Normen
§ 109 AO 1977
§ 110 AO 1977
§ 18 Abs. 9 S. 3 UStG 1993 (n.F.)
§ 61 Abs. 1 S. 1 UStDV 1993
Art. 1 Nr. 8 BFHEntlG
Gründe
I.
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist in den USA ansässig. Sie fertigt Maschinen.
Im Juni 1996 beantragte die Klägerin beim Beklagten und Revisionsbeklagten (Bundesamt für Finanzen --BfF--) im Verfahren nach §§ 59 ff. der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung (UStDV 1993) die Vergütung von Vorsteuerbeträgen in Höhe von 572, 47 DM aus Hotelrechnungen; als Vergütungszeitraum gab sie die Zeit von Januar bis Dezember 1995 an. Der Antrag ging beim BfF am 24. Juni 1996 ein.
Der Antrag wurde nicht auf dem amtlichen Formular, sondern auf einem von der Firma E, USA erstellten Formular eingereicht. E war von der Klägerin mit der Erstellung des Vorsteuervergütungsantrags beauftragt worden; sie hatte Zustellungsvollmacht. Das von E mit Hilfe eines Computers erstellte Formular war dem amtlich genehmigten Formular des Prozeßbevollmächtigten der Klägerin nachgebildet. Abweichend von dem amtlichen und dem amtlich genehmigten Formular fehlt der Satz oberhalb der Unterschriftenzeile: "Der Unternehmer verpflichtet sich, jeden unrechtmäßig empfangenen Betrag zurückzuzahlen. "
Das BfF behandelte diesen Antrag als nicht gestellt und sandte die Antragsunterlagen zurück.
Am 5. Juli 1996 ging ein neuer Antrag der Klägerin beim BfF ein. Dieser Antrag wurde auf der Telefaxkopie eines amtlichen Formulars gestellt, die die Firma E am 01. Juli 1996 von der Bevollmächtigten der Klägerin erhalten hatte.
Das BfF lehnte nunmehr mit Bescheid vom 9. August 1996 die beantragte Vergütung der Umsatzsteuer ab. Zur Begründung führte es aus, der Antrag sei nicht innerhalb von sechs Monaten nach Ablauf des Kalenderjahres eingereicht worden. Der innerhalb der Antragsfrist eingereichte Antrag könne nicht als fristwahrende Antragstellung gewertet werden, da er auf einem selbsterstellten, nicht zuvor genehmigten Vordruck gestellt worden sei. Zudem fehle bei dem verwendeten selbsterstellten Vordruck der Zusatz, daß sich der Unternehmer verpflichte, jeden unrechtmäßig empfangenen Betrag zurückzuzahlen.
Hiergegen legte die nunmehr durch ihre Prozeßbevollmächtigte vertretene Klägerin Einspruch ein und beantragte gleichzeitig Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und rückwirkende Fristverlängerung (Schriftsatz vom 18. September 1996).
Einspruch und anschließende Klage hatten keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) schloß sich der Auffassung des BfF an, daß der Antrag nicht rechtzeitig gestellt worden sei und die beantragte Fristverlängerung und Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht haben gewährt werden müssen (vgl. Urteil in Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 1998, 1442).
Hiergegen wendet sich die Klägerin mit der Revision, mit der sie im wesentlichen Verletzung materiellen Rechts geltend macht.
Die Klägerin beantragt sinngemäß, die Vorentscheidung aufzuheben und das BfF zu verurteilen, ihr die Vorsteuerbeträge in Höhe von 572, 47 DM zu vergüten.
Das BfF ist der Revision entgegengetreten. Es hält die Ablehnung der Anträge der Klägerin nach wie vor für rechtens.
II.
Die Revision ist unbegründet.
1. Die Klägerin kann die beantragte Vergütung der Vorsteuerbeträge nicht beanspruchen, da sie den Vergütungsantrag nicht wirksam binnen der Frist des § 18 Abs. 9 Satz 3 des Umsatzsteuergesetzes (UStG 1993 n. F. ) gestellt hat.
Nach dieser Vorschrift ist der Vergütungsantrag binnen sechs Monaten nach Ablauf des Kalenderjahres zu stellen, in dem der Vergütungsanspruch entstanden ist.
Der Vergütungsanspruch aus den Hotelrechnungen war --falls die Voraussetzungen des § 15 UStG 1993 erfüllt sind-- im Jahre 1995 entstanden. Der Vergütungsantrag war deshalb bis Ende Juni 1996 zu stellen.
Die Klägerin hat diese Frist versäumt, da der Vergütungsantrag vom 24. Juni 1996 unwirksam war; er entsprach nicht dem amtlichen Vordruck.
Nach § 61 Abs. 1 Satz 1 UStDV 1993 hat der Unternehmer die Vergütung nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck zu beantragen. Anträge und Erklärungen, die nach einem amtlichen Muster abzugeben sind, müssen, wenn amtliche Vordrucke nicht verwendet werden, in allen Einzelheiten dem amtlichen Muster entsprechen (Bundesfinanzhof --BFH-- Urteile vom 13. April 1972 V R 16/69, BFHE 105, 416, BStBl II 1972, 725, und vom 15. Oktober 1998 IV R 18/98, BFHE 187, 250 , BStBl II 1999, 286). Hierdurch wird sichergestellt, daß der Antrag alle Angaben enthält, die die Finanzverwaltung im Regelfall als entscheidungserheblich ansieht. Ein Vergütungsantrag, der nicht innerhalb der gesetzlichen Ausschlußfrist nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck gestellt worden ist, ist abzuweisen (BFH in BFHE 105, 416, BStBl II 1972, 725).
Das von der Klägerin ursprünglich verwandte Antragsformular entsprach nicht in allen Einzelheiten dem amtlich vorgeschriebenen Vordruck. Es fehlte insbesondere die Verpflichtung, jeden unrechtmäßig empfangenen Betrag zurückzuzahlen.
Das FG hat in diesem Zusammenhang zu Recht auf Art. 3 Buchst. d der Achten Richtlinie des Rates vom 6. Dezember 1979 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 79/1072/EWG (Richtlinie 79/1072/EWG) hingewiesen. Nach dieser Bestimmung muß der Steuerpflichtige, um die Erstattung zu erhalten, sich verpflichten, jeden unrechtmäßig empfangenen Betrag zurückzuzahlen. Auch das der Richtlinie 79/1072/EWG beigefügte Muster eines Vergütungsantrags enthält die Verpflichtungserklärung. Dies spricht dafür, daß die Mitgliedstaaten gemeinschaftsrechtlich verpflichtet sind, die Erstattung (Vorsteuervergütung) vom Vorliegen der Verpflichtungserklärung abhängig zu machen.
Allerdings gilt die Richtlinie 79/1072/EWG nur für die Erstattung der Mehrwertsteuer an im Gemeinschaftsgebiet ansässige Steuerpflichtige. Auf die nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässigen Steuerpflichtigen findet die Dreizehnte Richtlinie des Rates vom 17. November 1986 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 86/560/EWG (Richtlinie 86/560/EWG) Anwendung. Nach Art. 3 Abs. 2 dieser Richtlinie darf die Erstattung jedoch nicht zu günstigeren Bedingungen erfolgen als für in der Gemeinschaft ansässige Steuerpflichtige. Demnach sind die Mitgliedstaaten auch bei in Drittstaaten ansässigen Steuerpflichtigen verpflichtet, die Erstattung (Vorsteuervergütung) vom Vorliegen der Verpflichtungserklärung abhängig zu machen.
Jedenfalls entspricht ein Vergütungsantrag, der diese Erklärung nicht enthält, nicht in allen Einzelheiten dem amtlich vorgeschriebenen Vordruck. Der Auffassung der Klägerin, die Verpflichtungserklärung sei entbehrlich, weil die Pflicht, unrechtmäßig empfangene Beträge zurückzuzahlen, sich bereits aus dem Gesetz ergebe, folgt der Senat nicht.
Im Streitfall besteht auch keine Veranlassung, darauf einzugehen, inwieweit die Finanzverwaltung Vordrucke zulassen kann, die von den amtlich vorgeschriebenen Vordrucken abweichen (vgl. Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen --BMF-- vom 27. Oktober 1993 IV A 3 -S 7359- 41/93, BStBl I 1993, 940). Der Senat hat keine Anhaltspunkte dafür, daß die Finanzverwaltung Vordrucke ohne die erwähnte Verpflichtungserklärung genehmigt. Jedenfalls ist der Klägerin ein derartiger Vordruck nicht genehmigt worden.
2. Der Klägerin war keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, da sie auch die Antragsfrist des § 110 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO 1977) versäumt hat.
Gemäß § 110 Abs. 1 Satz 1 AO 1977 ist dem Steuerpflichtigen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten. Der Antrag auf Wiedereinsetzung ist innerhalb eines Monats nach Wegfall des Hindernisses zu stellen (§ 110 Abs. 2 Satz 1 AO 1977). Die Tatsachen zur Begründung des Antrags sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen (§ 110 Abs. 2 Satz 2 AO 1977). Ist die versäumte Handlung innerhalb der Frist des § 110 Abs. 2 Satz 1 AO 1977 nachgeholt worden, so kann Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden (§ 110 Abs. 2 Satz 4 AO 1977). Auch soweit ein Wiedereinsetzungsantrag nicht erforderlich ist, sind die Tatsachen zur Begründung des Wiedereinsetzungsgesuchs innerhalb der Antragsfrist vorzutragen (vgl. BFH-Urteile vom 15. September 1992 VIII R 26/91, BFH/NV 1993, 219, m. w. N. , und vom 17. September 1987 III R 259/84, BFH/NV 1988, 681, sowie Beschlüsse vom 6. Oktober 1993 X B 85-86/93, BFH/NV 1994, 680, und vom 15. Dezember 1995 V B 88/95, BFH/NV 1996, 452).
Es mag sein, daß die Klägerin unverschuldet keine Kenntnis davon hatte, daß das ursprünglich verwandte Antragsformular den Formerfordernissen des § 61 Abs. 1 Satz 1 UStDV 1993 nicht entsprach. Dieses Hindernis, den Vergütungsantrag rechtzeitig wirksam zu stellen, war jedoch spätestens bei der Stellung des Zweitantrags am 5. Juli 1996 entfallen. Der Wiedereinsetzungsantrag vom 18. September 1996 war demnach verspätet. Der Klägerin war der Formmangel des ursprünglichen Vergütungsantrags bei Stellung des Zweitantrags bekannt gewesen; dies ergibt sich nicht nur aus dem Umstand, daß die Klägerin den Zweitantrag stellte, sondern auch aus der Begründung ihres verspäteten Wiedereinsetzungsgesuchs. Es ist deshalb unerheblich, daß das BfF die Klägerin nicht bereits vor dem 30. Juni 1996 auf den Formfehler des ursprünglichen Antrags hingewiesen hatte. Die Frist für die Stellung des Wiedereinsetzungsantrags begann erst zu laufen, nachdem das BfF die Klägerin auf die Fehlerhaftigkeit ihres ursprünglichen Antrags hingewiesen hatte. Die von der Klägerin in diesem Zusammenhang erhobene Verfahrensrüge greift deshalb nicht durch; in diesem Punkt sieht der Senat von einer weiteren Begründung seiner Entscheidung gemäß Art. 1 Nr. 8 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs ab. Da die Umstände, wie es zur Verwendung des falschen Vordrucks gekommen war, nicht aktenkundig waren, war der rechtzeitige Vortrag von Wiedereinsetzungsgründen nicht entbehrlich (vgl. BFH in BFH/NV 1994, 680).
3. Der Senat folgt dem FG auch darin, daß die Frist für den Vergütungsantrag nach § 18 Abs. 9 Satz 3 UStG 1993 n. F. eine Ausschlußfrist ist, die nicht rückwirkend verlängert werden kann.
Unter einer Ausschlußfrist versteht man eine Handlungsfrist, die für die Wahrnehmung eines Rechts durch die Beteiligten gesetzlich bestimmt ist und an deren Versäumung die Rechtsfolge geknüpft ist, daß der Beteiligte mit seinem Recht ausgeschlossen wird (vgl. Klein/Brockmeyer, Abgabenordnung, § 108 Anm. 1). Hierunter fällt auch die Frist für den Vergütungsantrag.
§ 109 AO 1977, nach dem die Frist für die Einreichung einer Steuererklärung verlängert werden kann, findet keine Anwendung, da die spezielleren Verfahrensvorschriften der § 18 Abs. 9 UStG 1993 n. F. , §§ 59 ff. UStDV 1993 vorgehen. Bei der Regelung des Vorsteuervergütungsverfahrens hat sich der Gesetzgeber von den Richtlinien 79/1072/EWG und 86/560/EWG leiten lassen. Nach Art. 7 Abs. 1 Satz 4 der Richtlinie 79/1072/EWG ist der Antrag "spätestens" sechs Monate nach Ablauf des Kalenderjahres zu stellen. Diese Bestimmung ist für die Mitgliedstaaten verbindlich. Mit ihr wäre es nicht vereinbar, wenn die Frist des § 18 Abs. 9 Satz 3 UStG 1993 n. F. verlängert werden könnte. Gerade wenn die Bestimmung des Art. 7 Abs. 1 Satz 4 der Richtlinie 79/1072/EWG --wie die Klägerin meint-- kein unmittelbar anwendbares Recht ist, folgt daraus die Verpflichtung der Behörden und Gerichte der Mitgliedstaaten, das nationale Recht gemeinschaftsrechtskonform auszulegen.