BFH V B 75/88

BFHV B 75/8827.2.1989

 

Tatbestand

Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) - ein Rechtsbeistand, der für die außergerichtliche Einziehung von Forderungen sowie für die gerichtliche Geltendmachung von Forderungen im Mahn- und Vollstreckungsverfahren zugelassen ist - führte in den Streitjahren 1980 bis 1982 die Eintreibung von Forderungen im gerichtlichen Zwangsverfahren für seine Auftraggeber durch. Zur Durchführung der Aufträge gehörte die Ermittlung von Anschriften von Schuldnern bei Einwohnermeldeämtern und Postämtern. Diese Behörden erhoben für die Anfragen Gebühren in unterschiedlicher Höhe. Die Gebühren wurden ohne Zuordnung auf den einzelnen Schuldner vom Kläger auf ein Aufwandskonto "EMA- und PA-Anfragen" gebucht. Die Auftraggeber belastete der Kläger unabhängig von den von den Ämtern tatsächlich erhobenen Gebühren pro Anfrage mit einem feststehenden gleichbleibenden Betrag. Ferner belastete der Kläger die Schuldnerkonten mit diesen Beträgen. Die Erstattung der Gebühren durch die Auftraggeber buchte der Kläger auf ein Ertragskonto (ohne Umsatzsteuer). Nach Zahlung der Beträge durch den jeweiligen Schuldner erhält später der Auftraggeber die Gebühren zurück.

Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt - FA - ) beurteilte die EMA- und PA-Gebühren als Teile des Entgelts für die Leistungen des Klägers und zog sie bei der Berechnung der Umsatzsteuer heran. Der Kläger vertrat mit dem Einspruch gegen die Umsatzsteuerbescheide 1980 bis 1982 die Auffassung, die Beträge seien durchlaufende Posten i. S. des § 10 Abs. 1 Satz 4 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) 1980.

Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg.

Mit der Beschwerde beantragt der Kläger Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache.

Zur Begründung trägt er im wesentlichen vor: Nach der vom Finanzgericht (FG) zitierten ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) könnten Rechtsanwälte und Notare ihre Auslagen für Mandanten bei Behörden auch dann als durchlaufende Posten behandeln, wenn der Vertretene und damit unmittelbare Auftraggeber der Behörde für diese weder namentlich bekannt noch erkennbar sei. Nach der Lebenserfahrung reiche es aus, daß Rechtsanwälte bei Anfragen oder sonstigen gebührenpflichtigen Aufträgen gegenüber Behörden im Drittinteresse und damit in der berufsüblichen Vertretung aufträten.

In seinem Fall erfolge die Weitergabe, Belastung und Einziehung der Auslagen im Einzelfall nicht mit dem gleichen Betrag, wie ihn die Behörde im Gebührenbescheid festlege. Es handle sich um sog. "Klein-Auslagen", die auch von den Behörden pauschaliert in Rechnung gestellt würden. Insbesondere bei sog. "Groß-Anfragern" (Rechtsbeistände und Inkassounternehmen), die in großem Umfang Forderungseintreibungen vornähmen, lägen rationalisierte Einziehungsverfahren unter Einsatz elektronischer Datenverarbeitung zugrunde, was zugunsten von Gläubigern und Schuldnern zu geringeren Kosten führe. Auch den auskunfterteilenden Behörden werde die Bearbeitung durch Rationalisierung und Zusammenfassung erheblich erleichtert. Hingegen müßten - auf der Grundlage des Urteils des FG - Inkassounternehmen und Rechtsbeistände wieder in jedem Einzelfall auf Gebührenbescheiden bestehen, um sie dann den einzelnen Mandanten und Schuldnern als durchlaufende Posten in Rechnung stellen zu können. Das könne aber "nicht Sinn einer praktischen und angestrebten rationalen Behandlungsweise sein".

Wirtschaftlich und insbesondere fiskalisch ändere das an dem Vorgang des Durchlaufs dieser Aufwendungen im Verhältnis zum die Umsatzsteuer festsetzenden und einziehenden FA nichts. Unstreitig führe er, der Kläger, die von den Behörden vorgenommene Pauschalierung durch ebenso pauschalierte Aufteilung auf seine Mandanten bzw. Schuldner im Einzelfall zurück. Er komme dadurch gelegentlich zwar im Einzelfall zu höheren bzw. niedrigeren in Rechnung gestellten Auslagen, unstreitig aber bleibe das wirtschaftliche Ergebnis gleich, weil es den von ihm gemachten Auslagen entspreche.

Das angefochtene Urteil stelle also nicht auf die nicht mögliche namentliche Erkennung seiner Auftraggeber, sondern auf die Tatsache ab, daß in Einzelfällen die Auslagen nicht in derselben Höhe weitergegeben würden. Dies jedoch sei eine zu formalistische Betrachtungsweise, die den wirtschaftlichen Bedürfnissen und den Bedürfnissen auch in der Verwaltung nach Rationalisierung nicht entspreche. Lasse es die Rechtsprechung zu, daß bei exakter Weitergabe des Einzelbetrages für die bescheiderteilende Behörde der wirkliche Auftraggeber nicht erkennbar sein müsse, so müsse dies konsequenterweise auch für den Fall der Pauschalierung anerkannt werden.

Zu dieser Frage fehle - soweit erkennbar - eine Entscheidung des BFH. Davon gehe offenbar auch das FG aus. Die Behandlung dieser Frage sei aber für die Wirtschaft von erheblicher Bedeutung, weil in großem Umfang solch pauschalierte Gebühreneinzugsverfahren insbesondere bei Inkassounternehmen, Rechtsbeiständen, gelegentlich auch Rechtsanwälten und etwa Versicherungen und Versandhäusern sowie Banken mit eigener Einziehungsabteilung angewendet würden. Sie müßten deshalb auch von Behörden, die Auskünfte erteilten, angewendet werden. Daher sei die höchstrichterliche Klärung der Rechtsfrage geboten.

Das FA verneint die grundsätzliche Bedeutung der Frage und beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

Die Beschwerde ist unbegründet.

Das FG ist in der Vorentscheidung zutreffend davon ausgegangen, daß die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat. Es hat die Rechtsfrage, ob der Kläger die von ihm entrichteten Gebühren, die er seinen Mandanten nicht in unveränderter Höhe, sondern nach eigenen, betriebsintern errechneten Pauschalbeträgen weitergab, als durchlaufende Posten i. S. des § 10 Abs. 1 Satz 4 UStG 1980 behandeln konnte, anhand der Grundsätze der BFH-Rechtsprechung (zutreffend) beantwortet. Eine offene, noch klärungsbedürftige Frage liegt danach nicht vor. Nach der Vorschrift gehören die Beträge, die der Unternehmer im Namen und für Rechnung eines anderen vereinnahmt und verausgabt (durchlaufende Posten), nicht zum Entgelt. Umsatzsteuerrechtlich ist ein Handeln als sog. Zwischenperson bzw. als Vermittler dann anzuerkennen, wenn unmittelbare Rechtsbeziehungen zwischen den beiden Beteiligten (für die die vermittelnde Person auftritt) bestehen. Der aus Gründen der Klarheit und Gleichmäßigkeit der Besteuerung erforderliche eindeutige Nachweis der Betätigung als Vermittler setzt grundsätzlich voraus, daß der Vermittler Namen und Anschrift des von ihm Vertretenen seinem Vertragspartner mitteilt (BFH, Urteil vom 24. August 1967 V 239/64, BFHE 89, 494, BStBl III 1967, 719). Ausnahmen von diesem Grundsatz machte die Rechtsprechung bei Abgaben und Beiträgen - soweit es sich um Bagatellbeträge handelt -. Die Ausnahme beschränkt sich auf Fälle, in denen die tatsächlichen und rechtlichen Beziehungen zwischen den Beteiligten weniger eng sind, als wenn sich Leistung und Gegenleistung gegenüberstehen und ein Bedürfnis zur Klarstellung der Zurechnungsverhältnisse aus steuerlichen Gründen nicht besteht (BFH, Urteil vom 11. August 1966 V 13/64, BFHE 86, 721, BStBl III 1966, 647). Entscheidend war aber, daß die "Zwischenperson" lediglich als Bote auftrat, also die Beträge in unveränderter Höhe weitergab.

Nichts anderes gilt für die weitere Ausnahme, daß Kosten (Gebühren und Auslagen), die Rechtsanwälte, Notare und Angehörige verwandter Berufe bei Behörden und ähnlichen Stellen für ihre Auftraggeber auslegen, von diesen in derselben Höhe gesondert in Rechnung gestellt werden (BFHE 89, 494, BStBl III 1967, 719). Nur unter dieser Voraussetzung kommt die Anerkennung als durchlaufender Posten in Betracht, auch wenn dem Zahlungsempfänger Name und Anschrift der Auftraggeber nicht mitgeteilt werden. Erforderlich ist aber, daß die Kosten nach verbindlichen Kosten (Gebühren)ordnungen berechnet werden, die den Auftraggeber als Kosten (Gebühren)Schuldner bestimmen (auch diese Voraussetzung liegt im Streitfall nach den Feststellungen des FG nicht vor).

An dieser Rechtsprechung hat der BFH bisher festgehalten (vgl. zuletzt Urteil vom 4. Oktober 1984 IV R 180/82, BFH / NV 1986, 215 - zu Gerichtskosten usw. als durchlaufende Posten bei Rechtsanwälten -). Im übrigen ist zu berücksichtigen, daß das seit dem UStG 1967 geltende System der Umsatzsteuer mit Vorsteuerabzug - im Hinblick auf die zutreffende Abrechnung mit Steuerausweis gegenüber dem Leistungsempfänger - die grundsätzliche Forderung nach eindeutigem Nachweis der Rechtsbeziehungen zwischen Leistungspartnern und "Zwischenperson" allenfalls noch stärker verlangt, als das UStG 1951, zu dem die dargelegten Rechtsprechungsgrundsätze entwickelt worden sind.

Die vom Kläger aufgeworfene Frage, ob die Weitergabe solcher Gebühren mit veränderter Höhe (durch eigene Pauschalierung) der Anerkennung als durchlaufender Posten schädlich ist, ist somit von der bisherigen Rechtsprechung beantwortet und deshalb nicht mehr klärungsbedürftig. Im übrigen wurde durch die Rechtsprechung stets darauf hingewiesen, daß die Anerkennung durchlaufender Posten nicht - statt auf die Orientierung am gesetzlichen Tatbestand (zuletzt BFH, Urteil vom 29. Januar 1987 V R 53/76, BFHE 149, 295, BStBl II 1987, 516, mit Nachweisen - unter II.1. b letzter Absatz -) - auf die wirtschaftliche Betrachtungsweise abgestellt werden darf.

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