BFG RV/1200008/2020

BFGRV/1200008/20203.4.2020

Erlöschen der Zollschuld nach Art. 124 Abs. 1 lit. k UZK

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BFG:2020:RV.1200008.2020

 

Beachte:
Revision (Amtsrevision) beim VwGH anhängig zur Zahl Ra 2020/16/0066. Zurückweisung mit Beschluss vom 29.6.2020.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Ri in der Beschwerdesache

1) A., und

2) B. ,

beide vertreten durch RA,

über die Beschwerden vom 17.12.2019 gegen den Bescheid der belangten Behörde Zollamt Feldkirch Wolfurt vom 22.11.2019, Zahl*, betreffend Eingangsabgaben zu Recht erkannt:

Der angefochtene Bescheid wird aufgehoben.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Mit Bescheid vom 22.11.2019, Zahl*, teilte das Zollamt Feldkirch Wolfurt den Beschwerdeführern die gem. Art. 79 Abs. 1 lit. a UZK entstandene Einfuhrzollschuld (Zoll iHv. € 20.000,00 sowie Einfuhrumsatzsteuer iHv. € 44.000,00) wegen Verletzung der Gestellungsverpflichtung mit.
Der in Serbien ansässige Erstbeschwerdeführer (EBf.) habe am 19.8.2019 mit dem von ihm gelenkten Fahrzeuggespann, bestehend aus einem Zugfahrzeug und einem Anhänger, beide mit serbischen Kennzeichen, auf dem ein PKW Marke Ferrari 488 Pista mit dem amtlichen Schweizer Kennzeichen ZH XX (zugelassen auf die in der Schweiz ansässige Zweitbeschwerdeführerin) aufgeladen war, von der Schweiz kommend, ohne anzuhalten, insbesondere ohne eine ausdrückliche Zollanmeldung abzugeben, die Zollstelle Lustenau passiert.
Im Rahmen einer Nacheile und Kontrolle wurde das verfahrensgegenständliche Fahrzeuggespann angehalten und der Anhänger mit dem aufgeladenen Ferrari gem. § 26 Abs. 1 ZollR-DG beschlagnahmt.
Der Ferrari sollte auf dem Anhänger nach Serbien verbracht werden, wo ihn der Eigentümer, welcher bereits mit dem Flugzeug nach Serbien geflogen war, übernehmen wollte.

In den gegen die Zollschuldvorschreibung erhobenen Beschwerden wurde vorgebracht, für ein Fahrzeug mit ausländischem Kennzeichen sei eine konkludente Zollanmeldung gem. Art. 139 iVm Art. 141 UZK-DA auch dann zulässig, wenn dieses auf einem Anhänger transportiert werde.

Sollte dieser Ansicht nicht gefolgt werden und das Zollamt von der Entstehung der Zollschuld wegen Nichtgestellung ausgehen, weil eine konkludente Zollanmeldung im konkreten Fall unzulässig gewesen sei, komme es auf Grund des Art. 124 Abs. 1 lit. k UZK zum Erlöschen der Zollschuld.
Es liege jedenfalls kein Täuschungsversuch seitens der Bf. vor und der Wagen sei im Zollgebiet weder verwendet noch gebraucht worden. Vielmehr sei das Fahrzeug unmittelbar nach Bezahlung der Barsicherstellung auf dem Anhänger zurück in die Schweiz transportiert worden.

Der Ansicht des Zollamtes, ein Erlöschen der Zollschuld nach Art. 124 Abs. 1 lit. k UZK könne nur dann zur Anwendung kommen, wenn der Verstoß des vorschriftswidrigen Verhaltens vom Zollamt erst festgestellt worden ist, nachdem das gegenständliche Fahrzeug wieder ins Zollausland verbracht worden ist, könne nicht gefolgt werden.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom 9.1.2020, Zahl** wies das Zollamt die Beschwerde als unbegründet ab.

Gegen die abweisende Beschwerdevorentscheidung wurde mit Schriftsatz vom 22.1.2020 ein Vorlageantrag eingebracht.



Sachverhalt:

Der in der Schweiz zugelassene Ferrari wurde am 19.8.2019, aufgeladen auf einem Anhänger, über die Zollstelle Lustenau in das Zollgebiet der Union verbracht.
Der auf die in der Schweiz ansässige Zweitbeschwerdeführerin zugelassene PKW sollte für den Eigentümer nach Serbien transportiert werden.
Ohne eine ausdrückliche Zollanmeldung abzugeben wurde die Zollstelle passiert.
Im Zuge einer nachträglichen Kontrolle im Ortsgebiet von Lustenau wurde der Transport angehalten und der Ferrari beschlagnahmt.
Nach Entrichtung einer Barsicherstellung wurde der Ferrari, der nicht vom Anhänger entfernt worden war, wieder in die Schweiz verbracht.
Eine Verwendung des Fahrzeuges in der Union ist nicht erfolgt.

Beweiswürdigung:

Der Sachverhalt ergibt sich aus den vorgelegten Verwaltungsakten und steht außer Streit.

Rechtslage:

Gemäß Art. 250 Abs. 1 UZK können für die Wiederausfuhr bestimmte Nicht-Unionswaren im Zollgebiet der Union Gegenstand einer besonderen Verwendung unter vollständiger oder teilweiser Befreiung von den Einfuhrabgaben sein.
Die vorübergehende Verwendung stellt ein besonderes Verfahren gemäß Art. 5 Z 16 Buchst. b) iVm Art. 210 UZK dar. Dieses Verfahren ist bewilligungspflichtig (Art. 211 UZK).
Wenn die betreffenden Voraussetzungen für die Bewilligung der vorübergehenden Verwendung vorliegen, gilt die Handlung gemäß Art. 141 UZK-DA (Art. 139 UZK-DA) als Antrag und das Nicht-Tätigwerden der Zollbehörde als Bewilligung.

Bei Überführung von Waren in die vorübergehende Verwendung muss der Wirtschaftsbeteiligte die Absicht haben, die Waren im Anschluss an ihren Gebrauch als Nichtunionswaren wieder auszuführen.

Da das Fahrzeug gerade nicht dazu bestimmt war im Gemeinschaftsgebiet - sei es vom Erstbeschwerdeführer noch vom Zulassungsinhaber verwendet zu werden, lagen die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme des Verfahrens der vorübergehenden Verwendung nicht vor, so dass für den PKW die Zollschuld nach Art. 79 Abs. 1 Buchst. a UZK entstanden ist (VwGH vom 25.1.2018, Ro 2017/16/0020).

Zur Frage des Erlöschens der Zollschuld nach Art. 124 Abs. 1 Buchst. k UZK:

Gemäß Art. 124 Abs. 1 Buchst. k UZK erlischt unbeschadet der geltenden Vorschriften über die Nichterhebung des der Zollschuld entsprechenden Einfuhr- oder Ausfuhrabgabenbetrags im Fall einer gerichtlich festgestellten Insolvenz des Zollschuldners die Einfuhr- oder Ausfuhrzollschuld, wenn vorbehaltlich des Abs. 6 die Zollschuld nach Art. 79 entstanden ist und den Zollbehörden nachgewiesen wird, dass die Waren nicht verwendet oder verbraucht, sondern aus dem Zollgebiet der Union verbracht worden sind. Im Fall des Abs. 1 Buchst. k erlischt gemäß Abs. 6 leg.cit. die Zollschuld nicht für Personen, die einen Täuschungsversuch unternommen haben.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in seiner Entscheidung vom 30.1.2020, Ra 2019/16/0213, ausgeführt hat, kann Art. 124 UZK nicht entnommen werden, dass der Tatbestand des Abs. 1 Buchst. k nur vor Entdeckung der Zuwiderhandlung durch Zollbehörden zur Anwendung gelangen könnte. Auch ist Art. 124 Abs. 1 UZK keine Subsidiarität des Buchst. k gegenüber anderen Tatbeständen, etwa gegen über Buchst. h leg.cit. zu entnehmen. Vielmehr stehen die einzelnen Erlöschenstatbestände ohne Rangverhältnis in Konkurrenz zueinander; insbesondere kommt es nicht auf eine zeitliche Reihenfolge der Verwirklichung einzelner Tatbestände an (Witte aaO, Rz 129 f zu Art. 124 UZK).
23 Soweit die Amtsrevision auf das Urteil des EuGH vom 11. November 1999, C-48/98 - Söhl & Söhlke, verweist, und daraus ein Gebot einer "engen" Auslegung von "Regelungen außerhalb des normalen Einfuhr- und Ausfuhrsystems" ableitet, sind dessen Aussagen, das noch zur Auslegung des Zollkodex und der Verordnung (EWG) Nr. 2454/93 der Kommission vom 2. Juli 1993 erging, nicht ohne weiteres auf den Revisionsfall und auf die Auslegung des Art. 124 UZK übertragbar, der den Umfang von Heilungs- und Erlöschenstatbeständen gegenüber dem Zollkodex doch deutlich ausdehnt (vgl. Witte/Henke/Kammerzell, Der Unionszollkodex (2017), 136).

Ein Täuschungsversuch der Bf. ist dem vorgelegten Akt nicht zu entnehmen. Vielmehr sind beide davon ausgegangen, dass ein aufgeladenes und zum Verkehr zugelassenes Fahrzeug, welches lediglich zur Durchfuhr bestimmt ist, formlos ins Zollgebiet eingebracht werden kann.
Der auf dem Anhänger geladene Ferrari wurde nach Entrichtung der Eingangsabgaben am 20.8.2019 wieder aus dem Zollgebiet der Union ausgeführt, ohne das es zu einer Verwendung oder einem Verbrauch im Zollgebiet gekommen ist.
Die Zollschuld ist daher gem. Art. 124 Abs. 1 Buchst. k UZK erloschen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung liegt nicht vor. Die Entscheidung gründet sich auf die im Erkennntis zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.

 

 

Salzburg-Aigen, am 3. April 2020

Zusatzinformationen

Materie:

Zoll

betroffene Normen:

§ 26 Abs. 1 ZollR-DG, Zollrechts-Durchführungsgesetz, BGBl. Nr. 659/1994

Verweise:

VwGH 30.01.2020, Ra 2019/16/0213

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