Normen
§ 36 Abs. 2 Nr. 3 EStG
§ 46 Abs. 2 AO
Tatbestand:
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) zeigte am 15. August 1988 dem Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt - FA -) die Abtretung eines Einkommensteuererstattungsanspruchs 1988 ihres damaligen Mandanten und beherrschenden Gesellschafters S in Höhe von 276 250 DM an. Der Erstattungsanspruch ergab sich aus einer am 20. Juni 1988 vorgenommenen Dividendenausschüttung aus dem Geschäftsjahr 1986 an den Alleingesellschafter S und dem daraus resultierenden anrechenbaren Körperschaftsteuer- und Kapitalertragsteuerguthaben. Das FA wies die Klägerin auf die Unwirksamkeit der Abtretungsanzeige hin, da diese vor Entstehung des Einkommensteuererstattungsanspruchs 1988 bei ihm eingegangen sei. Am 27. Oktober 1988 wurde über das Privatvermögen des Zedenten das Konkursverfahren eröffnet. Am 2. Januar 1989 ging erneut eine vom Zedenten unterschriebene Abtretungsanzeige über den an die Klägerin abgetretenen Einkommensteuererstattungsanspruch 1988 beim FA ein.
Das FA rechnete gegenüber dem Konkursverwalter gegen den streitigen Steuererstattungsanspruch mit Haftungsschulden des S in voller Höhe auf. Daraufhin erklärte die Klägerin ihrerseits die Aufrechnung mit dem Erstattungsanspruch gegenüber eigenen Steuerschulden in Höhe von 126 214 DM. In dem von der Klägerin beantragten Abrechnungsbescheid ging das FA von der Unwirksamkeit der Abtretung des Einkommensteuererstattungsanspruchs 1988 des S an die Klägerin aus. Die nach erfolglosem Einspruch gegen den Abrechnungsbescheid erhobene Klage wurde vom Finanzgericht (FG) abgewiesen.
Entscheidungsgründe
Das FG hat zu Recht entschieden, daß die Abtretung des Einkommensteuererstattungsanspruchs 1988 des S an die Klägerin mangels wirksamer Anzeige an das FA nicht rechtswirksam geworden ist. Das FA konnte somit gegenüber dem Konkursverwalter mit Haftungsansprüchen gegen S gegen dessen Steuererstattungsanspruch, der zur Konkursmasse gehörte (§ 1 Abs. 1 der Konkursordnung - KO -), aufrechnen (§ 226 Abs. 1 der Abgabenordnung - AO 1977 -, § 387 des Bürgerlichen Gesetzbuches - BGB -, §§ 53, 54 Abs. 1 KO; vgl. auch Urteil des Senats vom 9. Februar 1993 VII R 12/92, BFHE 170, 300 , BStBl II 1994, 207 m. w. N.). Die nachfolgende Aufrechnung der Klägerin mit dem abgetretenen Steuererstattungsanspruch des S gegen ihre eigenen Steuerschulden in Höhe von 126 214 DM war unwirksam, weil die Klägerin mangels Wirksamkeit der Abtretung nicht Rechtsinhaberin der Gegenforderung geworden war (§ 387 BGB). Der angefochtene Abrechnungsbescheid, der die Steuerschulden der Klägerin als nicht durch die Aufrechnung getilgt ausweist, ist somit rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).
1. Nach § 46 Abs. 1 AO 1977 können Ansprüche auf Erstattung von Steuern abgetreten und verpfändet werden. Die Abtretung wird jedoch erst wirksam, wenn sie der Gläubiger in der in § 46 Abs. 3 AO 1977 vorgeschriebenen Form der zuständigen Finanzbehörde nach Entstehung des Anspruchs anzeigt (§ 46 Abs. 2 AO 1977). Nach § 46 Abs. 3 AO 1977 ist die Abtretung der zuständigen Finanzbehörde unter Angabe des Abtretungsempfängers sowie der Art und Höhe des abgetretenen Anspruchs und des Abtretungsgrundes auf einem amtlich vorgeschriebenen Vordruck anzuzeigen. Die Anzeige ist vom Abtretenden und vom Abtretungsempfänger zu unterschreiben (§ 46 Abs. 3 Satz 2 AO 1977). Die in § 46 Abs. 3 AO 1977 vorgeschriebene formalisierte Abtretungsanzeige soll die Abtretenden davor schützen, ihre Erstattungsansprüche unüberlegt, zu unangemessenen Bedingungen oder an unseriöse Zessionare abzutreten. Darüber hinaus soll die einheitliche Gestaltung des amtlichen Vordrucks dem FA die Bearbeitung der Erstattungsanträge erleichtern (Begründung der Bundesregierung, BTDrucks 7/2852, S. 47, und Urteil des Senats vom 25. Juni 1985 VII R 195/82, BFHE 144, 2, 5, BStBl II 1985, 572 m. w. N.).
Die Abtretungsanzeige ist materielle Wirksamkeitsvoraussetzung und Tatbestandsmerkmal der Abtretung. Ohne sie liegt eine rechtswirksame Abtretung überhaupt nicht vor, und zwar nicht nur gegenüber dem Steuergläubiger, sondern auch nicht im Verhältnis zwischen Abtretenden und Abtretungsempfänger (so: Urteil des Bundesgerichtshofs - BGH - vom 30. November 1977 VIII ZR 26/76, Der Betrieb - DB - 1978, 291; ebenso: Schwarz, Abgabenordnung, § 46 Anm. 11; Boeker in Hübschmann/Hepp/Spitaler, Abgabenordnung und Finanzgerichtsordnung, 10. Aufl., § 46 AO 1977 Rdnr. 16).
Wie der BGH in dem vorstehend zitierten Urteil ausgeführt hat, erweitert das Erfordernis der Anzeige den in § 398 BGB geregelten Tatbestand der Forderungsübertragung durch Abtretung für den dem öffentlichen Recht angehörenden Steuererstattungsanspruch (vgl. Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 15. Aufl., § 46 AO 1977 Tz. 3 m. w. N.). Entgegen der Auffassung der Revision ist das BGH-Urteil in DB 1978, 291 nicht deshalb durch die Rechtsprechung des BFH überholt, weil dieser aufschiebend bedingte Steuererstattungsansprüche anerkennt. Das hierfür von der Revision zitierte Senatsurteil in BFHE 170, 300 , BStBl II 1994, 207 bejaht die Aufrechnungsbefugnis des FA als Gläubiger des Gemeinschuldners gegen Erstattungsansprüche, die im Zeitpunkt der Konkurseröffnung aufschiebend bedingt entstanden waren (§ 54 Abs. 1 KO). Es trifft aber keine Aussage darüber, unter welchen Voraussetzungen Steuererstattungsansprüche rechtswirksam abgetreten werden können. Nur darum geht es im Streitfall.
2. Im Streitfall ist zwar die Abtretung des Einkommensteuererstattungsanspruchs 1988 des S an die Klägerin dem FA am 15. August 1988 angezeigt worden. Die Abtretung ist aber nach § 46 Abs. 2 AO 1977 nicht rechtswirksam, weil die Anzeige nicht nach Entstehung des Anspruchs erfolgt ist. Eine vor der Entstehung des Anspruchs angezeigte Abtretung wird auch nicht mit der Entstehung des Anspruchs wirksam, weil die Finanzbehörde sich - wie die Gesetzesbegründung belegt - nicht schon vor der Entstehung des Anspruchs mit dessen Abtretung befassen soll (BRDrucks 23/71, S. 171; Tipke/Kruse, a. a. O., § 46 AO 1977 Tz. 2 und Tz. 5 c).
a) Der Einkommensteuererstattungsanspruch, der sich - wie hier - aufgrund anrechenbarer Körperschaftsteuer und Kapitalertragsteuer ergibt (§ 36 Abs. 2 Nr. 2 und 3 des Einkommensteuergesetzes - EStG -), entsteht - wie die Einkommensteuerschuld - gemäß § 38 AO 1977 i. V. m. § 36 Abs. 1 EStG mit Ablauf des Veranlagungszeitraums (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 22. Mai 1979 VIII R 58/77, BFHE 128, 146, BStBl II 1979, 639, 640; Hein, Überlegungen zur Entstehung des steuerrechtlichen Erstattungsanspruchs, Deutsches Steuerrecht 1990, 301, 303). Vor diesem Zeitpunkt steht nicht fest, ob für das Kalenderjahr eine Einkommensteuer entstanden ist, die niedriger ist als die anzurechnenden Steuerbeträge, und ob sich somit ein Erstattungsanspruch ergibt. Das gilt gleichermaßen für die Anrechnung von Vorauszahlungen, die der Steuerpflichtige selbst geleistet hat, wie für die Anrechnung von Körperschaftsteuer nach § 36 Abs. 2 Nr. 3 EStG, die für ihn eine fremde Schuld darstellt (vgl. BFH-Beschluß vom 9. Februar 1982 VIII B 132/81, BFHE 135, 303, BStBl II 1982, 401, 402).
Da der hier abgetretene Einkommensteuererstattungsanspruch 1988 des S erst mit Ablauf des Jahres 1988 entstanden ist, konnte somit seine Abtretung an die Klägerin gemäß § 46 Abs. 2 AO 1977 dem FA nicht bereits am 15. August 1988 (vor dem Entstehungszeitpunkt) angezeigt werden. Da eine wirksame Abtretungsanzeige nicht vorliegt, ist nach den vorstehenden Ausführungen die Abtretung an die Klägerin nicht wirksam geworden.
b) Der Senat vermag nicht der Auffassung der Revision zu folgen, der abgetretene Erstattungsanspruch sei bereits vor der Abtretungsanzeige vom 15. August 1988 im Zeitpunkt der Dividendenausschüttung an S am 20. Juni 1988 entstanden, weil die anrechenbare Körperschaftsteuer und Kapitalertragsteuer auf dieser Ausschüttung beruhe. Wenn auch nach § 20 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 EStG die anzurechnende und zu vergütende Körperschaftsteuer als zusammen mit den Einnahmen (Dividenden) bezogen gilt - entsprechendes gilt für den Zeitpunkt der Entstehung der Kapitalertragsteuer gemäß § 44 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 EStG -, so kann daraus (auch im Umkehrschluß) nichts für den Zeitpunkt der Entstehung des Steuererstattungsanspruchs hergeleitet werden. Denn ob ein solcher infolge Anrechnung auf die Einkommensteuer (§ 36 Abs. 2 EStG) überhaupt zur Entstehung gelangt, ergibt sich erst aufgrund der gesamten Besteuerungsgrundlagen, die der Einkommensteuerveranlagung zugrunde zu legen sind, nach Ablauf des Kalenderjahres (Veranlagungszeitraums). Der Anspruch auf Anrechnung der Körperschaftsteuer/Kapitalertragsteuer kann folglich nicht selbständig abgetreten werden (Boeker in Hübschmann/Hepp/Spitaler, a. a. O., § 46 AO 1977 Rdnr. 7; R 213f. der Einkommensteuer-Richtlinien 1993); abtretbar ist nur der Anspruch auf überzahlte Einkommensteuer nach Anrechnung der Körperschaftsteuer und Kapitalertragsteuer.
Ob sich im Falle der Vergütung der anrechenbaren Körperschaftsteuer gemäß § 36b Abs. 1 EStG (z. B. bei Nichtveranlagung) ein anderer Zeitpunkt für die Entstehung des Erstattungs- bzw. Vergütungsanspruchs ergibt, braucht der Senat nicht zu entscheiden. Denn im Streitfall ist nach der vom FG in bezug genommenen Abtretungsanzeige, die gemäß § 46 Abs. 3 AO 1977 die Art des abgetretenen Anspruchs enthalten muß, nicht ein Anspruch auf Vergütung von Körperschaftsteuer, sondern der Anspruch aufgrund des "Lohnsteuer-Jahresausgleichs bzw. der Einkommensteuerveranlagung für 1988" abgetreten worden.
3. Da die Abtretung des Erstattungsanspruchs an die Klägerin vor der Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen des S am 27. Oktober 1988 gemäß § 46 Abs. 2 AO 1977 nicht wirksam geworden und somit keine Änderung der Rechtsinhaberschaft eingetreten ist, ist der Einkommensteuererstattungsanspruch 1988 mit der Konkurseröffnung in die Konkursmasse gefallen (§ 1 Abs. 1 KO). Er konnte nach diesem Zeitpunkt nicht mehr von der Klägerin mit Wirkung gegenüber den Konkursgläubigern erworben werden, auch wenn der Erwerb nicht auf einer Rechtshandlung des Gemeinschuldners beruhen sollte (§ 15 KO; so auch das BGH-Urteil in DB 1978, 291, 292 a. E.).
Entgegen der Auffassung der Revision stellt der Erstattungsanspruch keinen konkursfreien Neuerwerb des Zedenten und Gemeinschuldners S dar. Zwar ist der Erstattungsanspruch steuerrechtlich erst nach der Konkurseröffnung entstanden (vgl. oben 2.). Die Frage, welchem Vermögen Steuerforderungen und Steuererstattungsansprüche zuzuordnen sind, bestimmt sich aber nach den Regeln des Konkursrechts. Maßgeblich dafür, ob ein Steuererstattungsanspruch zur Konkursmasse gehört (§ 1 Abs. 1 und § 3 Abs. 1 KO) oder als konkursfreier Neuerwerb angesehen werden muß, ist danach nicht der Zeitpunkt der Vollrechtsentstehung, sondern der Zeitpunkt, in dem nach konkursrechtlichen Grundsätzen der Rechtsgrund für den Anspruch gelegt worden ist (ständige Rechtsprechung; vgl. BFH-Urteile in BFHE 128, 146, BStBl II 1979, 639, 640, und vom 21. September 1993 VII R 119/91, BFHE 172, 308, 310 , BStBl II 1994, 83 m. w. N.).
Dieser Rechtsgrund im konkursrechtlichen Sinne ist vorliegend bereits mit der Auszahlung der Dividende an S am 20. Juni 1988 - und damit vor der Konkurseröffnung (27. Oktober 1988) - gelegt worden; denn mit dem Zufluß dieser Kapitalerträge gilt die anzurechnende Körperschaftsteuer als bezogen (§ 20 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 EStG) und ist die Kapitalertragsteuer entstanden (§ 44 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 EStG). Der Gemeinschuldner hatte damit einen Anspruch auf Anrechnung (§ 36 Abs. 2 EStG) und auf Erstattung dieser Steuerbeträge erlangt unter der aufschiebenden Bedingung, daß am Jahresende die geschuldete Einkommensteuer geringer sein würde als die Summe der Anrechnungsbeträge (§ 36 Abs. 4 Satz 2 EStG). Der abgetretene Einkommensteuererstattungsanspruch 1988 gehört somit zur Konkursmasse.
Die Revision meint zu Unrecht, daß diese Rechtsfolge nur für Erstattungsansprüche gelte, die auf Einkommensteuervorauszahlungen beruhten, nicht aber für die anrechenbare Körperschaftsteuer (§ 36 Abs. 2 Nr. 3 EStG), die als Steuer eines Dritten (der Kapitalgesellschaft) vom Steuerpflichtigen nicht selbst entrichtet worden sei. Die von der Kapitalgesellschaft geschuldete bzw. entrichtete Körperschaftsteuer wirkt wirtschaftlich wie eine Kapitalertragsteuer bzw. wie eine Vorauszahlung auf die Einkommensteuer des Anteilseigners, und die Entlastung ist rechtstechnisch im Wege der Anrechnung auf die Einkommensteuerschuld ebenso wie bei den geleisteten Vorauszahlungen ausgestaltet (BFH in BFHE 135, 303, BStBl II 1982, 401, 402, und Beschluß vom 24. März 1987 I B 117/86, BFHE 149, 468, BStBl II 1987, 508, 510).
Entgegen dem Vorbringen der Revision kann aus den vorstehend zitierten Entscheidungen hinsichtlich der Zugehörigkeit des Einkommensteuererstattungsanspruchs zur Konkursmasse bei der Anrechnung der Körperschaftsteuer kein anderes Ergebnis hergeleitet werden als bei dem Erstattungsanspruch, der auf der Anrechnung von Vorauszahlungen beruht. Daß die Zuordnung eines Erstattungsanspruchs zur Konkursmasse nicht zwingend eine Minderung des vorkonkurslichen Vermögens und damit der Masse voraussetzt, ergibt sich bereits aus dem Senatsurteil in BFHE 172, 308, 313, 314, BStBl II 1994, 83 (Vorsteuerguthaben des Gemeinschuldners aus der Sequestervergütung).
4. a) Das Verwaltungs- und Verfügungsrecht an dem zur Konkursmasse gehörenden Erstattungsanspruch ist auf den Konkursverwalter übergegangen (§ 6 Abs. 1 und 2 KO); deshalb sind Rechtshandlungen, welche der Gemeinschuldner erst nach der Konkurseröffnung in bezug auf diesen Anspruch vorgenommen hat, den Konkursgläubigern gegenüber, zu denen im Streitfall auch das FA gehörte, unwirksam (§ 7 Abs. 1 KO). Das gilt unabhängig davon, ob es nach der wegen vorzeitiger Abgabe der Abtretungsanzeige gemäß § 46 Abs. 2 AO 1977 fehlgeschlagenen Abtretung des Anspruchs (vgl. oben 2.a) eines erneuten Abtretungsvertrages (§ 398 BGB) bedarf, auch für die Abtretungsanzeige, die hier - diesmal nach der Entstehung des Erstattungsanspruchs - am 2. Januar 1989 beim FA eingegangen ist. Da die Abtretungsanzeige nach § 46 Abs. 2 AO 1977 eine materielle Wirksamkeitsvoraussetzung für die Abtretung des steuerlichen Erstattungsanspruchs darstellt, stellt sie - entgegen der Auffassung der Revision - eine Rechtshandlung (Verfügung) dar, die der Gemeinschuldner nach der Konkurseröffnung nicht mehr wirksam vornehmen kann (§ 6 Abs. 1, § 7 Abs. 1 KO; vgl. auch Kilger/ Karsten Schmidt, Konkursordnung, 16. Aufl., § 7 Anm. 1). Die am 2. Januar 1989 dem FA angezeigte Abtretung ist somit unwirksam, weil die Anzeige von S, der als Gemeinschuldner hierzu nicht mehr befugt war, unterschrieben worden ist.
b) Soweit die Revision die Auffassung vertritt, eine (unwirksame) Rechtshandlung i. S. des § 7 Abs. 1 KO liege nicht vor, weil die Bekanntgabe der Abtretungsanzeige auch von der Klägerin (Zessionarin) vorgenommen werden konnte, vermag der Senat dem nicht zu folgen. § 46 Abs. 2 AO 1977 setzt eine Anzeige durch den (bisherigen) Gläubiger voraus, der allerdings nach der Rechtsprechung des Senats den Abtretungsempfänger bevollmächtigen kann, die von ihm unterschriebene Abtretungsanzeige dem FA zu übermitteln bzw. seine Genehmigung zu der Einreichung der Anzeige durch den Abtretungsempfänger erteilen kann (Urteil vom 22. März 1994 VII R 117/92, BFHE 174, 112 , BStBl II 1994, 789). Es kann dahinstehen, ob eine solche Bevollmächtigung (Genehmigung) durch den S im Streitfall vorlag. Selbst wenn dies der Fall gewesen sein sollte, ändert dies nichts daran, daß die Abtretungsanzeige als Rechtshandlung von dem Zedenten und Gemeinschuldner S stammte, der hierzu nicht mehr befugt war.
c) Zu Unrecht macht die Klägerin auch geltend, S habe die am 2. Januar 1989 beim FA eingegangene Abtretungsanzeige ohne Zustimmung des Konkursverwalters abgeben dürfen, weil dessen im Dezember 1988 erteilte Vollmacht zur Einreichung der Anzeige die Freigabe des Erstattungsanspruchs enthalte.
Die Freigabe eines Gegenstandes aus der Konkursmasse (vgl. § 114 KO) ist eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung seitens des Konkursverwalters gegenüber dem Gemeinschuldner, welche den Willen, die Massezugehörigkeit für die Dauer aufzugeben, bestimmt erkennen läßt (Kilger/Karsten Schmidt, a. a. O., § 6 Anm. 4 d aa). Sie hat zur Folge, daß der freigegebene Gegenstand konkursfreies Vermögen des Gemeinschuldners wird.
Eine solche eindeutig erkennbare Freigabeerklärung des Konkursverwalters hinsichtlich des Steuererstattungsanspruchs des S hat das FG im Streitfall nicht festgestellt. In dem Tatbestand der Vorentscheidung wird lediglich als mündliches Vorbringen des Geschäftsführers der Klägerin erwähnt, der Konkursverwalter habe im Dezember 1988 mündlich die Vollmacht erteilt, die Abtretungsanzeige bezüglich des Erstattungsanspruchs Anfang 1989 erneut beim FA einzureichen, jedenfalls habe er nachträglich die erneute Anzeige vom 2. Januar 1989 gebilligt. Das FG ist aber in tatsächlicher Hinsicht nicht davon ausgegangen, daß in dieser angeblichen Genehmigung eine als Freigabeerklärung gegenüber dem Gemeinschuldner erkennbare Willenserklärung des Konkursverwalters zu sehen sei. Denn es hat in den Entscheidungsgründen ausgeführt, daß der Steuererstattungsanspruch des S zur Konkursmasse gehört und deshalb - seiner Ansicht nach - der Konkursverwalter den Abtretungsvertrag für den Gläubiger des Erstattungsanspruchs hätte schließen und die Abtretung dem FA hätte anzeigen müssen. Der Senat ist an diese tatsächliche Würdigung des FG - keine Freigabeerklärung des Konkursverwalters - gebunden (§ 118 Abs. 2 FGO), da zulässige und begründete Verfahrensrügen gegen sie nicht erhoben worden sind.
d) Es kann unentschieden bleiben, ob der Konkursverwalter unter Berücksichtigung seiner Verpflichtungen gegenüber der Konkursmasse bzw. den Konkursgläubigern berechtigt gewesen wäre, in Erfüllung des zwischen S und der Klägerin abgeschlossenen Abtretungsvertrages (§ 398 BGB) seinerseits die Abtretung des Erstattungsanspruchs dem FA anzuzeigen bzw. zu der Abtretungsanzeige des S, die am 2. Januar 1989 (nach Entstehung des Anspruchs) beim FA eingegangen ist, für sich allein aber eine nach § 7 Abs. 1 KO unwirksame Rechtshandlung ist, seine Zustimmung (vgl. §§ 182 ff. BGB) zu erteilen. Der Senat folgt jedenfalls der Auffassung des FG, daß im Hinblick auf die für steuerliche Erstattungsansprüche vorgeschriebene formalisierte Abtretungsanzeige (§ 46 Abs. 2 und 3 AO 1977) eine Abtretung, die dem FA nach Eröffnung des Konkursverfahrens angezeigt wird, nur wirksam werden kann, wenn die Mitwirkung des Konkursverwalters als Verfügungsberechtigter gemäß § 6 Abs. 2 KO aus der Anzeige ersichtlich ist.
Nach § 46 Abs. 3 AO 1977 ist in der Abtretungsanzeige u. a. der Abtretende - neben dem Abtretungsempfänger - anzugeben; der Abtretende muß auch die Anzeige unterschreiben (Satz 2). Wenn auch der Gemeinschuldner nach Eröffnung des Konkursverfahrens über sein Vermögen Rechtsinhaber seiner Forderungen und Eigentumsrechte bleibt (Kilger/Karsten Schmidt, a. a. O., § 6 Anm. 3a), so ist doch für die Wirksamkeit einer von ihm vorgenommenen Abtretung maßgeblich, daß mit der Eröffnung des Verfahrens das Verwaltungsund Verfügungsrecht über sein zur Konkursmasse gehörendes Vermögen auf den Konkursverwalter übergeht (§ 6 Abs. 1 und 2 KO) und deshalb Rechtshandlungen, die der Gemeinschuldner selbst vornimmt, den Konkursgläubigern gegenüber unwirksam sind (§ 7 Abs. 1 KO). Somit reicht auch für die Anzeige der Abtretung die Unterschrift des Gemeinschuldners als Abtretender auf der Abtretungsanzeige nicht aus. Vielmehr muß aus der Anzeige ersichtlich sein, daß der Konkursverwalter als nunmehr Verfügungsbefugter die Abtretung anzeigt bzw. seine Zustimmung zu der Abtretung und ihrer Anzeige an das FA erteilt hat.
Daß § 46 Abs. 3 Satz 2 AO 1977 den Sonderfall des Konkurses über das Vermögen des Abtretenden nicht erwähnt und hierfür keine speziellen Formerfordernisse aufstellt, steht der vorstehenden Auslegung nicht entgegen. Die Auffassung des FG und des erkennenden Senats verstößt weder - wie die Klägerin meint - gegen die Formstrenge des § 46 AO 1977 noch gegen den Grundsatz von Treu und Glauben, auch wenn sich aus dem Anzeigevordruck kein Hinweis auf die Erforderlichkeit ergänzender Angaben im Falle des Konkurses des Abtretenden ergibt.
Der Gesetzestext und der Anzeigevordruck sind auf den Normalfall der uneingeschränkten Verfügungsbefugnis des Abtretenden über seine Forderungen abgestellt. Fehlt aus besonderen Gründen (hier: Konkurs) die Verfügungsbefugnis über den abgetretenen Anspruch, so daß die Abtretung durch den Zedenten allein nicht wirksam vorgenommen werden kann, so liegt es auf der Hand, daß Mitwirkungshandlungen und Willenserklärungen des handlungsbefugten Dritten - die allein der Abtretung Wirksamkeit verleihen können - in der nach § 46 Abs. 2 und 3 AO 1977 vorgeschriebenen formalisierten Abtretungsanzeige zum Ausdruck gebracht werden müssen, auch wenn dieser Ausnahmefall in § 46 Abs. 3 AO 1977 und im Anzeigevordruck nicht angesprochen worden ist.
Dies folgt auch aus dem Zweck der formalisierten Abtretungsanzeige, die u. a. dem FA die Bearbeitung der Abtretungen und der Erstattungsanträge erleichtern soll. Das FA müßte anderenfalls vor der Auszahlung des Erstattungsbetrages von sich aus Nachforschungen anstellen, ob der Konkursverwalter der Abtretung und der Abtretungsanzeige zugestimmt hat, wenn ihm - wie im Streitfall - eine Abtretungsanzeige vorgelegt wird, die ohne weitere Angaben allein die Unterschrift des in Konkurs gefallenen Abtretenden trägt. Es ist deshalb unerheblich, ob der Zedent und der Konkursverwalter als - wie die Revision vorträgt - rechtskundige Personen des mit der Abtretungsanzeige bezweckten Schutzes nicht bedurft hätten.
Wenn auch im Streitfall dem FA die Abtretungsanzeige von der Klägerin als Zessionarin vorgelegt worden ist, was in den Fällen der Bevollmächtigung/Genehmigung durch den bisherigen Gläubiger nach § 46 Abs. 2 AO 1977 ohne Einhaltung bestimmter Formvorschriften zulässig sein kann (vgl. Senatsurteil in BFHE 174, 112 , BStBl II 1994, 789 und oben 3. b), so steht auch hier der Wirksamkeit der Abtretung entgegen, daß aus der Abtretungsanzeige die Zustimmung des Konkursverwalters, der gemäß § 6 Abs. 2 KO allein über den abgetretenen Anspruch hätte verfügen können, nicht ersichtlich ist.
e) Schließlich beruft sich die Revision für ihre Rechtsauffassung, nach § 46 Abs. 3 Satz 2 AO 1977 sei eine eigenhändige Unterschrift des Abtretenden - und damit auch hier des Konkursverwalters - auf der Abtretungsanzeige nicht erforderlich, im Streitfall zu Unrecht auf die Rechtsprechung des BFH, nach der bei Erteilung einer entsprechenden Vollmacht die Vertretung des Abtretenden bei Unterzeichnung der Abtretungsanzeige zulässig ist (Urteil vom 26. November 1982 VI R 205/81, BFHE 137, 150, 154, BStBl II 1983, 123, 125; vgl. auch Senatsurteil vom 27. Oktober 1987 VII R 170/84, BFHE 151, 115, 117, BStBl II 1988, 178).
Eine solche Vollmacht zur Leistung der Unterschrift gemäß § 46 Abs. 3 Satz 2 AO 1977 ist nach den vorstehenden Entscheidungen im Hinblick auf den Schutzzweck der Abtretungsanzeige nur wirksam, wenn sie der Vollmachtgeber in nachgewiesener Kenntnis des amtlichen Anzeigevordrucks erteilt hat. Diese Kenntnisnahme ist in geeigneter Weise, z. B. durch Erklärung in der Vollmachtsurkunde, nachzuweisen (BFHE 137, 150, BStBl II 1983, 123, 125).
Im Streitfall ist weder die Bevollmächtigung des S zur Unterzeichnung der Abtretungsanzeige durch den gemäß § 6 Abs. 2 KO verfügungsbefugten Konkursverwalter noch die Kenntnisnahme des Letzteren von dem Inhalt des amtlichen Anzeigevordrucks in der gebotenen Weise nachgewiesen worden. Die Klägerin hat lediglich behauptet, der Konkursverwalter habe der Ausfertigung der Abtretungsanzeige und ihrer Einreichung beim FA zugestimmt und er habe auch Kenntnis von dem amtlichen Anzeigevordruck gehabt. Dies reicht aber für die erforderliche ausdrückliche Bevollmächtigung des S zur Unterschriftsleistung in nachgewiesener Kenntnis des Anzeigeformulars durch den verfügungsbefugten Konkursverwalter nicht aus, zumal sich die Revision - nach den vorstehenden BFH-Entscheidungen zu Unrecht - stets darauf berufen hat, daß alle Erklärungen des Konkursverwalters im Zusammenhang mit der Abtretungsanzeige formlos erteilt werden könnten.