die Entscheidung des VwGH vom 25.9.2001, 96/14/0109, ist keine neu hervorgekommene Tatsache im Sinne des § 303 Abs. 4 BAO. Der Berufung gegen den Wiederaufnahmebescheid vom 3. Dezember 2002 ist daher stattzugeben.

Durch die Aufhebung des Wiederaufnahmebescheides tritt nach § 307 Abs. 3 BAO das Verfahren in die Lage zurück, in der es sich vor seiner Wiederaufnahme befunden hat, und der neue Sachbescheid scheidet ex lege aus dem Rechtsbestand aus. (VwGH 24.1.1990, 86/13/0146), der alte Sachbescheid lebt wieder auf (Stoll, BAO, § 307, Tz 8).

Die Berufung gegen den Umsatzsteuerbescheid geht daher ins Leere und es hat eine Zurückweisung der Berufung gegen den Umsatzsteuerbescheid zu erfolgen.

Es war spruchgemäß zu entscheiden.

Wien, 17. Juni 2004

 

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht

betroffene Normen:

§ 295 Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 97 Abs. 1 lit. a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 273 Abs. 1 lit. a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 303 Abs. 4 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 307 Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961

Schlagworte:

Wirksamwerden eines Bescheides, Änderungsbescheid

Stichworte