BFG RV/3100513/2019

BFGRV/3100513/201915.5.2020

Aufteilung der Sozialversicherungsbeiträge auf die österreichische und deutsche Einkunftsquellen

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BFG:2020:RV.3100513.2019

 

Beachte:
Revision beim VwGH anhängig zur Zahl Ra 2020/15/0077. Mit Erk. v. 16.11.2021 wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufgehoben. Fortgesetztes Verfahren mit Erkenntnis zur Zahl RV/3100013/2022 erledigt.

Entscheidungstext

 

IM NAMEN DER REPUBLIK

 

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter_A in der Beschwerdesache Beschwerdeführer, vertreten durch Steuerberater_A, über die Beschwerde vom 26. April 2017 gegen den Einkommensteuerbescheid der belangten Behörde Finanzamt_A vom 21. April 2017 für das Jahr 2015 zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

 

1.) Verfahrensgang:
In der am 27. Februar 2017 elektronisch eingereichten Einkommensteuererklärung machte der Beschwerdeführer bei seinen in Österreich erzielten Einkünften aus selbständiger Arbeit Aufwendungen für eigene Pflichtversicherung im Gesamtbetrag von € Betrag_1 als Betriebsausgaben geltend.

Über Vorhalt des Finanzamtes_A vom 24. März 2017 führte der Beschwerdeführer in seinem Schreiben vom 10. April 2017 unter Beilage der Kontoübersicht der Sozialversicherungsbeiträge 2015 ua. aus, zutreffend sei, dass ein Teil der bezahlten Sozialversicherungsbeiträge mit den in Deutschland erzielten Einkünften im Zusammenhang stehen würde. Dennoch seien diese Zahlungen als Betriebsausgabe in Österreich in Abzug zu bringen, da sie gemäß § 4 Abs. 4 Z 1 lit a EStG ausdrücklich als Betriebsausgabe genannt werden und auch der allgemeinen Betriebsausgabendefinition entsprechen würden. Gemäß § 4 Abs. 4 EStG seien Aufwendungen und Ausgaben dann als Betriebsausgaben anzuerkennen, wenn sie durch den Betrieb veranlasst wären. Dieser vom Einkommensteuergesetz geforderte Veranlassungszusammenhang zwischen dem österreichischen Betrieb und den bezahlten Sozialversicherungsbeträgen sei schon deshalb gegeben, da für den Betrieb des österreichischen Unternehmens ein Gewerbeschein zu halten sei, der wiederum die Pflichtversicherung nach § 2 GSVG auslöse und auch die ausländischen Einkünfte in die sozialversicherungspflichtige Beitragsgrundlage miteinbeziehe. Diesen zwingenden Vorschriften könne man sich nicht entziehen und müsse aufgrund des Bestehens seines österreichischen Betriebes auch für die in Deutschland erwirtschafteten Einkünfte österreichische Sozialversicherungsbeiträge bezahlt werden. Eine Unterbrechung des geforderten Veranlassungszusammenhangs könne daher nicht bejaht werden und die entsprechenden Aufwendungen seien daher als Betriebsausgabe anzuerkennen. Festzuhalten sei auch, dass die bezahlten Sozialversicherungsbeiträge in Deutschland nicht in Abzug gebracht werden könnten, da diese im deutschen Steuerrecht als Sonderausgabe zu berücksichtigenden Aufwendungen die unbeschränkte Steuerpflicht voraussetzen würden. Eine Berücksichtigung im Rahmen des Progressionsvorbehaltes wäre also schon deshalb keine befriedigende Lösung. Auch sei anzumerken, dass die aus der Sozialversicherungspflicht erwachsenden Pensionszahlungen in Österreich zu versteuern seien und sich schon deshalb eine entsprechende Abzugsfähigkeit in Österreich ergeben müsse. Dies ergebe sich auch aufgrund der Regelung zum Sonderausgabenabzug nach § 18 Abs. 2 EStG. Aus der Kontoübersicht der Sozialversicherungsbeiträge 2015 seien die vorgeschriebenen Beträge in Höhe von Betrag_1 € ersichtlich. Es sei daher keine Aufteilung der Sozialversicherung auf inländische und ausländische Einkünfte vorgenommen worden.

Im ergänzenden E-Mail vom 14. April 2017 führte der Beschwerdeführer unter Beilage der (deutschen) Gewinnermittlung 2015, der Erklärung der endgültigen Beitragsgrundlage 2012 der SVA und der Erklärung der vorläufigen Beitragsgrundlage 2015 der SVA aus, der Betrag von Betrag_1 € würde sich aus einer Nachbelastung der endgültigen Beitragsgrundlage 2012 (Betrag_2 €) und der vorläufigen Beitragsgrundlage für 2015 (Betrag_3 €) zusammensetzen. Die Aufteilung auf in- und ausländische Einkünfte sei aufgrund der Abzugsfähigkeit der SV-Beiträge nicht notwendig.

Das Finanzamt_A kürzte im Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2015 (mit Ausfertigungsdatum 21. April 2017) die vom Beschwerdeführer im Rahmen der Einkünfte aus selbständiger Arbeit erklärten Betriebsausgaben für eigene Pflichtversicherung auf Betrag_7 € und führte hierzu begründend aus, im vorliegenden Fall sei offensichtlich Österreich für die Vorschreibung der gesamten Sozialversicherungsbeiträge zuständig. In der BRD seien daher keine SV-Beiträge mehr abzuführen. Für die Ermittlung der vorzuschreibenden Beiträge werde die in Österreich und in der BRD versicherungspflichtigen Einkünfte zusammengerechnet. Laut der am 25. Oktober 2014 erstellten Erklärung der endgültigen Beitragsgrundlage 2012 setze sich diese Grundlage wie folgt zusammen: Österreich Betrag_4 € (19%), BRD Betrag_5 € (81%), die daraus resultierende Nachbelastung von Betrag_2 € sei im Jahr 2015 gemeinsam mit den vorläufigen Beiträgen 2015 zu entrichten gewesen. Im Hinblick auf diesen Sachverhalt sei eine prozentuelle Aufteilung der gesamten SV-Beiträge (Betrag_1 €) auf die BRD (Betrag_6 €) und auf Österreich (Betrag_7 €) vorzunehmen.

Die hiergegen fristgerecht erhobene Beschwerde vom 26. April 2017 begründete der Beschwerdeführer unter Verweis auf das Vorbringen vom 10. April 2017 damit, die Bescheidbegründung widerlege weder die vorgebrachten Argumente noch bringe sie andere Gründe für die Versagung des Betriebsausgabencharakters der Sozialversicherungszahlungen vor, weshalb weiterhin davon auszugehen sei, dass die abgegebene Steuererklärung den Regelungen des EStG entspreche. Generell sei festzuhalten, dass der Bescheidbegründung jegliche rechtliche Würdigung des Sachverhalts mit Bezug auf Gesetzestext und Judikatur fehle. Daher werde der Antrag auf Aufhebung des Einkommensteuerbescheides mit Neuveranlagung entsprechend der abgegebenen Steuererklärung gestellt. Sollten wider Erwarten die Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von Betrag_1 € nicht zur Gänze in Österreich als Betriebsausgabe anerkannt werden, so seien die auf Österreich entfallenden Beiträge mit Betrag_8 € und die auf Deutschland entfallenden Beträge mit Betrag_9 € zu berücksichtigen. Die vorgenommene prozentuelle Aufteilung sei für die Einkünfte des Jahres 2015 nicht zutreffend. Anzudenken wäre, dass die auf Deutschland entfallenden Beträge als Sonderausgabe nach § 18 Abs. 2 EStG zu berücksichtigen wären, da die Pensionszahlungen in Österreich zu versteuern seien.

Das Finanzamt_A wies die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom 22. März 2019 als unbegründet ab und führte hierzu in der händischen Bescheidbegründung (vom selben Tag) ergänzend ua. aus, der Beschwerdeführer sei im betreffenden Besteuerungszeitraum in Österreich ansässig gewesen. Die gewerbliche Tätigkeit sei in Deutschland durch eine dort gelegene Betriebsstätte ausgeübt worden. Im Jahr 2015 hätten die Beiträge zur Pflichtversicherung in der gesetzlichen Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung und zur gesetzlichen Arbeitslosenversicherung die Höhe von insgesamt Betrag_1 Euro betragen; davon seien Betrag_6 Euro der in Deutschland gelegenen Betriebsstätte zuzurechnen. Bei den beschwerdegegenständlichen Beiträgen handle es sich zwar um Betriebsausgaben im Sinne des § 4 Abs. 4 Zif. 1 lit. a EStG 1988. Der im Sinne des Artikels 7 Abs. 1 DBA-Deutschland der in Deutschland gelegenen Betriebsstäte zuzurechnende Anteil dürfe jedoch in Deutschland besteuert werden und werde gemäß Artikel 23 Abs. 2 lit. a DBA-Deutschland von der Besteuerung durch die Republik Österreich ausgenommen.

Der Beschwerdeführer begehrte mit Schreiben vom 19. April 2019 fristgerecht die Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht und führte hierin weiters aus, in der Begründung der Beschwerdevorentscheidung würden die vorgebrachten Argumente nicht widerlegt werden. Es werde lediglich ausgeführt, dass aufgrund des Doppelbesteuerungsabkommens die Sozialversicherungsbeiträge anteilig dem deutschen Betrieb zuzuordnen und daher von der Besteuerung in Österreich auszunehmen seien. Eine nähere begründende Stellungnahme, wieso die Sozialversicherungsbeiträge dem deutschen und dem österreichischen Betrieb zugerechnet werden würden, fehle vollständig. Auch werde auf den Art 7 Abs. 2 DBA-Deutschland verwiesen ohne eine Gesetzesinterpretation vorzunehmen. Aus dieser zitierten Zuteilungsregel ergebe sich, dass der ausländische Betrieb für Zwecke der Gewinnaufteilung wie ein völlig unabhängiges selbstständiges Unternehmen zu betrachten sei. Unter dieser Selbstständigkeitsfiktion ergebe sich eine eindeutige Zuordnung der bezahlten österreichischen Sozialversicherungsbeiträge zum österreichischen Betrieb, da diese Pflichtbeiträge dem Grunde nach ausschließlich durch die betriebliche Tätigkeit in Österreich verursacht worden seien. Würde der österreichische Betrieb aufgegeben werden und sei man ausschließlich in Deutschland tätig, seien mangels einer dortigen Sozialversicherungspflicht für Unternehmer auch keine entsprechenden Beiträge zu leisten. Dies sei von dem deutschen Steuerberater nochmals bestätigt worden. Im Ergebnis seien die österreichischen Sozialversicherungsbeiträge, die auch unstrittig die Betriebsausgabendefinition erfüllen würden, vollständig dem österreichischen Betrieb zuzurechnen und seitens der Finanzverwaltung als Betriebsausgabe anzuerkennen. Unabhängig davon wäre es jedenfalls ein rechtswidriger Zustand, wenn die bezahlten Sozialversicherungsbeiträge weder in Österreich noch in Deutschland vollständig geltend gemacht werden könnten. Wenn man bedenke, dass die von der Versicherung ausbezahlte Pension auch in Österreich versteuert werden müsse, sei korrespondierend dazu auch eine steuerliche Absetzbarkeit der entsprechenden verpflichtenden Versicherungsbeiträge geboten. Der VwGH führe dazu in dem Urteil vom 20.04.2006 (2004/15/0038) aus, dass eine fehlende steuerliche Berücksichtigung der Beitragszahlungen jedenfalls dem Sachlichkeitsgebot widerspreche und damit verfassungswidrig sei.

2.) Sachverhalt:
Der Beschwerdeführer ist in Anschrift_1, Österreich, wohnhaft (siehe Auskunft aus dem Zentralen Melderegister vom 21. Oktober 2019).

Der Beschwerdeführer erzielte im Jahr 2015 nachfolgende Einkünfte:
a) als Geschäftsführer der in Ort_A, Österreich, ansässigen Gesellschaft_A, FN_Nr._1, Einkünfte aus selbständiger Arbeit,
b) aus einer Vermietungstätigkeit betreffend das Vermietungsobjekt in Anschrift_1, Österreich, Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung sowie
c) als Einzelunternehmer des in Ort_B, Deutschland, ansässigen Unternehmen_1 Einkünfte aus Gewerbebetrieb
(siehe die (österreichische) Einkommensteuererklärung für das Jahr 2015, den bekämpften (österreichischen) Einkommensteuerbescheid 2015, die Gewinnermittlung betreffend das (deutsche) Unternehmen_1 für das Jahr 2015 sowie den (deutschen) Bescheid für 2015 über Einkommensteuer und Solidaritätszuschlag des (deutschen) Finanzamtes_B vom 16. Jänner 2017, StNr._1).

Der Beschwerdeführer ist in Österreich sozialversicherungspflichtig. Die Sozialversicherungsanstalt für gewerbliche Wirtschaft (SVA) schrieb dem Beschwerdeführer für das Jahr 2015 Sozialversicherungsbeiträge im Gesamtbetrag von Betrag_1 € vor (siehe Kontoübersicht der Sozialversicherungsanstalt vom 8. Jänner 2016), welche sich zum einen aus einer Nachbelastung für das Jahr 2012 sowie aus den vorläufigen Beiträgen für das Jahr 2015 zusammensetzen. Die Nachbelastung für 2012 wurde auf Grundlage der sich aus dem Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2012 des Finanzamtes_A (mit Ausfertigungsdatum 30. April 2014) ergebenden inländischen Einkünfte aus selbständiger Arbeit und Progressionseinkünfte betreffend die in Deutschland erzielten Einkünfte ermittelt (siehe ua. die Erklärung der endgültigen Beitragsgrundlage 2012 der Sozialversicherungsanstalt vom 25. Oktober 2014, den bekämpften Bescheid sowie das Beschwerdevorbringen). Die streitgegenständlichen Sozialversicherungsbeiträge 2015 begründen sich somit in den sowohl in Österreich als auch in Deutschland erzielten sozialversicherungspflichtigen Einkünften (siehe ua. auch Schreiben des Beschwerdeführers vom 10. April und 26. April 2017).

3.) Beweiswürdigung:
Der streitgegenständliche Sachverhalt ergibt sich aus der vorliegenden unstrittigen Aktenlage, insbesondere aus den oben näher bezeichneten Unterlagen und Beschwerdevorbringen.

4.) Rechtslage:
Einkommen ist nach § 2 Abs. 2 EStG der Gesamtbetrag der Einkünfte aus den im Abs. 3 leg.cit. aufgezählten Einkunftsarten nach Ausgleich mit Verlusten, die sich aus einzelnen Einkunftsarten ergeben, und nach Abzug der Sonderausgaben (§ 18 EStG) und außergewöhnlichen Belastungen (§§ 34 und 35 EStG) sowie des Freibetrags nach § 105 EStG.
Soweit im Einkommen oder bei Berechnung der Steuer ausländische Einkünfte zu berücksichtigen sind, gilt nach § 2 Abs. 8 EStG Folgendes:
1. Für die Ermittlung der ausländischen Einkünfte sind die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes maßgebend.
2. Der Gewinn ist nach der Gewinnermittlungsart zu ermitteln, die sich ergäbe, wenn der Betrieb im Inland gelegen wäre.

§ 2 Abs. 8 EStG normiert für die Einkommensermittlung die Berücksichtigung von Einkünften, die unbeschränkt Steuerpflichtige in ausländischen Betriebsstätten oder Betrieben erzielen. Da diese Betriebe auch im Ausland besteuert werden, regeln Doppelbesteuerungsabkommen die Aufteilung der Besteuerung. Ist ein Doppelbesteuerungsabkommen mit Befreiungsmethode anzuwenden, kann der Ansässigkeitsstaat die positiven ausländischen Einkünfte nicht beim Einkommen, sondern nur bei der Ermittlung des Steuersatzes miteinbeziehen, der auf die inländischen Einkünfte angewandt wird (Jakom/Laudacher, EStG, 2020, § 2 Rz 189).
Ausländische Einkünfte sind durch Umrechnung auf das inländische Recht zu adaptieren. Jene Besonderheiten des ausländischen Steuerrechtes, die in den inländischen Normen nicht enthalten sind, bleiben außer Ansatz. Umgekehrt sind die inländischen Regelungen für die Gewinnermittlung maßgebend, auch wenn gleichartige Normen im Abkommensstaat nicht existieren. Die Umrechnung kann zu betragsmäßigen Abweichungen führen (Jakom/Laudacher, EStG, 2020, § 2 Rz 190).

Gemäß § 4 Abs. 4 EStG 1988 sind Betriebsausgaben die Aufwendungen oder Ausgaben, die durch den Betrieb veranlasst sind.

Nach der Systematik des Einkommensteuergesetzes sind im Rahmen der Einkommensermittlung somit zunächst die Einkünfte aus jeder einzelnen Einkunftsquelle, dh. die sich nach Abzug von Betriebsausgaben bzw. Werbungskosten jeweils ergebende Nettogröße, zu ermitteln. Abzugsfähige Betriebsausgaben bzw. Werbungskosten liegen dabei nur dann vor, wenn die Aufwendungen oder Ausgaben mit dem Betrieb bzw. der Einkünfteerzielung im Zusammenhang stehen (Jakom/Lenneis, EStG, 2019, § 4 Rz 272). Die Ermittlung der Bemessungsgrundlage für die Einkommensteuer hat durch Ermittlung der Einkünfte aus den einzelnen Einkunftsquellen des Steuerpflichtigen zu erfolgen; die Aufwendungen sind auf die verschiedenen Einkunftsquellen aufzuteilen (Jakom/Lenneis, EStG, 2019, § 4 Rz 275). Sind Aufwendungen durch mehrere Einkunftsquellen veranlasst, dann muss der auf sie entfallende Betrag aufgeteilt und den einzelnen Einkunftsquellen jeweils mit einem Teilbetrag zugeordnet werden (VwGH 28.1.1997, 95/14/0156; VwGH 29.5.1996, 93/13/0008). Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits ausgesprochen, dass es keine Bedenken gibt, diese Aufteilung im Verhältnis der aus den jeweiligen Einkunftsquellen geflossenen Einnahmen vorzunehmen (VwGH 24.10.2005, 2001/13/0272; VwGH 29.5.2001, 2001/14/0090; Jakom/Lenneis, EStG, 2019, § 4 Rz 275).

Gemäß § 4 Abs. 4 Z 1 lit. a EStG 1988 sind Beiträge des Versicherten zur Pflichtversicherung in der gesetzlichen Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung und Beiträge zur gesetzlichen Arbeitslosenversicherung jedenfalls Betriebsausgaben.

Bei der Ermittlung des Einkommens sind nach § 18 Abs. 1 EStG als Sonderausgaben ua. abzuziehen, soweit sie nicht Betriebsausgaben oder Werbungskosten sind:
1. Renten und dauernde Lasten, die auf besonderen Verpflichtungsgründen beruhen,
1a. Beiträge für eine freiwillige Weiterversicherung einschließlich des Nachkaufs von Versicherungszeiten in der gesetzlichen Pensionsversicherung und vergleichbare Beiträge an Versorgungs- und Unterstützungseinrichtungen der Kammern der selbständig Erwerbstätigen,
2. Beiträge und Versicherungsprämien, wenn der der Zahlung zugrundeliegende Vertrag vor dem 1. Jänner 2016 abgeschlossen worden ist, ausgenommen Beiträge und Versicherungsprämien im Bereich des BMSVG und der prämienbegünstigten Zukunftsvorsorge (§ 108g EStG) zu einer ua. freiwilligen Kranken-, Unfall- oder Pensionsversicherung, ausgenommen Beiträge für die freiwillige Höherversicherung in der gesetzlichen Pensionsversicherung (einschließlich der zusätzlichen Pensionsversicherung im Sinne des § 479 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes), soweit dafür eine Prämie nach § 108a EStG in Anspruch genommen wird, sowie ausgenommen Beiträge zu einer Pensionszusatzversicherung (§ 108b EStG).

Gemäß Artikel 7 Abs. 1 des Abkommens zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen (im Folgenden DBA-Deutschland), BGBl III 183/2002 idF BGBl III 32/2012, dürfen Gewinne eines Unternehmens eines Vertragsstaats nur in diesem Staat besteuert werden, es sei denn, das Unternehmen übt seine Tätigkeit im anderen Vertragsstaat durch eine dort gelegene Betriebsstätte aus. Übt das Unternehmen seine Tätigkeit auf diese Weise aus, so dürfen die Gewinne des Unternehmens im anderen Staat besteuert werden, jedoch nur insoweit, als sie dieser Betriebsstätte zugerechnet werden können.

Gemäß Artikel 23 Abs. 2 DBA-Deutschland wird bei einer in der Republik Österreich ansässigen Person die Steuer wie folgt festgesetzt:
a) Bezieht eine in der Republik Österreich ansässige Person Einkünfte oder hat sie Vermögen und dürfen diese Einkünfte oder dieses Vermögen nach diesem Abkommen in der Bundesrepublik Deutschland besteuert werden, so nimmt die Republik Österreich vorbehaltlich der Buchstaben b und c diese Einkünfte oder dieses Vermögen von der Besteuerung aus.
d) Einkünfte oder Vermögen einer in der Republik Österreich ansässigen Person, die nach dem Abkommen von der Besteuerung in der Republik Österreich auszunehmen sind, dürfen gleichwohl in der Republik Österreich bei der Festsetzung der Steuer für das übrige Einkommen oder Vermögen der Person einbezogen werden.

Nach § 2 Abs. 1 Z 4 Gewerbliches Sozialversicherungsgesetz, GSVG, BGBl. Nr. 560/1978 idF BGBl. I Nr. 162/2015, sind, soweit es sich um natürliche Personen handelt, in der Krankenversicherung und in der Pensionsversicherung nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen selbständig erwerbstätige Personen, die auf Grund einer betrieblichen Tätigkeit Einkünfte im Sinne der §§ 22 Z 1 bis 3 und 5 und (oder) 23 des Einkommensteuergesetzes 1988 (EStG 1988), BGBl. Nr. 400, erzielen, pflichtversichert, wenn auf Grund dieser betrieblichen Tätigkeit nicht bereits Pflichtversicherung nach diesem Bundesgesetz oder einem anderen Bundesgesetz in dem (den) entsprechenden Versicherungszweig(en) eingetreten ist.

5.) Erwägungen:
Unbestritten ist, dass der Beschwerdeführer (als selbständig erwerbstätige Person) aufgrund seiner - sowohl in Österreich als auch in Deutschland erwirtschafteten - Einkünfte als Geschäftsführer und Einzelunternehmer nach den Bestimmungen des gewerblichen Sozialversicherungsgesetzes (§ 2 GSVG) in Österreich pflichtversichert ist und die von ihm diesbezüglich geleisteten Beiträge sohin Pflichtversicherungsbeiträge nach den sozialversicherungsrechtlichen Bestimmungen darstellen. Die Pflichtversicherung umfasst aufgrund des in Österreich gelegenen Wohnsitzes des Beschwerdeführers sämtliche im EWR bzw. in der EU und Schweiz ausgeübten selbständigen Tätigkeiten iSd § 2 GSVG. Beiträge des Versicherten zur Pflichtversicherung in der gesetzlichen Sozialversicherung sind Betriebsausgaben gemäß § 4 Abs. 4 Z 1 lit. a EStG 1988 und nach obigen Ausführungen bei jenen Einkünften in Abzug zu bringen, mit denen sie im Zusammenhang stehen.

Die Vorschreibung der streitgegenständlichen Sozialversicherungsbeiträge durch die SVA (dh. die Nachbelastung für 2012 sowie die vorläufigen Beiträge 2015) begründet sich sowohl in den in Österreich als auch in Deutschland erzielten Einkünfte aus selbständiger und gewerblicher Arbeit; die Höhe der Beiträge wurde von der SVA auf Grundlage der im Einkommensteuerbescheid 2012 festgesetzten sowohl (österreichischen) Einkünfte aus selbständiger Arbeit als auch - in Deutschland erzielten - Progressionseinkünfte ermittelt und vorgeschrieben (siehe Erklärung der endgültigen Beitragsgrundlage 2012 der SVA vom 25. Oktober 2014).
Die streitgegenständlichen Sozialversicherungsbeiträge sind sohin durch die beiden Einkunftsquellen veranlasst, sodass diese unter Beachtung des Veranlassungszusammenhanges den einzelnen Einkunftsquellen zuzuordnen sind.

Nachdem sich die Beitragsvorschreibung (dh. die Nachbelastung für 2012 sowie die vorläufigen Beiträge für 2015) ausschließlich an der (summierten) Höhe der beiden Einkünfte (zuzüglich der im Jahr 2012 vorgeschriebenen GSVG-Beiträge) bemisst, ist diese im entsprechenden Verhältnis der jeweiligen Bemessungsgrundlagen anteilig auf die österreichische und deutsche Einkunftsquelle aufzuteilen. Das Finanzamt_A hat sohin im bekämpften Bescheid die strittigen Beiträge (Betrag_1 €) zutreffend auf Basis der in der Vorschreibung der Sozialversicherungsbeiträge angesetzten Beitragsgrundlagen (österreichische Einkünfte incl. der im Jahr 2012 vorgeschriebenen GSVG-Beiträge Betrag_4 €, sohin 19%, und deutsche Progressionseinkünfte Betrag_5 €, sohin 81%) der österreichischen Einkunftsquelle in Höhe von Betrag_7 € sowie der deutschen Einkunftsquelle in Höhe von Betrag_6 € zugewiesen.

Die vom Beschwerdeführer in seinen Vorbringen begehrte Aufteilung der Sozialversicherungsbeiträge kann hingegen nicht übernommen werden, da diese Berechnung nicht auf das tatsächliche Verhältnis der aus den jeweiligen Einkunftsquellen geflossenen Einkünften abstellt, sondern diese ungleichmäßig mit einbezieht. Unterwirft man nämlich - wie begehrt - die österreichischen Einkünfte zur Gänze, die deutschen hingegen nur bis der sich hieraus resultierenden Differenz zur Höchstbemessungsgrundlage der Sozialversicherungspflicht, entspricht die sich hierdurch ergebende Verteilung der Sozialversicherungsbeiträge nicht mehr den tatsächlichen Gegebenheiten, sondern belastet die entsprechenden Einkünfte im unterschiedlichen Ausmaß. Die Einkünfte sind jedoch unabhängig davon, ob diese in Österreich oder in Deutschland erzielt wurden, gleichmäßig der Sozialversicherung zu unterziehen.

Die ausländischen Einkünfte sind nach § 2 Abs. 8 EStG durch Umrechnung auf das inländische Recht zu adaptieren. Wenngleich das deutsche Einkommensteuergesetz die streitgegenständlichen, auf die deutsche Einkunftsquelle entfallenden Sozialversicherungsabgaben nicht als Betriebsausgaben anerkennt, sind diese im gegenständlichen Verfahren bei der entsprechenden Ermittlung der ausländischen Einkünfte als Betriebsausgaben zu berücksichtigen. Das Finanzamt_A hat somit im bekämpften Bescheid zutreffend den in Deutschland erzielten Gewinn um den auf die ausländische Einkunftsquelle entfallenden Anteil an dem strittigen Sozialversicherungsbeitrag, nämlich um Betrag_6 € gekürzt und die (ausländischen) Einkünfte aus selbständiger Arbeit mit einem Betrag von Betrag_10 € angesetzt.

Die auf die deutschen Einkünfte entfallenden Sozialversicherungsbeiträge mindern durch deren Berücksichtigung bei der Gewinnermittlung die Höhe der in Ansatz zu bringenden ausländischen Einkünfte und kürzen damit unmittelbar den zu ermittelnden Durchschnittssteuersatz. Entgegen dem Beschwerdevorbringen finden diese bei der österreichischen Einkommensteuerberechnung des Jahrs 2015 nicht nur steuerliche Berücksichtigung, sondern wird hierdurch auch dem verfassungsrechtlich gebotenem Sachlichkeitsgebot entsprochen.

Ergänzend wird bemerkt, dass die gegenständlichen Sozialversicherungsbeiträge nicht als Sonderausgaben nach § 18 EStG qualifiziert werden können, da diese bereits als Betriebsausgaben zum Ansatz gebracht wurden. Des Weiteren handelt es sich hierbei um keinen freiwilligen Versicherungsbeitrag, sondern liegt den Beiträgen eine gesetzliche Versicherungspflicht zugrunde.

6.) Zulässigkeit einer Revision:
Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im vorliegenden Beschwerdefall wurden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Das Bundesfinanzgericht orientierte sich bei den zu lösenden Rechtsfragen an der zitierten einheitlichen höchstgerichtlichen Judikatur, darüber hinaus hing die Entscheidung im Wesentlichen von den Umständen des Einzelfalles ab. Die Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist daher unzulässig.

 

 

Innsbruck, am 15. Mai 2020

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer

betroffene Normen:

§ 4 Abs. 4 Z 1 lit. a EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988

Verweise:

VwGH 28.01.1997, 95/14/0156
VwGH 29.05.1996, 93/13/0008
VwGH 24.10.2005, 2001/13/0272
VwGH 29.05.2001, 2001/14/0090

Stichworte