BFH IV R 14/95

BFHIV R 14/9514.3.1996

 

Tatbestand

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), eine KG, wurde von den Erben des A gegründet, um dessen Unternehmen, die FA. A ... werke fortzuführen. Der Erblasser A hatte sich auch an anderen Unternehmen beteiligt. Zur Absicherung verschiedener Risiken aus dem Erwerb dieser Beteiligungen schloß er im Jahr 1980 auf das Leben von X - Geschäftsführer der Beteiligungsunternehmen, daneben auch Geschäftspartner von A - eine Lebensversicherung ab. Versicherungsnehmer, Beitragszahler und Bezugsberechtigter war A. Nach seinem Tod am 3. Januar 1981 war Versicherungsnehmerin, Beitragszahlerin und Bezugsberechtigte die Klägerin.

Im Jahr 1986 veräußerte die Klägerin die Beteiligung, deren Risiken die Lebensversicherung abdecken sollte. Mit Erklärung vom 2. Januar 1989 trat sie die Rechte aus der Versicherung sicherungshalber an die ... Bank ab.

Die Lebensversicherung war in den Bilanzen bis einschließlich 1988 als Betriebsvermögen, in den Vermögensaufstellungen zur Ermittlung der Einheitswerte des Betriebsvermögens auf den 1. Januar 1988 und 1. Januar 1989 als Besitzposten (Rechnungsabgrenzungsposten) ausgewiesen. Erst nach dem Tod von X am 6. Juni 1990, nachdem das Versicherungsunternehmen der Klägerin die Auszahlung der Versicherungssumme angekündigt hatte, wurde die Lebensversicherung im Zuge der Bilanzerstellungsarbeiten zum 31. Dezember 1989 mit dem Buchwert ausgebucht; auch in der am 15. Oktober 1990 eingereichten Vermögensaufstellung auf den 1. Januar 1990 war sie nicht mehr enthalten.

Bei einer Betriebsprüfung für die Jahre 1987 bis 1989 (Stichtage 1. Januar 1988 bis 1. Januar 1990) behandelte der Prüfer die Lebensversicherung weiter als Betriebsvermögen.

Bei der Gewinnermittlung machte er deshalb die Ausbuchung für das Jahr 1989 wieder rückgängig. Darüber hinaus minderte er wegen einer erst 1989 zu aktivierenden Jahresprämienzahlung den Gewinn für 1988 um 34 012 DM und erhöhte den Gewinn für 1989 um 20 738 DM. Für 1987 ergab sich keine Gewinnauswirkung.

Bei der Ermittlung des Einheitswerts des Betriebsvermögens setzte er die Lebensversicherung als Besitzposten an (1. Januar 1988: 181 400 DM, 1. Januar 1989: 204 075 DM, 1. Januar 1990: 226 750 DM).

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) folgte in entsprechenden Änderungsbescheiden den Prüfungsfeststellungen. Die hiergegen gerichteten Einsprüche hatten keinen Erfolg.

Die daraufhin erhobenen Klagen hat das Finanzgericht (FG) als unbegründet abgewiesen (Entscheidungen der Finanzgerichte - EFG - 1995, 469).

Hiergegen richtet sich die Revision der Klägerin, mit der die Verletzung materiellen Rechts gerügt wird.

Das FA beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist nicht begründet. Das FG hat zutreffend den Anspruch aus der streitigen Lebensversicherung dem Betriebsvermögen zugerechnet.

1.

Es handelt sich bei der streitigen Lebensversicherung nicht um notwendiges Privatvermögen.

Wie der Bundesfinanzhof (BFH) mehrfach entschieden hat, gehört ein Anspruch aus einer Versicherung zum notwendigen Privatvermögen, soweit das versicherte Risiko privater Natur und mithin der Abschluß der Versicherung privat veranlaßt ist (Urteile vom 7. Oktober 1982 IV R 32/80, BFHE 137, 19, BStBl. II 1983, 101; vom 11. Mai 1989 IV R 56/87, BFHE 157, 152, BStBl. II 1989, 657; vom 10. April 1990 VIII R 63/88, BFHE 161, 440, BStBl. II 1990, 1017; vom 8. November 1990 IV R 127/86, BFHE 163, 530, BStBl. II 1991, 505; vom 13. März 1991 VIII R 70/89, BFH/NV 1991, 736). Das ist insbesondere dann der Fall, wenn die Versicherung von einem Unternehmen auf das Leben oder den Todesfall des (Mit-)Unternehmers oder eines nahen Angehörigen abgeschlossen worden ist. In einem solchen Fall reicht wegen des außerbetrieblichen Charakters des versicherten Risikos der Umstand, daß die Versicherung der Absicherung eines betrieblichen Kredits dienen sollte nicht aus, um die betriebliche Veranlassung zu begründen.

Hieraus läßt sich aber nicht der Schluß ziehen, daß Lebensversicherungen wegen ihrer Anknüpfung an persönliche Umstände stets dem notwendigen Privatvermögen zuzurechnen wären. Schließt ein Unternehmen einen Versicherungsvertrag auf das Leben oder den Tod eines fremden Dritten (beispielsweise eines Arbeitnehmers oder auch eines Geschäftspartners) ab und ist Bezugsberechtigter nicht der Dritte, sondern das Unternehmen, so dienen die persönlichen Umstände des Versicherten lediglich als Bemessungsgrundlage für die Höhe der Versicherungsprämie und für den Eintritt des Versicherungsfalls (Horlemann, Der Betrieb - DB - 1993, 2096, 2097). Insoweit unterscheiden sich derartige Fälle von denen, in denen versichertes Risiko das Leben des (Mit-)Unternehmers ist. Diese Betrachtung entspricht dem Grundsatz, daß Kosten der Lebensführung i. S. des § 12 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) nur Aufwendungen für die privaten Bedürfnisse des Steuerpflichtigen selbst und seiner Angehörigen sind (vgl. auch die Anmerkung zum angefochtenen Urteil in EFG 1995, Beilage 6, S. 24).

Die Richtigkeit dieser Überlegungen ergibt sich auch aus der Vorschrift des § 4b EStG. Diese Vorschrift geht davon aus, daß Versicherungen auf das Leben eines Dritten (z. B. eines Arbeitnehmers) betrieblich veranlaßt sein können und somit nicht notwendigerweise zum Privatvermögen des Unternehmers gehören. Ist Bezugsberechtigter einer betrieblich veranlaßten Lebensversicherung der Betriebsinhaber, sind die Ansprüche in seinem Betriebsvermögen zu aktivieren (R 26 Abs. 3 der Einkommensteuer-Richtlinien; Reuter, Die Lebensversicherung im Steuerrecht, 7. Aufl., S. 136, 156 ff.; Gosch in Kirchhoff/Söhn, Einkommensteuergesetz, § 4b Rdnr. B 69).

Kann somit die private Veranlassung im Streitfall nicht aus der Natur des versicherten Risikos hergeleitet werden, so müßte sie sich aus anderen Gesichtspunkten ergeben, wenn der Anspruch aus der Versicherung zum notwendigen Privatvermögen gehören sollte. Solche Gesichtspunkte sind jedoch nicht zu erkennen. Anlaß zum Abschluß des Versicherungsvertrages war offenbar zunächst das Bestreben, etwaige aus dem Tod des Herrn X resultierende Risiken für die Beteiligungen des Herrn A abzudecken. Nach Veräußerung der Beteiligungen mag der Gedanke im Vordergrund gestanden haben, eine Kapitalanlage mit der Möglichkeit der Beleihung zu betrieblichen Zwecken zu besitzen. Beide Motive reichen zwar nicht aus, um eine evtl. private Mitveranlassung in den Hintergrund treten zu lassen, sie sind aber naturgemäß nicht geeignet, ihrerseits eine private Veranlassung zu indizieren.

Sollte sich aus dem Erlaß des Ministeriums der Finanzen Sachsen-Anhalt vom 7. April 1992 (Deutsches Steuerrecht - DStR - 1992, 754) sowie den Verfügungen der Oberfinanzdirektionen München und Nürnberg (vom 28. Mai 1993, DB 1993, 1324, und vom 3. Juni 1993, DStR 1993, 1258 ) etwas anderes ergeben, könnte der Senat dem unter den Verhältnissen des Streitfalles nicht folgen.

2.

Zu Recht hat das FG auch angenommen, daß die Versicherung mindestens zum gewillkürten Betriebsvermögen der Klägerin gehörte. Nach dem vorstehend Ausgeführten war sie jedenfalls geeignet, dem Betriebsvermögen zu dienen. Sie war hierzu ausweislich ihrer Aktivierung in den Bilanzen bis zum Stichtag 31. Dezember 1988 auch bestimmt. Wie das FG weiter zutreffend ausgeführt hat, kann dahinstehen, ob es (im Falle gewillkürten Betriebsvermögens) möglich wäre, die (als erfolgsneutral beabsichtigte) Ausbuchung im Jahre 1990 in eine (erfolgswirksame) Entnahme umzudeuten. Eine solche Entnahme könnte steuerlich jedenfalls nicht zurückwirken (Senatsurteil vom 15. April 1993 IV R 12/91, BFH/NV 1994, 87).

3.

Wirtschaftsgüter, die zum (auch nur gewillkürten) Betriebsvermögen i. S. des § 4 EStG gehören, sind zugleich "Teile einer wirtschaftlichen Einheit, die dem Betrieb eines Gewerbes als Hauptzweck dient" (§ 95 des Bewertungsgesetzes in der in den Streitjahren geltenden Fassung; vgl. Gürsching/Stenger, Kommentar zum Bewertungsgesetz und Vermögensteuergesetz, § 95 BewG bis 1992, Rdnr. 39). Das gilt auch für Versicherungen, die auf das Leben eines Dritten abgeschlossen sind, bei denen es aber an einem (unbedingten) Anspruch des Versicherten auf Auszahlung der Versicherungssumme fehlt (Schleswig-Holsteinisches FG, Urteil vom 19. Juni 1980 II 292/75, EFG 1980, 479; bestätigt durch BFH-Urteil vom 25. November 1987 II R 185/80, BFHE 152, 141, BStBl. II 1988, 196).

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