Normen
§ 1 Abs. 2 StAnpG
§ 1 Abs. 3 StAnpG
§ 15 EStG
§ 23 EStG
Tatbestand
Der Bg. hat, wie das Finanzamt behauptet, in der Zeit vom 22. Juni 1951 bis 13. Mai 1953 über vorgeschobene Devisenausländer Sperrmarkguthaben erworben und daraus Darlehen gewährt, deren devisenrechtliche Genehmigung er als Bevollmächtigter der Erwerber erschlichen hat. Ferner hat er nach der Behauptung des Finanzamts die Freigabe der Guthaben erwirkt und diese zum Nennwert ausgezahlt erhalten. Das Finanzamt nahm an, der Bg. habe dadurch sehr hohe Spekulationsgewinne im Sinne des § 23 EStG erzielt, die mit 1/3 auf das Jahr 1951 und mit 2/3 auf das Jahr 1952 entfielen, und zog ihn damit zur Einkommensteuer heran.
Die Berufung hatte Erfolg. Das Finanzgericht unterstellte ohne eigene Prüfung den vom Finanzamt behaupteten, von dem Bg. aber bestrittenen Sachverhalt als richtig. Es hielt jedoch aus Rechtsgründen die Heranziehung des Bg. für nicht gerechtfertigt. Das Finanzgericht führte aus, ein Sperrmarkguthaben sei zwar ein Wirtschaftsgut und der Kauf eines solchen Guthabens auch ein entgeltliches Anschaffungsgeschäft. Im Streitfall fehle es aber an einem Veräußerungsgeschäft im Sinne des § 23 EStG. Es hätten zwar der Reichsfinanzhof in dem Urteil VI A 1125/33 vom 14. März 1934 (RStBl 1934 S. 711) die Einziehung einer Forderung und der Bundesfinanzhof in dem Urteil VI 67/58 U vom 17. Juli 1959 (BStBl 1959 III S. 346, Slg. Bd. 69 S. 222) die Freigabe eines Sperrmarkguthabens als Veräußerungsgeschäfte angesehen. Dieser Auffassung sei aber nicht zu folgen. Eine Veräußerung setze voraus, daß ein Wirtschaltsgut aus dem Vermögen einer Person in das Vermögen einer anderen Person übergehe. Im Streitfall habe ein solcher Übergang nicht stattgefunden. Der Fall sei so zu beurteilen, als ob ein Bauverbot oder eine andere Verfügungsbeschränkung, die bisher auf einem Grundstück gelastet habe, weggefallen sei; dann sei das Grundstück zwar wertvoller geworden, ein steuerlicher Spekulationsgewinn liege aber nicht vor.
Mit seiner Rb. rügt der Vorsteher des Finanzamts unrichtige Auslegung des § 23 EStG und verlangt die Wiederherstellung der Einspruchsentscheidung.
Der Bundesminister der Finanzen, der gemäß § 287 Ziff. 2 AO dem Verfahren beigetreten war, ist der Auffassung, daß das Finanzgericht den Begriff Veräußerung im Sinne des § 23 EStG zu eng auslege. Eine Veräußerung, wie das Finanzgericht sie meine, komme nur bei Sachen, nicht aber bei Forderungen vor. Der Begriff "Veräußerung" gehe weiter als das Finanzgericht annehme. Die Erweiterung sei weder willkürlich noch verstoße sie gegen den Wortlaut des Gesetzes. Der Begriff "Veräußerung" werde auch in anderen Gesetzen zuweilen in einem weiteren Sinn aufgefaßt. Allerdings bedeute wohl nicht schon die Freigabe des Sperrmarkguthabens die Veräußerungshandlung, jedenfalls dann nicht, wenn die Freigabe, wie im Streitfall, nur unter Bedingungen geschehen sei. Die Veräußerung liege in solchen Fällen in der Verwertung des Guthabens durch Abhebung, Überweisung, Scheckziehung oder Abtretung. Auch die Deutsche Bundesbank sehe banktechnisch die Realisierung des Gewinns aus dem Kauf eines unter dem Nennwert gehandelten Sperrmarkguthabens nicht in der Freigabe, sondern in der Verfügung über das Guthaben.
Der Bg. beantragt dagegen, das Urteil des Finanzgerichts zu bestätigen. Er hält die vom Finanzamt und vom Bundesminister der Finanzen vertretene Rechtsauslegung mit dem Wortlaut des § 23 EStG für unvereinbar und beruft sich besonders auf die Grundsätze des Urteils des Senats VI 86/55 U vom 12. Dezember 1956 (BStBl 1957 III S. 51, Slg. Bd. 64 S. 133).
Entscheidungsgründe
Die Rb. muß zur Aufhebung der Vorentscheidung führen.
Das Finanzgericht hat von der Aufklärung des Sachverhalts abgesehen, weil nach seiner Ansicht auch bei Unterstellung des vom Finanzamt behaupteten Sachverhalts kein Spekulationsgeschäft im Sinne des § 23 EStG angenommen werden kann. Das Finanzgericht hat nicht erörtert, ob die streitigen Geschäfte nicht zu Einkünften aus Gewerbebetrieb geführt haben. Diese Frage mußte es aber schon deshalb vorweg prüfen, weil die §§ 22, 23 EStG nur subsidiär zur Anwendung kommen, also nur dann, wenn keine andere Einkunftsart zum Zuge kommt.
Ob Einkünfte aus Gewerbebetrieb vorliegen, kann nach den bisherigen Feststellungen der Vorinstanzen nicht abschließend beurteilt werden. Die Auffassung des Strafgerichts, daß der Bg. im Sperrmarkgeschäft sich gewerblich betätigt habe, ist für die Steuergerichte nicht bindend.
Der Senat hat zwar in dem oben erwähnten Urteil VI 67/58 U, das ebenfalls ein Sperrmarkgeschäft betrifft, eine gewerbliche Betätigung abgelehnt. Bei dem verhältnismäßig geringen Umfang, den die Geschäfte dort hatten, konnte die Tätigkeit des Steuerpflichtigen noch als im Rahmen der Vermögensverwaltung liegend angesehen werden. Im Streitfall liegen die Verhältnisse wohl anders. Bei dem Umfang, den die Geschäfte des Bg. nach Zahl und Wert hatten und bei dem Maß der damit verbundenen Tätigkeit, die die Art der Geschäfte erforderte, ist die Möglichkeit, daß die Tätigkeit gewerblich war, nicht von der Hand zu weisen. Bei dieser Sachlage hätte es nahe gelegen zu prüfen, ob die Tätigkeit nicht bankähnlich war. Nach ständiger Rechtsprechung ist eine selbständige nachhaltige Tätigkeit, die mit der Absicht der Gewinnerzielung unternommen wird und sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt, ein Gewerbebetrieb, es sei denn, daß es sich um Ausübung von Land- und Forstwirtschaft oder um Ausübung eines freien Berufs oder sonst einer selbständigen Tätigkeit im Sinne des Einkommensteuerrechts handelt (Blümich-Falk, Einkommensteuergesetz, 8. Aufl., Bd. 2, Bern. 2 zu § 15, S. 1028, und die dort angegebene Rechtsprechung; ferner § 1 Abs. 1 GewStDV 1955, der die Begriffsbestimmung übernommen hat, die früher in § 7 Abs. 2 der Gemeinnützigkeitsverordnung vom 16. Dezember 1941 enthalten war). Daß der Bg. nachhaltig, selbständig und mit der Absicht der Gewinnerzielung tätig geworden ist, kann wohl nicht zweifelhaft sein Wenn es auch nur um die Ausnutzung einer bestimmten (begrenzten) Möglichkeit ging, so war diese doch planmäßig und mit der Absicht der Wiederholung ergriffen worden. Ob die Gewinnerzielung Hauptzweck oder Nebenzweck war, kann dahingestellt bleiben; denn auch im letztgenannten Fall ist die Annahme eines Gewerbebetriebs nicht ausgeschlossen. Fraglich kann nur sein, ob sich der Bg. am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr beteiligt hat. Nach der Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs ist zwar mangels eines Hervortretens nach außen das "private" Ausleihen von eigenen oder geliehenen Geldern oder der fortgesetzte An- und Verkauf von Wertpapieren nur eine Vermögensverwaltung, also kein Gewerbebetrieb (Blümich-Falk, a.a.O., Bern. 4 zu § 15, S. 1034, und die dort angegebene Rechtsprechung). Man darf aber die Grenze des Gewerbebetriebs gegenüber der Vermögensverwaltung nicht zu eng ziehen. Ein Hervortreten nach außen, wie es die Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr erfordert, liegt nicht nur vor, wenn der Steuerpflichtige sich wie ein Gewerbetreibender betätigen will; es genügt, daß er sich nach außen erkennbar wie ein Gewerbetreibender aufführt (Littmann, Das Einkommensteuerrecht, 6. Aufl., Tz. 26 ff. zu § 15, S 956; vgl. auch das Urteil des Bundesfinanzhofs IV 5/59 U vom 28. September 1961, BStBl 1962 III S. 32, betreffend die Gewerbesteuerpflicht eines seine Grundstücke veräußernden Grundstückseigentümers, und das in "Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung" 1961 S. 219 veröffentlichte Urteil des Bundesfinanzhofs IV 138/58 vom 26. Januar 1961 betreffend die Gewerbesteuerpflicht eines seinen Grundbesitz veräußernden Landwirts). Wo es an einer äußerlich erkennbaren Organisation, einem Geschäftslokal usw. fehlt, kann ein Hervortreten nach außen doch vorliegen, wenn Art und Umfang der Tätigkeit eines Steuerpflichtigen Dritten erkenntlich machen, daß der Steuerpflichtige sich nachhaltig und mit Gewinnerzielungsabsicht, wenn auch vielleicht nur über einen bestimmten Partner, am allgemeinen Wirtschaftsverkehr beteiligt (Littmann, a.a.O., Tz. 26 zu § 15, S. 957). Der Annahme einer gewerblichen Tätigkeit würde es jedenfalls - entgegen der Auffassung des Bg. - nicht entgegenstehen, daß dieser die Sperrmarkgeschäfte nur gemacht hat, um seinen geschädigten Grundbesitz wieder aufzubauen (Littmann, a.a.O., Tz. 22 und 24 zu § 15, S. 953 und 956)
Die Vorentscheidung war danach aufzuheben, weil das Finanzgericht nicht geprüft hat, ob Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Betracht kommen. Das Finanzgericht muß in dieser Hinsicht die tatsächlichen Feststellungen ergänzen und bei der erneuten Entscheidung zuerst auf diese Frage eingehen.
Kommt das Finanzgericht zu dem Ergebnis, daß die streitigen Geschäfte keine gewerbliche Tätigkeit begründeten, so muß es erneut erörtern, ob § 23 EStG Anwendung findet. Der Auslegung, die das Finanzgericht in der aufgehobenen Entscheidung dem Begriff Spekulationsgeschäft gegeben hat, kann nicht zugestimmt werden. Der Senat hat bereits in seinem Urteil VI 67/58 U, a.a.O., entschieden, daß Sperrmarkgeschäfte zu sonstigen Einkünften im Sinne von § 22 Ziff. 2 in Verbindung mit § 23 EStG führen können. Er hält nach nochmaliger Prüfung daran fest.
Sperrmarkguthaben sind - im Gegensatz zu der Auffassung des Bg. - Wirtschaftsgüter im Sinne des § 23 EStG, wie auch das Finanzgericht zutreffend ausgeführt hat. Wirtschaftsgüter sind, wie die vom Gesetz angeführten Beispiele ergeben, alle Güter, die Teil eines Vermögens und Gegenstand eines Anschaffungsgeschäftes sein können. Die Tatsache, daß Sperrmarkguthaben gekauft und verkauft werden können, zeigt, daß sie Güter sind, die als Gegenstände des geschäftlichen Verkehrs gehandelt werden.
Mit Recht hat das Finanzgericht sie auch als Anschaffungsgeschäfte beurteilt. Der Kauf von Geldforderungen ist ein Anschaffungsgeschäft im Sinne des § 23 EStG. Werden Sperrmarkguthaben gekauft, so wird - im Gegensatz zu der Auffassung des Bg. - nicht Geld für Geld gegeben, sondern eine der Bank gegenüber bestehende Geldforderung erworben.
Das Finanzgericht zieht jedoch zu Unrecht in Zweifel, ob die vom Bg. angeschafften Sperrmarkguthaben im Sinne des § 23 EStG veräußert worden seien. Dem Finanzgericht und dem Bg. ist zuzugeben, daß die in § 23 EStG verwendeten Begriffe "Veräußerung" und "Anschaffung" die Annahme nahelegen, daß ein Wirtschaftsgut aus dem Vermögen einer Person in das einer anderen Person übergehen müsse. Der Begriff "Veräußerung" kann hier aber nicht in diesem beschränkten Sinne verstanden werden, wenn man Sinn und Zweck der Vorschrift in Betracht zieht. Obgleich man unter Veräußerung im allgemeinen das dingliche Geschäft der Eigentumsübertragung oder Forderungsabtretung versteht, ist schon bisher von Rechtsprechung und Schrifttum für die Beurteilung der Frage, ob die Fristen eingehalten wurden, das obligatorische Geschäft (Kauf- oder Tauschvertrag) als maßgebend angesehen worden (Blümich-Falk, a.a.O., Anm. 3 zu § 23, S. 1327; Littmann, a.a.O., Tz. 44 zu §§ 22, 23, S. 1146) Das zeigt, daß bei der Auslegung des § 23 EStG auch sonst nicht die enge bürgerlich-rechtliche Terminologie verwandt wird. Die Regelung des § 23 Abs. 1 EStG will, wie die Überschrift sagt, "Spekulationsgeschäfte" erfassen und sieht diese, ohne auf die Absicht des Steuerpflichtigen abzustellen, als gegeben an, wenn die Anschaffung und die Veräußerung eines Wirtschaftsguts innerhalb bestimmter Fristen liegen. Wenn der Gesetzgeber von "Anschaffung" und "Veräußerung" spricht, so denkt er, wie die angeführten Beispiele zeigen, an den Hauptfall der miteinander in Verbindung stehenden Anschaffungs- und Veräußerungsgeschäfte. Bei angeschafften Sachen ist, wie der Bundesminister der Finanzen hervorgehoben hat, eine kurzfristige Realisierung der Gewinnmöglichkeit kaum anders als durch Veräußerung denkbar. Auch Gewinne aus erworbenen Forderungen, mögen diese in einem Wertpapier verkörpert sein oder nicht, werden in aller Regel durch Veräußerung der Forderungen verwirklicht. Wird eine Geldforderung zu einem unter dem Nennwert liegenden Betrag gekauft und dann zum Nennwert verkauft, so liegt ebenfalls zweifellos ein Anschaffungs- und Veräußerungsgeschäft im Sinne des § 23 Abs. 1 EStG vor. Ist das aber der Fall, so ist, wie bereits im Urteil des Reichsfinanzhofs VI A 1125/33, a.a.O., dargelegt ist, nicht einzusehen, warum der Fall steuerlich anders beurteilt werden soll, wenn eine Forderung von dem Steuerpflichtigen unter dem Nennwert gekauft und dann von ihm selbst zum Nennwert eingezogen wird. Wenn man die beiden Fälle, die wirtschaftlich gleichliegen, wegen ihrer abweichenden bürgerlich-rechtlichen Struktur verschieden behandeln wollte, so bedeutete das eine dem Sinn und Zweck des Gesetzes widersprechende formale Rechtsanwendung, die mit der wirtschaftlichen Betrachtungsweise des Steuerrechts und den in § 1 Abs. 2 des Steueranpassungsgesetzes (StAnpG) gebotenen steuerlichen Auslegungsgrundsätzen nicht vereinbar wäre.
Der Bg. meint, er habe den durch die Einziehung des Sperrmarkguthabens verwirklichten Gewinn schon durch die Anschaffung erworben. Das ist unerheblich; denn auch bei Anschaffung und Veräußerung anderer Wirtschaftsgüter würden Spekulationsgeschäfte gegeben sein, wenn der erzielbare Gewinn, z.B. weil es sich um einen besonders günstigen Gelegenheitskauf handelte, bereits zur Zeit des Ankaufs erkennbar war.
Unzutreffend ist auch der Hinweis des Bg., daß bei der Einziehung nur eine steuerlich unschädliche Vermögensumschichtung eingetreten sei. Wirtschaftlich gesehen ist die Einziehung oder der Verkauf einer Forderung immer eine Vermögensumschichtung. Ob der Berechtigte eine Forderung von 1 000 DM einzieht oder für 1 000 DM verkauft: In beiden Fällen hat er zunächst eine Forderung von 1 000 DM besessen; hinterher besitzt er 1 000 DM in bar.
Der Bg. beruft sich vor allem darauf, daß die Meinung des Finanzamts und des Bundesministers der Finanzen dem klaren Wortlaut des § 23 EStG widerspreche und mit dem Begriff "Veräußerung" unvereinbar sei. Der Senat hat zwar wiederholt ausgesprochen, daß Steuergesetze in der Regel nicht entgegen ihrem klaren Wortlaut ausgelegt werden dürfen und daß dies vor allem dann gelte, wenn es sich um eine Auslegung zuungunsten des Steuerpflichtigen handle (Urteile VI 86/55 U vom 12. Dezember 1956, BStBl 1957 III S. 51, Slg. Bd. 64 S. 133, und VI 33/59 U vom 22. Juli 1960, BStBl 1960 III S. 401, Slg. Bd. 71 S. 406). Auch die wirtschaftliche Betrachtungsweise des Steuerrechts darf nicht dazu dienen, eine für die Besteuerung fehlende gesetzliche Grundlage zu ersetzen. Diese Grundsätze gelten aber nur, wenn der Wortlaut des Gesetzes klar und eindeutig ist. Läßt die Wortfassung Zweifel, so ist eine Auslegung des Gesetzes geboten, d.h. es ist nach den allgemeinen Auslegungsregeln der Rechtslehre unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Steuerrechts zu ermitteln, wie der Gesetzgeber den von ihm verwendeten Begriff verstanden wissen will. Der Begriff "Veräußerung" ist nun aber kein eindeutiger Begriff und muß nicht zwingend in dem engen Sinne verstanden werden, den der Bg. ihm gibt. Der Begriff wird auch sonst in der Rechtspraxis in einem weiteren Sinn verwandt. So wird z.B., worauf der Bundesminister der Finanzen hinweist, das bei der Forderungspfändung vom Gericht nach § 829 Abs. 1 Satz 2 der Zivilprozeßordnung an den Schuldner erlassene Gebot, "sich jeder Verfügung über die Forderung, insbesondere ihrer Einziehung, zu enthalten" allgemein als "Veräußerungsverbot" im Sinne des § 136 BGB aufgefaßt (Soergel-Siebert, Kommentar zum BGB, 9. Aufl., Bd. 1 Bern. 4 b zu § 136, S. 467). Nach § 288 StGB wird eine strafbare Vollstreckungsvereitelung angenommen, wenn Vermögensbestandteile "veräußert" werden. Dabei wird unter Veräußerung nicht bloß die Aneignung oder Abtretung verstanden, sondern "jede Verfügung des Schuldners über sein Vermögen, die die Möglichkeit der Befriedigung des Gläubigers verringert" (Schönke-Schröder, Kommentar zum Strafgesetzbuch, 10. Aufl., Bern. 4 b zu § 288, S. 1130). Daß auch dem Einkommensteuerrecht eine weitere Auslegung des Begriffs "Veräußerung" nicht fremd ist, ergibt sich aus der Regelung des § 37 Abs. 2 EStDV 1951, nach der als Gewinn aus einer Veräußerung im Sinne des § 17 EStG auch der Gewinn bezeichnet wird, den der Gesellschafter bei der Auflösung der Kapitalgesellschaft erzielt. Der Begriff "Veräußerung" ist also, wie die Beispiele zeigen, kein eindeutiger und geprägter Rechtsbegriff; vielmehr muß im Einzelfall durch Auslegung festgestellt werden, was der Gesetzgeber in einer bestimmten Vorschrift als "Veräußerung" bezeichnen will.
Wenn danach auch die Einziehung einer Forderung eine Veräußerung im Sinne des § 23 EStG ist, so muß man auch in der Einziehung eines erworbenen Sperrmarkguthabens eine Veräußerung sehen. Dabei kann allerdings dem Finanzgericht zugegeben werden, daß die Entsperrung allein keine Realisierung der mit der Anschaffung des Sperrmarkguthabens erworbenen Gewinnaussicht zu bedeuten braucht. Jedenfalls liegt aber eine Veräußerung vor, wenn ein entsperrtes Guthaben eingezogen oder wenn sonst darüber verfügt wird. Insoweit stimmt der Senat dem Bundesminister der Finanzen zu und hält, soweit die Entscheidung VI 67/58 U, a.a.O., etwas anderes enthält, nicht daran fest.