BFG RV/7100327/2020

BFGRV/7100327/202027.1.2020

Orthomolekulare Präparate (Naturheilmittel und alternativmedizinische Präparate) als außergewöhnliche Belastung?

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BFG:2020:RV.7100327.2020

 

Beachte:
Revision beim VwGH anhängig zur Zahl Ra 2019/13/0125. Zurückweisung mit Beschluss vom 12.11.2021.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R in der Beschwerdesache Bf., über die Beschwerde vom 19. Februar 2019 gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt X vom 21. Jänner 2019, betreffend Einkommensteuer für das Jahr 2017, zu Recht erkannt:

Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Der Bf. bezog im streitgegenständlichen Jahr 2017 Einkünfte aus selbständiger Arbeit.

In seiner Einkommensteuererklärung für 2017, die am 14. Dezember 2018 elektronisch beim Finanzamt einlangte, beantragte der Bf. die Berücksichtigung außergewöhnlicher Belastungen ohne Selbstbehalt aufgrund 50%-iger körperlicher Behinderung durch Psoriasis in Höhe von 5.232,67 € (tatsächliche Kosten).

Am 18. Dezember 2018 erging ein Ergänzungsersuchen des Finanzamts "betreffend Einkommensteuererklärung 2017" an den Bf., mit dem dieser ersucht wurde, "eine Aufstellung und die Belege der beantragten außergewöhnlichen Belastungen (tatsächliche Kosten) vorzulegen".

In seinem Antwortschreiben vom 10. Jänner 2019 ("Vorlage meiner Belege wegen außergewöhnlicher Belastungen wegen Krankheit als Ergänzung zu meiner Einkommensteuererklärung 2017") führte der Bf. im Wesentlichen aus, da es schon im Vorjahr [gemeint: 2016] Diskussionen wegen der Anerkennung seiner außergewöhnlichen Belastungen wegen Krankheit gegeben habe (das Verfahren sei noch anhängig, seit einem halben Jahr sei vom Bundesfinanzgericht keine Entscheidung getroffen worden [Anm.: gemeint ist das zu diesem Zeitpunkt beim Bundesfinanzgericht anhängig gewesene Beschwerdeverfahren des Bf. betreffend Einkommensteuer für 2016, GZ. RV/7103495/2018]), halte er hier nochmals fest, dass er seit 1982 an chronischer Psoriasis leide. Deshalb sei ihm mit Behindertenpass eine Behinderung von 50% zuerkannt worden. Der Bf. sei seit 2007 in ärztlicher Behandlung bei Dr. A (siehe beiliegende ärztliche Bestätigung). Der Bf. habe großen Bedarf an therapeutischen Maßnahmen, allerdings nutze er keine schulmedizinischen Therapieformen, sondern verfolge in Absprache mit Dr. A einen alternativmedizinischen, das Immunsystem stärkenden Weg. Das Schreiben des Dr. A vom 24. April 2018 bestätige, dass der Bf. (seit 2007) sämtliche orthomolekulare Präparate in regelmäßiger Absprache mit ihm verwende, deswegen seien alle Ausgaben auf ärztlichen Rat hin erfolgt.

Alle angeführten und belegten Ausgaben des Bf. stünden in ursächlichem Zusammenhang mit seiner Krankheit. Vielfach spreche Dr. A Empfehlungen im Zuge eines Telefonates aus, ein persönlicher Besuch sei nicht immer notwendig. Die bürokratische Anforderung, für jedes einzelne Nahrungsergänzungsmittel ein ärztliches Attest vorzulegen, widerspreche der alltäglichen Praxis und dürfe wohl mit Recht als schikanös genannt werden (ein Rezept andererseits könne nur für pharmazeutisch registrierte Produkte ausgestellt werden). Der Bf. ersuche daher dringend, die generelle ärztliche Bestätigung von Dr. A vom 24. April 2018 als Basis für die Zweckgebundenheit und damit Rechtmäßigkeit seiner vorgebrachten Kosten anzuerkennen.

Diesem Antwortschreiben des Bf. war ua. eine "Ärztliche Bestätigung zur Vorlage beim Finanzamt" des Dr. A, praktischer Arzt, vom 24. April 2018 beigeschlossen, die die Wesentlichkeit und Notwendigkeit einer permanenten Therapie zur Stärkung des Immunsystems des Bf. mittels orthomolekularer und ähnlicher Präparate bestätige [Anm.: Dieselbe Bestätigung war vom Bf. bereits im oa. Beschwerdeverfahren betreffend Einkommensteuer für 2016, GZ. RV/7103495/2018, vorgelegt worden].

Weiters waren dem Antwortschreiben des Bf. va. Rechnungen und Zahlungsnachweise betreffend verschiedene Naturheilmittel und alternativmedizinische Präparate (zB Paracel Chancapiedra Kapseln, Paracel Grapefruit-Walnuss Kapseln, Cosmoterra Lebenskraft Elixier, NeuroVital Kapseln, Vitamin K2 Kapseln, Gamma-Linolen Kapseln Nachtkerzenöl, Vektor-Digest-Komplex, Ginseng, Vektor-Rizol, Vitamin B12 Tabletten, Aloe Vera Gel, Betavivo Haferherzen etc.) beigeschlossen, die von diversen in- und ausländischen Anbietern (wie etwa den Firmen Biogena, Enbiensa/Akti-Life, Vital Schöner Leben, Zeolithwelt etc.) bezogen wurden.

Am 21. Jänner 2019 erließ das Finanzamt den Bezug habenden Einkommensteuerbescheid für 2017, mit dem es an außergewöhnlichen Belastungen lediglich den Freibetrag wegen eigener Behinderung gemäß § 35 Abs. 3 EStG 1988 in Höhe von 243,00 € berücksichtigte. Begründend führte die Abgabenbehörde dazu aus: "Die von Ihnen beantragten tatsächlichen Kosten werden bis zur Entscheidung des Bundesfinanzgerichts analog dem Vorjahr nicht anerkannt."

Gegen den angeführten Bescheid erhob der Bf. am 19. Februar 2019 Beschwerde:

Die vom Bf. für 2017 vorgelegten Belege seiner Kosten, die ihm als außergewöhnliche Belastungen durch seine amtlich bestätigte chronische Erkrankung entstanden seien, seien pauschal nicht berücksichtigt worden. Es müsse seiner Ansicht nach jeder Beleg als Einzelfall entschieden werden, da es sich um Kosten unterschiedlicher Art handle, die nicht pauschal behandelt werden könnten.

Erneut weise der Bf. darauf hin, dass der ihn seit vielen Jahren behandelnde Arzt Dr. A bestätigt habe, dass Nahrungsergänzungsmittel etc. in jeweiliger informeller Absprache mit ihm verwendet worden seien. Weiters seien vom Finanzamt etwa Kosten im Zusammenhang mit einer von der Krankenkasse genehmigten Kur oder mit physiotherapeutischen Behandlungen auf Basis einer ärztlichen Verordnung nicht berücksichtigt worden.

Der generelle Verweis auf die [Anm: noch zu ergehende] Entscheidung des Bundesfinanzgerichts betreffend die Kosten von 2016 sei nach Ansicht des Bf. nicht zulässig, da dieser keine generelle Auswirkung auf alle Kosten haben könne.

Am 7. März 2019 wurde das streitgegenständliche Beschwerdeverfahren für 2017 vom Finanzamt zur GZ. RV/7103495/2018 des Bundesfinanzgerichts (zu diesem Rechtsmittelverfahren siehe bereits oben) gemäß § 271 Abs. 1 BAO bescheidmäßig ausgesetzt. Begründend führte die Abgabenbehörde dazu aus, dass wegen der gleichen Rechtsfrage - der Anerkennung von Krankheitskosten - beim Bundesfinanzgericht unter der GZ. RV/7103495/2018 ein Verfahren anhängig sei, dessen Ausgang von wesentlicher Bedeutung für die Entscheidung über das streitgegenständliche Beschwerdeverfahren sei.

Am 13. November 2019 erging das Bezug habende Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts zur GZ. RV/7103495/2018, mit dem die Beschwerde des Bf. gegen die Nichtanerkennung seiner Krankheitskosten als außergewöhnliche Belastungen für 2016 als unbegründet abgewiesen wurde.

Daraufhin setzte das Finanzamt das ausgesetzte Beschwerdeverfahren für 2017 von Amts wegen fort und erließ am 15. November 2019 die Bezug habende Beschwerdevorentscheidung, mit der es der Beschwerde des Bf. vom 19. Februar 2019 teilweise stattgab und von den geltend gemachten Krankheitskosten in Höhe von 5.232,67 € (siehe oben) einen Betrag von 1.178,52 € als außergewöhnliche Belastungen anerkannte. Begründend führte die Abgabenbehörde dazu aus:

"Aufgrund des Erkenntnisses vom Bundesfinanzgericht vom 13.11.2019 sind die Naturheilmittel bzw. Alternativmedizin nicht als Krankheitskosten anerkannt worden.

Bezüglich der Kur in ZZ war aufgrund des Schreibens der Krankenkasse kein Selbstbehalt zu leisten, die Reisekosten in Höhe von 875,00 € wurden berücksichtigt.

Des Weiteren wurden als Krankheitskosten der Eigenanteil für die Physiotherapie sowie die Kosten fürs Labor anerkannt."

In seinem dagegen erhobenen Vorlageantrag vom 4. Dezember 2019 führte der Bf. aus, dass zwar das Bundesfinanzgericht mit Entscheid vom 13. November 2019 seine Beschwerde betreffend die Nichtanerkennung seiner außergewöhnlichen Belastungen für 2016 abgewiesen habe, er aber gegen diesen Entscheid eine ao. Revision beim Verwaltungsgerichtshof einbringen werde.

Da der Ausgang dieses Verfahrens auch Auswirkung auf die Nichtanerkennung seiner außergewöhnlichen Belastungen für 2017 habe, erhebe er gegen den Einkommensteuerbescheid für 2017 Beschwerde, da darin seine Ausgaben für orthomolekulare Präparate pauschal nicht berücksichtigt worden seien.

Der Bf. habe bereits die ärztliche Bestätigung des Dr. A vom 24. April 2018 vorgelegt, in der dieser ausführe, dass er den Bf. schon seit 2007 (und daher auch 2017) betreut habe und dass der Bf. und er einen alternativmedizinischen Therapieansatz verfolgten, den der Bf. zum Großteil auf eigene Kosten durchführe.

Im Entscheid des Bundesfinanzgerichts heiße es ausdrücklich, dass Aufwendungen für Nahrungsergänzungen, Vitamin- und homöopathische Präparate sowie Stärkungsmittel abzugsfähig seien, sofern diese "ärztlich verordnet" resp. "medizinisch indiziert" seien. Auch bestätige das Bundesfinanzgericht, dass chronisch Erkrankte nicht jedes Mal ein neues Rezept einholen müssten. Dies müsse sinngemäß auch für Präparate gelten, die nicht über eine Apotheke bezogen würden und für die die Ausstellung eines Rezepts gar keinen Sinn mache, da der Bf. ja die meisten Präparate von im Internet tätigen Unternehmen beziehe.

Die pauschale Ablehnung all dieser Ausgaben greife daher zu kurz, mindestens müsse eine Prüfung im Einzelfall erfolgen.

Am 22. Jänner 2020 wurde die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt.

Nach Rücksprache des gefertigten Richters mit dem für das ho. Beschwerdeverfahren GZ. RV/7103495/2018 zuständig gewesenen Richter teilte letzterer am 23. Jänner 2020 mit, dass bis dato keine Revision des Bf. gegen das Bezug habende Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom 13. November 2019 eingegangen sei. Die betreffende Frist zur Revisionseinbringung sei bereits abgelaufen (das Erkenntnis BFG 13.11.2019, RV/7103495/2018, war dem Bf. lt. Rückschein am 15. November 2019 zugestellt worden).

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Strittig ist im gegenständlichen Fall noch die Anerkennung von orthomolekularen Präparaten (Naturheilmitteln und alternativmedizinischen Präparaten) als außergewöhnliche Belastung. Hinsichtlich dieser Frage gleicht der Sachverhalt jenem, der dem bereits mehrfach angeführten Erkenntnis BFG 13.11.2019, RV/7103495/2018 (ergangen im Beschwerdeverfahren desselben Bf. betreffend Einkommensteuer für 2016), zugrunde lag, sodass es zur Vermeidung von Wiederholungen genügt, auf dessen diesbezügliche rechtliche Würdigung zu verweisen und letztere, soweit sie die Nichtanerkennung derartiger Präparate zum Gegenstand hat, zum Bestandteil des vorliegenden Erkenntnisses zu erklären.

Auszugsweise hat das Bundesfinanzgericht im Erkenntnis BFG 13.11.2019, RV/7103495/2018, dazu ausgeführt:

"Darüber hinaus tätigte der Bf. verteilt über das Jahr 2016 Ausgaben in Höhe von […] für "orthomolekuläre und halophatistische" Präparate […].

Dazu legte der Bf. die Bestätigung eines praktischen Arztes vor, der ausführte, dass es sich bei den vom Bf. bezogenen homöopathischen Medikamenten um solche handle, die aufgrund seiner Therapieempfehlung an der Stärkung des Immunsystems angesetzt hätten. Damit könne der Bf. erfahrungsgemäß über weite Strecken des Jahres ein symptom-und beschwerdearmes Leben führen und einer regelmäßigen Erwerbstätigkeit nachgehen. Ohne diese Therapien müsse mit einer massiven Verschlechterung der Krankheit gerechnet werden. Daher bestätige er, dass die alternativmedizinischen Therapien zur Stärkung des Immunsystems durch orthomolekulare und ähnliche Präparate für den Bf. zur Behandlung seiner Erkrankung wesentlich und notwendig seien.

[…]

In rechtlicher Hinsicht ist zum gegenständlichen Verfahren auszuführen, dass gemäß § 34 Abs. 1 EStG 1988 bei der Ermittlung des Einkommens (§ 2 Abs. 2) eines unbeschränkt Steuerpflichtigen nach Abzug der Sonderausgaben (§ 18) außergewöhnliche Belastungen abzuziehen sind. Die Belastung muss dabei außergewöhnlich sein (Abs. 2), zwangsläufig erwachsen (Abs. 3) und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen (Abs. 4). Sie darf weder Betriebsausgaben, Werbungskosten noch Sonderausgaben sein.

Gemäß § 34 Abs. 2 EStG 1988 ist die Belastung außergewöhnlich, soweit sie höher ist als jene, die der Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse erwächst.

Gemäß § 34 Abs. 3 EStG 1988 erwächst die Belastung dem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihr aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann.

Gemäß § 34 Abs. 4 EStG 1988 beeinträchtigt die Belastung die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich, soweit sie einen vom Steuerpflichtigen von seinem Einkommen (§ 2 Abs. 2 in Verbindung mit Abs. 5) vor Abzug der außergewöhnlichen Belastungen zu berechnenden Selbstbehalt übersteigt.

Durch Krankheit verursachte Aufwendungen sind außergewöhnlich (VwGH 21.9.56, 349/56), sie erwachsen aus tatsächlichen Gründen (VwGH 24.6.04, 2001/15/0109) zwangsläufig. Die Kosten müssen mit einer Heilbehandlung bzw. -betreuung typischerweise verbunden sein (VwGH 24.6.04, 2001/15/0109); es genügt jedoch, wenn sie den Zweck verfolgen, die Krankheit erträglich zu machen (UFS 18.6.09, RV/1317-L/07; BFH 20.11.87, III R 296/84, BStBl II 88, 137), dh. zu lindern bzw. das Fortschreiten einer Beeinträchtigung (Behinderung) zu vermeiden ( DKMZ/Doralt § 34 Rz 78 "Krankheitskosten"; HR/Fuchs/Unger § 34 Anh II Rz 35; WGW/Wanke § 34 Rz 78 "Krankheitskosten"; LStR 902; VwGH 23.5.96, 95/15/0018). Die Belastung ist aber nur dann zwangsläufig, wenn sich der Steuerpflichtige auch einer Heilbehandlung unterzieht (VwGH 31.5.17, Ro 2015/13/0023; Renner BFGj 15, 370).

Keine agB sind Aufwendungen für die Erhaltung der Gesundheit (LStR 902); für Stärkungsmittel und zur Nahrungsergänzung (UFS 24.5.11, RV/0462-L/11; es sei denn, sie sind medizinisch indiziert); zur Vorbeugung (VwGH 24.6.04, 2001/15/0109; BFG 18.2.14, RV/5101099/2011 Mundhygiene); sowie Ausgaben, die nur mittelbar mit einer Krankheit in Zusammenhang stehen, auch wenn sie sich auf den Krankheitsverlauf positiv auswirken können (VwGH 24.6.04, 2001/15/0109; UFS 21.1.10, RV/3672-W/09).

Abzugsfähig sind Aufwendungen für Medikamente, einschließlich "medizinisch verordneter" homöopathischer Präparate (LStR 902; UFS 5.9.08, RV/0317-L/07); bei chronisch Erkrankten auch wiederholt verschriebene Präparate, wenn im Einzelfall kein neues Rezept eingeholt wurde (VwGH 12.9.18, Ra 2017/13/0039); ärztlich verordnete Beruhigungs- oder Stärkungsmittel und Vitaminpräparate (HR/Fuchs ua. § 34 ABC) und auch Heilbehelfe und Hilfsmittel.

[…]

Hat der Steuerpflichtige außergewöhnliche Belastungen durch eine eigene körperliche oder geistige Behinderung, so steht ihm nach § 35 Abs. 1 EStG 1988 ein Freibetrag (Abs. 3) zu.

Gemäß § 35 Abs. 3 EStG 1988 wird der jährlich zu berücksichtigende Freibetrag abgestuft nach dem Ausmaß der Behinderung berücksichtigt.

Gemäß § 35 Abs. 5 können anstelle des Freibetrages auch die tatsächlichen Kosten aus dem Titel der Behinderung geltend gemacht werden (§ 34 Abs. 6).

Gemäß § 35 Abs. 7 EStG 1988 kann der Bundesminister für Finanzen nach den Erfahrungen der Praxis im Verordnungsweg Durchschnittssätze für die Kosten bestimmter Krankheiten sowie körperlicher und geistiger Gebrechen festsetzen, die zu Behinderungen im Sinne des Abs. 3 führen.

Gemäß § 4 der VO über außergewöhnliche Belastungen BGBl. II 303/1996 sind nicht regelmäßig anfallende Aufwendungen für Hilfsmittel (zB Rollstuhl, Hörgerät, Blindenhilfsmittel) sowie Kosten der Heilbehandlung im nachgewiesenen Ausmaß zu berücksichtigen.

Lägen also Krankheitskosten im Sinne einer Heilbehandlung, von Heilmitteln bzw. Kosten für einen Kuraufenthalt vor, so sind diese nach den oben genannten Grundsätzen als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen.

[…]

Gleiches [gemeint ist die Nichtabzugsfähigkeit als außergewöhnliche Belastung] gilt nach dem oben Dargestellten für die geltend gemachten Kosten für alternativmedizinische Präparate, bei denen es sich im Wesentlichen um verschiedenste Vitaminpräparate handelte. Die Bestätigung des praktischen Arztes, die der Bf. im Beschwerdeverfahren vorgelegt hat, stellt nach ihrem gesamten Inhalt keine konkrete Beschreibung der Auswirkungen auf den Gesundheitszustand des Bf. dar (arg. "Dieser kombinierte Therapieansatz hat erfahrungsgemäß die positive Folge ..."). Sie stellt vor allem aber keine ärztliche Verordnung im Sinne einer konkreten Medikation mit bestimmten Präparaten in einer bestimmten Behandlungsintensität dar. Es wird lediglich ausgeführt, dass die "Stärkung des Immunsystems durch orthomolekulare oder ähnliche Präparate wesentlich und notwendig" sei. Damit können auch diese Kosten für diese als "Vitaminpräparate" zusammengefassten Präparate nicht als außergewöhnliche Belastung abgezogen werden.

[…]"

Im Ergebnis folgt daraus für den streitgegenständlichen Fall, dass der Beschwerde im Umfang der vom Finanzamt am 15. November 2019 erlassenen Beschwerdevorentscheidung, dh. unter Anerkennung eines Betrags von 1.178,52 € als außergewöhnliche Belastung (unstrittige Reisekosten Kur, Eigenanteil Physiotherapie, Kosten Labor (siehe dazu bereits oben in der Darstellung des Verfahrensgangs in diesem Erkenntnis)), teilweise stattzugeben ist.

Es war sohin spruchgemäß zu entscheiden.

Beilage: 1 Berechnungsblatt (betreffend Einkommensteuer für 2017)

 

Unzulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die gegenständliche Entscheidung zu den Kriterien der Anerkennung von Heilmitteln etc. als außergewöhnliche Belastung beruht auf den angeführten gesetzlichen Bestimmungen und den dazu ergangenen Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes bzw. der dort genannten Vorinstanzen. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung liegt nicht vor, weshalb die ordentliche Revision nicht zulässig ist.

 

 

Wien, am 27. Jänner 2020

 

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer

betroffene Normen:

§ 34 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 35 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988

Verweise:

BFG 13.11.2019, RV/7103495/2018

Stichworte