BFG RV/5101549/2016

BFGRV/5101549/20169.2.2021

Vorliegen der Gründe für eine ausnahmsweise Aufhebung unter Zurückverweisung

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BFG:2021:RV.5101549.2016

 

Entscheidungstext

Beschluss

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Dr. Ansgar Unterberger in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Pölzleithner Wirtschaftstreuhand KG Steuerberatungsgesellschaft, Stadtplatz 22, 4690 Schwanenstadt, betreffend Beschwerde vom 20. Juni 2016 gegen die Bescheide des Finanzamtes Gmunden Vöcklabruck Finanzamtes Österreich vom 13. Mai 2016 betreffend Einkommensteuer 2007, Einkommensteuer 2008, Einkommensteuer 2009, Einkommensteuer 2010, Einkommensteuer 2011, Wiederaufnahme § 303 BAO / ESt 2007, Wiederaufnahme § 303 BAO / ESt 2008, Wiederaufnahme § 303 BAO / ESt 2009, Wiederaufnahme § 303 BAO / ESt 2010, Wiederaufnahme § 303 BAO / ESt 2011, Umsatzsteuer 2007, Umsatzsteuer 2008, Umsatzsteuer 2009, Umsatzsteuer 2010, Umsatzsteuer 2011 und Wiederaufnahme § 303 BAO / USt 2007, Steuernummer ***BF1StNr1***, beschlossen:

Die angefochtenen Bescheide werden unter Zurückverweisung der Sachen an die Abgabenbehörde gemäß § 278 abs. 1 BAO aufgehoben.

Gegen diesen Beschluss ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Begründung

Strittig ist in diesem Beschwerdeverfahren, ob ***Bf1*** (in der Folge: Beschwerdeführer: Bf) in den Jahren 2007 bis 2011 die vom Finanzamt festgestellten und nicht erklärten Umsätze getätigt hat und ihm daraus die ebenso festgestellten und nicht erklärten Einkünfte zugeflossen sind. Das Finanzamt hat anlässlich einer beim Bf durchgeführten Betriebsprüfung festgestellt, dass der Bf ein als "System H" (in der Folge: "System H") bezeichnetes "Pflegevermittlungs-Geschäftsmodell" aufgebaut und betrieben habe. Dieses hätte aus dem im Jahr 2004 gegründeten und als gemeinnützig deklarierten Verein "HVerein" (in weiterer Folge: HVerein), der im Jahr 2007 gegründeten slowak. Gesellschaft Hsro (in weiterer Folge: Hsro) und aus dem Einzelunternehmen des Bf bestanden. Durch die Vermittlung von Pflegeleistungen durch ausländischen Pflegekräften an vorwiegend inländische Pflegebedürftige hätten folgende Einnahmen für das System H lukriert werden sollen: Einmalig entrichtete "Beitrittsgebühren" und jährliche Mitgliedsbeiträge der Pflegebedürftigen, (halb-)jährlich zu leistende Vermittlungsgebühren der Pflegekräfte und Provisionen für die Vermittlung von Transporten zur An- und Abreise der Pflegekräfte.

Da die Hsro nur zum Schein existiert habe, seien die Umsätze mit den ausländischen Pflegerinnen und die Erlöse aus diesen Vermittlungen dem Bf als Gesellschafter und Geschäftsführer der Hsro zuzurechnen. Gleiches gelte für die vom Transportunternehmen bezahlten Provisionen. Da auch der HVerein mangels ausreichender Organe erst ab 2008 handlungsfähig gewesen sei, würde dies im Jahr 2007 auch für die Umsätze und Erlöse des HVereines aus den Vermittlungen gelten.

Aufgrund der somit hinterzogenen ESt- und USt-Abgaben erfolgte mit Bescheiden vom 13.5.2016 innerhalb der zehnjährigen Verjährungsfrist die Wiederaufnahme der ESt-Verfahren für die Jahre 2007 bis 2011 und des USt-Verfahrens 2007 sowie die Festsetzung der genannten Abgaben und der Anspruchszinsen für die Jahre 2007 bis 2011.

Festzuhalten ist schon hier, dass den Ausführungen des Finanzamtes aufgrund der sich immer auf das System H (bestehend aus der Hsro, dem HVerein und dem Bf) beziehenden Feststellungen nicht zu entnehmen ist, aus welchem Grund Umsätze und Einnahmen des System H teilweise dem Bf und teilweise dem HVerein zugrechnet wurden. Es ist nicht erkennbar, wer nach Ansicht des Finanzamtes tatsächlich die fraglichen Vermittlungsleistungen erbracht hat (zB in Tz 4: "die Anwerbung der slowak. Pflegekräfte erfolgte direkt durch das System H……..Ebenso wie die Pflegebedürftigen mussten die Pflegekräfte für die Vermittlung eine Gebühr an das System H entrichten. ……..die Transportprovision wurde einmal im Monat in bar im Büro des System H abgegeben."). Ferner ist diesen Ausführungen sachverhaltsmäßig nicht entnehmbar, ob die dem Bf zugerechneten Beträge diesem als Obmann des offenbar allein tätig gewordenen HVereines in Form von Entnahmen aus dem Verein zugeflossen sind bzw. in welcher Höhe derartige Entnahmen anzunehmen seien. Vielmehr wird die Zurechnung damit begründet, dass die Beträge dem Bf als Gesellschafter und Geschäftsführer der völlig untätigen Hrso zuzurechnen seien.

Der Bf wendet im Wesentlichen gegen diese Bescheide ein, dass ihm die Umsätze und Erlöse aus den Vereinbarungen mit den ausländischen Pflegekräften nicht zuzurechnen seien, da die Einschaltung einer ausländischen Gesellschaft mit einer wirtschaftlich sinnvollen Funktion keinen Missbrauch darstelle und die Umsätze und Erlöse aus den Vereinbarungen mit den inländischen pflegebedürftigen Personen sowie die Provisionen des Transportunternehmens dem Verein aufgrund seiner gegebenen Unternehmereigenschaft zuzurechnen seien. Überdies hätte er sich nicht bereichert, vielmehr sei alles dem System H und somit den Pflegebedürftigen zugutegekommen.

 

Dem abschließenden Bericht über das Ergebnis der beim Bf durchgeführten Außenprüfung vom 28.4.2016, der Niederschrift über die Schlussbesprechung vom 13.4.2016, dem Besprechungsprogramm für die Schlussbesprechung, der Niederschrift vom 7.10.2014 sowie der Niederschrift über die Beschuldigten-Vernehmung vom 26.1.2016 kann dazu (aufgeteilt auf mehrere Besprechungspunkte) entnommen werden, dass sich aus den bei den durchgeführten Hausdurchsuchungen beschlagnahmten Unterlagen folgender Sachverhalt ergebe:

Der Bf habe am 7.8.2007 von einer auf Firmengründungen spezialisierten slowakischen Gesellschaft ***1sro*** eine "C" welche eine reine Businesscenteradresse mit der Möglichkeit der Postweiterleitung gewesen sei, erworben und dies in Hsro umbenannt. Der Bf sei bis 19.4.2011 Alleingesellschafter und Geschäftsführer dieser Gesellschaft gewesen. Die ***1sro***. sei auf derartige Firmengründungen spezialisierte Gesellschaft gewesen und habe auf ihrer Homepage darauf hingewiesen, dass sowohl die deutsche als auch die österreichische Finanzverwaltung die Businesscenteradresse als bloße Domizilanschrift ansehen würden, weshalb man sich um eigene Büroräumlichkeiten umsehen solle.

Ab 20.4.2011 sei W (in der Folge: W), bisheriger Kassier des HVereines, Alleingesellschafter und Geschäftsführer der Hsro gewesen. Nach Auskunft des Bf seien sowohl die Anteile an der Hsro als auch die Funktion als Obmann des Vereines sowie deren Vermögenswerte aus gesundheitlichen Gründen unentgeltlich an W übertragen worden. Später hätte der Bf aber doch eine "Entschädigung" für die Abtretung des System H haben wollen. Infolge eines Vergleiches seien dem Bf dann vom Geschäftskonto der Hsro am 17.5.2013 € 50.000,00 (ohne steuerliche Auswirkung, weil aufgrund des mehr als doppelt so hohen Wertes der Hsro als unentgeltliche Betriebsübergabe bewertet) überwiesen worden.

Am 7.10.2014 hätte der Bf niederschriftlich angegeben, dass die Hsro die von den Pflegerinnen zu entrichtenden Vermittlungsgebühren vereinnahmt hätte. Sämtliche Unterlagen der Hsro hätten sich in Österreich befunden. Die Vermittlungsgebühren seien von den Pflegerinnen in bar oder mittels Überweisung auf das am 4.1.2008 eröffnete Konto der Hsro bei der Raiba Gampern mit der Nummer 23.838 bezahlt worden. Die Höhe der Gebühren der Pflegerinnen habe laut Aussage des Bf vom 26.1.2016 im Jahr 2007 € 295,00 jährlich betragen und sei dann ab 2008 auf € 265,00 jährlich reduziert worden. Im Rahmen durchgeführter behördlicher Zwangsmaßnahmen hätte man für die Zeiträume ab 2009 Excel-Listen zu diesen Vermittlungsgebühren beschlagnahmt.

Bei der Beschuldigtenvernehmung am 26.1.2016 hätte der Bf ausgeführt, dass weder er noch seine Mitarbeiterinnen jemals am Firmensitz der Hsro in C gewesen seien. Dort hätte es auch keine Mitarbeiter und keine der Hsro zur Verfügung stehenden Räumlichkeiten gegeben. Lediglich die Post sei durch die ***1sro*** nach Österreich weitergeleitet worden.

Die BP hätte dazu zusätzlich recherchiert, dass an der Anschrift der Hsro in HsroAnschrift der Sitz von insgesamt 144 Unternehmen sei. Die Hsro hätte keine Steuererklärungen beim zuständigen slowakischen Finanzamt eingereicht.

Laut BP sei die Anwerbung der Pflegekräfte direkt durch das "System H" erfolgt. Aus den Feststellungen der BP ergebe sich, dass es sich bei der Hsro um eine Briefkastengesellschaft ohne feste örtliche Geschäftseinrichtung und ohne Personal am eingetragenen Firmensitz handle. Die Gesellschaft nehme nicht am Erwerbsleben teil und erfülle keine sinnvolle Funktion. Aufgrund fehlender Sach- und Personalmittel könne sie auch nicht den vom Bf angeführten Zweck, die Akquirierung slowakischer Pflegerinnen oder die Erbringung sonstiger Leistungen, erfüllen. Die einzige Funktion der Hsro liege daher darin, vereinnahmte Vermittlungsgebühren zu verschleiern und einer Besteuerung zu entziehen. Es seien im Ergebnis weder in Österreich noch in der Slowakei Steuererklärungen bei den Abgabenbehörden eingereicht worden.

Nach den strittigen Sachverhaltsfeststellung wären die von den Pflegerinnen bezahlten Vermittlungsgebühren ertragsteuerlich dem Bf als demjenigen, dem in wirtschaftlicher Betrachtungsweise die Einkunftsquelle zuzurechnen sei, zugeflossen. Umsatzsteuerlich seien die Pflege-Vermittlungsleistungen bis Ende 2009 gemäß § 3a Abs. 4 UStG 1994 iVm § 3a Abs. 8 UStG 1994 (nach Ansicht des Richters nach § 3a Abs. 4 iVm § 3a Abs. 12 UStG 1994) und ab 2010 gemäß § 3a Abs. 6 UStG 1994 in Österreich steuerbar und dem Bf als leistenden Unternehmer zuzurechnen. Nach UFS RV/1122-L/07 würden die ausländischen Pflegeleistungen aufgrund der vorhandenen Sach- und Personalmittel in ihrem Zimmer im Inland erbracht werden, weshalb diese ihr Unternehmen im Inland betreiben und somit der nach § 3a Abs. 6 maßgebliche Leistungsort am Sitz des Leistungsempfängers im Inland sei.

Nach den Angaben des Bf vom 7.10.2014 hätte ausschließlich der Bf über die Einnahmen der Hsro verfügen können. Dies sei auch der Grund für die Gründung der Hsro gewesen und nicht eine Steuerersparnis. In C hätte es ein angemietetes Büro und eine Sekretärin gegeben. Die Buchhaltungsunterlagen der Hsro hätten sich aber im Haus des Bf bzw im Vereinsbüro befunden. Am 26.1.2016 gab der Bf dagegen dazu an, dass es in C keine Mitarbeiter und keine Räumlichkeiten gegeben hätte.

Abgerechnet hätten die Pflegerinnen ihre Tagessätze für die Pflege usw direkt mit den Betreuungsfällen in Österreich. Auch die Transportkosten seien von den Pflegerinnen direkt mit dem Transportunternehmen verrechnet worden.

Auf die Frage, warum der Verein am 28.12.2009 (Beleg 53) € 50.000,00 als Prämie für Pflegerinnen 2009 auf das Konto Nr 23838 der Hsro bezahlt habe, hätte der Bf am 7.10.2014 angegeben, dass er es nicht mehr wisse, der Beleg sei aber von ihm unterzeichnet und die Überweisung auch von ihm veranlasst worden. In der Slowakei seien für die Hsro durch den Verein Steuererklärungen abgegeben worden. Am 26.1.2016 hätte der Bf dagegen dazu angegeben, dass keine Steuererklärungen eingereicht worden seien und es keine nennenswerten Ausgaben gegeben hätte.

Der Verein sei am 19.7.2004 gegründet worden und im Vereinsregister (Nr Nr) eingetragen. Per 3.12.2007 sei der Vereinsname auf HVerein geändert worden. Obmann des Vereines sei bis zum 5.5.2011 der Bf gewesen. Anlässlich einer Nachschau gemäß § 144 BAO beim Verein habe man laut Niederschrift vom 9.7.2007 festgestellt, dass der Bf als einziges Organ des Vereines sowohl als Obmann und als Kassier auftrete. Es sei daher der Verein nicht anerkannt worden und die Tätigkeit des Vereines sei dem Einzelunternehmer Bf zugerechnet worden. Für 2006 seien die Einkünfte aus Gewerbebetrieb mit 0 und Umsatzsteuer (lt Niederschrift vom 9.7.2007 Umsatz netto: € 118.958,34 und VSt € 8.130,45) für den Bf festgesetzt worden. Der Bf habe in weiterer Folge für 2007 eine USt- und eine ESt-Erklärung eingereicht. Die Einkünfte aus Gewerbebetrieb seien wieder mit 0 erklärt worden.

Für 2008 hätte dann der HVerein eine Körperschaftsteuererklärung für unbeschränkt Steuerpflichtige, die nicht unter § 7 Abs. 3 fallen, abgegeben. In dieser sei iZm einem Betrieb gewerblicher Art ein Verlust erklärt worden.

Nach den Angaben des Bf vom 7.10.2014 wäre W ab Oktober 2010 aufgrund einer schweren Erkrankung des Bf für die Leitung des System H zuständig gewesen. Nach dem Vereinsregister hätte er erst am 6.5.2011 die Obmanneigenschaft beim HVerein übernommen.

Bis zur Bestellung weiterer Vorstandsmitglieder, welche erst durch den Bescheid der BH Vöcklabruck vom 4.12.2007 rechtswirksam geworden sei, sei die Tätigkeit des HVereines mangels Vorliegens eines Vereines iSd Vereinsgesetzes (Nichterfüllung von § 5 Abs. 2 Vereinsgesetz) dem Bf als Einzelunternehmer zuzurechnen.

Für das Jahr 2007 sei vom Steuerberater des Bf eine Erfolgsrechnung für den HVerein vorgelegt worden. Hinsichtlich der Einnahmen aus den einmaligen Beitrittsgebühren und den jährlichen Vermittlungsgebühren sei eine Verprobung vorgenommen worden, wobei festgestellt worden sei, dass die kalkulierten Erlöse um mehr als 50% von den verbuchten Erlösen abweichen würden.

Festgehalten wurde auch, dass in der Erfolgsrechnung auch sogenannte Sondermitgliedsbeiträge iHv € 53.498,00 als Erlös verbucht worden seien. Hierbei handle es sich um Vermittlungsgebühren, die von den Pflegekräften bar oder per Postanweisung bezahlt worden seien.

Im Ergebnis hätten die Besteuerungsgrundlagen für 2007 daher gemäß § 184 BAO geschätzt werden müssen.

Der Bf hat nach den Feststellungen der BP zusätzlich monatlich Provisionen von einem Transportunternehmer dafür erhalten, dass die slowakischen Pflegekräfte vom Bf verpflichtet worden wären, mit diesem Transportunternehmer zum Dienstort und wieder retour zu reisen. Diese würden der ESt und in den Jahren 2007 bis 2009 tlw (hinsichtlich des inländischen Teils) der USt unterliegen.

Nach den Angaben des Bf vom 26.1.2016 hätte die Provision beginnend € 1.000,00 und am Ende im Jahr 2011 € 2.000,00 betragen und wäre von einem Fahrer der Transportfirma im Büro des "Systems H" abgegeben worden.

Die vom Transportunternehmer bezahlten Provisionen seien ertragsteuerlich dem Bf als demjenigen, dem in wirtschaftlicher Betrachtungsweise die Einkunftsquelle zuzurechnen sei, zuzurechnen. Umsatzsteuerlich seien diese Provisionen bis Ende 2009 gemäß § 3a Abs. 4 UStG 1994 iVm § 3a Abs. 7 UStG 1994 hinsichtlich des inländischen Beförderungsteiles im Inland steuerbar. Ab 2010 ergäbe sich eine Steuerbarkeit der Vermittlungsleistungen am Empfängerort am Sitz des Transportunternehmers in der Slowakei.

Im Besprechungsprogramm für die Schlussbesprechung und deren Beilagen sind zahlreiche Hinweise auf Kalkulationsgrundlagen und die Ermittlungen der angesetzten Bemessungsgrundlagen angeführt.

Zu den weiteren Angaben des Bf vom 7.10.2014:

Er habe für die Tätigkeit als Obmann des Vereines keine Entschädigung erhalten.

Das gesamte Personal sei in Österreich tätig gewesen und alle Entscheidungen seien am Vereinssitz in Ö getroffen worden. Auch die Vermittlung der Pflegerinnen, die Qualitätssicherung, Werbung usw. sei durch den H Verein erfolgt.

Der Bf schildert in der Folge die Vorgangsweise so, als wäre alles vom Verein gemacht worden: Der Verein hätte Pflegekräfte vermittelt, eine freie Mitarbeiterin sei für die Anwerbung der Pflegerinnen in der Slowakei zuständig, diese hätte Infomaterial und Visitenkarten verteilt. Im Verein sei Frau A für die Pflegerinnen und Frau B für die Familien zuständig gewesen.

Die pflegebedürftigen Personen bzw. deren Familien würden ihre Beiträge an den Verein bezahlen. Da der Bf über diese Beträge nicht ohne Zustimmung der Mitglieder verfügen bzw. in die Geschäftstätigkeit investieren hätte können, sei die Hsro gegründet worden, die die Beiträge der Pflegekräfte am Konto der Hsro in Österreich vereinnahmt hätte. Diese alleinige Verfügungsmöglichkeit über diese Mittel sowie die Möglichkeit slowakischer Ansprechpartner für potentielle Pflegerinnen sei auch der wahre Grund für die Gründung der slowakischen Gesellschaft gewesen.

Die Buchhaltungsunterlagen der Hsro hätten sich im Vereinsbüro in Österreich befunden. Die Tagessätze für die Pflege, die Sozialversicherungsbeiträge und die Transportkosten hätten die Pflegerinnen direkt mit den Betreuungsfällen verrechnet. Der HVerein hätte auch die Steuererklärungen der Hsro in Slowenien abgegeben.

Mit einem Sicherstellungsauftrag vom 2.2.2015 wurden Abgaben iHv € 429.970,00 sichergestellt.

Zu den weiteren Angaben des Bf laut Niederschrift über die Vernehmung als Beschuldigter vom 26.1.2016:

Der Bf gab an, dass die Beitrittsgebühr ca € 750,00 und die Jahresbeiträge ca. € 365,00 betragen hätten. Die Mitarbeiterinnen des HVereines hätten Überstundenentlohnungen "unter der Hand" bekommen, weil sie andernfalls zu diesen Mehrleistungen nicht bereit gewesen seien. Die Pflegerinnen hätten jährlich zwischen € 265,00 und € 295,00 zahlen müssen.

Aus gesundheitlichen Gründen hätte er keine Steuererklärungen in der Slowakei abgeben können. Es hätte auch diesbezüglich keine Aufträge an den Steuerberater gegeben.

Zu den Provisionen des Transportunternehmers gab der Bf an, dass er diese mit dem Transportunternehmer pauschal vereinbart hätte.

Zu den bekämpften Bescheiden vom 13.5.2016 (unstrittig zugestellt am 19.5.2016):

In den strittigen Wiederaufnahmebescheiden wird auf die gesetzliche Grundlage für die erforderliche Wiederaufnahme sowie auf die Feststellungen der abgabenbehördlichen Außenprüfung verwiesen. Im Rahmen der ausführlichen Darstellung des geübten Ermessens im Prüfbericht wurde insbesondere festgehalten, dass das Interesse an der Rechtsrichtigkeit gegenüber dem Interesse der Rechtsbeständigkeit in diesem Fall auch aufgrund der nicht bloß geringfügigen Auswirkungen überwiege. Weder in den Bescheiden noch in den Ausführungen der Betriebsprüfung, auf die in den Bescheiden verwiesen wird, wird darauf eingegangen, dass sowohl in objektiver als auch in subjektiver Hinsicht hinterzogene Abgaben vorliegen würden und daher die verlängerte zehnjährige Verjährungsfrist anzuwenden sei.

In den Sachbescheiden wurde iZm den hier strittigen Punkten jeweils auf die Feststellungen der abgabenbehördlichen Prüfung verwiesen.

Gegen die angeführten Bescheide brachte der Bf mit einem Schreiben vom 16.6.2016 (der Post übergeben am 17.6.2016 und am 20.6.2016 beim Finanzamt eingelangt) Bescheidbeschwerde ein.

Nach den Angaben des Bf in der Beschwerde sollen der Hsro die von den Pflegerinnen (halb-) jährlich zu bezahlenden Vermittlungsgebühren zugeflossen sein. Die Hsro sei im slowakischen Handelsregister eingetragen und der Bf sei vom 7.8.2007 bis zum 19.4.2011 Alleingesellschafter und Geschäftsführer der Hsro gewesen sein. Die Hsro habe eine wirtschaftlich sinnvolle Funktion erfüllt und somit seien für ihre Zwischenschaltung gewichtige außersteuerliche Motive vorgelegen. Man habe die slowakische Hsro zur Akquirierung und Vermittlung slowakischer Pflegerinnen eingesetzt, weil diese zu einer slowakischen Gesellschaft größeres Vertrauen gehabt hätten. Da die Hsro am Markt in dieser Form aufgetreten sei, habe sie auch die Marktchancen selber genutzt. Die Anwerbung der Pflegekräfte durch eine slowakische Gesellschaft und die dafür vereinbarten und bezahlten Vermittlungsgebühren würden somit auf einer abgaben- und zivilrechtlich zulässigen Gestaltungsweise beruhen und sei daher auch steuerrechtlich zu akzeptieren. Da die Hsro die Möglichkeit gehabt hätte, Leistungen zu erbringen oder diese zu verweigern, sei sie auch Trägerin der Chancen und Risken dieser Tätigkeit gewesen. Die Hsro habe zwar in der Slowakei keine Betriebsstätte iSd § 29 BAO bzw des DBA unterhalten, maßgeblich sei aber alleine die nach Außen in Erscheinung getretene Gestaltung. Es sei zulässig als Geschäftsführer im Namen einer Gesellschaft nach Außen aufzutreten und somit seien die Einkünfte und Umsätze dieser Gesellschaft zuzurechnen.

Der Bf führt die Argumente des FA, die Hsro sei mangels Sachmittel und Personal völlig funktionslos, an, widerspricht diesen wesentlichen Ausführungen des FA aber nicht.

Der HVerein würde mildtätigen Zwecken iSd § 37 BAO dienen und es hätte auch im Jahr 2007 bereits weitere, namentlich angeführte Vorstandsmitglieder gegeben, sodass die Begründung für die Nichtanerkennung des Vereines haltlos sei. Schon aufgrund der schweren Behinderung des Bf (Grad der Behinderung 100%, 24 Stunden Pflege erforderlich) könne er nicht das alleinige Organ des HVereines gewesen sein. Umsätze und Erlöse des Vereines könnten somit nicht dem Bf zugerechnet werden.

In der Beschwerde wird ergänzend vorgebracht, dass es sich bei den von den pflegebedürftigen Personen einmalig zu zahlenden Beitrittsgebühren umsatzsteuerlich um echte Mitgliedsbeiträge zur Erfüllung des Vereinszweckes handle, die mangels Leistungsaustausch nicht steuerbar wären. Die Mitgliedsbeiträge dagegen seien unechte und somit steuerbare Beiträge.

Sachverhaltsmäßig wandte der Bf gegen die Zurechnung der Zahlungen des Transportunternehmers ein, dass diese Provisionen, die im Büro des HVereines bezahlt worden seien, ausschließlich Vereinszwecken zugeflossen seien.

Abschließend bestreitet der Bf ohne nähere Ausführungen dazu die Richtigkeit der seitens des Finanzamtes vorgenommenen Schätzung gem. § 184 BAO. Die Schätzung der Bemessungsgrundlagen sei unangemessen hoch und widerspreche den vom VwGH entwickelten Grundsätzen.

Nicht bekämpft wurde seitens des steuerlich vertretenen Bf die Anwendung der zehnjährigen Verjährungsfrist für die Festsetzung hinterzogener Abgaben. Ebenso wird das Hervorkommen neuer Tatsachen nicht bestritten. Bestritten werden lediglich die Rechtsfolgen der Feststellungen der Betriebsprüfung, weshalb die ersatzlose Aufhebung der bekämpften Bescheide ohne Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung beantragt wurde. Ebenso wurde beantragt, dass eine mündliche Verhandlung durchgeführt wird und die Entscheidung durch den gesamten Senat gefällt wird.

Vorlagebericht vom 13.9.2016

Mit dem Vorlagebericht wurden dem BFG umfangreiche Unterlagen, insbesondere die Grundlagen der Schätzung wie die im Besprechungsprogramm angeführten Excel-Dateien, Bankkonten und Niederschriften, vorgelegt. Erstmals wird auch auf die Voraussetzungen der verlängerten Verjährungsfrist und die stattgefundene Abgabenhinterziehung in objektiver und subjektiver Hinsicht eingegangen.

Hinsichtlich der in der Beschwerde angeführten Akquirierungsfunktion der Hsro wird festgehalten, dass eine Gesellschaft ohne jede Sachmittel und ohne Personal auch diese Funktion gar nicht ausüben könne. Auf dem Konto der Hsro in Österreich, für das der Bf zeichnungsberechtigt gewesen sei, seien zahlreiche Abbuchungen bzw. Behebungen durch den Bf erfolgt. Ebenso seien auf dem Konto des Bf ungeklärte Eingänge ersichtlich.

Dass die Provisionen für die Transportvermittlung Vereinszwecken zugeflossen seien, sei eine bloße Behauptung. Aus dem Umstand, dass diese Provisionen pauschal zwischen dem Transportunternehmer und dem Bf vereinbart worden seien, sei zu schließen, dass sie auch dem Bf zugeflossen seien.

Hinsichtlich der Schätzung wurde festgehalten, dass die Beschwerde keine substantielle Begründung für die behauptete Unangemessenheit der Schätzung enthalte.

Abschließend wurde im Vorlagebericht noch darauf hingewiesen, dass die geltend gemachten Beträge für außergewöhnliche Belastungen im Bescheid ohne die vereinbarte Nachreichung entsprechender Nachweise anerkannt worden sei und man diesbezüglich eine sog. "Verböserung" anrege.

 

Mit Mail vom 6.11.2020 wurden dem Amtsvertreter bisher aufgetauchte Fragen iZm dem gegenständlichen Sachverhalt und dessen rechtlicher Beurteilung übermittelt. Insbesondere wurde der Amtsvertreter neben diversen Detailfragen auch um Erläuterungen zu den durchgeführten Schätzungen und zur Ermittlung der Bemessungsgrundlagen ersucht.

Im Zuge eines einleitenden Telefonats mit dem Amtsvertreter am 12.11.2020 konnten dazu folgende Punkte erörtert werden:

Eine strafrechtliche Verurteilung des Bf, an die man nun ggfs. gebunden wäre, gebe es nicht.

Hinsichtlich der Frage des Richters, wer nach Ansicht des Finanzamtes, welches immer vom System H als Leistungserbringer und Bezieher von Entgelten spreche, eigentlich der Erbringer der fraglichen Vermittlungsleistungen sei, gab der Amtsvertreter an, dass man dies nicht sagen könne, die Zahlungen an die Hsro habe man dem Bf zugerechnet, weil dieser Gesellschafter Geschäftsführer dieser Gesellschaft gewesen sei. Auch die Verurteilung von W und die Aussagen des VwGH hinsichtlich der Zurechnungen bei Einschaltung einer funktionslosen Gesellschaft habe für diese Variante gesprochen. Man könne auch nicht sagen, für wen die handelnden Personen aufgetreten seien, es seien aber Angestellte oder Funktionäre des H Vereines gewesen. Letztlich stimmte der Amtsvertreter der Ansicht des Richters zu, dass nach dem vorliegenden Sachverhalt keine Spruchreife gegeben sei.

Auf den Hinweis, dass man einem Verein -ohne Auflösung durch die Behörde- nicht ohne weiteres dessen Existenz absprechen könne und man nach UFS RV/0048-L/02 und VwGH 27.2.2002, 99/13/0062 unter den dort genannten Voraussetzungen allenfalls eine GesbR unterstellen könnte und man dann die Einkünfte und Umsätze für diese GesbR und erst in einem zweiten Schritt für den Bf feststellen könnte, gab der Amtsvertreter an, dass man das damals anders gesehen hätte.

Letztlich stimmte man überein, dass die vom Richter gestellten Detailfragen zum jetzigen Zeitpunkt nicht beantwortet werden müssten und der Richter versuchen werde, eine verwaltungsökonomische Lösung iSd § 300 BAO zu erwirken.

Mit Mail vom selben Tag teilte der Richter dem Amtsvertreter seine Bedenken hinsichtlich der unmittelbaren Zurechnung der Umsätze an den Bf mit. Nach den aufliegenden Unterlagen liege näher, dass dem einzig tätigen Verein die Erlöse und Umsätze zuzurechnen seien. Erst in einem weiteren Schritt könnte es dann über die Beurteilung des Vereines als GesbR oder im Wege von Entnahmen zu Einkünften des Bf gekommen sein. Die Umsätze hätten aber vermutlich von vornherein dem Verein zugrechnet werden müssen. Überdies sei dann auch die Schätzung und deren Grundlagen hinfällig. Es gebe laut Aktenlage keine eindeutigen Feststellungen oder Schätzungsgrundlagen, in welcher Höhe dem Bf dann Gelder tatsächlich zugekommen seien.

In weiterer Folge wurde mit dem Steuerberater des Bf Kontakt aufgenommen und diesem die Aktenlage und die rechtliche Situation erläutert. Letztlich müsste wahrscheinlich mit Aufhebung und Zurückverweisung vorgegangen werden, weil einfach zu viel im Dunkeln sei. Dann würde das Finanzamt wieder neu ermitteln und es würden wahrscheinlich Bescheide mit geringeren Festsetzungen bleiben. Der Richter bot dem steuerlichen Vertreter im Interesse einer verwaltungsökonomischen Lösung an, zwischen den Parteien des Rechtstreites zu vermitteln und die für das Verfahren nach § 300 BAO erforderlichen Schriftsätze vorzubereiten. Der Steuerberater schloss sich der Ansicht des Richters an und sagte zu, sich bei seinem Klienten für die angedachte Lösung verwenden zu wollen.

Seitens des Amtsvertreters erging am 23.11.2020 und ergänzend am 30.11.2020 per Mail jeweils ein konkreter Lösungsvorschlag an den steuerlichen Vertreter des Bf.

Mit einem Schreiben vom 3.12.2020 teilte der steuerliche Vertreter des Bf dem Richter mit, dass der Bf der Beschwerdeerledigung nach § 300 BAO nicht zugestimmt hätte. Dem Bf sei es wichtig, festzuhalten, dass er sich nicht persönlich bereichert habe.

Daraufhin wurde dem steuerlichen Vertreter per Mail mitgeteilt, dass auch aufgrund der nach Ansicht des Richters nunmehr anzuwendenden Rechtsgrundlagen die bisherige Sachverhaltsermittlung zu mangelhaft sei, keine Spruchreife vorliege und es dem BFG mit seinen Ermittlungsmöglichkeiten auch nicht möglich sei, den mangelhaften Sachverhalt zu ergänzen, müsse mit Aufhebung unter Zurückverweisung vorgegangen werden. Unter diesen Aspekten und dem Umstand, dass dem Bf im neu durchzuführenden erstinstanzlichen Verfahren wieder alle Mitwirkungsrechte und Rechtsmittel offen stünden, werde ersucht, die Anträge auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung und auf Entscheidung durch den gesamten Senat zurückzunehmen.

Ein Ersuchen um Beantwortung dieses Mails erfolgte mit Mail vom 28.12.2020.

Mit Schreiben vom 7.1.2021 wurden die Anträge auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung und Entscheidung durch den Senat zurückgenommen.

Aufgrund des Umfanges der erforderlichen Ermittlungen und der Ungewissheit der dann aufgrund der Erhebungsergebnisse anzuwendenden Normen können hier im Wesentlichen nur jene Rechtsgrundlagen angeführt werden, welche für die Aufhebung der angefochtenen Bescheide und der Zurückverweisung der Sache an das Finanzamt ausschlaggebend waren.

 

Normen

§ 2 Abs. 1 EStG 1988 bestimmt grundlegend: Der Einkommensteuer ist das Einkommen zugrunde zu legen, das der Steuerpflichtige innerhalb eines Kalenderjahres bezogen hat.

Zu den Einkünfte aus selbständiger Arbeit zählen dabei nach § 22 Z 2 EStG 1988 auch die Einkünfte aus einer vermögensverwaltenden Tätigkeit (zB für die Tätigkeit als Hausverwalter oder als Aufsichtsratsmitglied).

Einkünfte aus Gewerbebetrieb liegen gemäß § 23 EStG 1988 vor:

Ist die Zurechnung der Einkünfte geklärt (hier: Zurechnung an den Bf, den HVerein oder die Hsro) ist festzustellen, welche Art von Einkünften vorliegen und in welcher Höhe diese zugeflossen sind.

Abgesehen von der möglichen Zurechnung der Einkünfte an den als juristische Person des Privatrechts anzuerkennenden HVerein und dem dann anzuwendenden KStG 1988 könnten im gegenständlichen nur den Bf betreffenden Beschwerdeverfahren folgende Einkünfte vorliegen:

Nach § 22 Z 2 EStG 1988 fallen unter die Einkünfte aus selbständiger Arbeit auch die Einkünfte aus einer vermögensverwaltenden Tätigkeit. Nach VwGH vom 30.1.2001, 95/14/0043 erzielen auch die Mitglieder eines Vereinsvorstandes ggfs. derartige Einkünfte.

Im Falle der eventuell gebotenen direkten Zurechnung der gegenständlichen Einkünfte an den Bf würden Einkünfte aus Gewerbebetrieb iSd § 23 Z 1 EStG 1988 vorliegen

Gleiches würde für den Fall einer erforderlichen Beurteilung des HVereines als Gesellschaft bürgerlichen Rechts für die dann nach § 188 BAO festzustellenden Gewinnanteile des Bf gelten (§ 23 Z 2 EStG 1988).

Judikatur

Bevor bestimmt werden kann, welche Einkünfte in welcher Höhe vorliegen, ist festzustellen, wem die Einkünfte überhaupt zuzurechnen sind.

Die Einkommensteuer ist nach dem Einkommen zu bemessen, welches der Steuerpflichtige bezogen hat. Die Einkommensteuer bemisst sich somit nach dem tatsächlichen Erfolg der wirtschaftlichen Tätigkeit eines Steuerpflichtigen am Markt. Dieser ist demjenigen zuzurechnen, der über die Leistungserbringung am Markt tatsächlich entscheiden kann, diese gestalten, anbieten oder auch einstellen kann, über den Einsatz des Leistungspotentials entscheiden kann und die Chancen und Risken dafür trägt. Die zivilrechtliche Gestaltung hat dagegen nur Indizwirkung und ist nur maßgeblich, wenn sich in wirtschaftlicher Betrachtung nichts anderes ergibt. Auf das Vorliegen außersteuerlicher Gründe für eine vorgenommene zivilrechtliche Gestaltung kommt es dabei nicht an.

Wenn eine Gesellschaft durch ihren Geschäftsführer nach Außen als solche auftritt, kann deren Existenz nicht verneint werden. Es ist aber zu prüfen, ob die Gesellschaft den Zwecken dient, die vorgegeben werden (VwGH 29.1.2015, 2013/15/0166). Kann die Gesellschaft zB mangels entsprechender Infrastruktur die vorgegebenen Zwecke nicht erfüllen, können ihr die Einkünfte nicht zugerechnet werden.

Als Beispiel für viele das eindeutigen Erkenntnisse des VwGH vom 15.12.2010, 2008/13/0012 (mwN): Zurechnungssubjekt von Einkünften ist derjenige, der die Möglichkeit besitzt, die sich ihm bietenden Marktchancen auszunützen, Leistungen zu erbringen oder zu verweigern. Maßgeblich ist die tatsächliche, nach außen in Erscheinung tretende Gestaltung der Dinge. Für die Zurechnung von Einkünften kommt es entscheidend darauf an, wer wirtschaftlich über die Einkunftsquelle und so über die Art der Erzielung der Einkünfte und damit über die Einkünfte disponieren kann. Die rechtliche Gestaltung ist nur maßgebend, wenn sich in wirtschaftlicher Betrachtungsweise nichts Anderes ergibt. Bei der Einkünftezurechnung kommt es auf die wirtschaftliche Dispositionsbefugnis über die Einkünfte und nicht auf eine allenfalls nach § 24 BAO zu lösende Zurechnung von Wirtschaftsgütern, aber auch nicht - wie etwa im Bereich des § 22 BAO - auf das Vorliegen eventueller "außersteuerlicher Gründe" für eine vorgenommene Gestaltung an (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 2. Februar 2010, 2007/15/0194, mwN).

Die Existenz einer Gesellschaft kann nicht beiseite geschoben werden. Fraglich kann nur sein, ob die Gesellschaft tatsächlich den Zwecken dient, die vorgegeben werden. Wenn dies zu verneinen ist, wenn etwa die Gesellschaft am Erwerbsleben nicht in der erklärten Art und Weise teilnimmt oder nicht zwischengeschaltet sinnvolle Funktionen erfüllt, sind die Ergebnisse der entfalteten Tätigkeit nicht der Gesellschaft, sondern den tatsächlichen Trägern der Erwerbstätigkeit zuzurechnen. Dabei handelt es sich letztlich um die Frage der sachgerechten Zuordnung. In gleicher Weise ist die Errichtung und Einschaltung ausländischer Basisgesellschaften zu sehen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 10. Dezember 1997, 93/13/0185).

…….

Das in der Beschwerde mehrfach betonte "Trennungsprinzip" vermag die behördliche Sichtweise nicht in Frage zu stellen, geht es doch fallbezogen nur darum, wer wirtschaftlich betrachtet als "Träger" der zu beurteilenden Tätigkeiten anzusehen ist. Dass der Beschwerdeführer namens der T. AG aufgetreten ist, gibt bei Beantwortung dieser Frage nicht den Ausschlag (vgl. insoweit auch das hg. Erkenntnis vom 27. August 2008, 2006/15/0013)."

Wenn eine Gesellschaft durch ihren Geschäftsführer nach Außen als solche auftritt, kann deren Existenz nicht verneint werden. Es ist aber zu prüfen, ob die Gesellschaft den Zwecken dient, die vorgegeben werden (VwGH 29.1.2015, 2013/15/0166). Kann die Gesellschaft zB mangels entsprechender Infrastruktur die vorgegebenen Zwecke nicht erfüllen, können ihr die Einkünfte nicht zugerechnet werden.

Aus den Ausführungen des VwGH im Erkenntnis vom 22.3.1995, 93/13/0076 (zu § 162 BAO) ergibt sich, dass eine Briefkastenfirma ohne geschäftlichen Betrieb keine Leistung erbringen kann.

Siehe dazu auch: VwGH 15.2.1994, 90/14/0243 und UFS vom 11.12.2003, RV/0135-L/02

 

Normen

Der Umsatzsteuer unterliegen u.a. gemäß § 1 Abs. 1 UStG 1994 die Lieferungen und sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt.

Gemäß § 2 Abs. 1 UStG 1994 ist Unternehmer, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausübt. Das Unternehmen umfasst die gesamte gewerbliche oder berufliche Tätigkeit des Unternehmers. Gewerblich oder beruflich ist jede nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen, auch wenn die Absicht, Gewinn zu erzielen, fehlt oder eine Personenvereinigung nur gegenüber ihren Mitgliedern tätig wird.

Judikatur

Als Unternehmer oder unionsrechtlich als Steuerpflichtiger gilt, wer eine wirtschaftliche Tätigkeit zur nachhaltigen Einnahmenserzielung selbständig ausübt. Es muss somit eine nachhaltige, einnahmenorientierte Aktivität vorliegen. So ist auch nach EuGH vom 20.6.2013, Rs C-653/11 , Paul Newey) zur Feststellung, wer der Erbringer einer Leistung ist, nach einer Analyse des gesamten Sachverhaltes auf die wirtschaftliche und geschäftliche Realität abzustellen. Rein künstliche Gestaltungen, die mit der wirtschaftlichen Realität nicht übereinstimmen, sind dagegen unbeachtlich. Nach der Rechtsprechung des VwGH sind Leistungen dem Unternehmer zuzurechnen, der sie im eigenen Namen erbringt. Als Leistender ist anzusehen, wer sich im Außenverhältnis zur Leistungserbringung verpflichtet. Soll eine Gesellschaft als leistungserbringender Unternehmer angesehen werden, setzt dies allerdings ein tatsächliches Leistungsverhalten der Gesellschaft voraus, diese muss nach dem Gesamtbild der Verhältnisse als Leistende auftreten. Ein bloßes Zwischenschalten durch Fakturierung ist hiefür nicht ausreichend.

 

§ 303. (1) Ein durch Bescheid abgeschlossenes Verfahren kann auf Antrag einer Partei oder von Amts wegen wiederaufgenommen werden, wenn
a) der Bescheid durch eine gerichtlich strafbare Tat herbeigeführt oder sonst wie erschlichen worden ist, oder
b) Tatsachen oder Beweismittel im abgeschlossenen Verfahren neu hervorgekommen sind, oder
c) der Bescheid von Vorfragen (§ 116) abhängig war und nachträglich über die Vorfrage von der Verwaltungsbehörde bzw. dem Gericht in wesentlichen Punkten anders entschieden worden ist,
und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte

Zur Verjährung bestimmt § 207 BAO:
(1) Das Recht, eine Abgabe festzusetzen, unterliegt nach Maßgabe der nachstehenden Bestimmungen der Verjährung.
(2) Die Verjährungsfrist beträgt bei den Verbrauchsteuern, bei den festen Stempelgebühren nach dem II. Abschnitt des Gebührengesetzes 1957, weiters bei den Gebühren gemäß § 17a des Verfassungsgerichtshofgesetzes 1953 und § 24a des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 drei Jahre, bei allen übrigen Abgaben fünf Jahre. Soweit eine Abgabe hinterzogen ist, beträgt die Verjährungsfrist zehn Jahre. Das Recht, einen Verspätungszuschlag, Anspruchszinsen, Säumniszuschläge oder Abgabenerhöhungen festzusetzen, verjährt gleichzeitig mit dem Recht auf Festsetzung der Abgabe.

Nach § 115 Abs. 1 BA0 haben die Abgabenbehörden die abgabepflichtigen Fälle zu erforschen und von Amts wegen die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse zu ermitteln, die für die Abgabepflicht und die Erhebung der Abgaben wesentlich sind. Diese Verpflichtung wird durch eine erhöhte Mitwirkungspflicht der Abgabepflichtigen, wie beispielsweise bei Auslandssachverhalten, eingeschränkt.

§ 269 Abs. 1 BAO ordnet an, dass im Beschwerdeverfahren die Verwaltungsgerichte (mit hier nicht relevanten Ausnahmen) die Obliegenheiten und Befugnisse, die den Abgabenbehörden auferlegt und eingeräumt sind haben. Nach Abs. 2 leg.cit. können die Verwaltungsgerichte das zur Feststellung des maßgebenden Sachverhaltes erforderliche Ermittlungsverfahren durch eine von ihnen selbst zu bestimmende Abgabenbehörde durchführen oder ergänzen lassen.

§ 278. (1) Ist die Bescheidbeschwerde mit Beschluss des Verwaltungsgerichtes

a) weder als unzulässig oder nicht rechtzeitig eingebracht zurückzuweisen (§ 260) noch
b) als zurückgenommen (§ 85 Abs. 2, § 86a Abs. 1) oder als gegenstandslos (§ 256 Abs. 3, § 261) zu erklären,
so kann das Verwaltungsgericht mit Beschluss die Beschwerde durch Aufhebung des angefochtenen Bescheides und allfälliger Beschwerdevorentscheidungen unter Zurückverweisung der Sache an die Abgabenbehörde erledigen, wenn Ermittlungen (§ 115 Abs. 1) unterlassen wurden, bei deren Durchführung ein anders lautender Bescheid hätte erlassen werden oder eine Bescheiderteilung hätte unterbleiben können. Eine solche Aufhebung ist unzulässig, wenn die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

§ 20. Entscheidungen, die die Abgabenbehörden nach ihrem Ermessen zu treffen haben (Ermessensentscheidungen), müssen sich in den Grenzen halten, die das Gesetz dem Ermessen zieht. Innerhalb dieser Grenzen sind Ermessensentscheidungen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen.

Die Aufhebung und Zurückverweisung gemäß § 278 Abs. 1 BAO steht somit im Ermessen des Gerichtes (vgl. etwa - zur Rechtslage nach § 278 Abs. 1 BAO i. d. F. FVwGG 2012 - VwGH 9. 9. 2015, Ra 2015/16/0037). Zulässig ist sie nach dem Gesetz erstens, wenn Ermittlungen unterlassen wurden, bei deren Durchführung ein anders lautender Bescheid hätte erlassen werden oder eine Bescheiderteilung hätte unterbleiben können (§ 278 Abs. 1 erster Satz BAO). Diese Voraussetzung ist nach der oben dargestellten fehlenden Entscheidungsreife jedenfalls erfüllt.

Die Aufhebung und Zurückverweisung wäre aber unzulässig, wenn die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist (§ 278 Abs. 1 zweiter Satz BAO).

Nach Art. 130 Abs. 4 B-VG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Abs. 1 Z 1 in sonstigen Rechtssachen dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn 1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder 2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Die ErläutRV zur Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012, 1618 BlgNR XXII. GP 4, nennen als einen "Hauptgesichtspunkt des Entwurfes" den Ausbau des Rechtsschutzsystems im Sinne der Verfahrensbeschleunigung und eines verstärkten Bürgerservice sowie die Entlastung des Verwaltungsgerichtshofes. Zu Art. 130 Abs. 4 führen sie im Besonderen aus (aaO 14), in diesem sei abschließend geregelt, in welchen Fällen das Verwaltungsgericht meritorisch zu entscheiden habe; in diesen Fällen dürfe es daher nicht kassatorisch entscheiden.

…….

Nach der wörtlichen Wiedergabe des § 278 Abs. 1 BAO in der Fassung des Finanzverwaltungsgerichtsbarkeitsgesetzes 2012, BGBl. I Nr. 14/2013 - FVwGG 2012 hält der VwGH weiters fest:

…….

Während § 279 Abs. 1 erster Satz BAO in der Fassung des FVwGG 2012 - um mit den Worten der zitierten ErläutRV 2007 BlgNR XXIV. GP zu sprechen - "im Wesentlichen" dem bisherigen § 289 Abs. 1 erster Satz BAO in der Fassung vor dem FVwGG 2012 "entspricht", nimmt § 278 Abs. 1 zweiter Satz BAO (wonach eine solche Aufhebung unzulässig ist, wenn die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist) in Übereinstimmung mit Art. 130 Abs. 4 Z 2 B-VG in der Fassung der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 eine Einschränkung vor, die in § 289 Abs. 1 BAO in der Fassung vor dem FVwGG 2012 nicht enthalten war.

In seinem Erkenntnis VwGH vom 26. Juni 2014, Zl. Ro 2014/03/0063, führte der Verwaltungsgerichtshof (in Auslegung des § 28 VwGVG vor dem Hintergrund des Art. 130 Abs. 4 B-VG) aus, der Verfassungsgesetzgeber habe sich bei Erlassung der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 davon leiten lassen, dass die Verwaltungsgerichte - auch zur Vermeidung von "Kassationskaskaden" - grundsätzlich in der Sache selbst zu entscheiden haben, weshalb ein prinzipieller Vorrang einer meritorischen Entscheidungspflicht der Verwaltungsgerichte anzunehmen sei. Mit einem restriktiven Verständnis der Ausnahmen von der den Verwaltungsgerichten grundsätzlich zukommenden Zuständigkeit zur Entscheidung in der Sache selbst werde insbesondere der der Einrichtung der Verwaltungsgerichte zugrunde gelegten normsetzerischen Zielsetzung entsprochen, einen Ausbau des Rechtsschutzsystems im Sinne der Verfahrensbeschleunigung vorzunehmen, bedeute doch die mit der verwaltungsgerichtlichen Kassation einer verwaltungsbehördlichen Entscheidung verbundene Eröffnung eines neuerlichen Rechtszuges gegen die dann abermalige verwaltungsbehördliche Entscheidung an ein Verwaltungsgericht insgesamt grundsätzlich nicht nur eine Verlängerung des Verfahrens, sondern führe dies im Ergebnis - infolge der neuerlichen Beschwerdemöglichkeit beim Verwaltungsgericht - zur Befassung einer "zusätzlichen" Rechtsmittelinstanz, was aber aus gesetzgeberischer Sicht prinzipiell abgelehnt worden sei, wie die grundsätzliche Beseitigung des administrativen Instanzenzuges durch die Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 zeige. Derart seien es gerade Rechtsschutzerwägungen, die der prinzipiellen Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte zur Entscheidung in der Sache selbst zugrunde lägen.

Zwischen den Parteien ist unstrittig, dass im Zuge der durchgeführten Betriebsprüfung neue Tatsachen oder Beweismittel hervorkamen. Bestritten wird seitens des Bf lediglich, dass die Kenntnis von Zahlungen der Pflegekräfte, des Transportunternehmers und der pflegebedürftigen Personen (der Höhe nach hinsichtlich 2007) beim Bf zu einem im Spruch anders lautenden Bescheid führen durften.

Ebenso unbestritten blieb die Anwendung der verlängerte Verjährungsfrist für hinterzogene Abgaben.

Zu beiden Bereichen wird das Finanzamt je nach den im fortgesetzten Verfahren getroffenen Sachverhaltsfeststellungen in den ggfs. neu zu erlassenden Bescheiden einzugehen haben.

Hinsichtlich möglicher ersatzloser Aufhebungen und in weiterer Folge erforderlicher Gegenstandsloserklärungen wird auf die oben getroffenen Ausführungen verweisen.

 

Nach der oben dargestellten Rechtslage hat das Finanzamt zu entscheiden, ob und welche Einkünfte in welcher Höhe dem Bf tatsächlich zuzurechnen sind.

Nach Zorn, Die Zurechnung von Einkünften unter dem Aspekt der Zwischenschaltung von Auslandsgesellschaften in FS Doralt, 527ff, kann der Klärung der Zurechnungsfrage noch eine Missbrauchsprüfung folgen. Dies bedeutet, dass das Vorliegen von Missbrauch iSd § 22 BAO nur zu prüfen ist, wenn der ausländischen Gesellschaft aufgrund deren Dispositionsmöglichkeiten über die Leistungserbringung die fraglichen Einkünfte überhaupt zuzurechnen sind. Wenn aber infolge der nicht vorhandenen personellen und sachlichen Mittel lediglich eine funktionslose Gesellschaft vorliegt, die den angeführten Zweck keinesfalls erfüllen kann, müssen die Einkünfte der Person, welche tatsächlich die Dispositionsmöglichkeit über die Leistungserbringung hat, zugerechnet werden und eine Missbrauchsprüfung mit der Klärung der Frage, ob es für die Gestaltung außersteuerliche Gründe gibt, erübrigt sich.

Ergänzend ist aber auch anzumerken, dass die Gründung der slowakischen Gesellschaft selbst nach den Angaben des Bf zum außersteuerlichen Grund für die Gründung der Gesellschaft eigentlich nur den Zweck hatte, unter deren Namen gegenüber den slowakischen Pflegekräften auftreten zu können. Da die Gesellschaft aber nie mit Sachmittel oder Personal ausgestattet wurde, war offensichtlich nie geplant, dass die Gesellschaft tatsächlich Leistungen erbringt. Diese Gesellschaft wurde nur zum Schein gegründet, um unter deren Namen auftreten zu können. Einem derartigen Gebilde kommt aber keine Dispositionsbefugnis über die Leistungserbringung zu. Wie der VwGH (siehe oben) ausgeführt hat, führt das bloße Auftreten des Geschäftsführers im Namen einer Gesellschaft noch nicht dazu, dass diese Gesellschaft als Träger der fraglichen Tätigkeiten zu beurteilen ist. Erschwerend tritt hinzu, dass diese Gesellschaft auch in der Slowakei keine Einkünfte oder Umsätze gegenüber der slowakischen Finanzverwaltung erklärte, sodass davon auszugehen ist, dass auch der Geschäftsführer und Alleingesellschafter der Hsro nicht davon ausging, dass der Hsro Einkünfte oder Umsätze zuzurechnen sind. Insofern könnte in der Einschaltung einer wirtschaftlich funktionslosen Gesellschaft mit dem Ergebnis der Abgabenersparnis im Inland durchaus auch eine missbräuchliche Vorgangsweise erblickt werden. Der Missbrauch würde nicht in der Gründung der Gesellschaft bestehen, wofür es eventuell tatsächlich einen außersteuerlichen Grund gegeben hätte (das Auftreten unter einer slowakischen Firma), sondern in der Funktionslosigkeit der slowakischen Gesellschaft verbunden mit der hinzutretenden wirtschaftlich unangemessenen versuchten Umleitung von Einnahmen zu dieser Gesellschaft (Renner in SWK 2015, 846, unter Verweis auf VwGH 30.4.2015, 2012/15/0162). Für diese gibt es keinen außersteuerlichen Grund.

Nach Ansicht des BFG liegt nach der Aktenlage eindeutig eine funktionslose slowakische Gesellschaft ohne Sach- und Personalmittel vor. Dies wird auch in der Beschwerde gar nicht bestritten. In dieser wird lediglich ausgeführt, dass ein Missbrauch nach § 22 BAO nur unterstellt werden kann, wenn es für die Gestaltung keine außersteuerlichen Gründe gebe. Nach der mittlerweile eindeutigen Rechtsprechung des BFG und des VwGH geht es aber bei der Zurechnung von Einkünften in wirtschaftlicher Betrachtung nicht um Fragen des Missbrauches und nicht um außersteuerliche Grüne. Lediglich wenn eine Zurechnung zur ausländischen Gesellschaft erfolgen würde, könnte sich auf der nächsten Stufe die Frage des Missbrauches stellen.

Offen ist aber die Frage, ob nach den oben dargestellten Zurechnungsgrundsätzen die gegenständlichen Zahlungen tatsächlich dem Bf oder doch dem HVerein als Einkünfte zuzurechnen sind.

Wenn diese dem HVerein zuzurechnen sind, wird zu klären sein, ob dieser als Verein iSe juristischen Person des Privatrechtes das Zurechnungssubjekt ist oder ob in wirtschaftlicher Betrachtung ein bloßer Scheinverein vorliegt und die Zurechnung an eine andere Person zu erfolgen hat.

Ein bloßer Scheinverein scheint aber nach derzeitiger Aktenlage nach Ansicht des Finanzamtes nicht vorzuliegen, weil ja ab 2008 auch der Verein als Unternehmer anerkannt und ihm die Einkünfte und Umsätze mit den pflegebedürftigen Personen zugerechnet wurden.

Wenn die weiteren Ermittlungen ergeben, dass der Verein in wirtschaftlicher Betrachtungsweise das Zurechnungssubjekt ist, müsste geprüft werden, ob seitens des Bf Einkünfte iSd § 22 EStG 1988 vorliegen. Nach § 22 Zi. 2 fallen unter die Einkünfte aus selbständiger Arbeit auch die Einkünfte aus einer vermögensverwaltenden Tätigkeit. Nach VwGH vom 30.1.2001, 95/14/0043 erzielen auch die Mitglieder eines Vereinsvorstandes (selbst hinsichtlich unterschlagener Beträge, somit wohl auch hinsichtlich entnommener Beträge) ggfs. derartige Einkünfte.

Sollte der Verein nicht als solcher das Zurechnungssubjekt sein, müsste festgestellt werden, ob die Einkünfte unmittelbar dem Bf oder mittelbar im Wege der Feststellung der Einkünfte gem. § 188 BAO zugeflossen sind.

In beiden zuletzt genannten Fällen sind auch gesonderte Feststellungen zur Höhe der zuzurechnenden Einkünfte zu treffen.

 

Als Unternehmer oder unionsrechtlich als Steuerpflichtiger gilt, wer eine wirtschaftliche Tätigkeit zur nachhaltigen Einnahmenserzielung selbständig ausübt. Es muss somit eine nachhaltige, einnahmenorientierte Aktivität vorliegen.

In Fällen des Steuerbetruges geht der EuGH aber davon aus, dass die Kriterien einer wirtschaftlichen Tätigkeit nicht erfüllt sind. So ist auch nach EuGH vom 20.6.2013, Rs C-653/11 , Paul Newey) zur Feststellung, wer der Erbringer einer Leistung ist, nach einer Analyse des gesamten Sachverhaltes auf die wirtschaftliche und geschäftliche Realität abzustellen. Rein künstliche Gestaltungen, die mit der wirtschaftlichen Realität nicht übereinstimmen, sind dagegen unbeachtlich.

Nach der Rechtsprechung des VwGH sind Leistungen dem Unternehmer zuzurechnen, der sie im eigenen Namen erbringt. Als Leistender ist anzusehen, wer sich im Außenverhältnis zur Leistungserbringung verpflichtet. Soll eine Gesellschaft als leistungserbringender Unternehmer angesehen werden, setzt dies allerdings ein tatsächliches Leistungsverhalten der Gesellschaft voraus, diese muss nach dem Gesamtbild der Verhältnisse als Leistende auftreten. Ein bloßes Zwischenschalten durch Fakturierung ist hiefür nicht ausreichend.

Die Hsro hat keine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit ausgeübt; sie hat keinerlei Leistungen erbracht, sie ist daher nicht Unternehmer im Sinne des § 2 Abs. 1 UStG 1994 ist und ihr sind die gegenständlichen Umsätze nicht zuzurechnen.

Die zur Einkommensteuer getroffenen Ausführungen gelten sinngemäß auch für die Zurechnung der Umsätze. Insbesondere ist auch hier festzustellen, wer nach dem Gesamtbild der Verhältnisse nach Außen als leistender Unternehmer aufgetreten ist.

 

Wie oben ausgeführt, bedarf es - in beachtlichem Umfang - noch ergänzender Ermittlungen unter Wahrung des Parteiengehörs.

In dieser Rechtssache ist ein Ausnahmefall gegeben, der trotz der von der Rechtsprechung des VwGH vorgegebenen restriktiven Anwendbarkeit der Aufhebung unter Zurückverweisung diese ausnahmsweise erfordert. Im Hinblick auf den Umfang der vorzunehmenden Verfahrensergänzungen ist der Aufhebung der Vorrang vor der Fortsetzung der Ermittlungen durch das Bundesfinanzgericht zu geben. Infolge der durch das BFG abgeänderten rechtlichen Beurteilung des bisher ermittelten Sachverhaltes und der somit teilweise erstmals anzuwendenden Rechtsvorschriften muss der Sachverhalt -wie oben dargelegt- in vielen Bereichen neu bzw. erstmals ermittelt und beurteilt werden. Gegenständlich geht es nicht darum, einen festgestellten Sachverhalt, der zu einer Abgabenpflicht eines bestimmten Abgabepflichtigen führt, näher zu untermauern oder Beweise für dessen Vorliegen oder Nichtvorliegen zu erheben. Vielmehr muss erstmals festgestellt werden, wem -falls überhaupt- die strittigen Abgaben aufgrund welchen Rechtstitels vorzuschreiben sind. Falls die strittigen Beträge, Umsätze und Erlöse überhaupt dem Bf zuzurechnen sind, muss festgestellt werden, auf welchem Weg und in welcher Höhe diese zugeflossen sind und unter welche Einkunftsart diese fallen.

Weiters müssen erstmals auch Feststellungen hinsichtlich der für hinterzogene Abgaben geltenden verlängerten Verjährungsfrist insbesondere bezüglich der subjektiven Tatseite getroffen werden. Es sind somit Feststellungen hinsichtlich der in Anspruch zu nehmenden Person, der anzuwendenden Rechtsgrundlagen und der dazu zu ermittelnden Sachverhaltselemente zu treffen.

Dies erfordert zahlreiche Ermittlungsschritte, die sinnvollerweise vor Ort durch Außendienstorgane durchgeführt werden. Die Organe des Finanzamtes können derart in Rede und Gegenrede und Würdigung vorgelegter Beweismittel unmittelbar den maßgeblichen Sachverhalt ermitteln. Dagegen müsste das BFG entweder im Wege von Ermittlungsaufträgen oder im schriftlichen Vorhaltverfahren gegenüber den einzelnen Parteien versuchen, den Sachverhalt zu ermitteln und die jeweiligen Ermittlungsergebnisse der jeweils anderen Partei zur Kenntnisnahme bzw zur Stellungnahme übermitteln. Nach BFG vom 25.8.2020, RV/5101633/2019 kann eine derartige durch das Gebot des Parteiengehörs erforderliche "Zwischenschaltung des Gerichtes" bei der Sachverhaltsermittlung ggfs. eine kosten- und zeitsparende Aufhebung und Zurückverweisung der Sache gebieten. Nach den Erfahrungen mit Sachverhaltsergänzungen in wesentlich geringerem Ausmaß sind derartige Ermittlungen infolge der -oft auch zu verlängernden- Beantwortungsfristen und immer wieder erforderlichen Einarbeitungsphasen für alle Beteiligten sehr zeit-, arbeits- und kostenaufwendig. Auch dem Bf entstehen durch ein weitgehend schriftliches Verfahren (Vorhaltsbeantwortungen, Stellungnahmen,..) Zeitaufwand und Kosten. So wird auch in der Literatur angeführt (Ellinger/Sutter/Urtz, BAO3 § 278 Anm. 2), dass m Einzelfall auch Ermittlungsaufträge an die Abgabenbehörden die Verwaltungsgerichte von Ermittlungsschritten entlasten und eine meritorische Entscheidung somit erleichtern könnten. Dabei seien jedoch allfällig drohende Verfahrensverzögerungen durch die Auslagerung einzelner Verfahrensschritte sowie die Sensibilitäten eines gerichtlichen kontradiktorischen Verfahrens bei der Nutzung dieser Möglichkeit zu beachten.

Eindeutig ist eine Ermittlung des erforderlichen Sachverhaltes durch das BFG somit nicht im Interesse der Raschheit oder einer Kostenersparnis geboten. Vielmehr erscheint dies aufgrund der angeführten Gründe nahezu unmöglich.

Im Rahmen der vorgesehenen Ermessensübung würde nach der allgemeinen Bestimmung des § 20 BAO alleine das "Alter des Beschwerdefalles" (Vorlage im September 2016) sowie die lang zurückliegenden strittigen Veranlagungszeiträume (2007 bis 2011) für eine Erledigung der Beschwerde mit Erkenntnis durch das BFG sprechen, wenn dies zu einer rascheren und oder kostengünstigeren Erledigung des Beschwerdefalles führen würde.

Gegenständlich sind aber nicht nur Ergänzungen des Sachverhaltes erforderlich. Vielmehr ist aufgrund der in diesem Beschluss vertretenen Rechtsansicht, der auch das Finanzamt in informellen Gesprächen zugestimmt hat, der relevante Sachverhalt in großen Bereichen erstmals zu ermitteln. Nach den durch § 278 BAO für die Ermessensübung gezogenen Grenzen (Raschheit und Kostenersparnis) spielt aber das "Alter des Falles" sowie ein "Zurückliegen der Veranlagungszeiträume" keine Rolle. Die durch die zuletzt genannten Umstände eventuell auftretenden Schwierigkeiten würde das Finanzamt und das BFG in gleichem Maße treffen.

Im Ergebnis erhält der Bf durch die Aufhebung und Zurückverweisung und die rascheren Ermittlungen des Finanzamtes zeitnäher und kostengünstiger eine Entscheidung. Dies entspricht der vom Gesetzgeber verfolgten Zielsetzung, nämlich einen Ausbau des Rechtsschutzsystems im Sinne der Verfahrensbeschleunigung.

Aber auch das rechtliche Gesamtgefüge im Interesse des Rechtsschutzes erfordert in diesem Fall die Aufhebung unter Zurückverweisung. Über abgabenrechtliche Ansprüche soll nach den maßgeblichen Bestimmungen der BAO (§§ 92 ff) mit einem erstinstanzlichen Bescheid, dessen Rechtmäßigkeit in weiterer Folge durch das BFG kontrolliert (§§ 243ff) werden kann, abgesprochen werden. Dieser Bescheid muss in seiner Begründung nachvollziehbar und für einen effizienten Rechtsschutz kontrollierbar u.a. den maßgeblichen Sachverhalt und die rechtliche Beurteilung anführen. Diesem Gefüge würde es zuwiderlaufen, wenn der maßgebliche Sachverhalt und in der oben angeführten Wechselwirkung auch die relevanten Rechtsgrundlagen und somit die rechtliche Beurteilung in seinen wesentlichen Bestandteilen erstmals durch das BFG in einem Erkenntnis festgehalten werden.

Es würde nicht der Anordnung des Gesetzgebers über ein verwaltungsgerichtliches Verfahren entsprechen, wenn es infolge einer irrtümlichen Rechtsauffassung mangels Feststellung des entscheidungsrelevanten Sachverhaltes durch die Abgabenbehörde zu einer Verlagerung nahezu des gesamten Verfahrens vor das Verwaltungsgericht käme. Es sei der Rsp des VwGH zufolge nicht im Sinn des Gesetzes, wenn die Rechtsmittelbehörde (nun das Verwaltungsgericht), statt ihre (umfassende) Kontrollbefugnis wahrnehmen zu können, jene Stelle ist, die erstmals den entscheidungswesentlichen Sachverhalt ermittelt und einer Beurteilung unterzieht (vgl VwGH 21.11.2002, 2002/20/0315).

Ferner gebietet es auch der Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung (§ 114 BAO), dem Bf in einem erstinstanzlichen Verfahren die die Möglichkeit zu eröffnen, an der Ermittlung des nunmehr als entscheidungsrelevant angesehenen Sachverhaltes mitzuwirken und Ausführungen des Finanzamtes zu widersprechen bzw. seine Argumente vorzubringen. Durch ein Unterbleiben einer Zurückverweisung der Sache an die belangte Behörde würde der Bf einer (bzw. womöglich der einzigen) Rechtsmittelinstanz beraubt werden.

Wenn nach der Rechtsprechung des VwGH eine Aufhebung unter Zurückverweisung nach der vom Gesetzgeber verfolgten Zielsetzung zwar nur äußerst restriktiv angewandt werden darf, muss für Fälle mit besonders gravierenden Ermittlungslücken ein Anwendungsbereich für die Kassation bleiben, andernfalls man eine derartige Möglichkeit gar nicht normiert hätte. Wie aufgezeigt wurde, ist in diesem Fall, in dem nicht nur bloße Ergänzungen des Sachverhaltes erforderlich sind, die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das BFG keinesfalls rascher oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden. Nach den vom Finanzamt durchzuführenden Ermittlungen wird sich erst zeigen, auf welcher Rechtsgrundlage eventuell Abgabenansprüche gegen den Bf geltend gemacht werden müssen und welche Sachverhaltselemente dafür konkret zu ermitteln sein werden.

 

Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im gegenständlichen Fall wurde in keiner Rechtsfrage entschieden, der grundsätzliche Bedeutung im Sinne des Artikel 133 Abs. 4 B-VG zukommt. Die im Beschwerdefall zu lösenden Rechtsfragen beschränkten sich zudem auf Rechtsfragen, welche bereits in der bisherigen (oben zitierten) VwGH-Rechtsprechung beantwortet wurden. Eine Revision ist daher unzulässig.

 

Linz, am 9. Februar 2021

 

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