UFS RV/0121-F/03

UFSRV/0121-F/034.6.2003

Pensionsabfindung, Bezug aus ausländischer Pensionskasse, Freizügigkeitsleistung

 

Entscheidungstext

Rechtsbelehrung

Gegen diese Entscheidung ist gemäß § 291 der Bundesabgabenordnung (BAO) ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig. Es steht Ihnen jedoch das Recht zu, innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung dieser Entscheidung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder den Verfassungsgerichtshof zu erheben. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt oder einem Wirtschaftsprüfer unterschrieben sein.

Gemäß § 292 BAO steht der Amtspartei (§ 276 Abs. 7 BAO) das Recht zu, gegen diese Entscheidung innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung (Kenntnisnahme) Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben.

Entscheidungsgründe

Der Bw war bis 30.6.2002 bei einem Schweizer Arbeitgeber beschäftigt. Anlässlich der kündigungsbedingten Beendigung des Dienstverhältnisses wurden seine Ansprüche gegenüber der betrieblichen Pensionskasse (2. Säule) zum Zwecke der Erhaltung des Vorsorgeschutzes auf eine Freizügigkeitseinrichtung übertragen (vgl. Bundesgesetz über die Freizügigkeit in der beruflichen Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge). Unter Abgabe der Erklärung, die Schweiz endgültig zu verlassen, beantragte der Bw später die Barauszahlung der "Austrittsleistung", also die Abfindung seiner Rentenansprüche. Am 6.1.2003 überwies die Freizügigkeitseinrichtung den Betrag von 127.673,90 CHF auf das Konto des Bw, wobei sie gleichzeitig die Quellensteuer in Höhe von 9.619,50 in Abzug brachte. Der Bw beantragte bei der eidgenössischen Steuerverwaltung die im zustehende Quellensteuerrückerstattung. Das Antragsformular wurde am 21.1.2003 mit dem Bestätigungsvermerk des Finanzamtes Bregenz, von der Kapitalleistung Kenntnis zu haben, versehen.

Datumsgleich mit der Kenntnisnahme erließ das Finanzamt den angefochtenen Vorauszahlungsbescheid. Die festgesetzten Vorauszahlungen ergeben sich durch Anwendung des Einkommensteuertarifs auf die um ein Drittel gekürzte Brutto-Pensionsabfindung.

Der Bw erhob Berufung. In ihr führte er im Wesentlichen aus, der angefochtene Bescheid stütze sich auf die Auszahlung einer Pensionsabfindung aus einer betrieblichen Pensionskasse. Der Steuerberechnung sei offensichtlich § 124b Z. 53 EStG 1988 zu Grunde gelegt worden. Seines Erachtens habe die Versteuerung nach § 67 Abs. 4 EStG 1988 zu erfolgen, da es sich um die Ablösung eines Pensionsanspruches des unmittelbar Anspruchsberechtigten handle. Der in dieser Bestimmung verlangten Ablösung "auf Grund bundes- oder landesgesetzlicher Vorschriften" sei diejenige nach entsprechenden ausländischen Vorschriften gleichzuhalten. Andernfalls entstünde eine sachlich nicht gerechtfertigte Schlechterstellung von Grenzgängern. Die Pflicht zur Versicherung in der betrieblichen Pensionskasse sei gesetzlich (BVG) verankert, die erfolgte Barauszahlung ebenso (Art. 5 FZG). Dementsprechend sei die Abfindung mit dem festen Steuersatz von 6 % zu versteuern. In eventu beantrage er die analoge Anwendung der Begünstigung des § 37 EStG 1988, da sein Fall mit der in § 37 Abs. 5 EStG 1988 ausdrücklich geregelten Betriebsaufgabe sachlich ident sei. Schließlich mache er geltend, dass die überfallsartige Streichung des seinerzeitigen § 67 Abs. 8 lit. b EStg 1988 (in der bis 31.12.2000 geltenden Fassung), der gleichfalls den Hälftesteuersatz vorgesehen habe, den Vertrauensschutz verletze und verfassungswidrig sei. Er habe nach der Verehelichung und Geburt eines Sohnes ein Eigenheim errichtet und dazu einen Kredit aufgenommen. Bereits bei der Aufnahme des Kredites sei fix dessen Rückzahlung mit den nun ausbezahlten Mitteln geplant gewesen. Eine ratenweise Zurückzahlung nach der Pensionierung wäre nicht verkraftbar. Durch die plötzliche Gesetzesänderung würden ihm die für die geplante Rückzahlung erforderlichen Mittel in erheblichem Ausmaß entzogen. Ferner sei der angefochtene Bescheid rechtswidrig, da mit ihm Vorauszahlungen nicht nur für 2003, sondern auch für die Folgejahre festgesetzt worden seien, obwohl nicht der geringste Anhaltspunkt dafür bestehe, dass er auch 2004 vergleichbare Einkünfte erzielen könne. Schließlich seien die Voraussetzungen für die Festsetzung von Vorauszahlungen nicht erfüllt, da er "kein sonstiges Einkommen in einem 730 € übersteigenden Ausmaß" erziele.

Das Finanzamt erließ eine abweisliche Berufungsvorentscheidung, in der es u.a. darauf hinwies, dass die Beurteilung der geltend gemachten Verfassungswidrigkeit in die Zuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes falle.

Dagegen wandte sich der Bw mit Vorlageantrag. In ihm führte er aus, bei der ihm zugeflossenen Freizügigkeitsleistung handle es sich um "eine im Wege der Swiss Life Rentenanstalt ausgezahlte staatliche, zwingende und gesetzlich geregelte Pensionsleistung". Ob die gesetzliche Pensionsversicherung im Wege öffentlich-rechtlicher Körperschaften oder im Wege privatwirtschaftlich organisierter Institutionen durchgeführt werde, müsse für die Besteuerung bedeutlungslos sein.

Über die Berufung wurde erwogen:

Der Bw räumt selbst ein, im Jahr 2003 neben lohnsteuerpflichtigen Einkünften eine Pensionsabfindung aus einer ausländischen Pensionskasse erhalten zu haben. Damit hat er zum einen den maßgeblichen Sachverhalt außer Streit gestellt. Zum anderen bekundet er sein Einvernehmen mit der erstinstanzlichen Bejahung der grundsätzlichen Steuerpflicht und der Einordnung der Abfindung unter die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit.

Diese rechtliche Beurteilung wird auch vom UFS aus folgenden Gründen geteilt. Im Schweizer Vorsorgekonzept stellt die berufliche bzw. betriebliche Vorsorge die weitgehend gesetzlich geregelte (http://www.vorsorgeforum.ch > Gesetze > BVG/FZG/BVV 2) sogenannte 2. Säule dar. Kennzeichnend für sie sind der Arbeitnehmer-Vorsorgeschutz als Ziel, die Pflichtversicherung als Verpflichtungsgrund, die Mittelaufbringung durch Arbeitgeber- und Arbeitnehmerbeiträge, der Anschluss des Arbeitgebers an eine eigene oder fremde registrierte Vorsorgeeinrichtung (betriebliche Pensionskasse), die Ergänzung derselben durch sogenannte Freizügigkeitseinrichtungen zur Aufrechterhaltung des Vorsorgeschutzes beim beispielsweise kündigungsbedingten Austritt aus der bisherigen Vorsorgeeinrichtung und nicht zu letzt die Rentenform als regelmäßig vorgesehene Vorsorgeleistung (vgl. Runggaldier/Steindl, Handbuch zu betrieblichen Altersversorgung, Seite 51 ff; http://www.swisslife.ch/home/de/private/a/information/basics/three.html ; http://www.estv.admin.ch/data/dvs/druck/kreis/d/w95-022d.pdf ; http://www.winterthur-leben.ch/home/private-link/private-bed/private-bedfreizuegigkeit.htm ). Da die Freizügigkeitseinrichtung an die Stelle der betrieblichen Pensionskasse tritt, um beispielsweise zu einem späteren Zeitpunkt wieder die Einbringung des Freizügigkeitsguthabens in eine betriebliche Vorsorgeeinrichtung zu ermöglichen und auf diese Art die durchgehende Aufrechterhaltung des Vorsorgeschutzes zu garantieren, im hier maßgeblichen Zusammenhang im Wesentlichen also ident mit den betrieblichen Vorsorgeeinrichtungen ist, zählt sie zu den Pensionskassen im Sinne von § 25 Abs. 1 Z 2 lit. b EStG 1988.

Der Bw hat also mit der Barauszahlung der Rentenanstalt Swiss Life im Jahr 2003 neben lohnsteuerpflichtigen Einkünften andere, nicht dem Lohnsteuerabzug unterliegende Einkünfte bezogen, deren Gesamtbetrag 730 € übersteigt. Damit aber kann kein Zweifel bestehen, dass die Voraussetzungen für die Festsetzung von Vorauszahlungen (§ 45 Abs. 1 in Verbindung mit § 41 Abs. 1 Z 1 EStG 1988) für das Jahr 2003 gegeben sind.

Der Bw vertritt nun die Auffassung, die Abfindung sei unter § 67 Abs. 4 EStG zu subsumieren. Nach dieser Bestimmung ist u.a. die Ablösung von Pensionen der unmittelbar Anspruchsberechtigten nach der Vervielfachermethode bzw. dem festen Steuersatz von 6 % zu versteuern, wenn die Ablösezahlung auf Grund bundes- oder landesgesetzlicher Vorschriften erfolgt. Der UFS kann sich der Auffassung des Bw nicht anschließen, ausländische Rechtsvorschriften seien auf Grund des Gleichheitsgrundsatzes bundes- oder landesgesetzlichen Vorschriften gleichzuhalten. Zum einen haben VfGH und VwGH (VfGH 19.10.1977, B 405/76, ÖStZB 1978, 222, und die dort zitierte Judikatur) eine solche Interpretation sogar bezüglich des Sozialversicherungsrechtes verworfen, das in der Schweiz und Österreich ähnlich geregelt ist, während die zweite Säule in der Schweiz seit 1985 obligatorisch vorgesehen, in Österreich hingegen erst im Aufbau befindlich ist. Zum zweiten ordnet § 67 Abs. 11 EStG 1988 im Umkehrschluss (vgl. Doralt, Einkommensteuergesetz, Kommentar, § 67 Tz 123) unmissverständlich an, dass Abs. 4 bei der Veranlagung von Arbeitnehmern nicht anzuwenden ist.

Desgleichen steht einer Anwendung der Begünstigungsbestimmung von § 37 Abs. 5 EStG 1988 der klare Gesetzeswortlaut entgegen, welcher die Veräußerung oder Aufgabe eines Betriebes erfordert. In diesem Zusammenhang wird darauf hingewiesen, dass es nach ständiger Spruchpraxis des VfGH (vgl. 18.6.2001, B 1437/00, ÖStZB 2002/49) dem Gesetzgeber im Rahmen seiner rechtspolitischen Gestaltungsfreiheit zusteht, einkünftebezogenen Sonderregelungen unter Berücksichtigung der sozialen Symmetrie zwischen den Einkunftsarten zu treffen bzw. zu modifizieren.

Was die behauptete Verletzung des Vertrauensschutzes durch die "überfallsartige Streichung" des den Hälfte-Steuersatz vorsehenden § 67 Abs. 8 lit. b EStG idF BGBl I 106/1999 anlangt, wird zunächst auf die bei Hofstätter/Reichel, Die Einkommensteuer, Kommentar, Tz 6 zu § 67 Abs 8 geschilderte Entwicklung der Rechtlage verwiesen. Daraus erhellt: Bei der behaupteten "überfallsartigen Streichung" handelt es sich um eine rigide Einschränkung der Hälfte-Steuersatz-Anwendung, die mit dem Budgetbegleitgesetz 2001, BGBl I 2000/142, ausgegeben am 29. 12. 2000, ab dem 1.1.2001 - abgefedert durch eine Übergangsbestimmung betreffend die Steuerfreiheit für ein Viertel der Abfindung - wirksam wurde. Von der "Streichung" der Begünstigungsbestimmung bis zur Tatbestandsverwirklichung (Zufluss der Pensionsabfindung) vergingen freilich immerhin mehr als zwei Jahre, was für die Frage des Vertrauensschutzes relevant sein dürfte. Die zunächst vorgesehene gesetzliche Übergangsregelung wurde zwischenzeitlich durch das vom Finanzamt im Berufungsfall zu Recht angewandte Bundesgesetz BGBl I 54/2002, mit dem ein Drittel der Pensionsabfindung steuerfrei gestellt wurde, geändert. Wie den Gesetzesmaterialien betreffend die Ergänzung von § 124b Z 53 EStG 1988 zu entnehmen ist, sollte durch die Novellierung ein vor allem Grenzgänger treffendes Problem gelöst werden. Es sollte verhindert werden, dass Pensionsabfindungen auf Grund ausländischer Regelungen, bei denen eine Übertragung des abzufindenden Barwertes in eine inländische Pensionskasse nicht möglich ist, zur Gänze tarifmäßig zu besteuern sind. Die Prüfung der Frage, ob durch die skizzierte gesetzgeberische Lösung der Vertrauensschutz verletzt worden ist, fällt - wie das Finanzamt zutreffend ausgeführt hat - allein in die Zuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes. Grundsätzlich dürfte es allerdings in der gesetzgeberischen Gestaltungsfreiheit gelegen sein, Maßnahmen zu setzen, damit der durch Rentenbezug garantierte langfristige Alters-Vorsorgeschutz nicht durch steuerliche Anreize für dessen Ablösung unterlaufen wird. Dies umso mehr, als es sich bei den Arbeitnehmerbeiträgen zum gesetzlich verpflichtenden betrieblichen Vorsorgeschutz um voll abzugsfähige Werbungskosten und bei den Arbeitgeberbeiträgen um nicht steuerbare Leistungen gemäß § 26 EStG 1988 handelt (vgl. Müller, SWI, 1998, 518 ).

Zu Recht kritisiert der Bw allerdings, dass die Vorauszahlungen auch für die Folgejahre festgesetzt wurden, obwohl nicht der geringste Anlass dafür besteht, dass er im Jahr 2004 vergleichbare Einkünfte erzielen könnte. Wenn auch der beanstandete Spruchteil, gesteuert durch die EDV, Aufnahme in den angefochtenen Bescheid fand, so ist er doch im Hinblick auf die nicht bestrittene Faktenlage und die eindeutige Rechtslage (§ 45 Abs. 1 in Verbindung mit 3 41 Abs. 1 Z 1 EStG 1988) rechtswidrig.

Zusammenfassend ist der UFS wie das Finanzamt der Überzeugung, dass die Barauszahlung der schweizerischen Rentenanstalt Swiss Life als Pensionsabfindung im Sinne von § 124b Z 53 letzter Satz EStG (nur) zu einem Drittel steuerfrei zu belassen sind (vgl. auch Hofstätter / Reichel, Die Einkommensteuer, Kommentar, TZ 6 zu § 67 Abs. 8 EStG).

Feldkirch, 4. Juni 2003

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht

betroffene Normen:

§ 25 Abs. 1 Z 2 lit. b EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 124b Z 53 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988

Schlagworte:

Pensionsabfindung, Bezug aus ausländischer Pensionskasse, Freizügigkeitsleistung

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