BFH

BFHV R 117/6721.5.1971

Amtlicher Leitsatz:

1. Zur Bedeutung interner Zusatzvereinbarungen zu Arbeitsgemeinschaftsverträgen. Die Umsätze von Arbeitsgemeinschaften, die nach außen hin als Unternehmer auftreten, unterliegen, sofern die Voraussetzungen des § 1 Nr. 1 UStG 1951 gegeben sind, der Umsatzsteuer auch dann, wenn die Rechtsgültigkeit des Arbeitsgemeinschaftsvertrages durch eine zwischen den Mitgliedern der Arbeitsgemeinschaft getroffene Zusatzvereinbarung in Frage gestellt werden soll.

2. Die Vollbeendigung einer Personengesellschaft tritt grundsätzlich erst dann ein, wenn alle gemeinsamen Rechtsbeziehungen, zu denen auch das Rechtsverhältnis zwischen der Gesellschaft und dem FA gehört, unter den Gesellschaftern beseitigt sind.

Normen

§ 1 Nr. 1 UStG 1951
§ 2 Abs. 1 UStG 1951
§ 1 StAnpG
§ 705 BGB
§ 726 BGB
§ 730 BGB

 

Tatbestand:

1. Durch "Arbeitsgemeinschaftsvertrag" vom 8. Juli 1955 schlossen sich die Firmen L in M und H in W (Kläger und Revisionskläger = Steuerpflichtiger) "zu einer Arbeitsgemeinschaft (Arge)-Gesellschaft des bürgerlichen Rechts" zusammen. Zweck der Arge war die "gemeinsame Durchführung" von Straßenbauarbeiten auf der Landstraße I. Ordnung (LI.O) ... im Auftrage des Landesstraßenbauamts (LSBA) S. Die beiden Arge-Partner sollten nach dem Vertrage je "mit etwa 50 %" an der Arge beteiligt sein. Die Federführung der Arge wurde der Firma L übertragen. Zeichnungsberechtigt waren die Inhaber beider Firmen. Für die Rechtsbeziehungen der Arge und der Arge-Partner untereinander sollten neben dem Arge-Vertrag die "Allgemeinen Bedingungen für Arbeitsgemeinschaftsverträge im Baugewerbe" (Allg. Bed.) und die §§ 705 ff. BGB gelten.

Auf ihre Bewerbung vom 8. Juli 1955 erhielt die Arge am 26. Juli 1955 den Auftrag zur Durchführung der genannten Bauarbeiten. Das LSBA S überwies die Zahlungen für die Bauarbeiten auf ein entsprechend dem Arge-Vertrag auf den Namen der Arge errichtetes Konto bei der Volksbank M. Die Bauarbeiten wurden im Sommer 1955 beendet und vom LSBA S abgenommen. Das Protokoll über die Bauabnahme wurde von der "Arge L-H", vertreten durch die beteiligten Firmen, unterschrieben. Auch die Schlußabrechnung wurde unter dem Namen der Arge erteilt.

Gleichzeitig mit dem Arge-Vertrag hatten die Steuerpflichtigen unter dem 8. Juli 1955 für den Fall, daß ihre Bewerbung um die Bauarbeiten Erfolg haben sollte, eine "interne Zusatz-Vereinbarung" folgenden Inhalts getroffen:

"Die Arge-Partner sind sich grundsätzlich darüber einig, daß die Positionen 1 bis 22 und 30 bis 37 von der Fa. H und die Positionen 23 bis 29 von der Fa. L auf eigene Rechnung jedes einzelnen ausgeführt werden.

Die Organisation der Baustelle und damit im Zusammenhang die Durchführung der Arbeiten wurde so vereinbart, wie oben näher beschrieben, d. h., daß jede Firma in Selbstverantwortung ihre Position ausführt und überwacht.

Als Abrechnungsgrundlage gilt das Angebot mit den anerkannten Einheitspreisen.

Die einzelnen Partnerfirmen haben die für die endgültige Abrechnung erforderlichen Unterlagen selbst zu erstellen und auch dafür Sorge zu tragen, daß diese rechtzeitig anerkannt vom Auftraggeber vorliegen, damit der Geldverkehr auch schon während der Bauzeit sich reibungslos abwickelt.

Für Erstellung von Abschlagzahlungen übergibt jede Partnerfirma der federführenden Fa. rechtzeitig die Unterlagen zur Weiterleitung an das Landesstraßenbauamt in S.

Die Schlußabrechnung wird in dem Sinne erstellt, daß jede Partnerfirma die erforderlichen zeichnerischen und rechnerischen Unterlagen mit einer Zusammenstellung erbringt. Die federführende Firma stellt dann diese Unterlagen für die Schlußbesprechung zusammen.

Da jede Partnerfirma ihre Arbeiten selbständig durchführt, ist es erforderlich, daß sämtliche Buchungsunterlagen an die federführende Firma am Schluß der Arbeiten zur Verbuchung und Aufbewahrung übergeben werden.

Der Geldverkehr wird wie folgt geregelt:

Die von dem Auftraggeber gezahlten Beträge an die Arge werden nach Abzug der laufenden Steuern auf das Durchlaufkonto der beiden Partner entsprechend den nachgewiesenen Leistungen gezahlt. Jeder Partner verpflichtet sich, möglichst von diesem Durchlaufkonto die Aufwendungen für die Baustelle zu bestreiten. Über das Bankkonto der Arge verfügen die im Arge-Vertrag genannten Herren gemeinsam. Über das Durchlaufkonto verfügen jedoch die Firmen jede für sich allein.

Diese Zusatz-Vereinbarung hat Vorrang vor dem abgeschlossenen Arge-Vertrag."

Die in der Zusatz-Vereinbarung genannten Positionen 1 bis 22 und 30 bis 37 betrafen die Erdarbeiten, die Positionen 23 bis 29 die Herstellung der Straßendecke an der LI.O....

Die Einzelheiten der Verträge vom 8. Juli 1955 und ihrer Durchführung wurden dem FA (Beklagter und Revisionsbeklagter) durch eine im Jahre 1960 durchgeführte Betriebsprüfung bekannt. Das FA zog daraufhin die Arge mit den vom LSBA überwiesenen Beträgen zum allgemeinen Steuersatz von 4 v. H. zur Umsatzsteuer heran. Der von den Steuerpflichtigen mit der Begründung, eine Arge L-H habe infolge der gleichzeitig abgeschlossenen Zusatz-Vereinbarung niemals bestanden, eingelegte Einspruch blieb ohne Erfolg. Die Klage der Steuerpflichtigen wurde abgewiesen.

2. In der Vorinstanz wird im wesentlichen ausgeführt: Die Arge sei steuerlich rechtsfähig gewesen, weil sie durch die Vereinbarungen vom 8. Juli 1955 in der Form einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) gegründet worden sei. Die Voraussetzungen des § 705 BGB seien erfüllt. Nach dem Wortlaut des Arge-Vertrages hätten sich die Arge Partner zusammengeschlossen, um die Erreichung eines gemeinsamen Zwecks, nämlich die Durchführung von Straßenbauarbeiten an der LI.O ... zu fördern. Es könne dahingestellt bleiben, ob die Arge-Partner durch ihren Zusammenschluß als Endziel eigene Gewinne angestrebt hätten; denn für die Annahme eines gemeinsamen Zwecks im Sinne des § 705 BGB sei es unerheblich, ob die Vertragspartner mit dem Gesellschaftsvertrag auch eigennützige Zwecke verfolgten. § 705 BGB setze eine Beitragspflicht nicht begriffsnotwendig voraus. Dessen ungeachtet hätten die Arge-Partner tatsächlich Gesellschaftsbeiträge geleistet, so z. B. durch Ausarbeitung des Angebots betreffend die Straßenbauarbeiten für das LSBA und durch Aufteilung der einzelnen Positionen des Arge-Vertrages unter sich. Als Beitragspflicht könne alles vereinbart werden, was Gegenstand eines Schuldverhältnisses sein könne. Im Gegensatz zur Ansicht der Steuerpflichtigen werde die Annahme eines Gesellschaftsvertrages nicht dadurch ausgeschlossen, daß die Arge-Partner die ihnen nach der Zusatz-Vereinbarung vom 8. Juli 1955 obliegenden Straßenbauarbeiten nicht gemeinsam, sondern in Selbstverantwortung ausführen und überwachen sollten, zumal der Erwerb von Gesellschaftsvermögen keine Voraussetzung für die Gründung einer Arge des Baugewerbes in der Form eines GbR bilde. Vertragsgemäß sei das Entgelt für die Straßenbauarbeiten auf ein Konto der Arge zu überweisen gewesen, woraus zu schließen sei, daß die Leistungen der Gesellschafter wirtschaftlich der Arge und nicht unmittelbar dem Vermögen des Arge-Partners zufließen sollten. Durch die Regelung der Verfügungsbefugnis über das Arge-Konto in der Zusatz-Vereinbarung hätten sich die Arge-Partner gegenseitig Kontrollrechte und Einwirkungsmöglichkeiten eingeräumt, die sich als Ausfluß des zwischen den Arge-Partnern bestehenden Gemeinschaftsverhältnisses darstellten.

Der Arge-Vertrag sei auch nicht als Scheingeschäft gemäß § 117 Abs. 1 BGB unwirksam. Die Arge-Mitglieder hätten die Rechtswirkungen ihrer Erklärungen vom 8. Juli 1955 tatsächlich gewollt; denn sie hätten ihren Vereinbarungen entsprechend gehandelt, insbesondere gemeinsam sich um die Straßenbauarbeiten beworben, diese Arbeiten unter sich aufgeteilt und dementsprechend ausgeführt, das Arge-Konto eingerichtet und die dort eingegangenen Zahlungen auf ihre eigenen Geschäftskonten überwiesen. Demgegenüber könne die Abmachung über die selbstständige Durchführung der aufgeteillten Arbeiten die Auffassung nicht rechtfertigen, die übrigen Erklärungen der Arge-Partner seien nur zum Schein abgegeben worden.

Da die Verpflichtung zur Bezahlung der Umsatzsteuer noch nicht erfüllt sei, bestehe die Arge auch heute noch.

3. Mit der Revision rügen die Steuerpflichtigen unrichtige Anwendung von Bundesrecht. Sie machen im wesentlichen geltend:

a) Es sei eine GbR in der Gestalt einer Arge im Streitfalle nicht entstanden, weil sich die Gesellschafter nicht -- wie es § 705 BGB vorschreibe -- zur Förderung der Erreichung eines gemeinsamen Zwecks, sondern zur Förderung der Einzelinteressen ihrer Firmen verpflichtet hätten. Ziel des Vorgehens der Steuerpflichtigen sei "die Täuschung des LSBA" gewesen.

b) Bei dem Arge-Vertrag habe es sich um ein gemäß § 117 Abs. 1 BGB nichtiges Scheingeschäft gehandelt. Beide Steuerpflichtige hätten die Willenserklärung, das Bauvorhaben gemeinsam in einer Arge durchzuführen, dem jeweiligen Vertragspartner gegenüber mit dessen Einverständnis nur zum Schein abgegeben.

c) Im Zeitpunkt des Zugehens der Steuerbescheide vom 22. September 1960 und vom 5. Juni 1967 habe die Arge nicht mehr bestanden, weil ihr Zweck längst erreicht gewesen sei. Die Vollbeendigung der GbR sei spätestens am 23. November 1956 mit der Auseinandersetzung zwischen den Gesellschaftern und der restlosen Verteilung des gemeinschaftlichen Vermögens eingetreten. Die Bescheide seien daher einem Steuerpflichtigen zugegangen, den es nicht mehr gegeben habe.

d) Die angefochtenen Bescheide hätten nicht an die "Arge L-H", sondern an die beiden Gesellschafter gerichtet werden müssen.

Entscheidungsgründe

Die Revision hat keinen Erfolg.

1. Die Darlegungen der Vorinstanz über das Zustandekommen einer GbR im Sinne des § 705 BGB sind nicht zu beanstanden. Der der Arge vom LSBA S übertragene Auftrag, auf einem bestimmten Abschnitt der LI.O ... Straßenbauarbeiten auszuführen, konnte dadurch verwirklicht werden, daß die Arge-Partner die Leistungen unter sich aufteilten und jeder Partner die auf ihn entfallenden Teilarbeiten in eigener Verantwortung und auf eigene Rechnung übernahm. Solche interne Vereinbarungen sind in der Praxis üblich. Sie fördern die Erreichung des gemeinsamen Zwecks der Arge, das Werk zu erstellen, insbesondere dann, wenn Arbeiten verschiedener Art (z. B. Erdarbeiten und Herstellung der Straßendecke) anfallen. Es ist dann oft zweckmäßig, die Arbeiten ihrer Art nach zwischen den Arge-Partnern aufzuteilen, weil dies rationeller ist oder weil die Firmen auf die verschiedenartigen Arbeiten spezialisiert sind. Die Gesellschafter sind in der Gestaltung ihrer gegenseitigen Rechtsbeziehungen frei. Es ist weder die Auferlegung besonderer Beitragsverpflichtungen noch die bildung eines Gesellschaftsvermögens vorgeschrieben. Die Vorschriften der §§ 705 ff. BGB sind grundsätzlich nachgiebiges Recht (Enneccerus-Lehmann, Recht der Schuldverhältnisse, 15. Aufl., § 175 II 3, IV 1). Daß die Gesellschafter letzten Endes eigene Interessen verfolgen, hebt den gemeinsamen Zweck der Gesellschaft nicht auf (Das Bürgerliche Gesetzbuch, Kommentar, herausgegeben von Reichsgerichtsräten und Bundesrichtern -- BGB-RGRK --, 11. Aufl., Anm. 5 vor § 705 BGB, Anm. 5 und 6 zu § 705 BGB).

2. Aus der Zusatz-Vereinbarung vom 8. Juli 1955 ist nicht ersichtlich, daß die Steuerpflichtigen den Arge-Vertrag vom gleichen Tage nur zum Schein abgeschlossen hätten. Es ist weder aus dem Wortlaut noch aus dem Sinn und Zweck der Vereinbarung der Wille der Arge-Partner zu entnehmen, der Arge-Vertrag solle nicht gelten. Aus der Überschrift "Zusatz-Vereinbarung ergibt sich, daß die zwischen den Arge-Partnern intern getroffenen Abmachungen "zusätzlich", d. h. neben dem Arge-Vertrag gelten sollten. Hierauf deutet auch die wiederholte Bezeichnung der an der Zusatz-Vereinbarung Beteiligten als "Arge-Partner" oder "Partnerfirmen" hin. Auch der letzte Satz der Zusatz-Vereinbarung, daß diese den "Vorrang vor dem abgeschlossenen Arge-Vertrag" habe, ist dahin zu verstehen, daß der Arge-Vertrag Bestand haben sollte, die internen Abmachungen, insbesondere über die Ausführung der übernommenen Positionen auf eigene Rechnung und in eigener Verantwortung jedes Arge-Partners, im Verhältnis der Arge-Partner zueinander aber in erster Linie zu beachten seien. Die "interne Zusatz-Vereinbarung" vom 8. Juli 1955 hatte mithin den Zweck, im Innenverhältnis die Straßenbauarbeiten zwischen den Arge-Partnern als Erfüllungsgehilfen der Arge aufzuteilen.

3. Zu Recht begründet das FG die Gültigkeit des Arge-Vertrages auch damit, daß die Arge-Partner diesem Vertrage entsprechend verfahren sind. Es sind nicht nur -- wie die Steuerpflichtigen meinen -- zwei (nämlich die in der nachfolgenden Aufstellung unter a und c genannten), sondern alle Bestimmungen des Arge-Vertrages verwirklicht worden:

a) Die Bewerbung um den Bauauftrag ging von der Arge -- nicht von den beteiligten Firmen -- aus;

b) der Auftrag wurde der Arge -- nicht den beteiligten Firmen -- erteilt;

c) es wurde für die Arge ein besonderes Bankkonto eingerichtet;

d) die Abschlagzahlungen für die Bauarbeiten wurden vom LSBA S auf dieses Konto überwiesen;

e) die Bauabnahme der bewirkten Leistungen wurde von der Arge als Unternehmer, vertreten durch die Steuerpflichtigen, unterschrieben;

f) auch die Schlußabrechnung wurde von der Arge -- nicht von den beteiligten Firmen -- ausgestellt;

h) es haftete infolge dieser Vertragsabwicklung dem auftraggebenden LSBA gegenüber die Arge für die Gesamtleistung, nicht jedes Arge-Mitglied nur für die von ihm übernommene Teilleistung.

4. Selbst wenn man sich auf den Standpunkt stellen wollte, die Steuerpflichtigen hätten den Abschluß eines Arge-Vertrages dem LSBA S nur vortäuschen wollen, würde dies an der Steuerpflicht der Arge nichts ändern. Für die Frage der Umsatzbesteuerung ist entscheidend, ob die Voraussetzungen des § 1 Nr. 1 UStG vorliegen. Es wird von den Steuerpflichtigen nicht bestritten, daß die Arge dem LSBA gegenüber als Unternehmer aufgetreten ist. Die umsatzsteuerliche Rechtsfähigkeit, d. h. die Fähigkeit, Träger von umsatzsteuerlichen Rechten und Pflichten zu sein, ist umfassender als die Rechtsfähigkeit des bürgerlichen Rechts. Umsatzsteuerlich rechtsfähig ist jedes Wirtschaftsgebilde, das sich am Wirtschaftsleben beteiligt, gleichgültig, auf welche Weise es zustande kam und ob es zivilrechtlich als Rechtsperson anzuerkennen ist oder nicht. Die Teilnahme der Arge am Wirtschaftsleben und damit das Bestehen einer faktischen Gesellschaft zeigt sich deutlich an den im vorangegangenen Abschnitt 3 unter a bis h genannten Vorgängen. Die Arge ist auch nachhaltig zur Erzielung von Einnahmen tätig geworden; sie hat den Auftrag zur Auführung der Straßenbauarbeiten übernommen, ihn durch die Arge-Partner ausführen lassen und die Entgelte dafür auf ihrem Bankkonto vereinnahmt. Das Begriffsmerkmal der Nachhaltigkeit wird nicht dadurch ausgeschlossen, daß die Arge nur für einen einmaligen Zweck gegründet worden ist. Denn das Merkmal der Nachhaltigkeit ist auf die Abgrenzung der gewerblichen von der privaten Tätigkeit gerichtet; jede Tätigkeit, die nicht in die private Sphäre fällt, soll nach dem Sinn und Zweck des UStG der Umsatzsteuer unterliegen (Urteil des BFH V 50/59 vom 10. Mai 1961, HFR 1962, 45). An der Selbständigkeit der Arge, die an keine Weisungen anderer Unternehmer gebunden ist, haben die Steuerpflichtigen Zweifel nicht geäußert.

5. Die von den Steuerpflichtigen behauptete Absicht, das LSBA "über das Bestehen der Arge zu täuschen", wäre kein Grund, die Unternehmereigenschaft der Arge zu verneinen. Die Absicht, mittels der Zusatz-Vereinbarung den Arge-Vertrag wieder zu beseitigen, könnte nur den Zweck gehabt haben, die Umsatzbesteuerung der Arge zu verhindern. Ein solches Verhalten würde dem zwischen dem FA und dem Steuerpflichtigen bestehenden Vertrauensverhältnis zuwiderlaufen. Das Bestreben der Steuerpflichtigen, einerseits eine Arge zu gründen, um auf diese Weise vom LSBA einen Straßenbauauftrag zu erhalten, andererseits den Arge-Vertrag zwecks Einsparung der Umsatzsteuer durch ein Täuschungsmanöver sofort wieder zunichte zu machen, würde einen groben Verstoß gegen das Gebot von Treu und Glauben darstellen, dem nicht nur das FA, sondern auch der Steuerpflichtige unterworfen ist. Eine Rechtsanwendung, die diesem Grundsatz zuwiderläuft, ist rechtswidrig, und zwar sowohl als Verhaltensweise wie in ihrem materiellen Ergebnis (vgl. Kühn, Abgabenordnung, 7. Aufl., Anm. 5b zu § 1 StAnpG). Durch die Verletzung des Grundsatzes von Treu und Glauben kann sich niemand seiner Umsatzsteuerpflicht entziehen.

6. Der Senat vermag der Ansicht der Steuerpflichtigen, die Anforderung der Umsatzsteuer sei ins Leere gegangen, weil die Arge damals bereits aufgelöst gewesen sei, nicht zu folgen. Zwar endet die GbR gemäß § 726 BGB, wenn der vereinbarte Zweck erreicht ist. Danach würde die Gesellschaft mit der Abnahme der Bauarbeiten im Jahre 1956 ihr Ende gefunden haben. Eine Gesellschaft kann aber auf Grund einer Vereinbarung der Gesellschafter weiterbestehen. Zu Recht weist das FG darauf hin, daß nach Abschnitt XVI der "Allg. Bed.", die Bestandteile des Arge-Vertrages waren, der Arge-Vertrag und damit das Gesellschaftsverhältnis nicht vor der Erfüllung der sich aus ihm ergebenden Pflichten, zu denen auch die Verpflichtung zur Zahlung der Umsatzsteuer gehörte (vgl. Abschnitt IX 2 der "Allg. Bed."), enden sollte. -- Aber auch wenn eine solche Vereinbarung nicht getroffen worden wäre, hätte das FA die Arge wegen der Umsatzsteuerschuld zu Recht in Anspruch genommen. Denn die Auflösung einer Personengesellschaft bedeutet -- wie die Steuerpflichtigen einräumen -- noch nicht ihre Vollbeendigung. Sie besteht vielmehr nach ihrer Auflösung bis zur Abwicklung ihrer vermögensrechtlichen Verhältnisse fort (§ 730 BGB). Darüber, was unter der vermögensrechtlichen Abwicklung zu verstehen ist, gehen die Ansichten allerdings auseinander. Während die einen die Vollbeendigung mit der Realisierung des Gesellschaftsvermögens (Verteilung an die Gläubiger und Ausschüttung des verbleibenden Restes an die Gesellschafter) -- unabhängig vom Verbleiben von Gesellschaftsschulden -- als "vollbeendet" ansehen (vgl. z. B. Beschluß des Kammergerichts vom 27. Juni 1904, Jahrbuch für Entscheidungen des Kammergerichts in Sachen der freiwilligen Gerichtsbarkeit, in Kosten-, Stempel- und Strafsachen Bd. 28 A S. 44), besteht nach Auffassung der anderen die Gesellschaft so lange fort, bis alle gemeinsamen Rechtsbeziehungen, zu denen auch das Rechtsverhältnis zwischen der Gesellschaft und dem FA gehört, unter den Gesellschaftern beseitigt sind (vgl. Urteil des Kammergerichts vom 2. Februar 1926, JW 1926, 1432; Hueck, Das Recht der offenen Handelsgesellschaft, 3. Aufl., § 23 I S. 245). Der Senat schließt sich -- in Abweichung von mehreren früheren Entscheidungen, in denen er einen anderen Standpunkt eingenommen hatte (vgl. die Urteile V 154/62 vom 30. Oktober 1962, HFR 1963, 312; V 103/60 vom 14. Februar 1963, HFR 1963, 380; V 106/60 vom 28. März 1963, HFR 1963, 455) -- der letztgenannten Auffassung an. Sie macht es überflüssig, daß die FÄ vor jeder Veranlagung in eine Prüfung darüber eintreten, ob eine Personengesellschaft noch besteht und weder durch Liquidation nocht in anderer Weise (z. B. durch Veräußerung) voll beendet ist. Eine Benachteiligung der Gesellschafter tritt nicht ein, weil diese bezüglich der Umsatzsteuer der Gesellschaft in jedem Fall durch Haftungsbescheide belangt werden könnten. Im Streitfall bestand nicht bloß eine "vage" Möglichkeit, daß das FA von der Arge Umsatzsteuer nachfordern werde. Infolge der dargestellten Umstände des Falles mußte es den Steuerpflichtigen vielmehr klar sein, daß das FA die Arge zur Umsatzsteuer heranziehen werde, sobald es von ihrer Existenz Kenntnis erhalten würde.

7. Schließlich hat das FA die Umsatzsteuerbescheide auch formal richtig zugestellt. Nach § 9 UStG 1951 ist Steuerschuldner in den Fällen des § 1 Nrn. 1 und 2 UStG 1951 der Unternehmer. Wie oben dargelegt, war im Streitfalle die umsatzsteuerlich rechtsfähige Personenvereinigung "Arge L-H" -- nicht deren Mitglieder -- der Unternehmer. Die Zustellung der Umsatzsteuerbescheide ist daher zutreffend an die Arge erfolgt. Dadurch, daß das FA in den Bescheiden hinter dem Namen der Arge den Zusatz machte "z. Hd. der Fa. ..." (Name und Anschrift der federführenden Firma), war dem Erfordernis einer deutlichen Kennzeichnung voll genügt. Auf das Urteil des BFH II 65/63 vom 17. März 1970 (BFH 99, 96, BStBl II 1970, 598) können sich die Steuerpflichtigen nicht berufen, weil die Rechtslage bei der Grunderwerbsteuer anders ist als bei der Umsatzsteuer und dem Urteil außerdem ein in mehreren Punkten mit dem Streitfall nicht vergleichbarer Sachverhalt zugrunde lag.

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