BFH

BFHI R 24/0117.10.2002

Amtlicher Leitsatz:

Das Halten einer Beteiligung als persönlich haftender Gesellschafter an einer grundstücksverwaltenden Personengesellschaft verstößt unabhängig von dem Umfang der Beteiligung und der daraus erzielten Einkünfte gegen das Ausschließlichkeitsgebot des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG (Anschluss an das Senatsurteil vom 22. Januar 1992 I R 61/90, BFHE 167, 144 , BStBl II 1992, 628).

Normen

§ 9 Nr. 1 S. 2 GewStG
Art. 20 Abs. 3 GG

FG Berlin 6 K 6153/99 vom 20. 12. 2000

 

Gründe

I.

Geschäftszweck der Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), einer GmbH, war im Streitjahr 1997 die Vermietung und Verpachtung eigenen Grundbesitzes und die Grundstücksverwaltung. Außerdem war sie im Streitjahr persönlich haftende Gesellschafterin einer ihrerseits grundstücksverwaltenden KG, die am 30. Juni 1997 aufgelöst wurde.

Abweichend von ihrer Steuererklärung lehnte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) es ab, der Klägerin die sog. erweiterte Kürzung des Gewerbeertrages gemäß § 9 Nr. 1 Satz 2 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) zu gewähren.

Die dagegen gerichtete Klage blieb erfolglos. Das Finanzgericht (FG) sah die Tätigkeit als persönlich haftende Gesellschafterin der KG als begünstigungsschädlich an. Sein Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2001, 518 veröffentlicht.

Ihre Revision stützt die Klägerin auf Verletzung von § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG.

Sie beantragt sinngemäß, das FG-Urteil aufzuheben und den angefochtenen Gewerbesteuermessbescheid dahin zu ändern, dass die erweitere Kürzung gemäß § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG in Höhe von 707 450 DM berücksichtigt wird.

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

II.

Der Senat entscheidet gemäß § 126a der Finanzgerichtsordnung (FGO) durch Beschluss. Er hält die Revision einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich. Die Beteiligten sind vorher davon unterrichtet und gehört worden.

1.

Nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG können Unternehmen, die ausschließlich eigenen Grundbesitz oder neben eigenem Grundbesitz eigenes Kapitalvermögen verwalten und nutzen oder daneben Wohnungsbauten betreuen oder Kaufeigenheime, Kleinsiedlungen und Eigentumswohnungen errichten und veräußern, auf Antrag den Gewerbeertrag statt um einen bestimmten Hundertsatz des Einheitswerts des Grundbesitzes um den Teil des Gewerbeertrags kürzen, der auf die Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes entfällt.

2.

Zwischen den Beteiligten steht heute außer Streit, dass es sich bei der Klägerin um ein grundstücksverwaltendes Unternehmen handelt, welches diese tatbestandlichen Voraussetzungen insoweit erfüllt, als sie eigenen Grundbesitz nutzt und verwaltet. Die Beteiligten streiten jedoch darüber, wie sich die daneben ausgeübte Betätigung als persönlich haftende Gesellschafterin der --ihrerseits grundstücksverwaltenden-- KG auswirkt. Das FA ist der Auffassung, hierdurch werde gegen das gesetzliche Ausschließlichkeitserfordernis verstoßen. Die Vorinstanz hat sich dem im Ergebnis zu Recht angeschlossen.

a)

Wenn der Senat in seinem Urteil vom 22. Januar 1992 I R 61/90 (BFHE 167, 144 , BStBl II 1992, 628) entschieden hat, verstößt das Halten einer Kommanditbeteiligung durch ein grundstücksverwaltendes Unternehmen an einer gewerblich geprägten, ebenfalls grundstücksverwaltenden Personengesellschaft gegen das Ausschließlichkeitsgebot des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG. Zum einen fehle es an der Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes, weil Wirtschaftsgüter, die bürgerlich-rechtlich oder wirtschaftlich Gesamthandsvermögen einer gewerblich tätigen oder einer gemäß § 15 Abs. 3 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) gewerblich geprägten Personenhandelsgesellschaft sind, einkommensteuerrechtlich grundsätzlich zu deren Betriebsvermögen gehören. Diese Rechtslage sei auch für § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG maßgebend. Zum anderen sei das Halten der Beteiligung aber auch deswegen kürzungsschädlich, weil es sich hierbei um eine Tätigkeit handele, die nicht zum Katalog der prinzipiell unschädlichen Tätigkeiten in § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG gehöre. An dieser Rechtsprechung, der sich zwischenzeitlich auch der VIII. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) angeschlossen hat (vgl. Beschluss vom 12. Februar 2001 VIII B 56/00, BFH/NV 2001, 817; s. auch Urteil vom 18. April 2000 VIII R 68/98, BFHE 192, 100, BStBl II 2001, 359), ist festzuhalten. Sie findet insbesondere auch dann Anwendung, wenn das beteiligte Grundstücksunternehmen --wie im Streitfall die Klägerin-- persönlich haftende und damit i. S. von § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG "prägende" Gesellschafterin der Personengesellschaft ist. Dies wird auch von den Beteiligten des Streitfalles nicht in Frage gestellt.

b)

Hiervon ausgehend kommt es für die Gewährung der erweiterten Kürzung nicht auf den --absoluten oder auch relativen-- Umfang an, den das Halten der Beteiligung und die Wahrnehmung der Geschäftsführungsaufgaben für die beteiligte Gesellschaft ausmacht. § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG verlangt unzweideutig die Ausschließlichkeit der Grundstücknutzung und -verwaltung und lässt nur bestimmte und abschließend aufgezählte anderweitige Tätigkeiten zu, zu denen die geschäftsführende Beteiligung an einer gewerblich geprägten Personengesellschaft aber nicht gehört. Zwar hat die Rechtsprechung von diesem Tätigkeitskatalog Ausnahmen zugelassen, dies aber nur für solche Nebentätigkeiten, die der Grundstücksnutzung und -verwaltung im eigenen Sinn dienen und als "zwingend notwendiger Teil einer wirtschaftlich sinnvoll gestalteten eigenen Grundstücksverwaltung und -nutzung angesehen werden" können (vgl. z. B. BFH-Urteile vom 27. April 1977 I R 214/75, BFHE 122, 531, BStBl II 1977, 776; vom 26. August 1993 IV R 18/91, BFH/NV 1994, 338). Davon kann bei der streitgegenständlichen Beteiligung keine Rede sein. Das wird auch von der Klägerin letztlich nicht behauptet.

Sie beruft sich allerdings darauf, dass der XI. Senat des BFH in anderem Zusammenhang --nämlich bei der Frage, unter welchen Umständen eine gewerbliche Aktivität die Gewerblichkeit der Personengesellschaft insgesamt gemäß § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG nach sich ziehen kann-- angenommen hat, eine "äußerst geringe" gewerbliche Tätigkeit führe hiernach aus Gründen der Verhältnismäßigkeit nicht zur Umqualifizierung der nicht gewerblichen in gewerbliche Einkünfte. Auch diese Rechtsprechung ist indes nicht einschlägig. Zwar hat der VIII. Senat des BFH (im Urteil in BFHE 192, 100, BStBl II 2001, 359) anklingen lassen, dass er den Regelungswortlaut in § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG insoweit möglicherweise für auslegungsfähig halten könnte; gegenüber einem strikten Verständnis des Auslegungsgebots bestünden Bedenken. Der erkennende Senat teilt diese Bedenken jedoch nicht. Indem § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG --abweichend von § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG, aber auch z. B. von der in § 9 Nr. 1 Satz 5 GewStG enthaltenen, kürzungsschädlichen Einschränkung (vgl. dazu Reichsfinanzhof, Urteil vom 19. September 1939 I 270/38, RStBl 1940, 38; BFH-Urteil vom 8. Juni 1978 I R 68/75, BFHE 125, 187, BStBl II 1978, 505)-- die Ausschließlichkeit der begünstigten sowie der im Einzelnen aufgeführten nicht begünstigten, aber erlaubten Tätigkeiten verlangt, belässt die Vorschrift insofern keine Auslegungsspielräume. Ausnahmen wegen Geringfügigkeit sind deshalb auch nicht aufgrund des verfassungsrechtlich gewährleisteten Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes (Art. 20 Nr. 3 des Grundgesetzes) geboten. Der Gesetzgeber ist grundsätzlich darin frei, tatbestandliche Voraussetzungen und Erfordernisse zu norminieren, die erfüllt sein müssen, um in den Genuss einer steuerlichen Vergünstigung, wie hier der erweiterten Kürzung des Gewerbeertrages, zu gelangen (im Ergebnis ebenso z. B. Wendt, Finanz-Rundschau 2000, 1038; Gosch, Steuerliche Betriebsprüfung 2000, 57 und 341; vgl. auch BFH-Urteil in BFHE 125, 187, BStBl II 1978, 505).

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