Normen
§ 19 Abs. 1 S. 1 EStG
§ 40 Abs. 1 EStG
Tatbestand:
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), ein Bankinstitut, schließt mit ihren Arbeitnehmern sog. Einstellungsverträge ab, in denen es u. a. heißt:
"16. Verbindlichkeiten
Aufgrund der Besonderheit eines Beschäftigungsverhältnisses in einer Bank wird Wert auf geordnete finanzielle Verhältnisse gelegt. Verbindlichkeiten jeglicher Art, die über den normalen Rahmen, d. h. über den Betrag von zwei Brutto-Monatsgehältern hinausgehen, müssen - ebenso wie Wechselverbindlichkeiten oder Bürgschaften in jeder Höhe - vor Eingehen der zuständigen Personalabteilung angezeigt werden.
17. Anderweitige Konten
Die Bank wünscht, daß
a) Konten nicht bei anderen Geldinstituten geführt werden,
b) Geschäfte sonstiger Art, z. B. An- und Verkauf von Wertpapieren, nicht mit anderen Kreditinstituten gemacht werden."
Sofern die Arbeitnehmer - dem Wunsch der Klägerin entsprechend - bei dieser ein (gebührenfreies) Girokonto unterhielten, wurden ihnen von der Klägerin in dem hier streitigen Zeitraum vom 1. Januar 1975 bis 31. Dezember 1980 kostenlos Eurocheque (ec)-Karten und entsprechende ec-Vordrucke zur Verfügung gestellt. Im Durchschnitt erhielt jeder begünstigte Arbeitnehmer 41 Scheckvordrucke je Kalenderjahr, wobei sich die Anzahl der Vordrucke im einzelnen jeweils nach dem persönlichen Bedarf des Arbeitnehmers richtete. Den übrigen Bankkunden wurden ausnahmslos für die ec-Karten 5 DM p. a. und für den Scheckvordruck je 0,10 DM berechnet.
Nach Durchführung einer Lohnsteuer-Außenprüfung sah der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) diese Zuwendungen als lohnsteuerpflichtige geldwerte Vorteile an und erhob hierauf entfallende Lohnsteuer durch Nachforderungsbescheid mit den für die einzelnen Jahre ermittelten Nettopauschsteuersätzen. Wie das Finanzgericht (FG) später feststellte, entsprach die Steuererhebung im Pauschalierungsweg einem entsprechenden Antrag der Klägerin.
Auf den Einspruch der Klägerin hin änderte das FA diesen Bescheid gemäß § 172 Abs. 1 Nr. 2a der Abgabenordnung (AO 1977), indem es nunmehr Bruttopauschsteuersätze zugrunde legte.
In der Einspruchsentscheidung ermäßigte das FA den Lohnsteuernachforderungsbetrag erneut auf den jetzt noch streitigen Betrag.
Die erneute Herabsetzung beruhte darauf, daß - entsprechend dem Vortrag der Klägerin - ein geldwerter Vorteil der Arbeitnehmer insoweit nicht angenommen wurde, als die Gewährung der ec-Formulare die Arbeitnehmer in die Lage versetzte, in den Räumen der Klägerin Bargeldabhebungen vorzunehmen. Unter Berücksichtigung der letzten Korrektur ist das FA von einer Zuwendung von 7,10 DM je Arbeitnehmer und Jahr (5 DM für die ec-Karte, 2,10 DM für 21 ec-Formulare) ausgegangen.
Die gegen die Einspruchsentscheidung gerichtete Klage hatte keinen Erfolg. Das FG führte in dem in den Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1986, 495 veröffentlichten Urteil im wesentlichen aus:
Zu Recht habe das FA die Klägerin auf deren Antrag hin gemäß § 40 Abs. 3 i. V. m. § 40 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 und 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) für die den Arbeitnehmern gewährten Zuwendungen in Anspruch genommen. Insoweit sei den Arbeitnehmern lohnsteuerpflichtiger Arbeitslohn gewährt worden. Sie hätten mit den streitigen Zuwendungen einen zusätzlichen geldwerten Vorteil erhalten, da sie die sonst anfallenden Ausgaben in Höhe der banküblichen Gebühren erspart hätten; hierdurch seien sie objektiv bereichert. Insbesondere sei ihnen der Vorteil nicht in Form einer aufgedrängten Bereicherung zugewandt worden. Vielmehr hätten sie sich entscheiden können, ob sie von dem Angebot der Klägerin Gebrauch machen wollten oder nicht. Einem rechtlichen Zwang hätten sie nicht unterlegen, da die Entgegennahme der ec-Karten bzw. ec-Formulare nicht Bestandteil des Arbeitsvertrages in Form einer obligatorischen Verpflichtung gewesen sei. Nach Lage der Dinge hätten sie auch keinem psychischen oder sozialen Zwang unterlegen. Jedenfalls habe die Klägerin nicht vorgetragen, daß den Arbeitnehmern durch ein Nichtgebrauchmachen von dem Angebot irgendwelche Nachteile gedroht hätten. Wenn überhaupt ein Druck auf den einzelnen Arbeitnehmer laste, so basiere dieser auf Ziffer 17 der Einstellungsverträge und im dort formulierten (von der Klägerin selbst als Verpflichtung der Arbeitnehmer verstandenen) Wunsch zu einer Kontohaltung bei der Klägerin. Die Ausgabe der ec-Karten bzw. ec-Formulare möge Anreiz gegeben haben, "diesem - vertraglichen - Druck" eher nachzugeben und ungeachtet irgendwelcher Widerstände vor einer Offenbarung der persönlichen Verhältnisse dem Wunsch der Klägerin zu entsprechen. Gleichwohl sei dies in jedem Fall freiwillig geschehen.
Die Vorteile seien den Arbeitnehmern auch "für" eine Beschäftigung im Dienst der Klägerin gewährt worden. Insoweit reiche nach der neueren Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) aus, daß die Vorteile durch das individuelle Beschäftigungsverhältnis veranlaßt seien. Das sei u. a. nicht der Fall, wenn der Arbeitgeber die den Vorteil bewirkenden Aufwendungen im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse tätige. Hier seien die Zuwendungen jedoch "in erster Linie für ein entsprechendes Verhalten der Arbeitnehmer" gewährt worden. Dieses Verhalten bestehe zwar nicht in einer konkreten und individuellen Dienst- oder Arbeitsleistung, wohl aber in einer arbeitsvertraglich fixierten Nebenverpflichtung jedes Arbeitnehmers, Konten nicht bei anderen Geldinstituten zu führen. Dabei handele es sich um eine Nebenabrede, die letztlich der Kontrolle der in Ziffer 16 der Einstellungsverträge enthaltenen Verpflichtung zu geordneten finanziellen Verhältnissen diene. Die Hingabe der ec-Karten und ec-Formulare stelle aus der Sicht der Klägerin und auch aus der insoweit maßgeblichen Sicht der Arbeitnehmer einen Anreiz dar, damit zugleich aber auch eine Abgeltung, gewissermaßen eine "Belohnung" für "zwar freiwilliges, indes arbeitsvertraglich abgesichertes und vom Arbeitgeber erwünschtes, mithin vertragskonformes Verhalten der Arbeitnehmer und der hierdurch bedingten und von diesen hingenommenen Unannehmlichkeit, ihre Vermögensverhältnisse gegenüber dem Arbeitgeber zu offenbaren". Auch hierin liege dann aber - im weitesten Sinne - eine Gegenleistung für die zur Verfügungstellung der Arbeitskraft.
Es sei nicht zu verkennen, daß die Klägerin auch gewisse Eigeninteressen verfolge, insbesondere fortlaufend Einblick in die Vermögensverhältnisse der Arbeitnehmer unter Ausschaltung ihrer datenrechtlichen Sensibilität zu bekommen und die Arbeitnehmer über die Kontenhaltung an sich zu binden. Einem irgendwie gearteten Zuwendungszwang hätten die Arbeitnehmer aber nicht unterlegen. Hierdurch unterscheide sich der Streitfall auch von Sachverhalten, in denen der BFH ein überwiegend eigenbetriebliches Interesse des Arbeitgebers an der Zuwendung angenommen habe; denn dort hätten sich die Arbeitnehmer im Falle ihres zweckentsprechenden Verhaltens letztlich den Zuwendungen nicht entziehen können. Im vorliegenden Fall sei jedoch jeder Arbeitnehmer auch dann in seiner Entscheidung zur Entgegennahme der streitigen ec-Karten und ec-Formulare frei, wenn er dem - ihn in gewisser Weise verpflichtenden - Wunsch der Klägerin entspreche und sein Konto bei dieser unterhalte. Der darin liegende Zweck könne bereits mit der Gebührenfreiheit der Konten erreicht werden.
Daß der den Arbeitnehmern gewährte Vorteil gering sei, trete demgegenüber zurück. Gerade angesichts des weitgehend marktkonformen Wettbewerbsverhaltens der Kreditinstitute bei der Bemessung ihrer Gebührenrahmen für private Kontoführung seien es häufig kleinste Beträge und Nuancen, die die Kunden bewögen, sich für die Kontohaltung bei dem einen oder anderen Institut zu entscheiden.
Mit ihrer Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts.
Sie macht zunächst geltend, schon die speziellen Voraussetzungen für den Erlaß eines Nachforderungsbescheids hätten hier nicht vorgelegen; insoweit rügt sie Verletzung der §§ 40, 42d EStG i. V. m. §§ 88, 119, 162, 191 AO 1977. Hierzu trägt sie im wesentlichen vor:
Hinsichtlich des Komplexes ec-Gebühren sei im Prüfungsbericht unter Tz. 15. 12 festgestellt, daß die Prüfung insoweit nicht abgeschlossen sei, da eine endgültige Entscheidung der Klägerin noch nicht vorliege, "in welcher Form" die Prüfungsfeststellungen ausgewertet werden sollten. Dementsprechend heiße es in den Schlußbemerkungen des Betriebsprüfungsberichts, es habe mit Ausnahme des Punktes ec-Gebühren Übereinstimmung im Sinne des Berichts bestanden. Ein Pauschalierungsantrag nach § 40 EStG sei bis zum Abschlußgespräch in der Sache ec-Gebühren nicht gestellt worden. Auch hätten ihre, der Klägerin, Äußerungen während der Schlußbesprechung selbst bei weitester Auslegung nicht so verstanden werden können, daß ein solcher Antrag nunmehr gestellt werden solle.
Auch in der Ergänzung zum Lohnsteuerprüfungsbericht, die nach dem abschließenden Gespräch erstellt worden sei, sei im Ergebnis lediglich festgestellt, daß eine Steuerfreiheit nicht in Betracht komme; die Nachversteuerung erfolge pauschal auf Nettobasis. Es sei zu beanstanden, daß das FA sie daraufhin mit Nachforderungsbescheid in Anspruch genommen habe, zumal die Rechtsgrundlage, nämlich § 40 Abs. 1 Nr. 2 EStG erstmals in der Einspruchsentscheidung ausdrücklich erwähnt worden sei; der ursprüngliche Bescheid habe lediglich einen pauschalen Verweis auf § 40 EStG (sowie die §§ 40a und 40b EStG) enthalten.
Zuzugeben sei, daß sie, die Klägerin, sich im Klageverfahren nicht ausdrücklich gegen die Bezeichnung "Nachforderungsbescheid" gewandt, vielmehr diese Bezeichnung sogar übernommen habe. Sie habe sich auch gegen die Anwendung eines Nettosteuersatzes gewandt und sich dabei auf die Rechtsprechung zu § 40 EStG berufen. Dies alles ersetze jedoch keinen Pauschalierungsantrag.
Sie sei damit einverstanden gewesen, daß die Lohnsteuer im Schätzungswege nach einem durchschnittlichen Steuersatz ermittelt werde, weil sich die Beteiligten darüber einig gewesen seien, daß die Zuordnung der streitigen Vorteile nur mit einem unverhältnismäßig hohen Verwaltungsaufwand auf beiden Seiten möglich gewesen wäre. Zudem wäre eine Regreßnahme bei den Arbeitnehmern schon an der Regelung des § 41 c und § 1 der Kleinbetragsverordnung gescheitert. In Fällen der hier vorliegenden Art lägen die Voraussetzungen für eine Inanspruchnahme des Arbeitgebers als Steuerschuldner nach § 40 Abs. 1 Nr. 1 EStG solange nicht vor, bis der BFH über die Rechtmäßigkeit der Steuerforderung entschieden habe. Stelle der Arbeitgeber einen Pauschalierungsantrag, mache aber von vornherein deutlich, daß er sich gegen eine Inanspruchnahme zur Wehr setzen werde, lägen allenfalls die Voraussetzungen für die Erteilung eines Haftungsbescheides vor. Auch im vorliegenden Fall könne es sich deshalb bei dem angefochtenen Bescheid "dem Inhalt nach" nur um einen Haftungsbescheid handeln. Das aber habe zur Folge, daß sie, die Klägerin, alle Einwendungen erheben könne, die sie gegen einen Haftungsbescheid vorbringen könne.
Aber auch als Haftungsbescheid könne der angegriffene Bescheid keinen Bestand haben. Denn dann hätte das FA spätestens in der Einspruchsentscheidung seine Ermessenserwägungen darlegen müssen. Im übrigen sei eine Umdeutung in einen Haftungsbescheid nicht möglich, da das FA ihn ausdrücklich als Nachforderungsbescheid bezeichnet habe.
Falls man dennoch der Ansicht sei, daß ein Pauschalierungsantrag gestellt worden sei, so sei dieser jedenfalls rechtzeitig zurückgenommen worden. Dies sei nämlich möglich, bis sämtliche Voraussetzungen des § 40 Abs. 1 Nr. 2 EStG erfüllt seien. Im Streitfall müsse deshalb die Rücknahme bis zum Schluß der mündlichen Verhandlung vor dem BFH möglich sein; denn erst dort werde abschließend festgestellt, ob die Lohnsteuer nicht vorschriftsmäßig einbehalten worden sei.
Vor allem aber sei der angefochtene Bescheid aus materiellen Gründen zu beanstanden. Hierzu führt die Klägerin im wesentlichen aus:
Ihre Arbeitnehmer seien durch die streitigen Zuwendungen nicht bereichert worden. Denn es sei zweifelhaft, ob sie überhaupt Aufwendungen erspart hätten. Zumindest hätten die ec-Karten und ec-Vordrucke keine Marktgängigkeit, da sie ausnahmslos auf den Namen des jeweiligen Kontoinhabers gelautet hätten und mit seiner persönlichen Kontonummer versehen gewesen seien. Im übrigen würde der weit überwiegende Teil der Arbeitnehmer der Klägerin auf ec-Karten und ec-Vordrucke verzichten, wenn hierfür etwas zu bezahlen wäre. Statt dessen würden die Arbeitnehmer nämlich auf die für sie kostenfrei zur Verfügung stehenden Möglichkeiten der Abwicklung ihres Geldverkehrs ausweichen. Daß den Arbeitnehmern die aufgezeigten Alternativen offenständen, habe auch das FG (wenn auch im anderen Zusammenhang) festgestellt. Wenn das FG demgegenüber vermute, daß eine Vielzahl oder sogar die Mehrzahl der Arbeitnehmer auch ohne die Klägerin im Besitz von ec-Karten und ec-Formularen wäre, so habe das Gericht die kostenfrei zur Verfügung stehenden Alternativen nicht ausreichend berücksichtigt.
Auch wegen der Geringfügigkeit der Zuwendungen sei eine Bereicherung der Arbeitnehmer zu verneinen. In der Literatur gebe es Stimmen, die geldwerte Vorteile, die kaum zutage treten, wegen fehlender Bereicherung unversteuert lassen wollten (insbesondere Offerhaus in Stolterfoht - Herausgeber -, Grundlagen des Lohnsteuerrechts, 131). Ferner verbiete der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit der Mittel die Erhebung von Lohnsteuer auf "Vorteile", deren Wert weit geringer sei, als der vom Arbeitgeber aufzubringende Kosten- und Verwaltungsaufwand, um den auf den einzelnen Arbeitnehmer entfallenden Vorteil festzustellen.
Auch würden die Zuwendungen nicht als Gegenleistung für das Zurverfügungstellen der individuellen Arbeitskraft des einzelnen Arbeitnehmers gewährt. Entscheidend für die kostenfreie Ausgabe der ec-Karten und ec-Vordrucke sei vielmehr die Kontohaltung der Arbeitnehmer bei der Klägerin, also die Abwicklung ihres gesamten Geldverkehrs über die Klägerin. Dieses Verhalten der Arbeitnehmer beruhe weder auf einer arbeitsvertraglichen Haupt- oder Nebenpflicht noch könne es von ihnen üblicherweise erwartet werden. Es sei rein privater Natur, betreffe einen der sensibelsten Bereiche und geschehe freiwillig. Die Kontenhaltung bei ihr, der Klägerin, liege im übrigen in ihrem weit überwiegenden Interesse. Dies müsse für jeden Bürger verständlich sein, da er naturgemäß ein Interesse daran habe, seine private Sphäre von der beruflichen zu trennen.
Soweit es in diesem Zusammenhang auf den Zweck der Zuwendung ankomme, sei auf die Sicht des Arbeitgebers abzustellen. Aus seiner Sicht werde die hier streitige Zuwendung erbracht, weil es nur logisch und konsequent sei, den Geldverkehr für die Arbeitnehmer gebührenfrei zu stellen, wenn diese auf den Wunsch des Arbeitgebers hin ihren gesamten Geldverkehr bei diesem abwickelten. Die Ausgrenzung eines bestimmten Zahlungsinstruments, nämlich des ec-Schecks, könnte sie ihren Arbeitnehmern nicht nachvollziehbar erklären.
Das FA stützt seinen Antrag, die Revision zurückzuweisen, im wesentlichen auf die Begründung des FG, soweit dieses einen geldwerten Vorteil bejaht hat. Zu Recht sei das FG auch davon ausgegangen, daß die Klägerin einen Pauschalierungsantrag gestellt habe. Im übrigen obliege ihr die Beweislast, wenn sie sich nunmehr darauf berufe, daß sie einen derartigen Antrag nicht gestellt habe. Schließlich komme der Einwand überhaupt zu spät, da dem FG mangelnde Sachverhaltsaufklärung insoweit nicht vorzuwerfen sei.
Entscheidungsgründe
I.
1. Entgegen der Auffassung der Klägerin handelt es sich bei dem angefochtenen Bescheid nicht um einen Haftungs-, sondern um einen Nachforderungsbescheid.
Maßgebend für die Qualifizierung als Haftungs- oder Nachforderungsbescheid ist der im Bescheid zum Ausdruck gekommene Wille des FA. Was das FA insoweit gewollt hat, ist insbesondere der Überschrift und dem Tenor des Bescheids zu entnehmen (BFH-Urteil vom 15. März 1985 VI R 30/81, BFHE 143, 226, BStBl II 1985, 581, m. w. N.). Überschrift ("Nachforderungsbescheid") und Tenor ("Sie schulden ...") weisen hier eindeutig darauf hin, daß das FA die Klägerin als Steuerschuldnerin in Anspruch nehmen wollte. Zwar hat das FA im Bescheid - wenn auch nur "zur Berechnung" - auf den Lohnsteuer-Prüfungsbericht Bezug genommen. Richtig ist auch, daß im Bericht vermerkt ist, die Prüfung sei hinsichtlich der ec-Gebühren nicht abgeschlossen. Dies steht jedoch nicht im Widerspruch zu dem in dem - nach Abschluß des Prüfungsberichts ergangenen - Bescheid eindeutig zum Ausdruck gebrachten Willen, die Klägerin als Steuerschuldnerin in Anspruch zu nehmen.
2. Auch mit ihrem Vortrag, sie habe keinen Antrag auf Lohnsteuerpauschalierung gestellt, kann die Klägerin im vorliegenden Verfahren keinen Erfolg haben.
Der Senat hat insoweit nicht zu prüfen, ob die Klägerin den Antrag bereits im Rahmen der Lohnsteuer-Außenprüfung, in der mit zwei Unterschriften versehenen "Erklärung des Arbeitgebers" oder bei dem von ihr angesprochenen Abschlußgespräch in Sachen ec-Gebühren gestellt hat. Denn daß der Antrag gestellt worden ist, hat das FG als Tatsacheninstanz festgestellt. Hieran ist der Senat gemäß § 118 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) gebunden, da die Klägerin weder Tatbestandsberichtigung beantragt (§ 108 FGO), noch die diesbezügliche Feststellung des FG durch entsprechende Rügen angegriffen hat. Sie hat sich vielmehr nur gegen die Richtigkeit der vom FG festgestellten Tatsache gewandt, nicht aber substantiiert vorgetragen, daß die Feststellung denkgesetzlich unmöglich oder verfahrensfehlerhaft zustandegekommen sei. In letzterer Hinsicht hätte sie das Übergehen von Beweisanträgen oder weiterer sich aufdrängender Aufklärungsmöglichkeiten rügen müssen. Dies ist nicht geschehen. Im übrigen weist der Senat darauf hin, daß nach der bei den Arbeitgeberakten befindlichen, vorerwähnten "Erklärung des Arbeitgebers" die Pauschalierung u. a. für den Punkt ec-Gebühren beantragt worden ist, und daß der Arbeitgeber auch nach Stellung des Antrags nicht gehindert ist, die Entstehung der Lohnsteuer (in der Person des Arbeitnehmers) zu bestreiten. Der Pauschalierungsantrag bezieht sich nämlich nur auf das Verfahren, schließt deshalb spätere materielle Einwände nicht aus (herrschende Meinung z. B. Thomas in Littmann, Das Einkommensteuerrecht, 15. Aufl., § 40 EStG Rn. 28).
3. Schließlich hat die Klägerin den Pauschalierungsantrag auch nicht wirksam zurückgenommen.
Es entspricht allgemeiner Meinung, daß die Rücknahme eines Pauschalierungsantrags nicht generell ausgeschlossen ist. Fraglich kann deshalb nur sein, wie lange die Rücknahme möglich ist. Die Frage ist vom BFH noch nicht entschieden; der BFH hat bisher lediglich im Urteil vom 5. November 1982 VI R 219/80 (BFHE 137, 46, BStBl II 1983, 91, unter I 2 c) ausgeführt, daß die Rücknahme spätestens vom Zeitpunkt der Unanfechtbarkeit des Pauschalierungsbescheids an nicht mehr möglich sei.
Die Frage braucht auch hier nicht grundsätzlich entschieden zu werden. Denn - entgegen der Ansicht der Klägerin - ist eine Rücknahme jedenfalls im Revisionsverfahren nicht mehr möglich. Zwar ist das Stellen eines Antrags (anders als der oben unter 2. erörterte Umstand, ob ein Antrag von der Klägerin gestellt worden ist oder nicht) selbst wohl keine Tatsache, so daß die Nachholung oder Rücknahme in der Revisionsinstanz nicht schon deshalb ausgeschlossen wäre. Aber es wirkt wie eine Tatsache, da es die Voraussetzungen der Rechtsanwendung ändert. Aus diesem Grunde kann der Antrag jedenfalls in der Revisionsinstanz nicht mehr zurückgenommen werden. Der Fall liegt anders als etwa dann, wenn ein Steuerpflichtiger es in entschuldbarer Weise rechtsirrtümlich unterlassen hat, eine Steuerermäßigung zu beantragen. Hier kann der Antrag unter den Voraussetzungen des § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO 1977 nachgeholt werden, weil ihm - im Verhältnis zu den nachträglich bekanntgewordenen Tatsachen, die die Durchbrechung der Bestandskraft rechtfertigen - nur eine untergeordnete Bedeutung zukommt (vgl. BFH-Urteil vom 21. Juli 1989 III R 303/84, BFHE 157, 488, BStBl II 1989, 960). Um das nachträgliche Bekanntwerden neuer Tatsachen geht es hier nicht.
II.
Der Nachforderungsbescheid ist jedoch in voller Höhe zu Unrecht ergangen, weil die Arbeitnehmer der Klägerin insoweit keinen steuerpflichtigen Lohn erhalten haben.
1. Nach § 19 Abs. 1 Nr. 1 EStG gehören zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit Löhne, Gehälter, Gratifikationen und andere Bezüge und Vorteile, die für eine Beschäftigung im öffentlichen oder privaten Dienst gewährt werden. Gleichgültig ist, ob es sich um laufende oder um einmalige Bezüge handelt, ob ein Rechtsanspruch auf sie besteht (§ 19 Abs. 1 Satz 2 EStG) und unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie gewährt werden (§ 2 Abs. 1 Satz 3 der Lohnsteuer-Durchführungsverordnung - LStDV -). Dabei müssen die Bezüge oder Vorteile Güter sein, die in Geld oder Geldeswert bestehen.
Im vorliegenden Fall kann man den streitigen Vorteilen den Geldeswert nicht deshalb absprechen, weil die Arbeitnehmer, wie die Klägerin meint, keine Aufwendungen erspart hätten. Allein entscheidend ist insoweit, daß die Arbeitnehmer die Vorteile tatsächlich in Anspruch genommen haben. Ob sie die ec-Karten und ec-Formulare auch in Anspruch genommen hätten, wenn sie sie hätten bezahlen müssen, ist unerheblich (BFH-Urteil vom 22. Oktober 1976 VI R 26/74, BFHE 120, 379, BStBl II 1977, 99). Auf die spekulativen Ausführungen der Klägerin zu der Frage, wie sich die Arbeitnehmer ohne die Vorteilsgewährung verhalten hätten, kommt es deshalb nicht an.
Zu Recht hebt die Klägerin jedoch die Geringwertigkeit der Zuwendungen hervor. Zutreffend geht sie dabei auch davon aus, daß es bezüglich der Höhe der Zuwendung auf den dem einzelnen Arbeitnehmer gewährten Vorteil ankommt. Das ergibt sich aus dem auf das individuelle Arbeitsverhältnis abstellenden Begriff des Arbeitslohns als Voraussetzung für die Entstehung der Steuerschuld des Arbeitnehmers. Dieser Begriff ändert sich nicht dadurch, daß der Arbeitgeber die Steuerschuld übernimmt, auch wenn dies zugleich für viele Arbeitnehmer geschieht.
Ob ein Vorteil von 7,10 DM ausreichenden Geldeswert hat, um von einer Bereicherung der Arbeitnehmer und damit von Arbeitslohn i. S. von § 19 Abs. 1 Nr. 1 EStG zu sprechen, kann zweifelhaft sein. Auch die Neudefinition des oben wiedergegebenen Arbeitslohnbegriffs nach Aufgabe der sog. Annehmlichkeiten-Rechtsprechung steht nicht ohne weiteres der Annahme entgegen, gewisse, verhältnismäßig geringe Vorteile, die nicht zu einer nennenswerten Bereicherung des einzelnen Arbeitnehmers führen, unversteuert zu lassen (vgl. z. B. Offerhaus, a. a. O., S. 131, unter Bezugnahme auf BFH-Urteil vom 24. Januar 1975 VI R 242/71, BFHE 114, 496, BStBl II 1975, 340; a. A. aber wohl Schmidt/Drenseck, Einkommensteuergesetz, 8. Aufl., 1989, § 19 Anm. 7 c). Ausdrücklich anerkannt hat der Senat auch bereits, daß es neben sog. Gelegenheitsgeschenken, die nach der Neudefinition des Arbeitslohnbegriffs insgesamt lohnsteuerpflichtig sind, "Aufmerksamkeiten" des Arbeitgebers gegenüber dem Arbeitnehmer gibt, die kein Leistungsentgelt darstellen und deshalb auch nicht lohnsteuerpflichtig sind (BFH-Urteil vom 22. März 1985 VI R 26/82, BFHE 143, 539, BStBl II 1985, 641; vgl. auch Abschn. 53 Abs. 2 Satz 3 der Lohnsteuer-Richtlinien - LStR - 1987).
Im Streitfall braucht die aufgeworfene Frage aus den nachstehenden Gründen nicht entschieden zu werden. Der Senat kann auch offenlassen, ob sich aus § 41 c Abs. 4 Satz 2, § 42d Abs. 5 EStG ein allgemeiner Grundsatz des Inhalts entnehmen läßt, von der Lohnsteuernachforderung bei Beträgen unter 20 DM abzusehen, insbesondere ob sich diese Grenze auf die Nachforderung pro Arbeitnehmer und Kalenderjahr bezieht (so grundsätzlich Abschn. 106 Abs. 6 LStR 1987) und ob dies auch bei Nachforderung vom Arbeitgeber gilt, was die herrschende Meinung verneint (a. A. z. B. Gast-de Haan in Stolterfoht (Hsg.), Grundfragen des Lohnsteuerrechts, S. 161).
Im vorliegenden Fall entfällt die Nachforderungsmöglichkeit jedenfalls deshalb, weil der streitige Vorteil dem einzelnen Arbeitnehmer nicht für seine Beschäftigung gewährt worden ist.
2. Vorteile werden für eine Beschäftigung gewährt, wenn sich die Leistung des Arbeitgebers im weitesten Sinne als Gegenleistung für die Zurverfügungstellung der individuellen Arbeitskraft des Arbeitnehmers darstellt (BFH-Urteil vom 11. März 1988 VI R 106/84, BFHE 153, 324, BStBl II 1988, 726; Schmidt/Drenseck, a. a. O., § 19 Anm. 7 c, m. w. N.). Danach genügt zwar eine weitläufige Verknüpfung der Vorteilsgewährung des Arbeitgebers mit der Arbeitsleistung des Arbeitnehmers. Sie wird grundsätzlich immer dann vorliegen, wenn die Zuwendung mit Rücksicht auf das Arbeitsverhältnis erfolgt, ein fremder Dritter also nicht in seinen Genuß kommt. Eine ausreichende Verknüpfung könnte mithin auch ohne die vom FG angenommene Nebenverpflichtung aus dem Arbeitsvertrag, keine Konten bei fremden Instituten zu unterhalten, angenommen werden; denn die Einnahme des Arbeitnehmers muß nicht eine Gegenleistung für eine konkrete (einzelne) Dienstleistung sein (BFH-Urteil vom 17. September 1982 VI R 75/79, BFHE 137, 13, BStBl II 1983, 39).
Etwas anderes gilt aber dann, wenn die Zuwendung darauf beruht, daß der Arbeitgeber ein ganz überwiegend eigenbetriebliches Interesse an dem mit der Zuwendung bezweckten Verhalten des Arbeitnehmers hat (vgl. z. B. Urteile in BFHE 137, 13, BStBl II 1983, 39; vom 22. März 1985 VI R 170/82, BFHE 143, 544, BStBl II 1985, 529, und vom 20. September 1985 VI R 120/82, BFHE 144, 435, BStBl II 1985, 718). So ist es hier.
Daß die streitige Zuwendung vom Arbeitgeber gemacht worden ist, um die Arbeitnehmer zur ausschließlichen Kontenführung bei ihm anzuregen, hat das FG festgestellt. Es hat ausgeführt, die Hingabe der ec-Karten und ec-Formulare stelle sich aus der Sicht der Klägerin und auch aus der insoweit maßgeblichen Sicht der Arbeitnehmer dar als Anreiz, zugleich aber auch als eine Abgeltung, gewissermaßen eine Belohnung für ein zwar freiwilliges, indes arbeitsvertraglich abgesichertes und vom Arbeitgeber erwünschtes, mithin vertragskonformes Verhalten der Arbeitnehmer, verbunden mit der Unannehmlichkeit, ihre Vermögensverhältnisse gegenüber der Klägerin zu offenbaren. Hierin liegt eine tatsächliche Feststellung des FG, an die der Senat gemäß § 118 Abs. 2 FGO gebunden ist.
Von den vorerwähnten BFH-Urteilen unterscheidet sich der Streitfall allerdings dadurch, daß das vom Arbeitgeber erwünschte zweckentsprechende Verhalten dort unmittelbar die Aufwendungen auslöste, die dann vom Arbeitgeber getragen wurden. Hier dagegen ist nicht die von der Klägerin erwünschte Kontenführung bei ihr, sondern eine Zuwendung, die erst zur ausschließlichen Kontenführung bei der Klägerin anreizen soll, streitig. Auf diesen Unterschied kommt es jedoch nicht entscheidend an. Denn auch wenn der Arbeitgeber durch eine Zuwendung nur einen Anreiz für das von ihm erstrebte Verhalten des Arbeitnehmers schaffen will, kann ein ganz überwiegend eigenbetriebliches Interesse an der Vorteilsgewährung zu bejahen sein. Wenn das FG in diesem Zusammenhang ausgeführt hat, das Ziel der ausschließlichen Kontoführung bei der Klägerin hätte auch allein durch die Gebührenfreiheit hierfür verfolgt werden können, bzw. die Arbeitnehmer hätten sich der streitigen (zusätzlichen) Zuwendung entziehen können, verkennt es die bloße Anreizfunktion dieser Maßnahme, die es zuvor selbst als solche festgestellt hatte.
Das FG hat schließlich verkannt, daß der Geringfügigkeit des dem einzelnen Arbeitnehmer zugewandten Vorteils von nur 7,10 DM pro Jahr, also 59 Pfennig pro Monat, in diesem Zusammenhang sehr wohl Bedeutung zukommt. Es spricht zunächst nicht gegen ein überwiegend eigenbetriebliches Interesse der Klägerin, daß - wie das FG meint - bereits Nuancierungen in der Gebührengestaltung einer Bank für die Kundenwerbung entscheidend sein könnten. Diese Feststellung unterstreicht vielmehr nur den Anreizcharakter der hier gewählten "Nuancierung". Vor allem aber kommt der geringen Höhe der Zuwendung für die Gewichtung des eigenbetrieblichen Interesses der Klägerin entscheidende Bedeutung zu. Denn zwischen der Intensität des eigenbetrieblichen Interesses des Arbeitgebers und dem Ausmaß der Bereicherung des Arbeitnehmers durch die Zuwendung des Arbeitgebers besteht eine Wechselwirkung. Wie der Senat in seinen Urteilen in BFHE 153, 324, BStBl II 1988, 726, und vom 2. Februar 1990 VI R 15/86 (BFHE 159, 153, BStBl II 1990, 472) ausgesprochen hat, zählt ein eigenbetriebliches Interesse aus der Sicht des Arbeitgebers um so weniger, je höher die Bereicherung aus der Sicht des Arbeitnehmers anzusetzen ist. Aus diesem Grundsatz ergibt sich umgekehrt, daß einem eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers um so größere Bedeutung zukommt, je geringer die Bereicherung des Arbeitnehmers ist. So ist es hier. Denn die mit der Zuwendung von 7,10 DM pro Jahr verbundene Bereicherung des einzelnen Arbeitnehmers tritt gegenüber dem von der Klägerin verfolgten Zweck der alleinigen Kontoführung der Arbeitnehmer bei ihr und der damit verbundenen Kontrolle über die finanziellen Verhältnisse ihrer Bediensteten weitaus in den Hintergrund.
Nach Auffassung des Senats ist es auch nicht berechtigt, insoweit einen Unterschied zwischen den aktiven Arbeitnehmern der Klägerin und den im Ruhestand befindlichen zu machen. Die entsprechenden Zuwendungen an die Pensionäre machen nur etwa 12 v. H. der Gesamtzuwendungen aus und fallen schon deshalb im Rahmen der hier anzustellenden Betrachtung nicht besonders ins Gewicht. Im übrigen ist der Klägerin auch gegenüber ihren Pensionären ein betriebliches Interesse an geordneten finanziellen Verhältnissen zuzubilligen. Vor allem aber muß die Zuwendung an die Pensionäre im Zusammenhang mit der Zuwendung in der vorangegangenen Zeit der aktiven Beschäftigung dieser Arbeitnehmer gesehen werden. Der Senat geht davon aus, daß die Klägerin den hier gewährten geringfügigen Vorteil im Augenblick der Pensionierung schon aus faktischen (sozialen) und Prestigegründen nicht stornieren könnte.
III.
Die Entscheidung, die der vorstehenden Rechtsauffassung des Senats nicht entspricht, ist aufzuheben. Die Sache ist entscheidungsreif; der angefochtene Nachforderungsbescheid in der Form der Einspruchsentscheidung ist aufzuheben.