UFS RV/0496-I/02

UFSRV/0496-I/028.5.2003

Aufwendungen für die Berufsausbildung der Kinder außerhalb des Wohnortes

 

Entscheidungstext

Die angefochtenen Bescheide bleiben unverändert.

Rechtsbelehrung

Gegen diese Entscheidung ist gemäß § 291 der Bundesabgabenordnung (BAO) ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig. Es steht Ihnen jedoch das Recht zu, innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung dieser Entscheidung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder den Verfassungsgerichtshof zu erheben. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt oder einem Wirtschaftsprüfer unterschrieben sein.

Gemäß § 292 BAO steht der Amtspartei (§ 276 Abs. 7 BAO) das Recht zu, gegen diese Entscheidung innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung (Kenntnisnahme) Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben.

Entscheidungsgründe

Die Berufungswerberin macht in ihren Einkommensteuererklärungen für 1999 und 2000 Aufwendungen für die Berufsausbildung ihrer Tochter (Medizinstudium in Innsbruck) als außergewöhnliche Belastung geltend. Mit den am 14. Jänner 2002 ausgefertigten Bescheiden betreffend Einkommensteuer für 1999 und 2000 wurde diesem Antrag nicht entsprochen. In der - dem Einkommensteuerbescheid für 1996 zu entnehmenden - Begründung führte das Finanzamt aus, die Kosten für das Studium der Tochter könnten nicht als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden, weil sich der Ausbildungsort innerhalb des mit 80 km anzunehmenden Einzugsbereiches des Wohnortes befinde und daher die tägliche Hin- und Rückfahrt von und zum Studienort zeitlich zumutbar sei.

Die fristgerecht am 8.2.2002 eingebrachte Berufung richtet sich "gegen die Nichtanerkennung der außergewöhnlichen Belastung im Bezug auf die auswärtige Berufsausbildung der Kinder" (Anm.: Tochter und Sohn). Es wurde eingewendet, "gemäß § 2 Abs. 3 der Verordnung des BM für Finanzen, RZ 882" würden Ausbildungsstätten innerhalb einer Entfernung von 80 km als nicht im Einzugsbereich des Wohnortes gelegen gelten, wenn Schüler, die innerhalb von 25 km keine adäquate Ausbildungsmöglichkeit haben, für Zwecke der Ausbildung außerhalb des Hauptwohnortes eine Zweitunterkunft am Ausbildungsort bewohnen. In diesem Fall seien die Ausbildungskosten pauschal als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen.

Die Berufung wurde mit Berufungsvorentscheidung vom 8. August 2002 als unbegründet abgewiesen. Nach § 2 Abs 2 der Verordnung BGBl. 624/1995 würden Ausbildungsstätten innerhalb einer Entfernung von 80 km zum Wohnort jedenfalls als innerhalb des Einzugsbereiches des Wohnortes gelegen gelten, wenn von diesen Gemeinden die tägliche Hin- und Rückfahrt zum und vom Studienort nach den Verordnungen gemäß § 26 Abs. 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 (BGBl. 305) zeitlich noch zumutbar sei. Die Zumutbarkeit sei hinsichtlich der Gemeinde Langkampfen gegeben. Die Aufwendungen "für eine Zweitwohnung in Innsbruck" könnten daher nicht als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden.

Im Vorlageantrag vom 10. September 2002 bemängelte die Berufungswerberin, dass die Einwendungen hinsichtlich der Zweitunterkunft nicht gewürdigt worden seien. Das Finanzamt habe "ausschließlich auf die 80 Kilometer - Regelung hingewiesen". Zu beachten sei darüber hinaus, dass die Fahrzeit vom Wohnort zum Ausbildungsort mehr als eine Stunde betrage.

Zum Umstand, dass sich die Berufung gegen die steuerliche Nichtberücksichtigung der Ausbildungskosten für die Tochter und den Sohn richtet, während in den Steuererklärungen ein entsprechender Antrag nur für die Tochter enthalten ist, teilte der steuerliche Vertreter (telefonisch) mit, dass auch der Sohn seit Herbst 2000 an der Universität Innsbruck Medizin studiere.

Über die Berufung wurde erwogen:

Aufwendungen für eine Berufsausbildung eines Kindes außerhalb des Wohnortes gelten dann als außergewöhnliche Belastung, wenn im Einzugsbereich des Wohnortes keine entsprechende Ausbildungsmöglichkeit besteht. Die außergewöhnliche Belastung wird durch Abzug eines Pauschbetrages von 1.500 S pro Monat der Berufsausbildung berücksichtigt (§ 34 Abs.8 EStG 1988 in der für die Berufungsjahre geltenden Fassung).

Zu klären ist daher die Frage, ob sich die Universität Innsbruck "im Einzugsbereich des Wohnortes" U der Berufungswerberin befindet. Die zur zitierten gesetzlichen Bestimmung ergangene Verordnung vom 14. September 1995 ("Verordnung des Bundesministers für Finanzen betreffend eine Berufsausbildung eines Kindes außerhalb des Wohnortes", BGBl 624/1995) lautet auszugsweise:

"§ 1. Ausbildungsstätten, die vom Wohnort mehr als 80 km entfernt sind, liegen nicht innerhalb des Einzugsbereiches des Wohnortes."

§ 2. (1) Ausbildungsstätten innerhalb einer Entfernung von 80 km zum Wohnort gelten dann als nicht innerhalb des Einzugsbereiches des Wohnortes gelegen, wenn die Fahrzeit vom Wohnort zum Ausbildungsort bzw. vom Ausbildungsort zum Wohnort mehr als je eine Stunde bei Benützung des schnellsten öffentlichen Verkehrsmittels beträgt. Wegzeiten von der Wohnung zur Einstiegstelle des öffentlichen Verkehrsmittels oder von der Ausstiegstelle zur Ausbildungsstätte bleiben jeweils für Wegstrecken bis 1.500 m außer Ansatz."

(2) Ausbildungsstätten innerhalb einer Entfernung von 80 km zum Wohnort gelten jedenfalls als innerhalb des Einzugsbereiches des Wohnortes gelegen, wenn von diesen Gemeinden die tägliche Hin- und Rückfahrt zum und vom Studienort nach den Verordnungen gemäß § 26 Abs. 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305, zeitlich noch zumutbar ist.

(3) Ausbildungsstätten innerhalb einer Entfernung von 80 km gelten als nicht im Einzugsbereich des Wohnortes gelegen, wenn Schüler oder Lehrlinge, die innerhalb von 25 km keine adäquate Ausbildungsmöglichkeit haben, für Zwecke der Ausbildung außerhalb des Hauptwohnortes eine Zweitunterkunft am Ausbildungsort bewohnen (z.B. Unterbringung in einem Internat).

§ 3. ...

§ 4. Die Verordnung ist für Zeiträume ab 1. September 1995 anzuwenden.

Die Zumutbarkeit der täglichen Hin- und Rückreise vom und zum Studienort ergibt sich somit aus der zu § 26 Abs. 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 erlassenen "Verordnung des Bundesministers für Wissenschaft und Forschung über die Erreichbarkeit von Studienorten" (BGBl. 605/1993). In dieser Verordnung ist der Wohnort U der Berufungswerberin als Gemeinde angeführt, von der die tägliche Hin- und Rückfahrt vom und zum Ausbildungsort Innsbruck zeitlich noch zumutbar ist. Gemäß § 2 Abs 2 der erstgenannten Verordnung (BGBl. 624/1995 betreffend eine Berufsausbildung eines Kindes außerhalb des Wohnortes) gilt die Universität Innsbruck daher als im Einzugsbereich des Wohnortes U gelegen.

Nach dem Wortlaut ("jedenfalls") des § 2 Abs 2 der Verordnung BGBl. 624/1995 kommt es für die Frage nach dem Einzugsbereich nicht auf die in Abs. 1 normierte zeitliche Grenze von einer Stunde Fahrzeit an. Der Hinweis im Vorlageantrag vom 10. September 2002, dass die Fahrzeit mehr als eine Stunde betrage, ist daher nicht relevant. Dem Berufungsbegehren konnte daher nicht entsprochen werden.

Der Einwand, wonach für die Dauer des Studiums Aufwendungen für eine Wohnung am Studienort erwachsen seien, führt zu keinem anderen Ergebnis, bezieht sich doch der damit angesprochene § 2 Abs 3 der Verordnung BGBl 624/1995 (s.o) ausdrücklich nur auf Schüler und Lehrlinge. Er ist daher auf Studenten nicht anwendbar.

Nur ergänzend seien daher die von den Kindern der Berufungswerberin für Zwecke ihres Studiums zurückzulegenden Strecken und die Verkehrsverbindungen dargestellt. Laut Fahrplan der ÖBB beträgt die Strecke vom Bahnhof am Wohnort U bis zum Hauptbahnhof am Studienort Innsbruck 67 Tarifkilometer. Tagsüber verkehren Züge nahezu im 20 bis 30 Minutentakt. Zwischen 5:00 Uhr früh und 23:30 Uhr abends bestehen 27 Zugverbindungen wovon die schnellste Verbindung 51 Minuten benötigt. Der Großteil der Züge (nämlich 17 Züge) benötigt 1 Stunde und 2 Minuten. Auch unter Berücksichtigung, dass am Wohnort ein Fußmarsch von 15 bis 20 Minuten (so die Auskunft des steuerlichen Vertretrs) zurückzulegen ist und die Universität in Innsbruck ca. einen Kilometer vom dortigen Hauptbahnhof entfernt liegt, erscheint unter diesen Umständen eine tägliche Hin- und Rückreise für einen Studenten zumutbar.

Auf die Durchführung der in der Berufung "für den Fall, dass die Abgabenbehörde zweiter Instanz über die Berufung entscheidet" noch beantragten mündlichen Verhandlung hat die Berufungswerberin verzichtet.

Die Aufwendungen für die Berufsausbildung der Kinder in Innsbruck konnten daher nicht als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden. Es war daher wie im Spruch ausgeführt zu entscheiden.

Innsbruck, 8. Mai 2003

 

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht

betroffene Normen:

§ 34 Abs. 8 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988

Schlagworte:

auswärtige Berufsausbildung eines Kindes, Zumutbarkeit der täglichen Hin- und Rückfahrt, Einzugsbereich, Verordnungsgemeinde

Stichworte