UFS RV/4167-W/02

UFSRV/4167-W/0221.10.2003

Überwiegen bei der Flurbereinigung nach der Fläche

 

Entscheidungstext

Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Bw., vertreten durch Dr. Franz Eberhardt, gegen den Bescheid vom 4. Juli 2002 des Finanzamtes für Gebühren und Verkehrsteuern Wien betreffend Grunderwerbsteuer entschieden:

Der Berufung wird Folge gegeben und der angefochtene Bescheid aufgehoben.

Rechtsbelehrung

Gegen diese Entscheidung ist gemäß § 291 der Bundesabgabenordnung (BAO) ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig. Es steht Ihnen jedoch das Recht zu, innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung dieser Entscheidung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder den Verfassungsgerichtshof zu erheben. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt oder einem Wirtschaftsprüfer unterschrieben sein.

Gemäß § 292 BAO steht der Amtspartei (§ 276 Abs. 7 BAO) das Recht zu, gegen diese Entscheidung innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung (Kenntnisnahme) Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben.

Entscheidungsgründe

Mit Kaufvertrag vom 18. und 19. April 2002 hat der Bw. von Frau M. U. die Liegenschaft um den vereinbarten Kaufpreis von € 167.147,-- erworben. In diesem Vertrag wurde festgestellt, dass durch das Rechtsgeschäft hinsichtlich zweier Grundstücke für den Bw. eine landwirtschaftliche Flurbereinigung bewirkt wird. Aus diesem Grunde wird von den Vertragsparteien für den Teilkaufpreis von € 36.415,12 die Grunderwerbsteuerbefreiung nach § 3 Abs. 1 Z. 4 GrEStG geltend gemacht. Mit Bescheid der Landesregierung vom 28. Mai 2002 wurde bestätigt, dass der Erwerb der beiden Grundstücke unmittelbar zur Durchführung einer Flurbereinigung erforderlich ist.

Mit Bescheid vom 4. Juli 2002 wurde dem Bw. die Grunderwerbsteuer für diesen Erwerbsvorgang von einer Bemessungsgrundlage in der Höhe von € 130.731,88 mit € 4.575,62 vorgeschrieben.

In der gegen diesen Bescheid rechtzeitig eingebrachten Berufung wurde vorgebracht, dass der Erwerb von zwei weiteren Grundstücken unmittelbar zur Durchführung einer Flurbereinigung erforderlich sei, weshalb für einen weiteren Teilkaufpreis in der Höhe von € 45.827,-- eine Grunderwerbsteuerbefreiung beantragt werde.

Erhebungen des Finanzamtes bei der Landesregierung ergaben, dass bei dieser kein weiterer Antrag eingelangt ist. In der Folge wurde die Berufung vom Finanzamt mit Berufungsvorentscheidung vom 3. September 2002 als unbegründet abgewiesen und die Grunderwerbsteuer von einer Bemessungsgrundlage von € 167.147,-- mit € 5.850,15 festgesetzt. Begründet wurde diese Abweisung damit, dass es nicht zulässig ist, einen einheitlichen Erwerbsvorgang in einen steuerpflichtigen und einen steuerbefreiten Teil zu trennen. Das Finanzamt kam zu dem Ergebnis, dass der begünstigte Zweck nicht überwiegend erfüllt ist.

In dem daraufhin eingebrachten Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz wurde vorgebracht, dass der begünstigte Zweck überwiegend als erfüllt anzusehen sei. Der Nachweis, dass der Erwerb der beiden weiteren Grundstücke unmittelbar zur Durchführung einer Flurbereinigung erforderlich ist, wurde mit dem Antrag noch nicht vorgelegt.

Über die Berufung wurde erwogen:

Gemäß § 3 Abs. 1 Z. 4 GrEStG ist der Erwerb eines Grundstückes im Wege eines Zusammenlegungsverfahrens im Sinne des I. Hauptstückes, I. Abschnitt, und im Wege eines Flurbereinigungsverfahrens im Sinne des II. Hauptstückes des Flurverfassungs-Grundsatzgesetzes 1951, BGBl. Nr. 103, in der jeweils geltenden Fassung von der Besteuerung ausgenommen.

Zu versteuern oder von der Steuer auszunehmen ist nach dem Gesetz ein bestimmter Erwerbsvorgang als solcher (§ 1, § 3 GrEStG), welcher einerseits ein bestimmtes Grundstück (§ 2 GrEStG) betrifft. Es kann Gegenstand eines Erwerbsvorganges ein einzelnes Grundstück oder auch eine Mehrheit von Grundstücken sein. Die Beurteilung, ob in diesen Fällen ein einheitlicher Erwerbsvorgang oder eine Mehrheit von Vorgängen anzunehmen ist, richtet sich nach § 2 Abs. 3 1. Satz GrEStG. Nach dieser Bestimmung werden mehrere Grundstücke als ein Grundstück behandelt, wenn sie zu einer wirtschaftlichen Einheit gehören und Gegenstand eines einheitlichen Rechtsvorganges sind. Was als wirtschaftliche Einheit zu gelten hat, bestimmen die Lagefinanzämter in einem auch für die Finanzämter für Gebühren und Verkehrsteuern bindenden Bewertungsverfahren. Maßgebend ist der Einheitswert zum letzten dem Erwerb vorangehenden Feststellungszeitpunkt.

Nach den vom zuständigen Lagefinanzamt getroffenen Feststellungen gehören alle in der Kaufvertragsurkunde genannten und Gegenstand des Erwerbes bildenden Grundstücke zu einer wirtschaftlichen Einheit. Der Erwerb der Grundstücke bildet steuerrechtlich einen einzigen einheitlichen Erwerbsvorgang.

Erst nach Aufforderung des unabhängigen Finanzsenates, den Bescheid der Landesregierung vorzulegen, wurde vom Bw. der Kaufvertrag der Landesregierung vorgelegt. Mit Bescheid vom 2. September 2003 wurde von dieser bestätigt, dass der Erwerb der beiden weiteren Grundstücke auch unmittelbar zur Durchführung der Flurbereinigung erforderlich ist.

Bei der Überprüfung, welchem Zweck das erworbene Grundstück überwiegend dient, ist hier in erster Linie ein Vergleich der einzelnen Flächenausmaße des Grundstückes entscheidend. Im Falle der Verwirklichung des begünstigten Zweckes nur auf einzelnen Teilflächen ist in einheitlicher Beurteilung des gesamten Erwerbsvorganges zu untersuchen, ob der begünstigte Zweck insgesamt, das heißt in Bezug auf die Gesamtfläche als verwirklicht anzusehen ist oder nicht.

Für einen Vergleich nach der Fläche spricht im gegenständlichen Fall die einheitliche Nutzung der erworbenen Grundstücke. Die vertragsgegenständliche Liegenschaft hat insgesamt ein Ausmaß von 98893 m² (die Hälfte davon beträgt 49446,5 m²). Das Ausmaß jener Grundstücke, deren Erwerb unmittelbar zur Durchführung einer Flurbereinigung erforderlich ist, beträgt insgesamt 49838 m². Damit stellt hier der flächenmäßig überwiegende Teil eine Flurbereinigungsmaßnahme dar. Somit ist die Grunderwerbsteuerbefreiung nach § 3 Abs. 1 Z. 4 GrEStG für den gesamten Erwerbsvorgang zu gewähren.

Demzufolge war spruchgemäß zu entscheiden.

Wien, 21. Oktober 2003

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht

betroffene Normen:

§ 3 Abs. 1 Z 4 GrEStG 1987, Grunderwerbsteuergesetz 1987, BGBl. Nr. 309/1987

Schlagworte:

flächenmäßig, Einheit, überwiegende Teil

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