UFS RV/0583-I/02

UFSRV/0583-I/0210.3.2003

Einlangen des Widerrufs der Verzichtserklärung nach § 6 Abs. 3 UStG 1994 bei der Abgabenbehörde

 

Entscheidungstext

Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw., vertreten durch Peter Gerber gegen die Bescheide des Finanzamtes Reutte betreffend Umsatzsteuer 1999 bis 2001 vom 7. August 2002 entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide bleiben unverändert.

Rechtsbelehrung

Gegen diese Entscheidung ist gemäß § 291 der Bundesabgabenordnung (BAO) ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig. Es steht Ihnen jedoch das Recht zu, innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung dieser Entscheidung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder den Verfassungsgerichtshof zu erheben. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt oder einem Wirtschaftsprüfer unterschrieben sein.

Entscheidungsgründe

Die Bw. erzielt neben Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit auch Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Mit Eingabe vom 28. Dezember 1993 wurde beantragt, während der kommenden fünf Jahre die USt-Regelbesteuerung beizubehalten und von der Pauschalierung keinen Gebrauch zu machen. Diesem Antrag wurde entsprochen. Die Umsatz- bzw. Vorsteuer wurde ab dem Jahr 1994 festgesetzt, als wäre die Befreiung nach § 6 Abs. 1 Z 27 UStG 1994 nicht existent. Die Umsatzsteuererklärungen der Jahre 1999 bis 2001 weisen als Gesamtbetrag der steuerpflichtigen Entgelte jeweils 0 S aus. Dennoch hat das Finanzamt die Umsätze dieser Jahre im Schätzungsweg ermittelt (1999: 118.200 S, 2000: 123.270 S und 2001: 120.860 S) und diese für die Jahre 1999 und 2000 zunächst steuerfrei belassen. In den gemäß § 293b BAO berichtigten Umsatzsteuerbescheiden für die Jahre 1999 und 2000 sowie im gemäß § 200 Abs. 1 BAO vorläufigen Umsatzsteuerbescheid für das Jahr 2001 (Ausfertigungsdatum 7. August 2002) wurden die im Schätzungsweg ermittelten Umsätze als steuerpflichtig eingestuft und auf 10 und 20 %-ige Umsätze aufgeteilt. Weiters wurde eine (geschätzte) abziehbare Vorsteuer (1999: 952,80 S, 2000: 2.502,75 S und 2001: 3.193,88 S) berücksichtigt.

Gegen die genannten Bescheide wurde mit Eingabe vom 3. September 2002 fristgerecht Berufung erhoben und ausgeführt, die Bw. habe am 27. Jänner 1998 beim damaligen Referatsleiter das Anliegen mündlich vorgetragen, dass sie gemäß § 6 Abs. 3 UStG zukünftig auf die Anwendung des § 6 Abs. 1 Z 27 UStG verzichte (gemeint wohl, dass sie den Regelbesteuerungsantrag widerrufe, Anmerkung der Referentin). Im Jahr 2000 habe die Bw. vom steuerlichen Vertreter erfahren, dass der Widerruf schriftlich bis zum Ablauf des ersten Kalendermonats nach Beginn des Kalenderjahres zu erklären sei. Darauf hin habe die Bw. am 13. Mai 2000 mit der Abgabe der Umsatzsteuererklärung für das Jahr 1999 schriftlich erklärt, dass sie die Erklärung vom 28. Dezember 1993 widerrufe. Dieses Schreiben sei eingeschrieben mit der Umsatzsteuererklärung 1999 mit Aufgabeschein an das Finanzamt Reutte gesandt worden. Der Umsatzsteuerbescheid 1999 sei zwar vorläufig, aber erklärungsgemäß ergangen. Zur Frage der vorläufigen Veranlagung sei der Bw. vom Finanzamt mitgeteilt worden, dass dies wohl mit der "Liebhaberei" zusammenhänge. Die Abgabenbehörde habe durch die vorläufigen Umsatzsteuerbescheide für die Jahre 1999 und 2000 die Bw. im Glauben gelassen, dass sie den Verzicht auf die Regelbesteuerung durch den mündlichen Antrag beim Referatsleiter termingerecht eingereicht habe. In diesem Fall liege die Entscheidung, ob der Antrag rechtzeitig eingelangt sei, im Ermessen der Behörde. Die Festsetzung der Umsatzsteuer für das Jahr 2001 sei jedenfalls nicht richtig, weil der Verzicht der Regelbesteuerung schriftlich am 15. Mai 2000 an die Abgabenbehörde gesandt worden sei.

In den abweisenden Berufungsvorentscheidungen vom 23. September 2002 wurde ausgeführt, der Widerruf des Regelbesteuerungsantrages sei am 19. August 2002 eingebracht worden. Der Widerruf sei somit erst ab dem Jahr 2003 gültig. Selbst wenn dieser Widerruf am 13. Mai 2000 eingebracht worden wäre, so wäre er für die Jahre 1999 und 2000 zu spät erfolgt.

Im rechzeitig gestellten Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz vom 2. Oktober 2002 wurde noch ausgeführt, der Umstand, dass bereits in den Umsatzsteuererklärungen 1999 und 2000 die Umsatzsteuer mit 0 S ausgewiesen worden wäre, lasse zumindest den Schluss zu, dass über den Verzicht der Regelbesteuerung gesprochen worden sei.

Über die Berufung wurde erwogen:

Gemäß § 293b BAO kann die Abgabenbehörde auf Antrag einer Partei oder von Amts wegen einen Bescheid insoweit berichtigen, als seine Rechtswidrigkeit auf der Übernahme offensichtlicher Unrichtigkeiten aus Abgabenerklärungen beruht.

Nach § 6 Abs. 3 UStG 1994 kann der Unternehmer, dessen Umsätze nach § 6 Abs. 1 Z 27 befreit sind, bis zur Rechtskraft des Bescheides gegenüber dem Finanzamt schriftlich erklären, dass er auf die Anwendung des § 6 Abs. 1 Z 27 verzichtet. Die Erklärung bindet den Unternehmer mindestens für fünf Kalenderjahre. Sie kann nur mit Wirkung vom Beginn eines Kalenderjahres an widerrufen werden. Der Widerruf ist spätestens bis zum Ablauf des ersten Kalendermonates nach Beginn dieses Kalenderjahres zu erklären.

Die Verzichtserklärung kann nur mit Wirkung von Beginn eines Kalenderjahres an widerrufen werden. Damit er für dieses Kalenderjahr wirksam wird, muss er spätestens bis zum Ablauf des ersten Kalendermonats nach Beginn dieses Kalenderjahres (somit bis 31. Jänner) erklärt werden. Die Voranmeldungsfrist ist ohne Bedeutung. Ein frühester Termin für den Widerruf ist nicht genannt. Der Widerruf kann somit unmittelbar nach der Verzichtserklärung ausgesprochen werden, die Wirksamkeit tritt aber erst nach Ablauf der fünf Kalenderjahre ein. Das Gesetz äußerst sich nicht über die Form des Widerrufs. Als contrarius actus zur Verzichtserklärung unterliegt er wohl denselben Regeln wie diese [Schriftlichkeit (vgl. Ruppe, Kommentar zum UStG 1994, 2. Auflage, Anm. 482 und 483 zu § 6)].

Dieser von Ruppe vertretenen Meinung schließt sich die Referentin an. Ein schriftlicher Widerruf der Verzichtserklärung befindet sich zwar im Veranlagungsakt, dieser weist aber das Datum 13. Mai 2000 auf und wurde dem Finanzamt erst am 19. August 2002 (Eingangsstempel) übermittelt. Der Widerruf der Verzichtserklärung erfolgte für die Jahre 1999 und 2000 somit jedenfalls zu spät.

Nachdem das Einlangen des Widerrufs der Verzichtserklärung vor dem 19. August 2002 nicht aktenkundig ist, erfolgte die Berichtigung der Umsatzsteuerbescheide 1999 und 2000 nach Auffassung der Referentin zu Recht. Die Zweckmäßigkeit der erfolgten Berichtigung ergibt sich aus dem Ziel des § 293b BAO, welches die Herbeiführung eines der Gleichmäßigkeit der Besteuerung entsprechenden Ergebnisses ist, wobei im Hinblick auf die Rechtsprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts zu den §§ 299 und 303 BAO dem Prinzip der Rechtsrichtigkeit gegenüber jenem der Rechtsbeständigkeit der Vorrang einzuräumen ist. Billigkeitsgründe, die einer Berichtigung entgegenstehen, wurden nach Ansicht der Referentin nicht dargelegt. Allein die Behauptung, dass die Bw. ihr Anliegen beim damaligen Referatsleiter bereits vorgetragen habe, vermag eine Ermessenswidrigkeit nicht aufzuzeigen.

Was das Jahr 2001 anbelangt, liegt lediglich die Behauptung vor, der Widerruf der Verzichtserklärung sei am 15. Mai 2000 an das Finanzamt Reutte gesandt worden.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes trägt aber der Absender die Beweislast hinsichtlich des Einlangens eines Schreibens bei der Behörde. Die Erfahrungstatsache, dass üblicherweise der Post übergebene Briefsendungen den Adressaten erreichen, ersetzt nicht den im Einzelfall erforderlichen Nachweis, dass die konkrete Sendung auch tatsächlich beim Empfänger eingelangt sei (VwGH 21.1.1965, 1711/64, 1712/64; 20.1.1993, 82/16/0119; 8.6.1984, 84/17/0068). Die Vorlage des Postaufgabescheines stellt keinen derartigen Nachweis dar, da sie lediglich das "Zur-Post-Geben" des Schriftstückes dokumentiert. Nicht schon die Übergabe einer Briefsendung vom Absender an die Post, sondern erst die Übergabe der Briefsendung von der Post an den Empfänger bewirkt das Einlangen einer Sendung bei der Behörde. Die Gefahren des Verlustes einer zur Post gegebenen Eingabe auf dem Postweg hat der Absender zu tragen.

Mit Vorhalt der Referentin vom 5. Februar 2003 wurde die Bw. ersucht, den Nachweis zu erbringen, dass der Widerruf des Verzichtes auf die Steuerbefreiung gemäß § 6 Abs. 1 Z 27 UStG 1994 zur Post gegeben worden ist und beim Finanzamt Reutte eingelangt ist. Ein derartiger Nachweis wurde nicht erbracht, sondern wurde mit Eingabe vom 25. Februar 2003 lediglich behauptet, dass laut Aufgabeschein des Postamtes am 15. Mai 2000 eine eingeschriebene Briefsendung an das Finanzamt Reutte aufgegeben worden sei. Weiters wurde ausgeführt, dass die Briefsendung die Einkommen- und Umsatzsteuererklärung 1999 enthalten habe, sowie den Widerruf des Verzichtes auf die Steuerbefreiung. Dies könne der Gatte der Bw. bestätigen, der die Sendung zur Post gegeben habe.

Dieses Vorbringen ist nach Meinung der Referentin nicht geeignet, das Einlangen des Widerrufs der Verzichtserklärung beim Finanzamt Reutte zu erweisen, zumal auch die Möglichkeit besteht, dass vergessen worden ist, das strittige Schriftstück zu versenden.

Der Berufung war daher ein Erfolg zu versagen.

Innsbruck, 10. März 2003

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht

betroffene Normen:

§ 6 Abs. 3 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994

Schlagworte:

Widerruf, Verzichtserklärung, Steuerbefreiung

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